ABSCHIED
Als Ben das prächtige und weitläufige Anwesen des Kaufmanns Dicime erreichte, war seine Angst vor Entdeckung ein gutes Stück geschrumpft. Nicht weit von hier war er seinen ersten beiden Verfolgern begegnet, die ihren dicken Kameraden irgendwo hinter sich gelassen hatten. Verschwitzt, missmutig und sich gegenseitig ankeifend waren sie an Ben vorbeigehastet, hatten ihn wie alle anderen Passanten mit einem kurzen oberflächlichen Blick gemustert und nicht erkannt. Wenn sie ihn nicht mehr erkannten, wem sollte es dann gelingen? Trotzdem schlug sein Herz laut, und er sah sich angespannt um, zuckte bei jedem lauten Ruf und schnellen Schritt in seinem Rücken zusammen.
Die beiden hohen Flügel des fein verzierten Gittertors standen offen, doch der Durchgang wurde von zwei wahrlich großgewachsenen, muskulösen Wächtern versperrt, die Ben um Haupteslänge überragten. Sie trugen grüne Tuniken mit goldenen Verzierungen, die blanken Messingschnallen ihrer breiten Schwertgurte glänzten hell im Sonnenlicht. Beide hatten markante Gesichtszüge und ein mächtiges Kinn, das sie nach vorn gereckt hielten, doch war der eine blond, während der andere dünnes schwarzes Haar hatte. Die Nase des Blonden war riesig und gebogen.
Bei Regen könnte sie glatt zwei Feen Schutz bieten, schoss es Ben durch den Kopf, als er vor dem Tor anhielt, eine rechts, eine links. Zumindest solange er sich nicht erkältete und niesen musste. Er biss sich auf die Lippen, um nicht loszulachen.
Die beiden Wächter musterten ihn mit versteinerten Gesichtern, ohne die Köpfe zu senken. Keiner sagte ein Wort.
»Ja, guten Tag. Ich wollte fragen, ob die Dienerin Anula hier ist. Ich würde sie gern... besuchen«, sagte Ben nach ein paar Augenblicken des Schweigens. Über der Hetzjagd und dem Kopfgeld hatte er ganz vergessen, sich eine glaubwürdige Geschichte zu überlegen, warum er sie sprechen wollte. Und er war noch immer zu durcheinander, um sich eine überzeugende Erklärung einfallen zu lassen, als der blonde Wächter schließlich fragte: »Und wer bist du?«
»Ähm, ein alter Freund«, stammelte Ben, der gerade noch daran dachte, nicht seinen Namen zu nennen, der groß und breit als der eines Geächteten überall in der Stadt ausgehängt war.
»So alt siehst du gar nicht aus«, entgegnete der Blonde, ohne mit der Wimper zu zucken. »Aber doch alt genug für einen Namen.«
»Das schon, natürlich habe ich einen Namen. Jeder hat einen. Aber ich würde sie gern überraschen. Wenn ihr ihr nun meinen Namen verratet, dann ist die ganze Überraschung dahin, oder?«
»Ja«, sagte der Wächter gedehnt und ohne die geringsten Anstalten zu machen, ihn einzulassen oder Anula herbeizuholen. Er starrte Ben mit hellblauen Augen an, in seinem Kopf schien es zu arbeiten, ganz langsam. »Aber das ist nicht mein Problem. Mein Problem ist allein die Sicherheit von Herrn Dicimes Anwesen.«
»Sehe ich so aus, als könne ich die bedrohen?« Langsam fand Ben seine Selbstsicherheit wieder. Er versuchte ein unschuldiges Lächeln und zeigte den beiden Männern seine leeren Handflächen.
