Hull
Die Spur endete an einer Tür, die in eine halbdunkle Halle voller Baumaterialien führte. Es war ein Hindernisrennen zwischen Stapeln von Gipskarton und Bauholz, Sägeböcken, Abdeckplanen und Schutt. Ein ganzer Raum voller Verstecke.
Clay legte den Kopf schief, und seine Nasenflügel blähten sich, als er horchte, umhersah und witterte.
Ich kniff die Augen zusammen, damit sie sich an das Licht anpassten, und zählte die Ausgänge. Der am weitesten entfernte war eine offene Tür, die zu einer weiteren Halle zu führen schien, und während ich noch hinsah, schien ein Schatten an ihr vorbeizugleiten. Ich tippte Clay an, um ihn darauf hinzuweisen, und er nickte, woraufhin wir uns wieder trennten und zu der Tür hinübergingen.
Ich war zuerst dort und sah um den Türrahmen herum, wo ich hinter einer von der Decke hängenden Plastikplane eine undeutliche Gestalt erkannte. Clay verspannte sich, aber nach einem tiefen Atemzug schüttelte ich den Kopf.
»Nick«, formte ich mit den Lippen.
Ich räusperte mich, um niemanden zu erschrecken. Zoe zog das Plastik zur Seite und winkte uns zu sich hinüber. Nick war neben ihr – in der Hocke, wo er versuchte, eine Fährte aufzunehmen.
»Spar dir die Mühe«, sagte ich. »Sie ist durch die Halle durchgegangen, ich rieche sie jetzt schon.«
»Ich auch«, sagte er. »Es ist der andere, den ich zu finden versuche.«
»Wir haben uns schon gefragt, wann er endlich auftauchen würde.«
Nick schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass es ein Zombie ist. Ich rieche nicht den gleichen …«
»Das liegt daran, dass wir ihn erst ein Mal umgebracht haben. Er ist weniger verwest als sie.«
Clay brachte uns mit einer Handbewegung zum Schweigen. »Konzentrieren wir uns auf den einen, der da ist – und der uns gerade entwischt.«
Wir folgten Roses Fährte zu einer Tür, die auf einen Bauplatz im Freien hinausführte. Er war menschenleer; irgendjemand hatte offensichtlich entschieden, dass die aktuellen Ereignisse einen arbeitsfreien Tag rechtfertigten.
Planen schlugen im leichten Wind vor dem Hintergrund des fernen Straßenlärms. Clay tippte mich an und zeigte zu einem Kleinlaster hinüber, der in einiger Entfernung geparkt war. Ich nickte, während er die anderen darauf aufmerksam machte.
Nach wenigen Metern stießen wir auf eine Pfütze, als habe jemand irgendeine Chemikalie verschüttet – hoffentlich aus Versehen. Die Spur wurde schwächer; der Verwesungsgeruch war in der Luft jetzt deutlicher zu spüren als am Boden. Clay und ich nahmen einen Weg um die Ziegelstapel herum, Zoe und Nick einen anderen.
Irgendwann fand ich Roses Fährte wieder, aber auch diesmal war ich etwa sechs Meter weit gekommen, als sie sich bei einigen Anhängern mit Bauholz wieder verlor. Als ich mich bückte, winkte Clay mich wieder hoch.
»Bück dich nicht so viel, das kann nicht bequem sein. Ich mach das schon.«
Als er in die Hocke ging, hörte ich ein Knirschen wie von Kies. Ich gab Clay ein Zeichen, aber auch er hatte bereits innegehalten und lauschte mit schräggelegtem Kopf. Dann stützte er sich auf die Kante des Anhängers und schwang sich hinauf. Ich folgte ihm … wobei ich mich eher hinaufzog und -wuchtete als »schwang«.
Als ich die Ladefläche erreicht hatte, war Clay bereits oben auf dem Holzstoß. Er sah auf die andere Seite hinunter und half mir dann hinauf. Als ich auf den Stoß kletterte, schob sich ein blonder Kopf hinter einem Lastwagen hervor. Ein Mann trat ins Freie. Mitte dreißig, vielleicht auch an die vierzig, und klein, obwohl dieser Eindruck vielleicht auch auf meinen erhöhten Standpunkt zurückzuführen war.
Der Mann trug Anzughosen und ein Hemd. Ein Angestellter, der die Abkürzung über die Baustelle nahm. Dann stellte ich fest, dass die Hosen ein paar Zentimeter zu kurz waren und das Hemd am Hals zu weit und die Ärmel zu lang. Die Sachen saßen nicht so schlecht wie die Kleidung des Bowlermannes, aber es reichte, um mich genauer hinsehen zu lassen. Und dabei glitt mein Blick an einem der Ärmel hinunter … bis zu einem Messer, das der Mann halb verborgen in der Hand hielt.
»Zombie?«, formte Clay mit den Lippen.
Ich holte tief Atem, aber der Wind wehte zu ihm hin.
»Weiß nicht«, flüsterte ich.
