Fünfzehntes Kapitel
Nachdem wir die Hütte des Einsiedlers besichtigt hatten, arbeiteten wir bis zum Abend. Da Lee weniger beweglich war, überließen wir ihm die Schreibarbeiten; vor allem sollte er ein System für die Essensrationierung entwerfen, durch das unsere Vorräte beinahe zwei Monate reichen würden – falls wir genügend Selbstbeherrschung besaßen, uns daran zu halten. Homer, Fi und ich hatten ein paar kleine Gemüsebeete angelegt, und als der lange Tag endlich kühler wurde, säten wir: Kopfsalat, Lauch, Blumenkohl, Brokkoli, Erbsen und Saubohnen. Wir hatten keine besondere Lust, das bis an unser Lebensende zu essen, aber »wir brauchen unser Gemüse«, wie Fi entschieden erklärte, und dank Lees Kochkünsten konnte man Brokkoli in Schokoladeeiscreme und Blumenkohl in eine Feenkutsche verwandeln.
Es war ein langer, heißer, schwerer und anstrengender Tag gewesen. Wir hatten sehr früh angefangen. Mein Gespräch mit Lee hatte es auch nicht leichter gemacht. Zwischen uns herrschte jetzt eine leichte Spannung, was ich hasste, und gegen Abend entstand eine allgemeine Spannung, weil jeder jeden anfuhr. Die einzige Ausnahme war Homer, der Fi nicht angefahren hatte. Auf mich ging er wegen der Wassermenge los, mit der ich die Gemüsesamen goss, und auf Lee wegen der Frage, ob Fußball ein besserer Sport als Football ist, doch Fi war für Homer immun. Obwohl er für sie keineswegs immun war. Als er ein großes Stück Früchtebrot (Mrs Grubers) abbrach und es aß, bedachte Fi ihn mit einer Reihe von Worten, zu denen auch gierig, selbstsüchtig und Schwein gehörten. Homer hatte sich im Lauf seines Lebens so sehr daran gewöhnt, zurechtgewiesen zu werden, dass man genauso gut einen Felsen dafür hätte zurechtweisen können, dass er sedimentär war. Aber als Fi auf ihn losging, stand er da wie ein kleines Kind, wortlos und mit rotem Kopf. Er aß den Rest seines Kuchenstücks, aber er hat es bestimmt nicht genossen. Ich war so froh, dass sie nicht gesehen hatte, wie ich Kekse naschte.
Die Entdeckung der Hütte war an diesem Nachmittag der einzige Höhepunkt gewesen.
Während Corries Abwesenheit war Fi in mein Zelt übersiedelt, und als wir in dieser Nacht im Bett lagen, fragte sie: »Was soll ich mit Homer tun, Ellie?«
»Du meinst die Art, wie er dich mag?«
»Ja.«
»Hm, das ist wirklich ein Problem.«
»Ich wüsste gerne, was ich tun soll.«
Das war meine Spezialität: das Liebesleben meiner Freunde in Ordnung bringen. Sobald ich die Schule beendet haben würde, wollte ich auf dieser Fähigkeit eine Karriere aufbauen: ein Geschäft gründen, in das die Leute von der Straße hereinkommen und mir all ihre Liebesprobleme erzählen konnten. Es war eine Schande, dass ich meine eigenen Probleme nicht lösen konnte.
Ich drehte mich also um, um in der Dunkelheit Fis kleines Gesicht sehen zu können. Ihre großen Augen waren vor Kummer noch größer.
»Magst du ihn?« Irgendwo mussten wir ja anfangen.
