9

Am nächsten Tag, dem Sonntag, ging es mir schon viel besser. Das Kopfweh war von pochenden Schmerzen zu bloßen Schmerzen abgeklungen, die ich beinahe ignorieren konnte.

Wyatt fuhr mich zum Haus seiner Mutter, damit ich den Spalierbogen in Augenschein nehmen konnte; wie Jenni gesagt hatte, brauchte er einen Anstrich – und davor musste der alte Lack abgeschabt und das Holz geschliffen werden. Dafür hatte er genau die richtige Größe, außerdem war er mit seinem elegant geschwungenen Bogen, der mich an die Zwiebeltürme in Moskau erinnerte, wirklich wunderschön. Roberta hatte sich bereits in den Spalierbogen verliebt und wollte ihn auch nach der Hochzeit in ihrem Garten lassen. Wir waren uns einig, dass das Schleifen und Lackieren der perfekte Job für Wyatt war, da der Blumenschmuck in seinen Zuständigkeitsbereich fiel.

Wie mir der leicht argwöhnische Blick, mit dem er den Bogen studierte, verriet, dämmerte ihm allmählich, dass »die Blumen« mehr beinhaltete als nur ein paar Vasen und Sträuße. Roberta konnte sich das Grinsen nur mit Mühe verkneifen, aber bis er sie um Hilfe fragte, würde sie ihn schmoren lassen, während sie still und heimlich den Blumenschmuck organisierte.

Es bestand allerdings die Möglichkeit, dass er sie nicht um Hilfe bitten würde – unter Umständen würde ihn seine angeborene aggressiv-dominante Ader daran hindern zuzugeben, dass er mit dem Job überfordert war. Wir hatten uns darauf geeinigt, dass wir die Scharade nach spätestens zwei Wochen beenden würden. Das war lange genug, um ihn ebenfalls unter Druck zu setzen, aber nicht so lange, dass er etwas unternehmen konnte, was unsere Pläne durchkreuzen würde.

Ja, natürlich war das gemein. Na und?

Von dort aus fuhren wir zum Mittagessen zu meinen Eltern, damit Mom mich nach Herzenslust verhätscheln konnte und ich mich nach Herzenslust verhätscheln lassen konnte. Wir grillten Koteletts – die Grillsaison zieht sich bei uns im Süden durch das ganze Jahr –, darum gingen Dad und Wyatt sofort nach draußen, jeweils ein Bier in der Hand, um sich um den Grill zu kümmern. Ich fand es niedlich, wie sich die beiden verbündeten, zwei Männer, die sich in einem Meer von Östrogen über Wasser zu halten versuchten.

Dad nimmt das alles philosophisch und weise hin, allerdings konnte er im Lauf der Jahre reichlich Erfahrung mit Mom und Grammy sammeln – wobei Grammy ungefähr zwei Frauen von meinem Kaliber gleichkommt. Wyatt hingegen war es gewohnt, nur mit Männern zu tun zu haben: erst beim Football, jetzt bei der Polizei. Schlimmer noch, er ist ein Alphatyp und kann nur schwer verstehen, was das Wort »Nein« bedeutet. Dass er mich erobert hatte, zeugte von den dominanten, aggressiven Facetten seiner Persönlichkeit; dass er mich behalten konnte, zeugte von seiner Intelligenz, denn er hatte von Anfang an kapiert, dass Dad ein erfahrener Experte im Krieg zwischen den Geschlechtern war. Okay, es ist kein richtiger Krieg; eher so etwas wie die Begegnung zweier Spezies. Dad versteht unsere Sprache; Wyatt musste sie noch erlernen.