Er war unter uns, vielleicht vier Meter entfernt. Eine annehmbare Entfernung für einen Sprung. Als Clay in die Hocke ging, sagte keiner von uns ein Wort, aber der Mann erstarrte, und sein Blick fuhr hoch und herum. Er sah Clay, bevor wir zurückweichen konnten.
Der Mann wurde bleich, und seine Augen weiteten sich. Ich änderte meine Stellung, und sein Blick glitt zu mir, als habe er mich zuvor gar nicht bemerkt.
»Oh, Gott sei Dank«, murmelte er mit einem weichen, britisch klingenden Akzent. »Sie sind es.« Er hob eine Hand und beschattete die Augen, während sein Blick zu Clay zurückkehrte. »Ja, doch, natürlich. Sie hätte ich auch erkennen sollen, aber …« Er schloss die Augen und schauderte. »Himmel, mein Herz. Als ich Sie da oben gesehen habe, war ich mir sicher, ich wäre geradewegs in eine Falle gegangen, und Sie wären einer von diesen …« Er schauderte wieder. »Diesen Wesen.«
»Wesen?«, wiederholte ich.
»Der … Diese …« Er brach ab, als könne er das passende Wort nicht finden. »Der Mann und die Frau. Sie …« Ein zitternder Atemzug. »Es tut mir leid. Geben Sie mir einen Moment Zeit.«
Er hob die Hand. Das Messer blitzte auf. Clay setzte zum Sprung an, und der Mann wäre fast nach hinten gefallen; er hob beide Arme, um Clay abzuwehren.
»B-bitte, ich tu Ihnen nichts. Bitte …«
»Lass das Messer fallen«, sagte Clay in einem fast unverständlichen Knurren.
»Das …?« Der Blick des Mannes fiel auf seine Hand. »Oh, ja, natürlich. Es tut mir leid.« Er bückte sich und legte das Messer mit einem nervösen kleinen Auflachen auf den Boden. »Ich kann es Ihnen nicht übelnehmen, dass Sie vorsichtig sind. Ich weiß, dass sie hinter Ihrer Gattin her waren; das kann nicht angenehm gewesen sein.« Sein Blick glitt zu meinem Bauch hinüber. »Vor allem angesichts ihrer Verfassung. Aber ich glaube …« Er schluckte. »Damit will ich sagen, ich hoffe, ich kann Ihnen helfen.«
»Kein Interesse.«
Nick und Zoe näherten sich jetzt, und ich stellte fest, dass meine ursprüngliche Einschätzung seiner Größe doch nichts mit meinem Blickwinkel zu tun gehabt hatte – er war kaum größer als Zoe, sowohl in der Höhe als auch in der Breite.
Zoe blieb stehen und betrachtete ihn mit schräg gelegtem Kopf, als sei sie über irgendetwas verwundert. Nick stand weiter windabwärts, also gab ich ihm ein Zeichen, er sollte den Geruch prüfen. Er tat es – zwei Mal – und schüttelte dann den Kopf.
»Hallo«, sagte der Mann mit einem Begrüßungsnicken. »Ich habe gerade mit Ihren Freunden gesprochen. Ich habe Sie zusammen gesehen – ich bin Ihnen gefolgt. Das heißt, ich bin ihr gefolgt, diesem … Wesen. Der Frau. Sie hat mich zu Ihnen geführt, und ich bin Ihnen hierher gefolgt in der Hoffnung auf eine Gelegenheit, mit Ihnen zu sprechen. Aber bevor ich hineingehen konnte, hat der andere mir den Weg abgeschnitten.«
»Der andere?«, fragte ich.
»Der Mann. Ihr Partner. Er hat mich gesehen, und …« Der Mann schluckte, und sein Blick glitt über die Baustelle hin. »Ich habe mich versteckt und dachte, ich hätte ihn abgehängt. Dann habe ich Geräusche gehört. Ich wollte schon flüchten, aber dann habe ich Sie gesehen.«
»Wer sind Sie?«, fragte ich.
Clay grunzte, um mir mitzuteilen, ich sollte mich nicht mit ihm einlassen.
Ich trat näher und flüsterte: »Er ist kein Zombie.«
Clays Gesichtsausdruck änderte sich nicht. »Ist mir egal.«
»Ich bin keiner von ihnen«, sagte der Mann, und dann zögerte er. »Oder vielleicht sollte ich sagen, ich glaube es nicht. Es ist alles sehr …« Er schüttelte heftig den Kopf. »Es tut nichts zur Sache. Mein Name ist Matthew Hull, und ja, ich bin durch dieses … was es auch war, gekommen. Ich könnte Ihre Unterstützung brauchen, und ich kann Ihnen dafür meine eigene bieten.«
Ich warf einen Seitenblick auf Clay, aber er starrte Hull an, als könnte er seine Gedanken anbohren und seine Absichten lesen.
