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Ich war völlig deprimiert. Die Ereignisse dieser zwei Tage hatten meinen Körper schwer mitgenommen und meinen Geist in derart tiefe Verwirrung gestürzt, dass ich außerstande war, den Verlust meiner Kameraden zu betrauern und mir klar zu machen, was die Zerstörung des Beibootes für mich bedeutete. Erleichtert begrüßte ich die Dämmerung und dann die darauf folgende Finsternis, in der ich mich verbergen konnte, denn der Abend brach hier sehr schnell herein und wir fuhren die ganze Nacht hindurch. Ich bemühte mich, einen Sinn hinter den Ereignissen zu finden, deren Zeuge ich gewesen war. Ich brauchte diese geistige Arbeit, um der Verzweiflung zu entfliehen, die mich ergriffen hatte, um mir zu beweisen, dass ich ein Mensch war, ein Mensch der Erde genauer gesagt, ein intelligentes Wesen, daran gewöhnt, eine logische Erklärung für auf den ersten Blick wundersame Launen der Natur zu finden, und kein von überentwickelten Affen gehetztes wildes Tier. Ich ließ mir alle Eindrücke durch den Kopf gehen, die ich bewusst und unbewusst aufgenommen hatte. Eine Beobachtung überlagerte alle anderen: Dass nämlich die Affen, Männchen wie Weibchen, Gorillas wie Schimpansen, in keiner Hinsicht komisch wirkten. Ich habe bereits erwähnt, dass sie mir nie wie aufgeputzte Tiere vorgekommen waren, wie etwa jene dressierten Affen, die man bei uns im Zirkus sieht. Auf der Erde reizt ein Hut auf dem Kopf eines Affenweibchens manche Leute zum Lachen; mich hingegen berührt so etwas eher peinlich.

Hier verhielt es sich anders. Hier passte der Hut zum Kopf, und die Affen gaben sich in allem, was sie taten, vollkommen natürlich. Das Weibchen, das mit einem Strohhalm aus einem Glas getrunken hatte, hatte tatsächlich wie eine Dame gewirkt. Ich erinnerte mich auch an einen Jäger, der eine Pfeife aus der Tasche gezogen, sorgfältig gestopft und angezündet hatte. Mich hatte das nicht weiter schockiert, so alltäglich waren seine ganzen Bewegungen gewesen. Ich dachte lange darüber nach, und vermutlich zum ersten Mal seit meiner Gefangennahme bedauerte ich das Verschwinden von Professor Antelle. Er, mit seiner Weisheit und wissenschaftlichen Ausbildung, hätte sicher eine Erklärung für all die Paradoxa gefunden. Was mochte mit ihm geschehen sein? Unter der erlegten Jagdbeute hatte ich ihn nicht gesehen. Befand er sich dann unter den Gefangenen? Das war nicht ausgeschlossen; ich hatte ja nicht alle zu Gesicht bekommen. Dass es ihm gelungen war, zu fliehen, wagte ich nicht einmal zu hoffen.

Mit dem wenigen, was mir zur Verfügung stand, versuchte ich eine Theorie aufzustellen, die mich, offen gesagt, kaum befriedigte. Hatten die Bewohner dieses Planeten, jene zivilisierten Wesen, deren Städte wir überflogen hatten, es vielleicht fertig gebracht, Affen so abzurichten, dass diese sich mehr oder weniger vernünftig verhielten? Vielleicht durch geduldige Auslese über mehrere Generationen hinweg? Schließlich bringen auch auf der Erde manche Schimpansen Erstaunliches zustande. Sogar die Tatsache, dass sie eine Sprache besaßen, war vielleicht gar nicht so außergewöhnlich, wie ich gedacht hatte. Ich erinnerte mich an ein Gespräch, das ich einmal mit einem Spezialisten über dieses Thema geführt hatte. Er hatte mir eröffnet, dass ernste Wissenschaftler weite Teile ihres Lebens darauf verwenden, Primaten zum Sprechen zu bringen. Sie behaupten, dass diese dazu durchaus in der Lage wären.

Vorläufig waren alle ihre Anstrengungen erfolglos geblieben, doch sie gaben den Versuch nicht auf, da sie vermuteten, es läge einzig und allein daran, dass die Affen nicht sprechen wollten. Hatten sie auf dem Planeten Soror etwa eines Tages gewollt? Dadurch hätte sich jenen hypothetischen Sororbewohnern die Gelegenheit geboten, die Tiere für grobe Arbeiten und die Jagd einzusetzen – in deren Verlauf ich gefangen worden war.

Gierig klammerte ich mich an diese Erklärung und weigerte mich heftig, mir eine andere, einfachere zurechtzulegen, weil ich mir nur von der Existenz wirklich intelligenter Wesen Rettung versprach, also von Menschen, Menschen wie ich, mit denen ich mich verständigen konnte. Menschen! Doch zu welcher Rasse gehörten die Geschöpfe, die von den Affen gejagt und eingefangen wurden? Dieser geistig zurückgebliebene Stamm? Wenn auch sie zur menschlichen Rasse gehörten, wie grausam mussten dann die Beherrscher dieses Planeten sein, dass sie solche Metzeleien duldeten oder gar anordneten!

Plötzlich wurde ich in meinen Überlegungen gestört. Eine Gestalt kroch auf mich zu. Es war Nova. Alle anderen Gefangenen schliefen rings um mich herum auf dem Fußboden. Nach kurzem Zögern kuschelte sie sich, wie neulich, an mich. Ich versuchte, wieder einmal vergeblich, in ihrem Blick ein Anzeichen dafür zu entdecken, dass ihrem Verhalten etwas anderes als bloßer Instinkt zugrunde lag. Sie wandte den Kopf ab und schloss die Augen. Dennoch fühlte ich mich allein durch ihre Gegenwart getröstet, bemühte mich, nicht an den nächsten Tag zu denken, und schlief, eng an sie geschmiegt, ein.