27

Ich hatte mir in der Küche gerade alles zurechtgelegt, so, wie ich es auch mache, wenn ich für Sarah etwas Schönes koche. Da waren drei Schneidbretter auf den Arbeitsflächen; eins für Fleisch, eins für Gemüse und eins für alle Fälle. Der Messerblock stand in Reichweite. Ich hatte ein kleines Vermögen für meine Sabatier-Messer ausgegeben, aber sie waren es wert – widerstandsfähig, langlebig und rasiermesserscharf. Wenn ich in Hua Hin mit diesen Babys spielte, kam ich mir vor wie Michel Roux. Deshalb hatte ich auch noch ein zweites Set für unser Townhouse in Gosforth angeschafft, wo ich gern übernachtete, wenn ich länger als zwei Nächte in Newcastle blieb.

Die kleine gusseiserne Pfanne stand auf dem Herd, und das Öl war bereits heiß. Normalerweise trinke ich, während ich koche, aber weil ich allein war, dachte ich, es wäre vielleicht besser, zu warten, bis das Essen fertig war, und mir erst dann ein Bier oder einen Wein einzuschenken. Wenn man allein trinkt, trinkt man immer mehr, als man eigentlich wollte. Stattdessen kochte ich mir einen Kaffee und stellte den Becher auf die Arbeitsfläche neben dem Herd.

Das dritte Schneidbrett legte ich neben den Ofen und hackte Koriander. Wer hat behauptet, Männer seien nicht multitaskingfähig, überlegte ich gerade, als ich das Parkett hinter mir im Wohnzimmer knacken hörte. Ich drehte die Hitze der Platte unter der Pfanne höher und sah, wie sich kleine Bläschen im Öl bildeten, woran ich erkannte, dass es siedend heiß war. Das große Sabatier hatte ich noch in der Hand, legte es jetzt aber weg, um einen Schluck Kaffee zu trinken. Bevor ich den Becher abstellte, wirbelte ich abrupt auf dem Absatz herum und kippte dem Kerl hinter mir den Rest heißen Kaffee ins Gesicht. Er schnappte nach Luft und schrie auf vor Schmerz.

Ein winziger Riss in den Bodendielen hatte ihn verraten. Hätte ich das Radio eingeschaltet, wäre er hinter mir gewesen, bevor ich hätte reagieren können, und er hätte genug Zeit gehabt, die Waffe in seiner Hand zu benutzen. Er war groß und stämmig, sein Gesicht hatte ich nicht sehen können. Ich wusste nur, dass er da war, und das genügte mir. Keiner aus meiner Crew wäre so dumm, sich unangekündigt von hinten anzuschleichen. Das Risiko, dass ich den falschen Mann verletzt hatte, war also relativ gering. Mit der freien Hand wischte er sich die kochend heiße Flüssigkeit aus den Augen. Sein Gesicht war voller roter Brandflecken. Während er versuchte, Schrecken und Schmerzen in den Griff zu bekommen, fuchtelte er mit der Waffe herum.

Ich packte die kleine gusseiserne Bratpfanne und kippte ihm auch noch das siedende Öl entgegen, ließ unmittelbar darauf einen Schlag folgen, der ihm die Pistole aus der Hand katapultierte. Sie knallte an die hintere Küchenwand, wobei sich aber kein Schuss löste. Die Augen hatte er jetzt weit aufgerissen. Er sah mich und stürzte sich auf mich, aber im Gegensatz zu mir hatte er keine Waffe mehr. Ich verpasste ihm einen heftigen Schlag ins Gesicht, und er taumelte nach hinten, schaffte es aber, sich auf den Füßen zu halten. Ich wusste nicht, wie sehr ich ihn verletzt hatte, doch seinem Keuchen nach hätte ich gewettet, dass ein paar Knochen gebrochen waren. Ich ging ein hohes Risiko ein, indem ich einen Schritt auf ihn zu machte, dann holte ich mit der Pfanne aus und ließ sie auf ihn niedersausen. Dies sollte der Killerschlag sein. Ich wollte ihn erledigen. Aber ich bewegte mich nicht schnell genug, und er griff nach der Pfanne, versuchte, sie mir zu entreißen. Halb war es ihm schon gelungen, als er vor Schmerz aufschrie – anscheinend hatte er vergessen, dass sie heiß war. Die Pfanne glitt mir aus der Hand und fiel zu Boden. Er bückte sich nach dem Griff, um sie nun mir überzuziehen, aber als er den Kopf senkte, sah ich meine Chance gekommen. Ich packte ihn mit beiden Händen an den Haaren und zerrte mit aller Kraft daran. Er torkelte, verlor das Gleichgewicht und fiel, knallte mit der Stirn auf die scharfe Kante der Arbeitsfläche aus Granit. Man hörte einen dumpfen Schlag, dann sackte er zusammen. Seine Stirn war blutig, und er nickte benommen. Dabei lallte er Unzusammenhängendes wie ein Betrunkener.