Mom und ich bereiteten alles für das Grillen vor und schmiedeten währenddessen neue Kriegspläne – äh, Hochzeitspläne –, und als die Männer die Schweinekoteletts übernahmen, fanden wir ein paar Minuten Ruhe. Mom hatte für sich selbst online ein Kleid gefunden, das ihr so gut gefiel, dass sie es bereits bestellt hatte, und wollte es mir auf dem Computer zeigen. Ich würde keine Brautjungfern benennen, es sollte eine eher kleine und informelle Hochzeit werden, folglich brauchte ich Gott sei Dank keine Brautjungfernkleider oder Ähnliches auszusuchen. Wir suchten noch eine Weile nach dem Kleid, das mir vorschwebte, wurden aber auch diesmal nicht fündig, was ich ausgesprochen ärgerlich fand, denn schließlich wollte ich kein verkünsteltes Hochzeitskleid mit Spitzensaum, Blumenstickereien und Perlenbesatz. So etwas hatte ich bei meiner ersten Hochzeit getragen, und ich wollte diese Erfahrung nicht wieder aufleben lassen.

»Ich hab’s!« Plötzlich leuchtete Moms Gesicht auf. »Sally kann dir das Kleid schneidern, dann kannst du auch sicher sein, dass es perfekt sitzt. Du brauchst nur das Design zu skizzieren, dann ziehen wir gleich morgen los, um den passenden Stoff auszusuchen.«

»Ruf lieber erst Sally an«, schlug ich vor, »und frag sie, ob sie das machen kann.«

Sally hatte im Moment mehr als genug Schwierigkeiten, weil Jazz sauer auf sie war, nachdem sie ihn zu überfahren versucht hatte, und sie sauer auf ihn war, weil er ihr Schlafzimmer ruiniert hatte, indem er es hinter ihrem Rücken neu eingerichtet hatte. Nachdem sie fünfunddreißig Jahre verheiratet gewesen waren, lebten sie jetzt getrennt, und beiden ging es elend dabei. Trotz alledem spürte ich neuen Auftrieb angesichts der Möglichkeit, dass sie das Kleid schneidern könnte, denn das stellte die perfekte Lösung dar. Sally war ein Genie an der Nähmaschine; sie hatte das Kleid für Tammys Abschlussball genäht, und es hatte super ausgesehen.

Mom rief sofort bei Sally an. Sally sagte, natürlich könne sie das übernehmen, dann reichte Mom mir den Hörer, und ich beschrieb Sally das Kleid, das mir vorschwebte, woraufhin sie, Gott segne sie, erklärte, so etwas wäre kinderleicht zu schneidern. Es war wirklich ein schlichtes Design, ohne jedes Chichi.

So wie ich den Schnitt vor mir sah, würde der Zauber des Kleides allein von dem Fluss des Stoffes ausgehen und von der Art, wie es meinen Körper umschmeichelte, und Wyatt sollte immer nur daran denken, wie er mich von der Hochzeitsfeier weg und aus meinem Kleid bekommen könnte.

Ich war so erleichtert, dass ich es kaum noch aushielt. Den perfekten Stoff musste ich immer noch finden, aber einen Stoff zu finden ist viel einfacher, als das perfekte fertige Kleid zu finden. Wäre ich bereit gewesen, mich mit etwas zu begnügen, das einfach nur gut aussah, hätte ich mir nicht solche Sorgen gemacht, aber ich bin nicht wirklich gut im »Begnügen«. Manchmal bleibt mir nichts anderes übrig, aber gefallen tut es mir nie.

Während des Mittagessens erzählten wir Dad und Wyatt, wie Sally meine Hochzeit retten würde. »Außerdem braucht sie etwas, um sich von Jazz abzulenken«, sagte Mom.

Wyatts Blick traf auf meinen, und ich bemerkte seine Miene. Ich weiß, bis zu einem gewissen Grad versteht er Moms und meine Position in dieser Angelegenheit, derzufolge Jazz es nach seiner dreisten Tat verdient hatte, von einem Auto angefahren zu werden, denn immerhin habe ich das Wyatt erklärt; trotzdem schlägt sein Polizisteninstinkt jedes Mal Alarm. Er betrachtet Sallys Versuch, Jazz zu überfahren, als Mordversuch, obwohl Jazz beiseitespringen konnte und nicht einmal verletzt wurde, und er findet, dass Jazz den Vorfall der Polizei melden und Anzeige gegen seine Frau erstatten sollte. Manchmal glaube ich, dass sein Sinn für richtig und falsch nach all den Kriminologieseminaren im College ein wenig aus dem Lot geraten ist.

