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»Klatsch mal ein bisschen Farbe auf sein Hemd, Suzie!«, rief Sam drei Wochen später und legte ein Brett auf zwei Sägeböcke. »Sonst ist’s mir peinlich, dass ich im selben Raum schuften muss wie er.«
Irritiert blickte Mitch auf sein ordentlich gebügeltes Arbeitshemd und seine dunkelblaue Jeans mit rasiermesserscharfen Bügelfalten hinab. »Was stimmt denn nicht mit meinem Outfit? Um Himmels willen, wir bauen eine Wand – wir gehen nicht zu einer Modenschau.«
Sam seufzte, und Susannah lächelte. Um in ihrem neuen Büro die Werkstatt vom Lagerbereich zu trennen, bauten sie eine Wand – der erste Job, den sie zu viert erledigten. Obwohl Sam und Mitch schon den ganzen Vormittag Sticheleien austauschten, machten sie gute Fortschritte.
In den ersten beiden Oktoberwochen hatten sie das Valley nach geeigneten Büroräumen abgesucht. Es war schwierig gewesen, etwas Passendes zu finden, das die Grenzen des SysVal-Budgets nicht überschritt. Mit Mitchs Hilfe hatten sie mühelos einen Bankkredit bekommen. Jetzt bezog jeder der vier Partner ein geringfügiges Gehalt, und die finanziellen Probleme waren vorerst gelöst. Doch der Kredit diente nur zur Überbrückung, und um einen Deal mit einem Risikokapitalgeber möglichst hinauszuzögern, mussten sie knausern, wo es nur ging.
Schließlich hatte Susannah an der Rückfront eines Tiltup, einem der niedrigen, in Aufkippbauweise erbauten Gebäude in den Industriegebieten des Valleys, ein Büro zu einem erträglichen Mietpreis gefunden. Es war nicht allzu geräumig, aber größer als die Garage. Mit ein paar Einbauten würde es seinen Zweck erfüllen. Am Vortag hatten sie begonnen, die Trennwand zu errichten.
»Ich wette, du gehst sogar zum Schneider, um dir deine Unterwäsche nach Maß nähen zu lassen, Mitch«, spöttelte Sam und hielt eines der Bretter fest, die Yank durchsägen sollte.
»Leider fertigt mein Schneider keine Unterwäsche an«, konterte Mitch. »Übrigens habe ich gehört, im Orient würde es einen lukrativen Markt für menschliches Haar geben. Wenn du deines verscherbelst, könnten wir diese Bude kaufen statt mieten.«
»Bitte, Yank«, stöhnte Susannah theatralisch, »sag den beiden, sie sollen die Klappe halten. Mir tut schon der Kopf weh.«
»Darüber hast du heute Morgen nicht geklagt.« Sam zwinkerte ihr lüstern zu. Dann schwenkte er das Brett herum, das sanft gegen ihr Hinterteil stieß.
Standhaft weigerte sie sich zu erröten. Wenn sie den ganzen Tag mit Männern zusammenarbeitete, musste sie wenigstens vorgeben, sie wäre ein Kumpel. »Stimmt«, bestätigte sie honigsüß. »Aber heute Abend werde ich meinen Kopf vorsichtshalber unter dem Arm tragen.«
Mitch lächelte. Obwohl sie wusste, dass er sie immer noch beobachtete und auf einen Fehler wartete, gingen sie – zumindest, um den Schein zu wahren – höflich miteinander um. Sie eilte zu ihm und hielt einen Balken fest, in den er einen Nagel hämmerte.
»Sei bloß froh, dass du bei uns bist, Mitch. In Boston würde man dir niemals erlauben, deine Hände mit niederer Arbeit zu beschmutzen.«
»Wunderbar, nicht wahr?« Den Hammer in der Hand, schielte er von seiner Leiter auf sie herab und grinste zufrieden. »Seit ich auf dem College war, habe ich mich nicht mehr so gut amüsiert.«
Am anderen Ende des Raums trieb Yank seinen Freund zum Wahnsinn, weil er darauf bestand, jedes Brett bis auf den Bruchteil eines Millimeters abzumessen. Schließlich platzte Sam der Kragen. »Um Himmels willen, wir operieren nicht am offenen Herzen! So genau muss es nicht sein. Säg das verdammte Ding einfach durch!«
Aber Yank, von der Leidenschaft eines Technikers für Präzision erfüllt, wusste nicht, wie man Kompromisse schloss. Am Nachmittag weigerte sich Sam, noch länger mit ihm zusammenzuarbeiten, und Susannah musste seinen Platz einnehmen.