Hull fuhr fort, einen fast flehentlichen Ton in der Stimme. »Meine Perspektive werden Sie selbst vermutlich nicht haben und andernorts kaum finden. Ein Bericht aus erster Hand, gewissermaßen.«
Clays Blick löste bei ihm unverkennbar Unbehagen aus. Er verlagerte das Gewicht von einem Fuß auf den anderen, sah über die Schulter zu Zoe und Nick hin und tat dann einen Schritt zur Seite, als bereitete er die Flucht vor.
»Vielleicht sollten wir uns an einem etwas … öffentlicheren Ort unterhalten?«, fragte er. »Wir sind auf dem Weg an einem Park vorbeigekommen. Als ich Ihnen gefolgt bin. Die Straße scheint im Bogen um ihn herumzuführen.«
»Queen’s Park«, sagte ich, während Clay die Muskeln spannte, bereit zum Sprung. »In Ordnung, aber es gibt da noch jemanden, der sich gern mit Ihnen unterhalten würde, und er ist im Augenblick nicht hier, also würde ich ihm gern Bescheid sagen.«
Ich holte das Handy aus der Tasche. Ein Ablenkungsmanöver, das besser funktionierte als erwartet, denn als ich es ans Ohr hob, blickte der Mann mich verwirrt an. Die beste Gelegenheit für Clay, sich auf ihn zu stürzen. Als er es nicht tat, sah ich zu ihm hin und stellte fest, dass er über die Baustelle hinweg zu einer Mulde auf der anderen Seite hinübersah. Ein Mann schien um sie herumzuschleichen. Das Gesicht konnte ich nicht erkennen, aber die Gestalt und die etwas vorgebeugte Haltung kannte ich. Der zweite Zombie.
Unten hatte Hull inzwischen gemerkt, dass unsere Aufmerksamkeit anderswo war. Ich gab Nick ein Zeichen, er sollte sich den Zombie vornehmen und Hull uns überlassen. Er glitt davon, und nach einem Augenblick des Zögerns folgte ihm Zoe. Der Mann sah ihnen nach.
»Sie … sie sind immer noch da, nicht wahr?«, stammelte er. »Diese … Wesen. Vielleicht sollte ich das Ihnen überlassen …«
»Beweg dich nicht von der Stelle«, sagte Clay.
»Wir könnten uns immer noch in dem Park treffen«, sagte der Mann; sein Blick huschte auf der Suche nach dem besten Fluchtweg umher. »Sagen wir bei Einbruch der Dämmerung? Am nördlichen Ende?«
Clay sprang, eben als Hull losrannte. Eine Sekunde früher, und er wäre genau auf ihm gelandet, aber jetzt traf er zwei Schritte hinter dem flüchtenden Mann auf dem Boden auf. Als ich einen Schritt tat, um ebenfalls von dem Anhänger herunterzuspringen, blieb die Spitze meines Laufschuhs an einem Nagel hängen. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte dies nichts weiter mit sich gebracht als ein würdeloses Stolpern, während Clay davonstürmte. Aber in dem Augenblick, in dem Clay meinen Schatten straucheln sah, blieb er stehen und fuhr herum, die Arme erhoben, als wäre ich im Begriff, kopfüber von dem Anhänger zu fallen.
»Alles okay!«, sagte ich. »Lauf!«
Er zögerte, bis er sah, dass tatsächlich alles in Ordnung war. Dann machte er sich an die Verfolgung, aber nicht sehr schnell, als wäre ihm plötzlich eingefallen, wo seine Prioritäten wirklich lagen. Ich sah, wie der Abstand zwischen Hull und Clay größer wurde, und mir war klar, wir würden Hull nur erwischen, wenn ich aufholte – und zwar schnell. Und so versuchte ich die zehn Kilo Gewicht an meinem Bauch und den Schweiß, der mir in die Augen strömte, zu vergessen.
Im Rennen sah ich etwas hinter einem Holzstoß hervorspringen. Aus dem Augenwinkel erkannte ich nur einen pelzigen braunen Schatten, und mein Hirn schrie »Wolf«. Ich bremste so heftig ab, dass ich stolperte und hart auf dem Hintern landete; ich stieß ein Wimmern aus, als ich spürte, wie der Aufprall durch mich hindurchging bis zum Bauch. Ich beugte mich vor, rollte mich in eine halb sitzende Stellung, in der ich den Bauch schützen konnte.
Etwas traf mich an der Schulter; Zähne gruben sich in mein T-Shirt. Ein ersticktes Fauchen von Clay. Ein hohes wütendes Quieken von dem Ding, das an meiner Schulter hing, was es auch war; dann der dumpfe Aufprall auf Holz, als es davongeschleudert wurde. Ich fing eine Spur vom Geruch des Angreifers auf und wusste, was es war, noch während ich den Kopf drehte und es tot neben dem Bretterstapel liegen sah.