»Ja! Natürlich!«
»Aber ich meine ...«
»Ich weiß, was du meinst! Ja, ich glaube schon. Ja, wirklich. In der Schule noch nicht, aber dort war er auch so ein Idiot. Wenn mir damals jemand prophezeit hätte, dass ich ihn einmal mögen würde, hätte ich ihm das Taxi zum Psychiater bezahlt. Er war so unreif.«
»Erinnerst du dich an die Wasserschlacht am Abend vor Halloween?«
»Erinnere mich nicht daran.«
»Wenn du ihn jetzt magst – was hält dich zurück?«
»Ich weiß nicht. Das ist ja die Schwierigkeit. Ich weiß nicht, ob ich ihn genauso gernhabe wie er mich, das ist ein Punkt. Ich möchte keine Beziehung mit ihm anfangen, in der er glaubt, dass ich genauso stark für ihn empfinde wie er für mich. Ich glaube nicht, dass ich ihn jemals so gernhaben könnte. Er ist so ...« Ihr fiel kein Wort ein, mit dem sie den Satz beenden konnte, deshalb lieferte ich eines: »Griechisch?«
»Ja. Ich weiß, dass er hier zur Welt gekommen ist, aber wenn es um Mädchen geht, ist er noch immer ein Grieche.«
»Macht es dir etwas aus, dass er ein Grieche oder teilweise ein Grieche ist oder wie immer du es nennst?«
»Nein! Ich liebe es. Griechisch ist sexy.«
Sexy klang komisch, wenn Fi es sagte. Sie war so gut erzogen, dass sie normalerweise keine solchen Worte verwendete.
»Das Einzige, was dich zurückhält, ist also die Tatsache, dass du nicht genauso stark empfindest wie er?«
»Irgendwie schon. Ich habe das Gefühl, dass ich ihn mir auf Armeslänge vom Leib halten sollte, weil er sonst die Leitung übernimmt. Es ist, als würde man stromaufwärts einen Damm bauen, damit das Dorf nicht weggerissen wird. Ich bin das Dorf und ich baue einen Damm, indem ich ihm gegenüber kühl und gleichgültig bin.«
»Das könnte ihn noch leidenschaftlicher machen.«
»Glaubst du? Daran habe ich nie gedacht. Ach, es ist so kompliziert.« Sie gähnte. »Was würdest du an meiner Stelle tun?«
Das war eine schwierige Frage, weil ich mich ohnehin halb in ihrer Situation befand. Meine Gefühle für Homer hinderten mich daran, den entscheidenden Schritt mit Lee zu wagen. Es wäre mein übliches Glück gewesen, als Schiffbrüchige mit zwei Jungen auf einer einsamen Insel zu landen und beide zu mögen. Aber als Fi sexy sagte, war mir klar geworden, dass es mit Homer ziemlich körperlich war. Ich wollte nicht stundenlang mit ihm über das Leben reden; ich wollte stundenlang mit ihm tierische Geräusche von mir geben – wie Seufzen und Stöhnen und »Drück fester« oder »Fass mich dort noch mal an«. Mit Lee war es anders. Seine Ideen, die Art, wie er über vieles dachte, faszinierten mich. Ich fühlte, dass ich das Leben anders sehen würde, je mehr ich mit Lee redete. Es war, als könne ich von ihm lernen. Ich wusste nicht viel über sein Leben, aber wenn ich sein Gesicht und seine Augen betrachtete, war es, als blicke ich in den Atlantischen Ozean. Ich wollte wissen, was ich dort finden konnte, welche interessanten Geheimnisse er kannte.
Deshalb beantwortete ich Fis Frage sehr kurz. »Halt ihn nicht ewig hin. Homer liebt Aufregung. Er will vorankommen. Er ist nicht gerade der geduldigste Mensch der Welt.«
»Du meinst also, ich soll es versuchen?«, fragte sie schläfrig.
»›Besser zu lieben und den Geliebten zu verlieren, als nie geliebt zu haben.‹ Wenn du dich darauf einlässt und es funktioniert nicht – was hast du dann verloren? Aber wenn er das Interesse an dir verliert und du nie etwas mit ihm gehabt hast, wirst du den Rest deines Lebens darüber nachdenken, wie es vielleicht gewesen wäre.«
Fi schlief ein, aber ich lag wach, lauschte den Geräuschen der Nacht, der Brise in den heißen Bäumen, dem Heulen der Wildhunde in der Ferne, dem gelegentlichen Krächzen eines Vogels. Ich fragte mich, was ich fühlen würde, wenn Fi mit Homer zusammenblieb. Ich konnte noch immer nicht glauben, dass ich Homer plötzlich so sehr mochte. Er war so lange ein Nachbar, ein Bruder gewesen. Ich versuchte daran zurückzudenken, wie er vor einem Monat, einem Jahr, fünf Jahren gewesen war, als er noch ein Kind war. Ich wollte herausbekommen, wann er so anziehend geworden war oder warum ich es nicht früher bemerkt hatte, aber damals hatte ich nichts für ihn empfunden. Es war, als hätte er sich verwandelt. Über Nacht war er sexy und interessant geworden.