Während er sich woanders beschäftigte, beobachtete sie ihn. Wann würde das Bedürfnis endlich verebben, ihn zu berühren, sobald sie ihn nur sah? Sie wusste, wie arrogant und selbstsüchtig er war. Und doch – nie zuvor hatte sie einen so faszinierenden Menschen gekannt. Wie rote Flaggen schwenkte er Herausforderungen vor ihrem Gesicht, und seine lustvollen Liebeskünste entführten sie in ein anderes Universum. Mit Sam konnte sie kühn und stark sein. Ohne ihn ... Aber sie ertrug es nicht, an eine Zukunft ohne ihn zu denken. Allein gelassen, würde sie wahrscheinlich in ihr leeres früheres Leben zurückkriechen und sich bis zu ihrem Tod dort verstecken.
Die Ereignisse der Nacht, in der Mitch der Firma beigetreten war, hatten Susannahs Beziehung zu Sam verändert. Beide spürten, dass sie beinahe etwas Kostbares verloren hätten. Ironischerweise war es er, der jetzt auf eine Heirat drängte. Typisch Sam, verkündete er in malerischen Wortgebilden, wie sich diese Ehe gestalten würde – endlose Möglichkeiten einer sowohl körperlichen als auch geistigen Einheit in ultimativer Vollkommenheit, die überirdische Macht einer solchen Synergie, das grenzenlose Potenzial in einer Verbindung verwandter Seelen. Wie immer hypnotisierten sie seine rhetorischen Ergüsse. Sie hatten sogar eine Eheerlaubnis beantragt und ihr Blut testen lassen.
Aber dann hatte Susannah das neue Büro gefunden, und alles andere trat in den Hintergrund.
An diesem Abend tauften sie die Trennwand mit einem Sechserpack Bier, und am nächsten Tag zogen sie ein. Schmutzig und erschöpft, fuhren sie um zehn Uhr abends zum Mom & Pop’s.
Schon seit einiger Zeit betonte Mitch, die Firma würde eine gut organisierte Chart brauchen. Yank erklärte, einen anderen Titel als »Ingenieur« würde er nicht akzeptieren. Aber sogar Sam erkannte, dass die restlichen Ressorts besser definiert werden mussten.
Nachdem die Kellnerin die Bestellungen entgegengenommen hatte, zog Mitch ein sorgsam gefaltetes Blatt Papier aus der Tasche und schob es in die Mitte des Tisches. Noch bevor er es öffnete, vermutete Susannah, was sie darauf sehen würde – den Entwurf einer Firmenchart.
Natürlich war ihre Hoffnung, sie würde die Position der Präsidentin behalten, völlig illusorisch. Dank seiner Erfahrungen würde sich Mitch viel besser zum Firmenleiter eignen. Aber obwohl sie ihre Degradierung hinnehmen würde, wollte sie sich nicht mit einem bedeutungslosen Titel abspeisen lassen. Sollte ein neuer Kampf ausbrechen – sie war gewappnet.
Mitch faltete das Papier auseinander und strich es glatt, und Susannah erblickte, was sie erwartet hatte. Zuerst entdeckte sie Yanks Namen in Blockbuchstaben, etwas unterhalb der Mitte – CHEFINGENIEUR.
Als Sam auf seinen eigenen Namen zeigte, schrie er vor Lachen. »Aufsichtsratsvorsitzender! Ja, das gefällt mir.«
Und dann stellte sie verblüfft fest, welche Funktion sie übernehmen sollte – PRÄSIDENTIN und LEITENDE GE-SCHÄFTSFÜHRERIN. Sich selbst ernannte Mitch zum GE-SCHÄFTSFÜHRENDEN VIZEPRÄSIDENTEN FÜR VERKAUF UND MARKETING.