»Eine Ratte?«, sagte ich. »Am hellen Tag?«
»Elena?« Clays Stimme war merkwürdig ruhig, mit dem gleichen erstickten Tonfall, den ich in seinem Fauchen gehört hatte. »Beweg dich nicht. Bitte, beweg dich nicht.«
Ich setzte zu einem »Warum?« an; dann ging mir auf, dass Reden vermutlich auch unter der Überschrift ›Bewegen‹ lief. Also bewegte ich nur die Augen und folgte Clays Blickrichtung zur Oberkante des Bretterstapels, neben dem ich saß. Da oben saßen vier Ratten, die alle auf mich hinunterstarrten. Ihre Mäuler waren offen, so dass ich die unteren Zähne sah. Der Pelz am Kopf war angelegt, die Ohren nach vorn gekippt, und sie stießen kurze Zischlaute und gelegentlich ein Quieken aus – ganz entschieden keine freundliche Begrüßung.
Clays Blick glitt zu meiner anderen Seite hinüber, wo ich mich erinnerte, einen Ziegelhaufen gesehen zu haben. Ich konnte nicht hinsehen, ohne den Kopf zu drehen, aber ein kurzer Luftzug trug mehr Rattengeruch zu mir herüber, und mir war klar, dass ich von ihnen umgeben war.
Ich versuchte mich zu entspannen. Rief mir ins Gedächtnis, dass Ratten zwar widerlich waren, dass aber selbst ein Dutzend von ihnen keine Gefahr für zwei Werwölfe darstellte. Aber mit dem Wind war noch ein weiterer Geruch gekommen, der gleiche Geruch nach Krankheit, den wir an den Ratten in dem Lagerhaus wahrgenommen hatten.
Kranke Ratten. Im Tageslicht, wenn Ratten normalerweise versteckt bleiben. Die sich uns aggressiv entgegenstellten – nicht einfach einem Menschen, sondern einem Werwolf.
Die Ratten begannen zu schnattern; ihre Zähne schnappten und mahlten, die Augen blitzten, als hätte die Krankheit sie wahnsinnig gemacht und nur ein letzter Rest von gesundem Instinkt hielte sie davon ab, auf mich herunterzuspringen und zuzubeißen. Als sie zischten und quiekten, meinte ich zu sehen, wie dieser Rest schwächer wurde und die Kontrolle verlor.
Ich sah nicht zu Clay hinüber, denn ich wusste, wenn ich es tat, würde die Panik in meinen Augen auch ihn verunsichern. Er überlegte sich gerade, wie er mich hier herausbekommen konnte, und dabei konnte er keine Ablenkungen gebrauchen.
»Schieb dich langsam zu mir rüber«, sagte Clay, die Stimme kaum lauter als ein Flüstern. »Wenn du nahe genug bist, nehme ich dich an den Füßen und ziehe dich da raus. Beweg dich einfach sehr, sehr langsam.«
Bevor ich mich irgendwohin »schieben« konnte, musste ich die Hände auf den Boden bekommen. Ich verabscheute den Gedanken, den Bauch ungedeckt zu lassen, aber es gab keine andere Möglichkeit, mich vorwärtszubewegen. Ich begann mit der linken Hand, senkte sie vorsichtig auf den Boden hinunter. Die größte Ratte machte einen Satz bis an die vorderste Kante des Holzstapels.
Ich erstarrte; mein Herz hämmerte, ich wusste, sie konnten meine Angst spüren und dass ich darum kämpfte, sie unter Kontrolle zu bekommen. Die große Ratte lief jetzt am Rand des Stapels hin und her, als könnte sie sich nicht zwischen Kampf- und Fluchtimpuls entscheiden. Hinter ihr drängten sich die anderen; das Kratzen der Krallen auf dem Holz diente als Begleitmusik für das Geschnatter und Gezische. Zwei weitere hatten sich dazugesellt.
»Clay?«, flüsterte ich. »Das wird nicht …«
»Ich weiß.«
»Wenn ich schnell aufspringe und …«
»Nein. Sie werden angreifen, bevor du die Hände aufstützen kannst.«
Und mein Bauch war zu schwer, als dass ich aus meiner sitzenden Stellung hätte aufspringen können, ohne die Hände zu Hilfe zu nehmen.
»Clay!« Nicks lautes Flüstern drang zu uns herüber. »Da bist …« Er brach ab, als er Clay erreicht hatte. »Heiliger Bimbam.«
Ein schneller verwirrter Blick, als wollte er fragen: »Und warum stehst du einfach hier rum?«; dann machte Nick einen Satz vorwärts. Clays Hand traf ihn mitten in die Brust und brachte ihn zum Stehen.
»Erschreck sie, und sie greifen an.«
»Was …« Zoe erschien hinter Nick und entdeckte mich. »Gütiger Himmel. Beweg dich nicht. Die müssen Tollwut haben.«
»Es ist irgendwas anderes«, sagte Clay. »Irgendeine Seuche aus dem Portal. Elena? Ich komme da rein. Wenn sie auf mich losgehen, mach, dass du rauskommst.«
Ich sah zu den patrouillierenden Ratten hinauf. Die größte saß jetzt vorn auf der Kante, als schätzte sie die Entfernung zu meinem Bauch ab, und schnappte nach den nachdrängenden anderen.