Er sagte keinen Ton, doch ich konnte ihm ansehen, wie wenig es ihm behagte, dass Sally mein Hochzeitskleid nähen würde; außerdem konnte ich ihm ansehen, dass ich einiges zu hören bekommen würde, sobald wir allein waren, aber er wollte keinen Streit vor meinen Eltern anfangen, vor allem wenn es dabei um Moms beste Freundin ging. Das Glitzern in seinen Augen verriet mir jedoch, dass wir das ausführlich diskutieren würden, sobald wir alleine waren.

Mir machte das nichts aus. Ich war in einer unangreifbaren Position. Ganz gleich, welche Entscheidung in Bezug auf welchen Teil unserer Hochzeit getroffen wurde, all das war seine Schuld, weil die überstürzte Eile nur durch sein Ultimatum nötig geworden war. Ich liebe unangreifbare Positionen – solange ich diejenige bin, die sich darin befindet.

Kaum saß ich im Avalanche und hatte mich angeschnallt, da ging er schon zum Angriff über. »Kannst du nicht jemand anderen finden, der dein Hochzeitskleid näht?«

»Dazu haben wir nicht mehr genug Zeit«, erklärte ich zuckersüß.

Er erkannte sofort, worauf ich hinauswollte, und lenkte ab. »Sie hat versucht, ihren Mann umzubringen.«

Ich winkte abfällig. »Ich sehe keine Verbindung zwischen dem Unfall und der Tatsache, dass sie mein Hochzeitskleid schneidert. Außerdem hat sie, wie ich dir schon erklärt habe, nicht versucht ihn umzubringen, sie wollte ihn nur ein bisschen verstümmeln.«

Er warf mir einen Blick zu, aus dem ich nicht recht schlau wurde. »Vor zwei Tagen habe ich auf einem Überwachungsband angesehen, wie jemand dich mit einem Auto zu rammen versucht hat. Erzähl mir nichts von ›ein bisschen verstümmeln‹. Ein Auto ist eine tödliche Waffe. Sie war so schnell, dass sie nicht mehr bremsen konnte, bevor sie gegen die Hauswand fuhr. Wenn Jazz nicht beiseitegesprungen wäre, wäre er zwischen dem Wagen und der Wand eingeklemmt worden. Muss ich erst die entsprechenden Unfallfotos heraussuchen, um dir zu demonstrieren, was in so einer Situation mit einem menschlichen Körper passiert?«

Verflucht und zugenäht noch mal, ich hasse es, wenn er etwas vorbringt, das meine unangreifbare Position zu Fall bringt.

Er hatte recht. Aus seinem Polizistenblickwinkel betrachtet, in dem er regelmäßig mit Dingen konfrontiert war, die mir Albträume bescheren würden, hatte er recht. Sally hatte ohne jede Rücksicht auf Jazz’ Leben und Wohlergehen gehandelt. Damit nicht genug, ich wusste genau, dass ich keine Gnade gekannt hätte, wenn die Positionen vertauscht gewesen wären und ich beobachtet hätte, wie jemand versuchte, Wyatt umzubringen.

»Scheiße.«

Eine seiner geraden Brauen wanderte nach oben. »Heißt das, du stimmst mir zu?«

»Es heißt, dass ich verstehe, was du meinst.« Ich versuchte, nicht eingeschnappt zu klingen. Ich glaube nicht, dass ich damit Erfolg hatte, denn er verkniff sich ein Lächeln.