Ihre Überraschung entging ihm nicht. »So imposant der Titel einer Präsidentin auch klingt, Susannah – am Anfang bedeutet das einfach nur harte Arbeit. Hoffentlich bist du ihr gewachsen.«
»Aber du bist viel besser qualifiziert. Warum ...«
»In der Vermarktung technischer Produkte bin ich einsame Spitze. Dafür habt ihr mich angeheuert. Ich will mich nicht vom Alltagsgeschäft ablenken lassen. Immer wieder hast du mich auf deine praktische Veranlagung und dein Gespür für Details hingewiesen. Jetzt kannst du’s beweisen.«
Krampfhaft schluckte sie. Obwohl sie sich genau das wünschte, stieg kalte Angst in ihr auf. Jetzt lag SysVals Standort nicht mehr in einer Garage. Was wusste sie schon von der Leitung einer richtigen Firma?
Mitch rief seine Partner zu einer Abstimmung auf. Noch bevor die Pizzas serviert wurden, war Susannah die offiziell gewählte erste Präsidentin von SysVal.
An einem warmen, sonnigen Nachmittag, kurz vor Halloween, packte sie in der Gamble-Garage die restliche Ausrüstung zusammen. Mitch hat Recht, dachte sie und warf – ein bisschen zu vehement – ein paar Werkzeuge in einen Umzugskarton. Auf dem Papier wirkt der Titel einer Präsidentin viel grandioser als in der Realität. Inzwischen hatten sich die anderen aus dem Staub gemacht und überließen ihr den Rest der ganzen unangenehmen Pflichten. Yank arbeitete am Prototyp, Mitch war nach Boston geflogen, um seine Kinder zu besuchen. Und Sam, der ihr eigentlich helfen sollte, war vor zwei Stunden davongelaufen und nicht zurückgekehrt.
Die meisten Schwierigkeiten der letzten zwei Wochen hatte sie umsichtig gemeistert, und die Firma existierte tatsächlich noch. Obwohl Yank murrte, weil sie ihn zu dritt unter Druck gesetzt und gezwungen hatten, bei Atari zu kündigen, machte die Entwicklung des Prototyps für den selbstständigen Computer jetzt viel schnellere Fortschritte. Sie hatten einen talentierten Ingenieur vom Homebrew Club engagiert, der die Energiezufuhr konzipierte, und stundenlang über den Namen der Maschine debattiert. Wie sie feststellten, gefiel ihnen ein Image, das mit Hitze und Feuer zusammenhing, am besten. Und nach einer langen Diskussion entschieden sie sich schließlich für »Blaze«.
Wenn Susannah die neuen Schaltkreise studierte, erinnerte sie sich manchmal an den Abend, den sie mit Sam auf dem Spielplatz verbracht hatte. Weißt du, was Yanks Computer dir geben wird, hatte er gefragt. Mut – den wird dir dieses Meisterwerk einimpfen ... Auf seltsame Weise war die Prophezeiung Wahrheit geworden.
Als hätte sie ihn mit ihren Gedanken heraufbeschworen, steckte er den Kopf zur Garagentür herein. Mittlerweile war sein Haar noch länger geworden. Wann immer sie nachts erwachte, kämmte sie’s gern mit ihren Fingern und legte die tintenschwarzen Strähnen über ihre Brüste.
»Wird auch Zeit«, schimpfte sie.
Sam grinste wie ein Junge, der soeben bei einer Unart ertappt wurde. »Tut mir Leid, ich hatte zu tun.«
»Darauf wette ich. Sicher bist du auf deiner Harley durch die Gegend gebraust.«
Da nahm er ihr ein paar Schraubenzieher aus den Händen, umfasste ihre Hinterbacken, presste ihre Hüften an seine, so dass sich beide Jeans aneinander rieben, und küsste sie. »Jetzt führst du dich auf, wie eine mörderische Ehefrau. Und wenn ich’s mir recht überlege, ist das gar keine schlechte Idee. Wasch dein Gesicht, in einer halben Stunde heiraten wir.«
Ruckartig hob sie den Kopf. »Was?«
»Alles arrangiert«, erwiderte er triumphierend. »Gerade ist Mom losgefahren, um Yank und Roberta zu holen, und wir treffen uns auf dem Spielplatz mit dem Klettergerüst aus Traktorreifen. Genau der richtige Schauplatz für unsere Heirat, nicht wahr? Der Typ, der uns trauen wird, ist der Bruder eines Freundes. Um eins muss er noch eine Zeremonie über die Bühne bringen. Also sollten wir uns beeilen.«
Entgeistert starrte sie ihn an. Er trat zurück, legte den Kopf schief und warf ihr den dreisten, herausfordernden Blick zu, den sie so gut kannte. In der Ferne heulte eine Polizeisirene. Worauf er wartete, erriet Susannah – auf eine lange Liste aller vernünftigen Gründe, warum sie nicht so impulsiv handeln dürften. Sie dachte an die vielen hundert Telefonate und endlosen Termine, die ihrer geplanten Hochzeit mit Cal vorausgegangen waren – an all die komplizierten, pingeligen und letztlich sinnlosen Vorbereitungen.