»Elena? Ich komme klar. Mit Ratten kann ich umgehen. Besser ich als du im Moment.«
Ich zögerte und nickte dann. Clay ging langsam in eine halb kauernde Stellung hinunter, bereit zum Sprung. Dann traf ihn etwas an der Schulter. Zoe, die ihn aus dem Weg stieß. Bevor jemand reagieren konnte, jagte sie auf mich zu.
»Lauf!«, sagte sie.
Die große Ratte sprang; die anderen folgten in einem Schwall aus braunem Pelz. Eine traf mich an der Seite. Eine am Kopf; die Klauen verfingen sich in meinem Haar, als sie zappelnd Halt suchte. Ich war bereits auf den Beinen und stürzte vorwärts. Hände schlossen sich um meinen Arm. Clay riss mich außer Reichweite, gab mich an Nick weiter und stürzte an mir vorbei.
Als ich mich umdrehte, war Zoe mit Ratten bedeckt, mindestens sechs davon; sie hingen an ihren Armen und Kleidern, während sie sich wild drehte, um sie abzuschütteln. Weitere Ratten versuchten, sie vom Boden aus anzugreifen, und sprangen an ihren Beinen hinauf. Clay trat nach der nächsten; Knochen knirschten, als sein Fuß auftraf. Er packte eine, die sich an Zoes Rücken klammerte, und schleuderte sie in den Ziegelhaufen.
Nick schob mich aus dem Weg und schloss sich den beiden an, um zu helfen, aber die Ratten begannen sich bereits zu zerstreuen. Er pflückte die letzte von ihnen von Zoes Rücken. Die Ratte wirbelte herum, um ihn zu beißen, aber Clays Faust schlug sie aus Nicks Griff, so dass sie auf den Boden geschleudert wurde und zuckend starb.
Ich rannte zu ihnen hinüber. Zoe schauderte, als sie mit flackernden Augen an sich heruntersah.
»Die … die sind weg, ja?«, fragte sie mit klappernden Zähnen. »O Gott. Das war ja so …« Sie rieb sich mit den Händen über die Arme, während die Bisse bereits heilten.
»Danke«, sagte ich.
Ein mattes Lächeln. »Kein großes Opfer. Gebt mir ein paar Minuten Zeit, und ich bin so gut wie neu. Die Wunden heilen, und was immer die auch haben, ich kann’s nicht kriegen. Nur diese Klamotten sind reif für die Mülltonne.«
»Sieht nicht so aus, als ob sie Löcher gerissen hätten«, sagte Nick.
»Mag sein. Sie kommen trotzdem in den Müll.« Sie legte die Arme um den Körper, schauderte ein Mal kräftig zusammen und schüttelte es ab. »Und jetzt, nachdem ich mich als komplettes Weichei geoutet habe …« Sie winkte ab, als wir protestierten. »Die Sprüche kann ich, aber als Beutegreifer bin ich hoffnungslos.«
Sie sah Clay an. »Danke. Ich weiß schon, du hast sie bloß aus dem Weg geschafft, bevor sie sich wieder an Elena erinnern, aber danke. Ich war noch etwa zehn Sekunden davon entfernt, à la Jamie Lee Curtis loszukreischen wie eine Verrückte.«
»Fünf Sekunden in meinem Fall«, sagte ich. »Durchgeknallte Killerratten. Das hatte ich noch nicht. Was es auch ist, das sie haben, es macht sie …« Ich brach ab und sah abrupt auf. »Clay? Nick? Seid ihr gebis …«
Clay hob die Hand, um mich zu beruhigen, als ich zu ihnen hinstürzte. »Sie haben nur Zoe erwischt.« Er sah stirnrunzelnd zu Nick hinüber. »Du bist doch nicht …«
»Du hast mir ja keine übrig gelassen. Zu kurz gekommen wie üblich.«
»Doch. Eine.«
»Die du erledigt hast.«
»Seid ihr sicher, dass alles in Ordnung ist?«, fragte Zoe. »Ich rieche Blut.«
Clay hob den Arm, um den Verband zu überprüfen. Er war getränkt mit Blut.
»Mist«, sagte er. »Das muss es gewesen sein, was die gerochen haben.«
»Hier«, sagte ich, »lass mich mal.«
Er winkte mich fort. »Das T-Shirt hier gibt noch ein paar Streifen her. Kümmer dich lieber darum, eine Spur zu finden. Wenn Nick zurückgekommen ist, heißt das ja wohl, dass er den Zombie verfehlt hat, oder?«
Nick nickte. »Wir beide, also sind wir zurückgekommen, um Elena zu holen. Wir dachten, vielleicht findet sie eine Spur. Da drüben liegt geteerte Dachpappe, und ich rieche außer dem Zeug gar nichts mehr. Und wo ist …«
»Den haben wir auch verloren«, murmelte ich. »Das war’s dann wohl mit unserem Spatzen in der Hand. Gehen wir.«
Wir hatten es kaum um den Anhänger herum geschafft, als Clays Kopf hochfuhr; sein Blick ging nach Norden. Eine Sekunde später donnerten schwere Stiefel im Laufschritt über die Baustelle. Ein junger Mann in Securityuniform kam um die Ecke gestürzt, ein Sandwich in der Hand. Der fehlende Wachmann, der an seinen Arbeitsplatz zurückkehrte, wahrscheinlich in der Hoffnung, dass niemandem sein Fehlen aufgefallen war.