»Da hat er auch wieder Recht«, mischte sich nun der zweite Wächter ein. Er grinste breit. »Komm, lass ihn rein. Das Bürschchen ist kein Räuber. Und wie ein Mörder sieht er auch nicht gerade aus.«
Auch der Blonde begann bei der Vorstellung, Ben könnte gefährlich sein, zu grinsen. »Aber was, wenn er Anula belästigt? Erinnerst du dich noch an den liebestollen, betrunkenen Zimmerer, der sie beim letzten Markt zum Tanz abholen wollte? Drei von uns hat es gebraucht, den Kerl wieder vor die Tür zu setzen.«
»Ja, aber das war ein Mann. Den Kleinen mit dem süßen roten Kopftuch schmeißt Anula eigenhändig raus, wenn er ihr dumm kommt. Dafür muss sie nicht einmal ihre Arbeit unterbrechen.«
»O ja.« Versonnen lächelte der Wächter. »Sie hat wirklich ein lebhaftes Temperament.«
Mit einem Grinsen, das immer breiter wurde, sahen die beiden Männer sich an. Ben unterdrückte den Wunsch, ihnen gegen das Schienbein zu treten.
»Au ja, das will ich sehen, wie Anula den Kleinen zur Schnecke macht«, sagte schließlich der Blonde und ließ Ben passieren.
»Mit hängendem Kopf wird er wieder rausgeschlichen kommen«, ergänzte sein Kamerad, bevor er sich Ben zuwandte: »Wahrscheinlich ist sie hinter dem Palast, heute ist Waschtag.«
»Danke«, sagte Ben und schlüpfte an ihnen vorbei. Innerlich knirschte er mit den Zähnen. Die würden Augen machen, wenn er mit Anula an der Hand hier hinausmarschierte.
»Wenn sich das dürre Seefahrerchen an Anula ranmacht, stopft sie ihn lächelnd in den Wäschetrog, wringt ihn kurz aus und schickt ihn tropfnass auf die Straße zurück«, hörte er den einen Wächter noch sagen.
Der andere prustete los: »Oder hängt ihn auf die Leine.«
»Auf die Leine, das ist gut! Anula hat schon ganz andere ganz anders abserviert.«
»O ja«, murmelte nun der Blonde, und es klang eher wehmütig als amüsiert. »Leider. Warum nur ist sie so unnahbar?«
Ohne sich umzudrehen, ging Ben weiter. Die beiden schwachsinnigen Riesenbabys hatten die Aufgabe als Wächter auch nur wegen ihres beeindruckenden Äußeren übertragen bekommen, dachte er. An ihren Fähigkeiten oder außergewöhnlicher Intelligenz konnte es nicht liegen. Sie waren wohl eher so etwas wie protzige, lebende Verzierungen auf zwei Beinen.
Wenigstens hatten sie sich nicht geirrt, was den Waschtag anbelangte. Ben ließ den mit zahlreichen Stuckarbeiten verzierten Palast links liegen, ging durch die sorgsam gepflegte Gartenanlage und vorbei an zahlreichen Büschen, die zu Kugeln, Pyramiden und anderen geometrischen Formen gestutzt waren, vorbei an einem marmornen Wasserbecken und der Reiterstatue von Herrn Dicime, die auf einem riesigen Sockel stand. Ein Diener in grüner Livree, der eben die mannshohen Fackeln an den Kreuzungen der Gartenwege auswechselte, blickte ihm neugierig hinterher, aber er sprang nicht auf ihn los.
Im hinteren Bereich, der weniger aufwendig gestaltet war und nicht der Repräsentation diente, entdeckte Ben tatsächlich Anula. Sie und zwei weitere Dienerinnen beugten sich auf der Wiese neben dem leeren Drachenstall mit den vergoldeten Gitterstäben, in dem vor wenigen Wochen noch Juri eingesperrt gewesen war, über drei große hölzerne Tröge und schrubbten Kleidungsstücke. Auf den streng parallel ausgerichteten Leinen hinter ihnen hingen nasse Hemden, Hosen, Röcke und Bettlaken schlaff in der Windstille, dazwischen das eine oder andere Wams oder eine Livree in den Farben des Kaufmanns, hellgrün und golden. Die Sonne brannte vom Himmel.