Und obwohl sie Sam erst seit sechs Monaten kannte, weigerte sich ihr Herz, ein Leben ohne ihn auch nur sekundenlang zu erwägen. Bis zu ihrer letzten Stunde musste sie seine Haut berühren, seinen Atem in ihre Lungen saugen. »Also gut«, hauchte sie, »einverstanden.«
Mit einem Freudenschrei riss er sie wieder in seine Arme. »O Gott, ich liebe dich!« Dann zog er sie ins Haus, wo er ihr knapp fünf Minuten Zeit gab, damit sie sich kämmen und zumindest die Spur eines Make-ups auftragen konnte. Sie vertauschte ihr T-Shirt mit einer violetten Gazebluse. Aber bevor sie aus den Jeans schlüpfen konnte, um eine passende Hose anzuziehen, zerrte er sie zu seiner Harley hinaus.
Im selben Moment, als Angela mit Yank aus ihrem roten Toyota stieg, erreichte auch das Brautpaar den Spielplatz. Zerstreuter denn je, schien Yank nicht die leiseste Ahnung zu haben, was hier geschehen würde. Angela stieß einen Wortschwall hervor und betupfte ihre Augen mit einem Papiertaschentuch. Zu Susannahs Überraschung zog Sam eine Blumenschachtel aus der Satteltasche seines Motorrads. Darin lag ein Brautbukett aus gelben Rosen.
Der Priester, ein gewisser Howard, tauchte in einem Grateful-Dead-T-Shirt auf und versicherte Sam, wie cool er die Szenerie fand. In der Nähe tummelten sich Kinder auf dem Klettergerüst, dann folgten sie den Spuren der Harley, um herauszufinden, was hier passierte. Susannah fühlte sich in die sechziger Jahre zurückversetzt.
Schließlich standen sie vor einem Altar aus Traktorreifen – Yank rechts von Sam, und Angela, die schniefend einen Rosenkranz umklammerte, an Susannahs linker Seite.
»Also, hört zu«, begann Howard das Ritual. »Da ich keinen von euch kenne, ist es unwichtig, was ich zu sagen habe. Schaut euch einfach nur an und versprecht euch irgendwas, von dem ihr glaubt, ihr könnt’s halten. Zuerst du, Sam.«
Sam wandte sich zu seiner Braut und drückte ihr die Hand. »Was in meiner Macht steht, werde ich dir geben, Susannah. Ich werde ehrlich sein und um unser beider willen stets die Wahrheit sagen. Und ich fürchte mich nicht davor, den Weg in die Zukunft mit dir zu gehen.«
Welch ein seltsames Gelübte – aber es weckte tiefe Gefühle, weil es so typisch für Sam war und genau den Punkt traf.
Nun war sie an der Reihe. Während sie in seine Augen schaute, suchte sie nach Worten, um das Unaussprechliche auszudrücken. »Ich verspreche dir, mein Bestes für dich zu tun, Sam, was immer das sein mag ...« Unsicher hielt sie inne und dachte an das traditionelle Hochzeitsgelöbnis von Liebe und Ehre. Wie sollte sie dies auf neue Weise formulieren, um die Leidenschaft und Freude zu bekunden, die sie in seiner Nähe empfand?
Aber ihr Schweigen dauerte zu lange, und Howard ergriff die Initiative. »Cool. Echt cool.« Lässig umfasste er die Hände des Brautpaars und drückte sie. »Nach dem Gesetz seid ihr jetzt verheiratet. Aber nur ihr beide wisst, was das wirklich heißt.« Dann fabulierte er über die universelle Kraft des Lichts und der Harmonie und schloss mit dem Ratschlag: »Haltet die Ohren steif.«
Die Kinder auf dem Spielplatz kicherten, als Sam die Braut küsste, und Angela küsste alle beide. Yank und Sam schüttelten sich die Hände, Roberta umarmte alle Anwesenden, auch die Kinder. Übermütig stürmte Sam zu den Ringen, die an schweren Ketten an einer Querstange hingen, und schwang sich hoch. Als er auf den Boden zurücksprang, lachte und jubelte er, als hätte er soeben im Lotto gewonnen. Hand in Hand rannten die frisch Vermählten zur Harley.