Clay fluchte. Zoe schob sich näher an Nick heran und bedeutete uns mit einer Geste, wir sollten in Richtung Straße gehen. Der Wachmann sah uns und öffnete den Mund, als wollte er uns etwas zubrüllen. Zoe winkte ihm mit einer Hand zu, die andere in Nicks Arm geschoben; dann zeigte sie zur Straße hin. Einfach bloß zwei Paare, die die Abkürzung über die verlassene Baustelle nahmen. Der Wachmann nickte und winkte uns weiter. Wir würden die Fährte außerhalb der Baustelle aufnehmen müssen.
Logischerweise musste es da eine Fährte geben. Drei, um genau zu sein – Roses, Hulls und die des Bowlermannes –, aber wir konnten sie nicht finden.
Zwei Mal fing ich eine Spur des Verwesungsgeruchs auf, der uns mitteilte, dass einer der Zombies vorbeigekommen war, aber nach wenigen Schritten war sie dann wieder von anderen Gerüchen überdeckt. Und Hull war noch schwieriger zu finden, denn er roch nicht wie ein Zombie.
Nach zwanzig Minuten hatte das Blut, das aus Clays Armwunde drang, einen dritten Verband durchweicht. Wir beschlossen – das heißt, ich beschloss, und Nick unterstützte mich –, ins Hotel zurückzukehren, damit Jeremy sich die Sache ansehen konnte.
Wir machten in einem Durchgang halt, um einen vierten Verband anzulegen, während ich Jeremy anrief und ihn bat, nicht weiter auf die Anlieferung eines Zombies zu warten, sondern sich im Hotel mit uns zu treffen.
»Schon wieder ein Hemd beim Teufel«, sagte Clay, während er mir die Reste seines T-Shirts herüberreichte.
»Nimm doch meins«, sagte Nick.
»Nein, meins ist sowieso schon ruiniert.«
Als ich einen weiteren Streifen abriss, konnte ich nicht umhin, Zoes Interesse zu bemerken. Wir drehten uns alle drei um und sahen sie an, wie sie da auf der Kante eines Müllcontainers saß, vorgebeugt, den Blick wie gebannt auf Clays blutenden Arm gerichtet.
»Die Antwort ist nein«, sagte Clay. »Yeah, es ist verschwendet, aber es ist noch nicht Teestunde, also hör auf zu sabbern.«
»Ha, ha. Ich habe lediglich überlegt, ob ich meine Hilfe anbieten soll.«
»Dabei, den Rest auch noch auszusaugen?«
»Nein, durch Sabbern. Daran müssen Sie doch gewöhnt sein, Professor – dass Studentinnen Ihretwegen ins Sabbern geraten.« Sie sprang von der Mülltonne herunter. »Wobei es in diesem Fall vielleicht willkommener wäre, als es, wie ich vermute, normalerweise ist. Ich könnte die Blutung stillen.«
»Wie?«, fragte ich.
»Vampirspeichel lässt das Blut stocken. Und verhindert damit, dass unser Abendessen verblutet, wenn wir mit dem Essen fertig sind. Das könnte ich hier tun.«
»Will ich auch wissen, wie du das tun würdest?«, fragte Clay.
»Normalerweise lecke ich die betreffende Stelle ab, etwas, von dem ich weiß, dass keiner von uns es möchte; darf ich also ein diskretes Spucken auf den Verband vorschlagen?«
Ich sah Clay an. Er nickte, grunzte ein Danke, und ich gab Zoe den Verband.
Zoes Speichel erfüllte seinen Zweck. Als wir zehn Minuten später die Bay Street entlanggingen, war Clays Verband noch weiß. Nun bedeutete das zwar, dass er nicht mit einem blutigen Verband durchs Stadtzentrum schlendern musste, aber er war immer noch halb nackt. Bei jedem Hupen und jedem Pfiff schoben Clays Hände sich tiefer in die Hosentaschen, und er hielt sich noch etwas weiter im Schatten der Ladenmarkisen.
Wir hatten nach einem Taxi Ausschau gehalten, seit wir aus dem Museum gekommen waren, aber wie die meisten anderen Leute schienen die Fahrer sich den Tag freigenommen zu haben.
»Ich könnte meins auch ausziehen«, sagte Nick.
»Prima Idee«, sagte Zoe. »Moment, ich hole bloß schnell meinen Lipliner raus. Dann kann ich euch beiden ›Wir treffen uns im Remington’s‹ auf den Rücken schreiben.« Sie grinste. »Ich wette, die haben heute Abend volles Haus, Cholera hin oder her.«
»Behalt das T-Shirt an«, sagte Clay.