Anula hatte die Ärmel ihres weiten, hellgrünen Hemds hochgekrempelt, Waschwasser glänzte auf ihren nackten Unterarmen. Aus den streng zusammengebundenen schwarzen Haaren war eine Strähne entkommen, die ihr über Stirn und Nase hing. Während die anderen beiden Dienerinnen mindestens so viel plapperten wie Wäsche schrubbten, war sie in ihre Arbeit vertieft, die roten Lippen leicht geöffnet, und kämpfte angestrengt mit einem hartnäckigen Schmutzfleck.
Sie war sogar noch hübscher, als Ben sie in Erinnerung gehabt hatte, und sie zu sehen, machte ihn glücklich. Verfolgung und Kopfgeld waren vergessen, er war hier und alles war gut, sein Mund mit einem Mal trocken.
Mit feuchten Händen nahm er das Tuch vom Kopf, das seine Ohren abstehen ließ und dessen hellrote Farbe viel zu mädchenhaft war, und näherte sich langsam Anula. Er bemerkte, wie sich sein Mund zu einem Lächeln verzog, er konnte nicht anders.
Noch bevor er etwas sagen konnte, hob sie den Kopf und wischte sich mit dem Handrücken die widerspenstige Strähne aus der Stirn. Mitten in der Bewegung hielt sie inne und starrte ihn an.
»Du?«, fragte sie mit leiser Stimme, und es klang mindestens so überrascht, wie Ben erwartet hatte, wenn auch nicht so erfreut.
»Ich habe doch gesagt, ich komme wieder.« Auch wenn er sich nicht mehr sicher war, ob er das wirklich getan hatte, bemühte er sich nun, aus seinem unsicheren Lächeln ein strahlendes zu machen. Doch es wollte ihm nicht recht gelingen, Anulas Blick war zu entgeistert.
Neugierig hoben die beiden Dienerinnen die Köpfe, und als sie ihn sahen, kicherten sie und tuschelten Sätze, die Ben nicht verstand.
»Ja, aber...« Anula richtete sich ganz auf. »Ich dachte nicht...«
»Ich habe es versprochen.«
Das Kichern der Dienerinnen wurde lauter.
Anula maß ihn von oben bis unten und wirkte verwirrt. Sie bemerkte, wie er nervös an dem roten Tuch in seinen Händen herumnestelte, und ein kurzes Lächeln huschte über ihre Züge, dann betrachtete sie ihn wieder ernst. »Ich sehe, du trägst eine neue Hose.«
Ben schluckte und wurde knallrot. Die Dienerinnen kicherten nun ohne Unterlass, und das war ihm so peinlich, dass er bestimmt noch tiefer errötete. Er spürte seine Wangen brennen.
Wie hatte er nur so dumm sein können! Anula war die Einzige in Falcenzca, die seinen Namen kannte, die sich mit Sicherheit an seine Hose erinnerte und eine Verbindung zu jener auf dem Steckbrief hatte ziehen können. Schon längst musste sie davon ausgehen, dass er ein Mörder war. Er ließ die Schultern hängen und sah sie flehend an. »Hör mir zu, bitte.«
»Warum sollte ich? Das letzte Mal hast du mich belogen.« Zorn blitzte in ihren Augen. Sie war klein, ging ihm höchstens bis zur Nasenspitze, aber sie schaffte es, dass er sich viel kleiner fühlte.
»Nein. Ich... Bitte.«
»Du weißt, dass ich jederzeit schreien kann?«
»Ja. Aber das wird nicht nötig sein.«
Die Dienerinnen hatten aufgehört zu kichern. Jetzt musterten sie ihn mit einer anderen Neugier, ernster, interessierter. Er versuchte, sie nicht zu beachten, und folgte Anula ein paar Schritte zur Seite. Fort von ihnen und den Waschtrögen, fort von dem leeren Drachenkäfig, hinüber an die hohe, zinnenbewehrte Mauer des Anwesens. Als Anula schließlich stehen blieb, weit entfernt von den neugierigen Ohren der anderen Dienerinnen, hielt er einen Schritt Abstand. Er wagte es nicht, näher zu kommen oder sie gar zu berühren.
»Bist du gerannt?«, fragte sie unvermittelt.
»Äh, ja«, stammelte Ben, vollkommen überrumpelt. Stand ihm noch immer der Schweiß auf der Stirn?