Weil Angela in Yanks Küchenschränken keine Reispackung gefunden hatte, zog sie eine Schachtel Makkaroni aus der Tasche. Hastig verteilte sie den Inhalt, und die bunt gemischte Schar der Hochzeitsgäste bewarf das Brautpaar mit Nudeln, während es unter Donner und Getöse davonbrauste.
Auf der wilden Fahrt in die Berge peitschte der Wind Sams langes Haar in Susannahs Gesicht, und ihre Wangen brannten. Die Brüste an seinen Rücken gepresst, umschlang sie ihn, um sich vor der Kälte zu schützen. Bald ließen sie die Zivilisation hinter sich. Immer höher jagten sie empor. Nach einer Weile steuerte Sam seinen Feuerstuhl auf eine schmale, zerfurchte Straße, die schon bald in einen überwucherten Pfad überging.
Auch dieser Weg verlor sich im Nichts, und Sam drosselte das Tempo. Durch dichtes Gestrüpp fuhr er zum Rand eines steilen Abhangs. Erst dort trat er auf die Bremse und stellte den Motor ab.
Nach dem Donnern der Maschine wirkte die Stille fast ohrenbetäubend. Vor ihnen lag das Santa Clara Valley, die Highways, die Industriezentren, die rechteckigen Gebäude, ein Szenarium, das einem gigantischen integrierten Schaltkreis glich. »Suzie, ich lege dir die Welt zu Füßen«, begann Sam mit heiserer Stimme. »Wir beide vereint – alles können wir haben, was wir nur wollen. Jeder für sich allein wäre ein Nichts. Gemeinsam werden wir das Valley erobern, ein König und seine Königin.«
In diesen Worten lag eine sonderbare Intensität, die Susannahs Unbehagen erregte. Um die Spannung zu lockern, bemerkte sie leichthin: »Königinnen tragen Kronen. Und ich habe nicht einmal eine Baseballkappe.«
Er lächelte, und der Sonnenschein zauberte silberne Lichter in sein schwarzes Haar. Hingerissen schwelgte sie im Anblick dieses stürmischen, tollkühnen Liebhabers, der jetzt ihr Ehemann war. »Eines Tages kaufe ich dir auch eine Harley. Wie wär’s damit? Eine königliche Harley.« Er riss ihre Bluse aus dem Hosenbund der Jeans, streifte sie über ihren Kopf und presste seine Lippen an ihre Schläfe. »Darauf wirst du nackt mitten durch El Camino Real reiten, so wie Lady Godiva.«
Als er an ihrem Rücken nach dem Verschluss ihres BHs tastete, legte sie instinktiv die Hände auf ihre Brüste. Wenn sich auch weit und breit keine Menschenseele aufhielt – Susannah war es nicht gewöhnt, sich im Freien auszuziehen. Sie lachte nervös. »Ist das nicht ein bisschen zu unbequem? Wahrscheinlich wird mir kalt ...«
Die Lider halb gesenkt, schenkte er ihr einen verlockenden Blick. »Keine Bange, Baby, mit mir kommst du so in Fahrt, dass du nie wieder frieren wirst.«
Ihr BH fiel zu Boden, und Sam starrte entzückt ihren Busen an. Mit einer Fingerspitze strich er über eine Wölbung, und Susannah verspürte den verrückten Wunsch, beide Arme hoch über den Kopf zu heben, sich absolut aufreizend zu präsentieren.
Mitsamt dem Höschen und den Schuhen streifte Sam ihre Jeans nach unten. Eine kühle Brise wehte über ihre Haut hinweg, und unter ihren nackten Sohlen fühlte sich der Boden eisig an. Doch das nahm sie kaum wahr.
Für einen kurzen Moment lag Sams Handfläche auf seinem Hosenbund, dann zog er den Reißverschluss ein wenig hinab, und der Jeansstoff öffnete sich zu einem V. Susannah erschauerte wohlig, als sie seinen flachen Bauch und das dunkle Kraushaar sah. Offensichtlich trug er keinen Slip.
»Hast du’s schon mal auf einem Motorrad gemacht, Suzie?«
»Tausend Mal«, antwortete sie atemlos.