Wieder heulte ein Hund und ich begann über den Einsiedler nachzudenken. Vielleicht war er es, der heulte, weil er zu seinem entweihten Haus zurückgekommen war und nun die Menschen suchte, die in seinen geheimen Zufluchtsort eingedrungen waren. Ich schob mich näher an Fi heran, weil alles so gespenstisch wirkte. Es war seltsam, dass ich die kleine Hütte gefunden hatte, die so geschickt versteckt worden war. Er musste die Menschen wirklich gehasst haben, wenn er sich solche Mühe gegeben hatte. Ich hatte halb erwartet, dass der Ort sich anfühlte, als wäre er voller böser, satanischer Mächte, als hätte er sich dort jahrelang verkrochen, um schwarze Messen abzuhalten. Was für ein Mensch konnte tun, was er getan hatte? Wie hatte er weiterleben können? Doch die Hütte hatte sich nicht böse angefühlt. Sie hatte eine eigene Atmosphäre, die aber schwer zu beschreiben war. Es war ein trauriger, bedrückender Ort, aber kein böser.
Als mich der Schlaf übermannte, begann ich mit meinem abendlichen Ritual, das ich jetzt immer einhielt, egal, wie müde ich war. Es war eine Art Film, den ich jeden Abend im Geist abspulte. Im Film sah ich zu, wie meine Eltern ihrem normalen Leben nachgingen. Ich vergewisserte mich, dass ich ihre Gesichter so oft wie möglich sah, und stellte sie mir in allen möglichen alltäglichen Situationen vor: Dad, wie er den Schafen Heuballen hinwarf, am Lenkrad wartete, während ich ein Gatter öffnete, fluchte, während er die Treibriemen am Traktor straffer spannte, bei Sportfesten seine Moleskin-Hose trug. Mum in der Küche – sie war ein wirklicher Küchenmensch; der Feminismus hatte sie vielleicht dazu gebracht, ihre Meinung offener zu äußern, aber er hatte nicht viel an ihren Aktivitäten geändert. Ich stellte sie mir vor, wie sie ihre Bibliotheksbücher suchte, Kartoffeln ausgrub, telefonierte, fluchte, während sie den Ofen anheizte, schwor, dass sie ihn morgen gegen einen elektrischen eintauschen würde. Sie tat es nie. Sie behauptete, dass sie den alten Ofen behielt, falls einmal Touristen ihren Urlaub auf unserer Farm verbringen und ihn malerisch finden würden. Das brachte mich zum Lächeln.
Ich weiß nicht, ob es mir gelang, mich wohlzufühlen, indem ich an meine Eltern dachte, aber auf diese Art blieben sie für mich lebendig und in meinen Gedanken. Ich hatte Angst davor, was passieren könnte, wenn ich damit aufhörte. Wenn ich zuließ, dass sie allmählich verschwanden, so wie ich jetzt im Schlaf versank. Normalerweise dachte ich um diese Zeit auch an Lee, drückte ihn an mich, stellte mir seine glatte braune Haut und seine festen Lippen vor, aber heute Abend war ich zu müde und außerdem hatte ich an diesem Tag schon genügend an ihn gedacht. Ich schlief ein und träumte stattdessen von ihm.
Ich hatte erwartet, dass die beiden Tage mit Homer, Fi und Lee interessant sein würden, und das waren sie auch. Eigentlich sogar zu interessant – sie belasteten meine Gefühle. Wir waren ohnehin alle gereizt und hätten gern gewusst, wie es den anderen vier ging. Aber der Dienstag begann kühler und erwies sich auf vielerlei Art als überaus interessanter Tag; ein Tag, den ich nie vergessen werde.
