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»Und es kommt doch auf die Größe an, wie?«, knurrte Wyatt und packte mich an der Taille, als er am Nachmittag keine fünf Minuten nach mir sein Haus betrat. Ich war seinem Büro unter tobendem Gelächter entkommen und war direkt in den dritten Stoffladen abgetaucht, wo ich – tadah – endlich den richtigen Stoff entdeckt hatte. Ich war so glücklich und erleichtert, dass ich gar nicht nach dem Preis gefragt hatte, was nur gut war, denn Qualitätsstoff gibt es nicht für einen Dollar neunundneunzig den Meter. Meine Beute ruhte nun sicher im Kofferraum meines Mietwagens, damit ich sie am nächsten Morgen zu Sally bringen konnte. Sie hatte versprochen, das ganze Wochenende über an meinem Kleid zu arbeiten.

Aber erst musste ich die Sache mit Wyatt klären.

»Na ja, irgendwie schon«, brachte ich zwischen seinen gierigen Küssen heraus. Hätte ich etwa lügen sollen?

»Dann ist es ja gut, dass meiner groß genug für dich ist.« Er hatte meine Jeans aufgeknöpft und schälte sie von meinen Beinen.

Das war er, o ja, das war er. Wyatt wusste das nur zu gut und stellte es wieder einmal unter Beweis. Wenigstens legte er mich diesmal auf die Couch, statt mich wie schon mehrfach zuvor gleich auf dem Boden zu nehmen.

Er ließ sich Zeit, glitt langsam vor und zurück und betrachtete meinen Körper, während er meine Hüften in seinen kräftigen Händen hielt. »Es ändert alles.« Seine Stimme war rau. »Ohne die Pille. Das ändert alles.«

Stimmt. Nicht körperlich, aber mental. Und da das Hirn die wichtigste erogene Zone ist … wow. Alles wirkte klarer, intensiver, und dabei war der Sex mit Wyatt schon vorher ziemlich intensiv gewesen.

Hinterher blieb er schwer auf mir liegen und streichelte, wie so oft, gedankenverloren meine Hüfte. Benommen wurde mir bewusst, dass er sich gar nicht ausgezogen hatte, während er es geschafft hatte, mir alles unterhalb der Gürtellinie vom Leib zu zerren. Seine Marke klemmte immer noch an seinem Gürtel und schabte gefährlich nahe einer Stelle, an der ich nicht geschabt werden wollte, vielen Dank, und die große schwarze Automatik drückte schmerzhaft gegen die Innenseite meines linken Schenkels.

Ich wand mich unter ihm heraus. »Deine Waffe hängt zwischen meinen Beinen«, beschwerte ich mich.

»Ich weiß, aber ich habe sie entladen.«

Ich drückte gegen seine Schultern. »Deine Marke – autsch!«

Er stemmte die Hände in das Polster, auf dem ich lag, und hob langsam den Körper an, wobei er mehrmals pausierte, um mich zu küssen. Logistisch war der Akt nicht besonders gut geplant gewesen, und nun mussten wir mit den Folgen fertig werden, die sich daraus ergossen. Deutlicher möchte ich nicht werden. Gott sei Dank war es eine Ledercouch.

Nachdem wir sauber gemacht hatten, kochten wir gemeinsam. Früher hatte er immer auswärts gegessen, aber seit wir zusammen waren, hatte ich seine Gefriertruhe mit Fertiggerichten aufgestockt, die nur aufgewärmt werden mussten. An diesem Abend entschieden wir uns für eine Lasagne, zu der wir einen Salat anmachten. Als Nächstes würde ich seinen Kühlschrank mit Salatzutaten füllen. Ich würde ihn lehren, was Mädchen gerne essen.

Nach dem Essen biss ich in den sauren Apfel. Seit Dienstagabend hatte ich hin und her überlegt, aber jetzt konnte ich es nicht länger hinausschieben. Herr im Himmel, wir schliefen miteinander, ohne dass ich die Pille nahm, und obwohl die Chance, dass ich schwanger wurde, minimal war, hieß das …

»Was du da gesagt hast«, eröffnete ich das Gespräch, während wir den Geschirrspüler einräumten.

»Ich war scharf. Männer sagen alles Mögliche, um mit einer Frau zu schlafen.«

Ich sah ihn streng an. »Am Dienstag. Als du sauer auf mich warst.«

Er richtete sich auf und sah mich aufmerksam an. »Hast du endlich lange genug darüber nachgedacht? Okay, bringen wir es hinter uns, dann kann ich mich noch einmal entschuldigen und wir können die ganze Sache vergessen.«

Das war nicht ganz das, was ich hören wollte. Meine strenge Miene verdüsterte sich zu stiller Wut. »Es geht nicht darum, dass du dich entschuldigen sollst, sondern dass wir diese Sache angehen, klären und entscheiden müssen.«

Er verschränkte die Arme und wartete ab.

Ich hoffte, dass meine Stimme durchhalten würde. Dass ich sie den ganzen Nachmittag geschont hatte, hatte mir immerhin wieder das grässliche Krächzen verschafft, das zumindest etwas Klang hatte. Ich holte tief Luft und begann.

»Du hast gesagt, dass ich hirnrissige Spielchen abziehe, dass ich von dir erwarte, Männchen zu machen, wenn ich es befehle, und dass ich sauer wäre, wenn du es nicht tust, dass ich dich wegen jeder Kleinigkeit anrufe und von dir erwarte, das zu überprüfen. Außerdem hast du gesagt, dass ich extrem anspruchsvoll wäre. Ach was. Alles Übrige fällt unter diesen Oberbegriff. Ich bin anspruchsvoll, ich war schon immer anspruchsvoll und werde es immer sein. Das wird sich nicht ändern. Ich werde mich nicht ändern.«

»Ich möchte auch nicht, dass du dich änderst«, setzte er an und streckte die Hand nach mir aus, doch ich wich zurück und brachte ihn mit erhobener Hand zum Schweigen.