Damit steckte ich in Schwulitäten, denn Sally hatte sich bereits einverstanden erklärt, mein Kleid zu schneidern; mehr noch, sie freute sich darauf, weil Sally mich und meine Schwestern fast so liebt wie ihre eigenen Kinder. Wir gehören beinahe mit zur Familie. Jetzt konnte ich das Kleid unmöglich von jemand anderem schneidern lassen, ohne sie tief zu verletzen. Abgesehen davon würde ich in der kurzen Zeit, die mir blieb, wahrscheinlich sowieso niemand anderen finden, basta.

Ich war nicht so blöd, vor Frust meinen Kopf gegen das Armaturenbrett zu knallen, obwohl mir wirklich danach war.

Wyatt hatte mich durch blanke Vernunft in diese Zwickmühle gebracht. Das ist unfair. Also lud ich das Problem wieder in seinem Schoß ab. »Okay, dann machen wir es so: Ich habe wirklich extrem wenig Zeit. Es steht zu befürchten, dass ich keine ausgebildete Schneiderin finden werde, die das Kleid nähen könnte, weil alle Profis längst ausgebucht sind. Es besteht die Möglichkeit, dass ich das, was mir vorschwebt, auch von der Stange finde, aber im Einkaufszentrum bin ich nicht fündig geworden und online ebenso wenig. Wenn du darauf bestehst, werde ich mir etwas einfallen lassen, damit Sally mein Kleid nicht schneidert, aber du wirst mit den Konsequenzen leben müssen, falls ich in einem Kleid heiraten muss, das ich auf den letzten Drücker besorgt habe.«

Ich brachte das mit todernster Miene und Stimme vor, vielleicht weil mir die Sache todernst war. Das war kein Kleinkram. Ich hatte einen Traum, eine Vision, wie meine Hochzeit ablaufen sollte, und ein wichtiger Teil dieses Traumes bestand darin, dass ich seine Miene sehen wollte, wenn ich in meinem Mörderkleid auf ihn zuging. Es war ein Augenblick, nach dem sich etwas in mir verzehrte, etwas, das schwer gelitten hatte, als ich herausfand, dass mir mein damaliger Ehemann untreu war. Ich heulte mir deswegen nicht die Augen aus, aber dennoch war ich nicht ohne emotionalen Ballast aus meiner ersten Ehe herausgegangen; einige kleine Handkoffer hatte ich immer noch zu tragen.

Er warf mir einen kurzen, bohrenden Blick zu, um abzuschätzen, wie ernst es mir war. Ehrlich, ich weiß nicht, warum er mich nie einfach beim Wort nehmen kann. Okay, ich weiß es. Wahrscheinlich sollte es mir zu denken geben, dass mir der Mann, den ich liebe, nicht blind vertraut, aber es würde mir viel mehr zu denken geben, wenn er so doof wäre, mir blind zu vertrauen. Das heißt nicht, dass ich ihn je emotional oder sexuell betrügen würde, denn das würde nicht geschehen, doch in unserer kleinen Privatschlacht darum, wer in unserer Beziehung die Hosen anhatte, war alles erlaubt. Diese Regel hatte er mit seinen »Alle Mann in die Schlacht« -, »Wir nehmen keine Gefangenen« -Umwerbungsversuchen selbst aufgestellt. Ehrlich gesagt konnte von »Versuchen« keine Rede sein; er hatte mich einfach überwältigt und nicht mehr freigegeben.

Der Gedanke daran bewirkte eine leises Flattern in meinem Herzen sowie ein Stockwerk tiefer, und ich rutschte unruhig in meinem Sitz herum.

Er fluchte leise vor sich hin und sah angestrengt auf die Straße. »Verflixt, hör auf, so zu zappeln. Du machst das jedes Mal, wenn du an Sex denkst.«

»Echt?« Vielleicht hatte er recht. Andererseits war er definitiv … zappelwürdig.