Wir hatten uns darauf geeinigt, wieder früh aufzustehen. Je länger wir uns in der Hölle aufhielten, desto mehr gewöhnten wir uns an einen natürlichen Rhythmus, gingen zu Bett, wenn es dunkel wurde, und standen im Morgengrauen auf. Das entsprach überhaupt nicht dem Tagesablauf, den wir zu Hause gehabt hatten. Aber hier hatten wir damit begonnen, ohne es zu merken. Es war nicht ganz so einfach. Wir blieben oft noch nach Einbruch der Dunkelheit auf, machten ein Feuer, kochten für den nächsten Tag vor oder tranken bloß eine Tasse Tee – etlichen von uns fehlte unsere Tasse Tee während des Tages –, aber wir begannen bald zu gähnen, aufzustehen, uns zu strecken, den Bodensatz wegzuschütten und in unsere Zelte zu gehen.
Als es also an diesem Dienstagmorgen noch kalt und feucht war, versammelten wir uns beim erloschenen Feuer, sprachen gelegentlich und lauschten den sanften Stimmen der Elstern und dem aufgeschreckten Gemurmel der Hühner. Wir aßen unser übliches kaltes Frühstück. An den meisten Abenden weichte ich getrocknete Früchte in einem fest verschlossenen Kessel in Wasser ein, so dass die Opossums sie nicht fressen konnten. Am Morgen waren die Früchte saftig und wohlschmeckend und wir aßen sie mit Müsli oder anderen Getreideflocken. Fi verwendete meist Trockenmilch, die wir ebenfalls bereits am Vorabend in Wasser auflösten, so dass sie am Morgen fertig war. Bei unserer Fahrt zu den Grubers hatten wir noch einige Tuben Kondensmilch ergattert, aber auch die hatten nicht lange vorgehalten; wir hatten sie innerhalb von vierundzwanzig Stunden leer gesaugt.
Unsere wichtigste Aufgabe an diesem Morgen war, Brennholz zu sammeln. Wir wollten einen großen Stoß aufbauen und ihn dann tarnen. Das klingt verrückt, mit all dem Busch rundum. Aber es war ziemlich schwierig, an Brennholz heranzukommen, weil der Busch so dicht war. Außerdem gab es jede Menge kleinerer Arbeiten, die getan werden mussten – Holz hacken, Entwässerungsgräben um die Zelte herum anlegen, ein neues Klo graben (das erste war voll), fest verschlossene Essenspakete vorbereiten, die wir in den Bergen aufbewahren konnten, wie Homer vorgeschlagen hatte. Da Lee noch immer nicht sehr beweglich war, wurde er mit den Essenspaketen beauftragt; außerdem musste er Geschirr spülen und die Gewehre putzen.
Wir hatten vor den größten Teil des Vormittags eifrig zu arbeiten, nach dem Mittagessen eine Pause zu machen und am Abend weitere Ladungen vom Landrover hierherzubringen. Wir schafften tatsächlich eine ganze Menge, bevor es so warm wurde, dass wir langsamer wurden. Wir hatten einen etwa einen Meter hohen und drei Meter breiten Stoß Brennholz zusammengetragen und dazu einen Extrastoß Anzündmaterial. Wir gruben die Entwässerungsgräben und das Klo, dann bauten wir einen besseren Unterstand für die Hühner. Es war erstaunlich, wie viel Arbeit vier Leute schaffen konnten – verglichen mit dem, was Dad und ich zu Stande gebracht hatten. Aber es machte mir Sorgen, dass wir noch immer so sehr von dem Nachschub aus unseren Versorgungsfahrten abhängig waren. Das war eine Lösung auf kurze Zeit. Trotz unseres Gemüses und unserer Hühner waren wir weit davon entfernt, autark zu sein. Angenommen, wir würden drei Monate ... oder sechs Monate ... oder zwei Jahre hierbleiben müssen. Es war undenkbar – aber durchaus möglich.