Zoe sah mich an. »Wir könnten unsere auch ausziehen. Als Zeichen der Solidarität. In Kanada ist das legal.«
»Wirklich?« Nicks Aufmerksamkeit war geweckt. »Warum habe ich die ganze Zeit, die ich jetzt hier bin, nicht eine einzige Frau oben ohne rumlaufen sehen?«
»Weil du außerhalb von Stränden und Konzerten wahrscheinlich keine sehen wirst. Und wenn doch? Dann wird es keine sein, die du oben ohne sehen willst. Jedes Mal, wenn ich das zu sehen kriege, danke ich Gott für die ewige Jugend. Aber nichtsdestrotz – es ist legal.« Ein suggestiver Blick in meine Richtung. »Wenn du also das T-Shirt ausziehen wolltest …«
»Glaub mir einfach, momentan falle ich in die Kategorie der Frauen, die keiner oben ohne sehen will.«
»Ich würde mich nicht beschweren.«
Ihr Blick glitt erwartungsvoll zu Clay hinüber. Er drehte lediglich den Kopf, als ein Taxi um die Ecke geschossen kam, und fluchte, als er feststellte, dass es schon besetzt war.
Zoe seufzte. »Sie haben nicht vor, auch nur nach dem Köder zu schnappen, was, Professor?«
»Zeig mir einen Köder, dann schnappe ich.«
»Oha. Du glaubst also, bloß weil ich eine Frau bin, besteht keine …«
»Hab ich keine Sekunde lang geglaubt. Nicht weiter wichtig.«
»Na ja, im Moment siehst du vielleicht besser aus, aber du solltest nicht vergessen, wer hier derjenige mit der ewigen Jugend ist. In ein paar Jahren wird dein Sixpack eher wie eine zusammenklappbare Kühltasche aussehen.«
»Ja, vielleicht.«
Wieder ein Seufzen. Zoe war im Begriff zu antworten, als uns ein Dreigespann junger Frauen entgegenkam, die Clay aufmerksam musterten und in Gekicher ausbrachen, als sie an uns vorüber waren.
Ich winkte zu einem Krimskramsladen mit einem Ständer voller Toronto-T-Shirts hinüber. »Willst du eins?«
»Bitte.«
»Ich konnte einfach nicht widerstehen«, sagte ich, als ich ihm das zusammengelegte T-Shirt gab.
Er schüttelte es aus und lachte. Die Aufschrift lautete »War zum Heulen schön in Toronto«, und darunter war ein mutierter Wolf mit Reißzähnen von der Größe von Walrosshauern abgebildet. Typischer Touristenkram, entworfen von jemandem irgendwo auf der Welt, der noch nie einen Wolf gesehen hatte, aber überzeugt war, dass es in Toronto von ihnen wimmelte – und von Inuit, Elchen und Eisbären ebenfalls.
Clay zog es an. »Wie seh ich aus?«
»Zum Heulen schön«, sagte Zoe.
Nick hob mahnend den Finger in meine Richtung. »Wart’s ab, das wird dir noch leidtun – weil er es in fünf Jahren nämlich immer noch tragen wird.«
»Das wird dich mehr stören als mich.« Ich griff in die Tüte und holte Schokoriegel heraus. »Ich habe ein paar Mägen knurren hören.«
Als Nächstes kam eine Flasche Wasser für Zoe.
»Ah, schön kalt«, sagte sie, als sie sie entgegennahm. »Du bist so lieb.« Sie sah zu Clay hinüber und seufzte. »Und so verschwendet.«
»Wirklich ein Jammer, was?«, fragte Clay durch einen Mund voll Schokolade hindurch.
»Einfach kriminell.«
Im Hotel angekommen, ließen wir Nick und Zoe im Foyer zurück. Als wir unser Stockwerk erreicht hatten, streckte Jeremy den Kopf zur Zimmertür heraus, kaum dass wir den Aufzug verlassen hatten.
»Da seid ihr ja«, sagte er. »Ich wollte mich schon auf die Suche machen.«
»Es ist bloß ein Kratzer«, sagte Clay.
Jeremy winkte uns ins Zimmer. Er deutete auf das Bett und hatte den Verband abgenommen, bevor Clay sich auch nur hingesetzt hatte. Ein Stirnrunzeln, dann griff er nach unten in eine schon bereitstehende Schüssel mit warmem Wasser, nahm den Waschlappen heraus, drückte ihn aus und wusch das Blut vorsichtig ab. Als die Wunde zum Vorschein kam, vertiefte sich sein Stirnrunzeln.
»Es sieht wirklich aus, als wäre es …«, begann er.
»Bloß ein Kratzer?«, ergänzte Clay. »Sage ich doch.«
»Aber warum hat das dann so stark geblutet?«, fragte ich, während ich näher trat, um einen genaueren Blick darauf werfen zu können.