Seine Hände fassten das Lenkrad fester, was mir ins Gedächtnis rief, dass wir uns seit Mittwochabend nicht mehr geliebt hatten und es inzwischen Sonntag war. Am Vorabend hatte er zwar etwas von meiner Anspannung gelöst, aber so geschickt er auch mit den Händen und dem Mund ist, beides ist nicht mit seinem Penis zu vergleichen. Manche Dinge sind einfach füreinander bestimmt, habe ich recht?

Wyatt seinerseits hatte überhaupt keine Erfüllung gefunden, es sei denn, er hatte das unter der Dusche erledigt. So weiß wie seine Knöchel jetzt leuchteten, nahm ich das nicht an.

»Wir haben eigentlich über Sally gesprochen«, sagte er heiser und gepresst.

Mühsam lenkte ich meine Gedanken auf das Thema zurück. »Ich habe dir gesagt, wie ich dazu stehe.«

Er atmete mehrmals durch. »Wie genau werden die Konsequenzen aussehen, wenn du nicht in dem Kleid heiratest, das du dir erträumst?«

»Das weiß ich nicht«, sagte ich schlicht. »Ich weiß nur, dass es mich tief treffen wird.«

»Scheiße«, zischte er. Es stört ihn nicht, mich irre zu machen, mich zum Wahnsinn zu treiben oder mich vor den Kopf zu stoßen, aber er würde Himmel und Erde in Bewegung versetzen, um zu verhindern, dass ich verletzt werde. Jede Frau sollte so geliebt werden. Mein Herz schwoll an oder fühlte sich jedenfalls so an. Eigentlich ist das ein eher beängstigendes Gefühl, denn wenn das Herz wirklich anschwellen würde, könnten dabei wahrscheinlich ein paar Anschlüsse abreißen oder so.

Ungefähr zwei Blocks lang sagte er nichts, und ich begann mich zu verkrampfen, weil ich nicht wusste, was in seinem Kopf vorging. Wyatt ist zu schlau, als dass ich ihn lange nachdenken lassen darf, weil ihm sonst Sachen einfallen, die »Bring sie wieder zusammen«, sagte er.

Mein Gehirn fühlte sich an, als wäre die graue Masse zu einem Tischtennisball zusammengequetscht worden. »Wie bitte?« Verfluchte Hühnerkacke! Meinte er das ernst? Ich nahm an, dass er über Sally und Jazz sprach, nur vermochten nicht einmal deren Kinder, die beiden in einem Zimmer zusammenzubringen. Ich hätte ihn spätestens nach dem ersten Straßenblock aus seinen Gedanken reißen müssen, indem ich ihm ins Lenkrad gegriffen oder meinen Kopf umklammert und mich zusammengekrümmt hätte, nur hätte er mich dann wieder in die Notaufnahme gefahren, und dort wollte ich auf keinen Fall wieder hin.

»Sally und Jazz«, betonte er und bestätigte damit meine Ängste, dass er mich in den Wahnsinn zu treiben versuchte. »Bring sie wieder zusammen. Setz dich mit ihnen zusammen und beredet die ganze Geschichte. Ich schätze, wenn du es schaffst, dass Jazz seiner Frau diesen Mordversuch verzeiht, dann werde ich zugeben müssen, dass ich die Sache zu ernst genommen habe.«

»Bist du irre?«, kreischte ich auf und fuhr herum, was keine besonders gute Idee war, da meine Kopfschmerzen durch die abrupte Kopfbewegung wieder ganz nach vorne geschleudert wurden. Ich fasste mir tatsächlich an den Kopf, aber ich krümmte mich nicht zusammen.

»Sei vorsichtig«, warnte er mich scharf.

»Sag du mir nicht, ich soll vorsichtig sein, nachdem du mir so was an den Kopf geworfen hast!« Immer wenn ich glaubte, dass er unmöglich noch unverschämter oder frecher werden konnte, zog er so eine Nummer ab. Er ist ein diabolischer Gegner.