Ich griff hinter mich und nahm das Messer aus dem Block. Eine Sekunde später war ich neben ihm und presste ihm die Spitze an den Hals. Ich drückte ein Knie auf seinen rechten Arm und setzte mich auf seinen Brustkorb, anschließend fixierte ich seinen linken Arm mit dem anderen Knie. Dann presste ich ihm die Messerspitze noch tiefer in den Hals, bis sie die Haut verletzte. Er wusste, wenn ich noch mehr Druck ausübte, war er tot.

»Nicht bewegen«, zischte ich, wobei meine Stimme nicht mehr wie meine klang, »sonst mach ich dich fertig.«

Jetzt hatte ich seine volle Aufmerksamkeit. Er erstarrte, sah zu mir auf und schaute mich mit dem linken Auge an. Ganz offensichtlich hatte er große Angst, wirkte hilflos.

»Wer hat dich geschickt?«, fragte ich. Er machte den Mund auf, wollte antworten, überlegte es sich dann aber anders und sagte nichts. Er atmete schnell und flach. »Raus damit«, forderte ich, »du sagst mir jetzt sofort, wer dich geschickt hat, oder ich mach dich fertig.«

Sein noch gesundes Auge fixierte mich, und fast konnte ich seine Gedanken rasen sehen. Er überlegte, was er sagen konnte, um sein Leben zu retten. Aber ich hatte keine Zeit zu verschenken.

»Fünf Sekunden«, sagte ich, »dann ramm ich dir das Messer in den Hals.«

»Warte«, sagte er, und ich spürte, wie sich das Sabatier ein kleines bisschen hob, als sich beim Sprechen sein Adamsapfel bewegte.

»Vier Sekunden«, sagte ich und presste das Messer tiefer in sein Fleisch. »Wer hat das angeordnet?«

»Niemand«, sagte er, nahm aber meinen Gesichtsausdruck wahr und wusste, dass mir die Antwort nicht genügte. »Ich meine, ich weiß es nicht.« Er wandte sein gesundes Auge nicht von mir ab. Ich sah ihm an, dass er Todesangst hatte. »Ich weiß nicht, wer mich beauftragt hat. Ich weiß nicht, von wem das Geld kommt. Das musst du mir glauben«, flehte er.

Er starrte mich an, als würde er nicht mehr wagen, noch etwas zu hoffen.

»Ich glaube dir«, sagte ich und stach ihm das Messer in den Hals.

Gangland: Thriller
titlepage.xhtml
part0001.html
part0002.html
part0003.html
part0004.html
part0005_split_000.html
part0005_split_001.html
part0006_split_000.html
part0006_split_001.html
part0007_split_000.html
part0007_split_001.html
part0008_split_000.html
part0008_split_001.html
part0009_split_000.html
part0009_split_001.html
part0010_split_000.html
part0010_split_001.html
part0011_split_000.html
part0011_split_001.html
part0012_split_000.html
part0012_split_001.html
part0013_split_000.html
part0013_split_001.html
part0014_split_000.html
part0014_split_001.html
part0015_split_000.html
part0015_split_001.html
part0016_split_000.html
part0016_split_001.html
part0017_split_000.html
part0017_split_001.html
part0018_split_000.html
part0018_split_001.html
part0019_split_000.html
part0019_split_001.html
part0020_split_000.html
part0020_split_001.html
part0021_split_000.html
part0021_split_001.html
part0022_split_000.html
part0022_split_001.html
part0023_split_000.html
part0023_split_001.html
part0024_split_000.html
part0024_split_001.html
part0025_split_000.html
part0025_split_001.html
part0026_split_000.html
part0026_split_001.html
part0027_split_000.html
part0027_split_001.html
part0028_split_000.html
part0028_split_001.html
part0029_split_000.html
part0029_split_001.html
part0030_split_000.html
part0030_split_001.html
part0031_split_000.html
part0031_split_001.html
part0032_split_000.html
part0032_split_001.html
part0033_split_000.html
part0033_split_001.html
part0034_split_000.html
part0034_split_001.html
part0035_split_000.html
part0035_split_001.html
part0036_split_000.html
part0036_split_001.html
part0037_split_000.html
part0037_split_001.html
part0038_split_000.html
part0038_split_001.html
part0039_split_000.html
part0039_split_001.html
part0040_split_000.html
part0040_split_001.html
part0041_split_000.html
part0041_split_001.html
part0042_split_000.html
part0042_split_001.html
part0043_split_000.html
part0043_split_001.html
part0044_split_000.html
part0044_split_001.html
part0045_split_000.html
part0045_split_001.html
part0046_split_000.html
part0046_split_001.html
part0047_split_000.html
part0047_split_001.html
part0048_split_000.html
part0048_split_001.html
part0049_split_000.html
part0049_split_001.html
part0050_split_000.html
part0050_split_001.html
part0051_split_000.html
part0051_split_001.html
part0052_split_000.html
part0052_split_001.html
part0053_split_000.html
part0053_split_001.html
part0054_split_000.html
part0054_split_001.html
part0055.html
part0056.html