»Dummes Geschwätz«, spottete er und wies mit seinem Kinn zum schwarzen Ledersitz. »Setz dich drauf, im Reitersitz.«
Ihr Mund wurde trocken. Schon wieder forderte er sie heraus, testete sie, trieb sie über die Grenzen ihrer bisherigen Erfahrungen hinaus. Ohne ihn aus den Augen zu lassen, gehorchte sie, den Rücken den Lenkstangen zugewandt. Das schwarze Leder drückte sich kalt an ihre Hinterbacken und an die empfindsamen Innenseiten ihrer Schenkel.
Geradezu unverschämt grinste er sie an, schwang ein Bein über den Sitz und griff unter ihre Knie, um sie noch weiter zu spreizen. Dann schob er seine Schenkel unter ihre, und der raue Jeansstoff kratzte an ihrer Haut. Triumphierend schaute er auf sie herab.
Trotz ihrer Erregung wurde ihr bewusst, wie verletzlich sie in dieser Position war – die Beine weit auseinander und angreifbar, während er unter ihr seine harte, pulsierende, von Denim umhüllte männliche Kraft verbarg.
»Eine wundervolle Queen wirst du sein.« Er spielte so wunderbar erotisch mit ihren Brüsten, dass sie bald nach Luft rang. Mit beiden Daumen reizte er die Spitzen und presste Susannahs Rücken an die Lenkstangen. Den Kopf in den Nacken geworfen, schaute sie nach oben. Ihr Haar fiel über den Tachometer und den Scheinwerfer hinab. Über den blauen Himmel zogen weiße Schleierwolken, während Sam die sensitiven Brustwarzen in harte, geschwollene Knospen verwandelte.
Dann glitt seine Hand an ihrem Bauch hinab wie eine Wolke über den Äther. Über den kastanienroten Löckchen verharrte sie. »Außen kühl und versnobt ...«, seine Finger bewegten sich, »und drinnen heiß und scharf ...«
Stöhnend hob sie die Füße, ihre Zehen krümmten sich auf dem Schutzblech, als Sam sie so betörend liebkoste. Sie glaubte, ihr Körper würde immer höher emporschweben. Hinter ihr kam die nordkalifornische Sonne zwischen den Wolken hervor und erwärmte ihre Haut. Die Hände in Sams Kniekehlen, neigte sie sich noch weiter zurück und reckte ihre Brüste empor, wie ein primitives menschliches Opfer zur Freude der Götter.
Unter ihren Hüften zerrte er den Reißverschluss tiefer hinab und entblößte sich. Er stemmte seine gestiefelten Füße gegen den Boden, und seine Schenkel hielten das Motorrad fest, während er mit ihr verschmolz. Sobald er sich in ihr bewegte, wurde sie nahezu unersättlich.
Sie zog sich an Sams Beinen etwas höher hinauf, um auf seinem Schoß zu sitzen. Über seinen Schultern hing ihr Haar wie kastanienrote Seide, die hartes schwarzes Leder schmückte. Jetzt war sie die Aggressorin, vereinte sich noch intensiver mit ihm und zwang ihn, ihrem Rhythmus zu folgen. Eine seiner schwarzen Locken streifte ihre Lippen, und sie nahm sie in den Mund. Die Arme um seinen Hals geschlungen, beherrschte sie ihn ganz und gar.
»Wie gut das ist ...«, keuchte er. »So gut.«
In ihren Augen brannten Tränen, und sie beschleunigte das Tempo. »O ja – ja ...«
»Mehr – gib mir mehr ...«
»Ich liebe ...«, schrie sie. »Ich liebe ...«
»Fester – schneller ... Ja ... Noch mehr ...«
Ein explosiver Orgasmus überwältigte Susannah. »... liebe dich so sehr ...« Schluchzend vollendete sie den Satz und sank in sich zusammen.
Die Finger in ihre Schenkel gedrückt, drang er noch tiefer in sie ein, hart und kraftvoll. Als sie spürte, wie er sich dem Höhepunkt näherte, legte sie ihre feuchte Wange auf seinen Scheitel und versuchte ihm die Liebesworte zu suggerieren, die sie hören wollte, die sie so inständig ersehnte.
In seiner Kehle stieg ein heiserer, fast erstickter Schrei hoch. »Mehr«, verlangte er. »Gib mir – mehr.«