»Es entspricht in etwa dem, was du mir an den Kopf geworfen hast.« In seinen Augen funkelten kleine, gleißend grüne Lichter, die mit einer Mischung aus Zorn und Zufriedenheit strahlten.

Ach so. Das war ihm aufgefallen, wie?

»Aber du bist nicht mit einer Gehirnerschütterung behindert! Oder durch eine Gehirnerschütterung. Wie auch immer.«

»Du erholst dich schnell«, bemerkte er bemerkenswert mitleidslos. »Es würde mich nicht überraschen, wenn du morgen wieder arbeiten gehen würdest.«

Ich hatte tatsächlich geplant, genau das zu tun. Jetzt sah ich ihn finster an, was er als Eingeständnis interpretierte.

»Ich bin keine Eheberaterin«, erklärte ich frustriert. »Schlimmer noch, ich bin für sie fast so etwas wie ihr eigenes Kind. Wie kommst du auf die Idee, dass sie auf mich hören werden, wo sie nicht einmal auf ihre eigenen Kinder hören?«

»Das ist dein Problem«, bemerkte er noch einmal bemerkenswert mitleidslos.

»Du glaubst also, es wäre nicht dein Problem, wenn ich bei unserer Hochzeit unglücklich bin? Hast du nicht gehört, wie ich gesagt habe, dass ich extrem wenig Zeit habe? Dafür brauchte ich Zeit, die ich nicht habe!«

»Dann nimm dir welche.«

Er hielt sich wirklich für oberschlau. Ich sah ihn mit halb zusammengekniffenen Augen an. »Okay. Dann nehme ich mir die Zeit, die wir mit Sex verbracht hätten, und rede stattdessen mit Sally und Jazz.«

Er wagte tatsächlich, laut zu lachen. Ja, ich weiß, ich bin wirklich nicht besonders erfolgreich darin, seine Wünsche abzuschmettern, aber er lachte!

Es ist nicht empfehlenswert, mit einer Gehirnerschütterung, und sei sie noch so leicht, wütend den Kopf abzuwenden. Ich wollte nicht einmal allein aussteigen, weil sein Pick-up so hoch ist, dass ich hinausklettern muss, und mein Schädel bestimmt platzen würde, wenn ich auch nur ein wenig zu hart aufkam, was echt kein Spaß ist. Darum musste ich warten, bis er um den Wagen herumgekommen war und mich heraushob, was er mit dem größten Vergnügen tat, weil er mich dann an seinem Körper hinabgleiten lassen konnte und ich dabei um ein Haar an den herausstehenden Körperteilen hängen geblieben wäre, was er mit einem selbstzufriedenen Lächeln quittierte.

Der Mann ist ein Satan.

Ich sagte zornig: »Falls wir je wieder Sex haben sollten, was ich im Augenblick schwer bezweifle, dann nur noch Tantrasex.«

Grinsend folgte er mir die Stufen zur Haustür hinauf. »Ich werde auf keinen Fall heilige Gesänge anstimmen, während ich mit dir schlafe.«

»Das hat nichts mit Gesängen zu tun. Glaube ich jedenfalls. Sondern mit Disziplin.«

»Ich werde auch nicht zulassen, dass du eine Peitsche in die Hand nimmst.«

Ich schnaubte. »Doch nicht diese Art von Disziplin. Selbstdisziplin. Tantrasex dauert ewig!«

»Dagegen ist nichts zu sagen.« Plötzlich wirkte er interessiert.

Ich lächelte zuckersüß. »Sehr gut, dann werden wir das demnächst ausprobieren. Versprichst du mir das?«

»Aber sicher.« Seine Libido hatte eindeutig den Verstand ausgeschaltet. Da dieser Zustand nicht allzu lange anhalten würde, setzte ich sofort zum Todesstoß an.

»Ach, übrigens –«

»Ja?«

»Tantrasex dauert so lange, weil der Mann nicht kommen darf!«