»Es ist ein tiefer Kratzer«, sagte Jeremy. »Sieht so aus, als hätte er eine Ader erwischt.«
Clay sah zu mir herüber. »Schon wieder recht gehabt. Ich bin ein Genie.«
»Nein«, sagte Jeremy. »Du bist einfach schon so oft verletzt worden, dass du die Symptome kennst.«
»Und was …«, begann ich und unterbrach mich dann. »Es war Rose.«
»Sie macht sich Sorgen wegen Syphilis«, erklärte Clay.
Jeremy schüttelte den Kopf. »Brauchst du nicht. Wenn sie ihn nicht gerade gebissen hat, besteht da keine Gefahr.«
Jeremy säuberte die Wunde sorgfältig und wies mich an, ihm Bescheid zu sagen, wenn sie wieder zu bluten begann oder Clay sonst zu schaffen machte. Es hätte gar keinen Zweck gehabt, dies von Clay selbst zu erwarten. In seinen Augen war alles in Ordnung, solange der Arm noch vorhanden war.
Als der Verband an Ort und Stelle war, fühlten sowohl Jeremy als auch ich uns wohler, und ich erstattete Jeremy Bericht über die Vorfälle im Museum.
»Die Zombies haben inzwischen also offenbar eine Vorstellung davon, was wir planen«, sagte ich.
Jeremy nickte. »Womit unsere Aussichten darauf, einen von ihnen halbwegs gefahrlos zu erwischen, rapide schwinden. Es wird Zeit, eine Pause einzulegen und uns auf Shanahan zu konzentrieren.«
»Ich rede mit Zoe. Mal sehen, ob sie jetzt ein bisschen auskunftsfreudiger ist.« Ich drehte mich zu Clay um, der gerade nach dem Touristen-T-Shirt griff. »Moment, ich hole dir eins von deinen.«
»Ich mag dieses hier aber.«
Ich verdrehte die Augen und half ihm, es anzuziehen. »Was diesen Hull angeht – seine ganze Art wirkt, als wäre er wirklich das, was er zu sein behauptet, jemand, der aus diesem viktorianischen Portal entkommen ist, aber Clay glaubt, er arbeitet mit dem Zombiemeister zusammen. Dass er vielleicht ein Schauspieler ist, der beauftragt wurde, sich an uns heranzumachen.«
»Würde erklären, warum er plötzlich da aufgetaucht ist«, sagte Clay. »Besser als diese ›Ich bin den Zombies gefolgt‹-Geschichte.«
»Was machen wir also mit diesem Treffen, das er vorgeschlagen hat?«, fragte ich.
»Das überlege ich mir noch. Ich rede jetzt erst mal mit Zoe.«
Wir waren auf dem Weg zur Tür, als Jeremy fragte: »Oh, und Anita Barrington hat sich nicht bei dir gemeldet, oder?«
Ich überprüfte mein Handy und schüttelte dann den Kopf.
»Sie hat mich hier im Hotel angerufen«, sagte Jeremy. »Hat irgendwas davon gesagt, sie hätte eine Geschichte entdeckt, die uns wahrscheinlich interessieren würde. Ich habe zurückgerufen und ihr eine Nachricht hinterlassen, sie solle es auf deinem oder Antonios Handy versuchen, aber ich habe seitdem nichts mehr gehört.«
»Wir schauen bei ihr vorbei, wenn wir mit Zoe geredet haben.«
Wir waren die einzigen Gäste in der Hotellounge, es war also nicht nötig, die Unterhaltung anderswohin zu verlegen. Ich erzählte von unseren Vermutungen über Shanahan und den Gründen, aus denen wir ihn finden mussten.
»Patrick Shanahan als zombiekontrollierender Irrer?«, fragte Zoe, die fein gezeichneten Brauen hochgezogen.
»Ein Irrer … darüber kann man sich streiten«, sagte ich. »Aber das mit dem Zombie-Kontrollieren kommt mir halbwegs plausibel vor. Was die Fragen angeht, warum er sie kontrolliert oder warum das Portal in diesem Brief eingeschlossen war oder was er sich davon erwartet, ihn zurückzubekommen – daran arbeiten wir noch.«
»Was mögliche Motive angeht – das mit der Weltherrschaft hat mir immer eingeleuchtet. Oder vielleicht eher die Herrschaft über eine Metropolregion; ein wirklicher Visionär ist Patrick noch nie gewesen. Nun ist er mir auch nie wie ein Zombiemeister vorgekommen, aber ich kann nicht behaupten, dass ich ihn sehr gut kenne. Unsere Beziehung war rein geschäftlich und sporadisch außerdem. Die meisten Aufträge für die Familie habe ich für seinen Großvater erledigt, und der war auch nicht gerade per du mit den Angestellten.«
»Was bedeutet, sehr viel Einsichten über Shanahan wirst du uns nicht verschaffen können.«
»So gut wie gar keine. Aber ich kenne jemanden, der es kann. Einen Kunden. Randall Tolliver. Er und Patrick sind zusammen aufgewachsen.«