»Hast du es so eilig gehabt herzukommen?«
»Äh, nein. Ja, doch. Irgendwie schon.«
»Aha. Und warum bist du hier?« Ihre Stimme klang nicht mehr ganz so schneidend.
»Ich... ich wollte dich sehen.« All seine Überlegungen und ach so raffinierten Pläne, sie geschickt über die Ruine oder die gesuchten Geächteten auszufragen, waren hinfällig. Sie hatte ihn vollkommen durcheinandergebracht mit ihrer Fragerei und ihrer Schönheit.
»Warum? Um mir weitere Lügen zu erzählen? Ich weiß, wer du bist. Warum bin ich nur auf den Schwachsinn von einem geheimen Auftrag hereingefallen? Bürgermeistersohn, als käme es darauf an!«
Was sollte er darauf erwidern? Natürlich hatte er sie belogen, aber das, was der Orden auf seinen Steckbriefen verbreitete, war noch viel weniger die Wahrheit. Er brachte nicht mehr heraus als ein einfaches: »Ich kann dir alles erklären.«
»Ich warte«, sagte sie spitz, und ihre Augen blitzten ihn wieder wütend an, doch sie hatte noch immer nicht nach den Wachen geschrien. Ein Schrei, und sie wäre um tausend Gulden reicher. Oder um wie viel auch immer, schließlich war er nur ein Drittel der Gesuchten, und das auch nur, wenn man die Drachen nicht mitrechnete.
»Ich bin kein Bürgermeistersohn, aber ich habe auch niemanden getötet.« Nicas Vater galt nicht, das war kein Mord, und jetzt war überhaupt keine Zeit für die ganze Wahrheit, sondern nur für eine Kurzfassung, für den wichtigsten Teil der Wahrheit. »Ich bin auch kein Ketzer und ganz sicher nicht mit Samoth im Bunde. Ich bin hier, weil ich dich... ähm, also, na ja, deinetwegen...«
Er war immer leiser geworden und verstummte schließlich mit offenem Mund und wild schlagendem Herzen. Sein Kopf fühlte sich so heiß an, als wäre er nicht einfach nur rot, sondern stünde in Flammen. Das hatte er wirklich nicht sagen wollen – es war ihm einfach rausgerutscht.
»Das wagst du mir einfach ins Gesicht zu sagen? Jetzt, wo alle Welt dich sucht?« Sie schrie beinahe und starrte ihn so voller Zorn an, dass Ben fast zurückgewichen wäre. »Und woher soll ich überhaupt wissen, dass du die Wahrheit sagst?«
»Du musst mir glauben«, beschwor er sie. Jetzt, da seine Gefühle einmal ausgesprochen waren, zumindest irgendwie, war es leichter weiterzureden. »Gefühle kann man nicht beweisen.«
»Deine Gefühle glaube ich dir, schau dich doch an. Rennst am helllichten Tag durch eine Stadt, in der du gesucht wirst, und begibst dich wie ein Trottel in meine Hände! Aber woher soll ich denn wissen, dass du tatsächlich niemanden getötet hast?«
»Ich...« Wie konnte sie so etwas nur fragen? Wenn sie ihn liebte, konnte sie ihn doch nicht für einen Mörder halten. Und wenn sie ihn nicht liebte, konnte es ihr egal sein. »Wenn du mich für einen Mörder hältst, dann schrei doch. Schrei nach den dämlichen Wachen und kassier dein verdammtes Geld.«
Anula öffnete den Mund und starrte ihn an. Nicht mehr nur zornig, sie wirkte verärgert, traurig, verzweifelt und enttäuscht zugleich. Sie ballte die Fäuste und atmete tief ein. »Warum bist du hier, verdammt noch mal? Du hättest geschnappt werden können.«
»Komm mit mir!«, beschwor er sie. Sie hatte nicht geschrien, sie musste ihn auch lieben! Ganz egal, was sie sagte. So waren Mädchen nun einmal, hatte ihm Yanko erklärt. Kompliziert. Ben wollte unbedingt, dass sie mitkam. Er würde ihr die wahre Natur der Drachen zeigen, sie würde alles verstehen und bei ihm bleiben, sich mit Yanko und Nica anfreunden, und...