»Lass mich das zu Ende bringen, ich weiß nämlich nicht, wie lange meine Stimme durchhält. Wenn ich Spielchen abziehe, dann definitiv keine hirnrissigen, da sind wir schon mal unterschiedlicher Auffassung. Außerdem erwarte ich nicht, dass du auf mein Kommando Männchen machst, aber du hast für mich Vorrang vor allem anderen, und ich erwarte, dass ich für dich ebenfalls Vorrang vor allem anderen habe – innerhalb eines vernünftigen Rahmens selbstverständlich, das gilt für uns beide. Ich würde zum Beispiel nie erwarten, dass du angefahren kommst und mir Starthilfe gibst, weil mein Wagen nicht anspringt, obwohl du gerade einen Mord aufklären musst. Dafür habe ich den Automobilclub.

Und ich rufe dich nicht an, um jede Kleinigkeit überprüfen zu lassen. Ehrlich. Ja, ich werde ganz eindeutig von dir erwarten, dass du manche Dinge für mich klärst und alle Strafzettel fürs Falschparken tilgen lässt, die ich bekomme, aber ich werde dich nie bitten, einen Strafzettel verschwinden zu lassen, nachdem ich geblitzt wurde, oder einen Bericht zu fälschen oder etwas in dieser Richtung, ich finde meine Ansprüche also durchaus vernünftig. Aber letztendlich ist es deine Entscheidung, ob wir heiraten oder nicht. Falls dich meine Ansprüche so verschrecken und du jetzt schon findest, dass ich den Aufwand nicht wert bin, dann solltest du das hier und jetzt sagen. Wahrscheinlich werden wir trotzdem zusammenbleiben, aber wir sollten die Hochzeit absagen –«

Er verschloss mir mit der Hand den Mund. Seine grünen Augen funkelten. »Ich weiß nicht, ob ich lachen … oder lachen soll.«

Lachen? Mir war ganz elend vor Kummer. Endlich hatte ich den Mut gefunden, ihm mein Herz auszuschütten, und er fand das zum Lachen?

Männer können unmöglich derselben Spezies angehören wie wir Frauen. Unmöglich.

Seine andere Hand glitt um meine Taille und zog mich näher. »Manchmal machst du mich so kirre, dass ich Eisennägel spucken könnte, aber seit wir zusammen sind, habe ich keinen einzigen Tag erlebt, an dem ich nicht lächelnd aufgewacht wäre. Zum Teufel, ja, du bist jeden Aufwand wert. Der Sex allein wäre ihn wert, aber zusammen mit deinem Unterhaltungswert –«

Ich versuchte ihn wutentbrannt zu kneifen, aber er fing lachend meine Hände ab und zog sie an seine Brust. »Ich liebe dich, Blair Mallory und zukünftige Bloodsworth. Ich liebe alles an dir, selbst deine extremen Ansprüche – ja, sogar die Zettel, die du schreibst und die übrigens dazu geführt haben, dass meine älteren Kollegen längst nicht mehr so neidisch auf mich sind. Ich weiß nicht, wie dieser Bastard Forester es geschafft hat, den Zettel zu klauen, ohne dass ich es gemerkt habe, aber das finde ich schon noch heraus«, murmelte er.

»Ich habe sie nicht aus Jux geschrieben«, fuhr ich ihn an oder versuchte es jedenfalls. »Sondern um etwas auszusagen.«

»O ja, das habe ich begriffen; so gut wie jeder andere. Du warst stinkwütend auf uns alle, und nachdem wir erfuhren, warum du so wütend warst, mussten wir zugeben, dass du vollkommen recht hattest. Trotzdem würde ich wieder so handeln, um deine Sicherheit zu garantieren. Ich würde absolut alles tun, um deine Sicherheit zu garantieren. Also, wie würde ein echter Macho das ausdrücken? Ach ja, ich würde jede Kugel für dich abfangen. Die Hochzeit wird stattfinden. Beantwortet das deine Fragen?«

Ich wusste nicht, ob ich schmollen, schlagen oder schimpfen sollte, darum beschloss ich, mürrisch dreinzuschauen. Gott, ich war so erleichtert! Er wusste, dass ich mich nicht ändern würde, und er wollte mich trotzdem heiraten? Das musste genügen.

»Eines musst du mir aber noch erklären.«

Ich sah fragend auf, was er schamlos ausnutzte, indem er mir eine ganze Reihe von Küssen raubte.

»Warum willst du, dass ich deine Strafzettel streichen lasse, wenn du falsch geparkt hast, aber nicht, wenn du zu schnell gefahren bist? Ein Strafzettel wegen überhöhter Geschwindigkeit kostet mehr, bringt dir Strafpunkte und lässt deine Versicherungsprämie steigen.«

Es war mir unbegreiflich, wie er so blind sein konnte. »Einen Strafzettel für zu schnelles Fahren bekomme ich für etwas, das ich getan habe. Aber ein Ticket fürs Falschparken? Entschuldigung! Wem gehört der öffentliche Grund? Den Steuerzahlern und niemandem sonst. Bin ich die Einzige hier, die es absurd findet, dass ich dafür bezahlen muss, auf meinem eigenen Grund und Boden zu parken, und dass ich dafür bestraft werde, wenn ich zu lange parke? Das ist unamerikanisch. Das ist geradezu … geradezu … faschistisch –«

Diesmal setzte er nicht die Hand ein, um mir den Mund zu verschließen. Diesmal nahm er seine Lippen.