»Mit dir kommen? Was denkst du dir! Du bist ein Geächteter, das ganze Land ist hinter dir her. Du dämlicher gedankenloser Steingnom, noch vor dem Winter haben sie dich geschnappt und werden dich hängen!« Zorn sprühte wieder aus ihrem Blick, doch zugleich liefen ihr Tränen die Wangen hinab. »Wie kannst du nur so dumm sein! Ich will nicht gehängt werden.«
»Dann sag einfach, wir hätten dich entführt. Dann lassen sie dich schon laufen.«
»Ich will aber auch nicht sehen, wie du gehängt wirst, du Idiot!«
»Aber ich bin kein Mörder.«
»Das sagst du! Der Orden sieht das anders.«
»Dann kläre ich das eben mit dem Orden und komm dann wieder«, brummte Ben trotzig, obwohl er wusste, dass das Unsinn war. Er war geächtet, und er hatte noch nie davon gehört, dass der Orden eine solche Ächtung jemals aufgehoben hatte. Wie sollte das auch gelingen? Die Steckbriefe waren verteilt, die Kopfgeldjäger unterwegs, nicht jeder von ihnen würde von der Aufhebung der Ächtung erfahren. Niemals würde der Orden die Belohnung zurücknehmen, zumal sie ja vorhatten, weitere Drachen zu befreien. Doch es war der Orden, der an den Galgen gehörte, nicht sie.
»Ich will aber nicht, dass du wiederkommst«, sagte Anula leise, während die Tränen auf ihren Wangen trockneten. »Ich will dich vergessen haben, bevor du tot bist.«
»Dann vergiss mich doch, du Rinnsteinschnepfe!«, stieß Ben hervor. »Aber geflügelte Drachen sind überhaupt nicht böse. Sie sind nicht von Samoth verflucht. Das wirst du schon noch merken. Du und der Orden und alle!«
»Ach ja? Und was spielt das für eine Rolle?«
»Nur darum geht es. Verstehst du das nicht?«
»So so. Und ich dachte, es geht um uns! Nicht um so blöde Viecher! Du bist doch verrückt! Vollkommen verrückt!«
»Mag sein.« Ben zuckte mit den Schultern. »Aber ich bin kein Mörder. Und ich komme wieder.« Das Letzte sagte er einfach, um sie zu ärgern. Weil sie nicht mitkommen wollte und weil sie die Drachen beleidigt hatte.
»Dann schrei ich.«
»Tu’s doch!«
Mit verquollenen Augen starrte sie ihn an, und Ben wollte sie plötzlich umarmen, wollte sie küssen, jede einzelne Träne von ihrem Gesicht wegküssen, aber er traute sich nicht. Er hätte sie nicht anbrüllen sollen.
Ganz langsam verschränkte sie die Arme und schniefte. Die Tränen versiegten.
»Ich schreie«, wiederholte sie. Ihre Stimme war nur noch ein kaltes Flüstern.
»Komm mit mir«, sagte Ben noch einmal eindringlich und streckte die Hand aus.
Anula presste die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf. Mit verschränkten Armen wich sie einen Schritt zurück.
Schweigend wandte sich Ben um und stapfte davon. Er drehte sich nicht um, ließ Anula hinter sich und fühlte sich innerlich vollkommen leer. Immer wieder kniff er die Augen zusammen, um nicht selbst loszuweinen. Dafür war er zu alt und auch kein Mädchen.
Bis er das Tor erreichte, schrie Anula nicht. Mit gesenktem Kopf verließ Ben das Anwesen, ließ die höhnischen Kommentare der Torwächter unbeantwortet auf sich niederprasseln, ihr Gelächter, er habe länger durchgehalten als erwartet, und schlich zum nördlichen Stadttor, das nicht fern von hier lag. Er würde die Stadt außen umrunden, das war sicherer. Niemals würde er zurückkommen, nicht ihretwegen.
»Rinnsteinschnepfe!«