Als die anderen beiden nach dem Mittagessen einen Augenblick lang beschäftigt waren, sagte Lee leise zu mir: »Könntest du mir heute Nachmittag die Hütte des Einsiedlers zeigen?«
Ich erschrak. »Aber gestern, als die beiden anderen mitkamen ... du sagtest, dass dein Bein ...«
»Ja, ich weiß. Aber ich habe es heute ziemlich viel benützt. Es fühlt sich sehr gut an. Außerdem war ich gestern böse auf dich.«
Ich grinste. »Okay, ich führ dich hin. Und wenn es notwendig ist, werde ich mich opfern und dich zurücktragen.«
Offenbar hatte etwas in der Luft gelegen, denn als ich den beiden anderen erzählte, dass wir eine Stunde oder zwei fortbleiben würden, falls Lees Bein durchhielt, zwinkerte Homer Fi schnell zu. Ich glaube, Fi musste Homer am Morgen ermutigt haben, denn es war kein »Oh, Ellie und Lee«-Zwinkern, sondern ein »Gut, wir werden eine Zeit lang allein sein«-Zwinkern. Es war sehr hinterlistig von ihnen. Wenn wir ihnen nicht diese Gelegenheit geboten hätten, hätten sie uns bestimmt eine Lüge aufgetischt, um allein zu verschwinden. Das machte mich eifersüchtig und am liebsten hätte ich unseren Ausflug abgesagt, damit ich dableiben und Anstandsdame spielen konnte. Tief in meinem Herzen wollte ich nicht, dass Homer und Fi zusammen waren.
Doch ich konnte nichts dagegen tun. Ich war in meine eigene Falle gegangen. Daher machte ich mich gegen zwei Uhr auf den Weg zum Bach; Lee humpelte neben mir her. Diesmal war die Reise überraschend kurz, weil ich mich jetzt auskannte und selbstsicherer voranging und Lee sich schneller bewegte, als ich erwartet hatte. Das Wasser gluckerte erfrischend kalt dahin und wir folgten einfach der Strömung.
»Das ist der perfekte Weg hinein«, bemerkte Lee, »weil wir keine Spuren hinterlassen.«
»Hm. Du weißt ja, dass auf der anderen Seite der Hölle der Holloway-Fluss und der Risdon-Distrikt sind. Es muss von hier aus ein Weg dorthin führen. Es wäre interessant zu versuchen ihn zu finden, vielleicht indem wir dem Bach folgen.«
Wir erreichten die Hütte, aber Lee wollte zuerst mit mir reden. Er setzte sich auf einen ziemlich feuchten Baumstamm am Bachufer.
»Ich ruhe nur kurz mein Bein aus«, sagte er.
»Tut es weh?«
»Ein bisschen. Nur ein leichter Schmerz, weil ich es wieder gebrauche. Wahrscheinlich ist Bewegung das beste Mittel dagegen.« Er machte eine Pause. »Weißt du, Ellie, ich habe mich noch nicht richtig dafür bedankt, dass du mich damals nachts aus dem Restaurant herausgeholt hast. Ihr wart alle Helden. Ihr habt euer Leben für mich riskiert. Ich bin nicht besonders gut darin, große, ergreifende Reden zu halten, aber das werde ich euch bis an mein Lebensende nicht vergessen.«
»Ist schon okay«, sagte ich beunruhigt. »Du hast mir schon einmal gedankt. Und du hättest das Gleiche für uns getan.«
»Und das von gestern tut mir leid.«
»Was soll dir da leidtun? Du hast gesagt, was du sagen wolltest. Du hast gesagt, was du dir gedacht hast. Was mehr ist, als ich getan habe.«
»Dann sag es jetzt.«
Ich grinste. »Vielleicht sollte ich. Obwohl ich nicht vorhatte noch etwas zu sagen.« Ich überlegte einen Augenblick und beschloss es zu wagen. Ich war nervös, aber es war aufregend. »In Ordnung, ich werde sagen, was ich denke, dass ich denke, aber merk dir, es ist nicht unbedingt das, was ich wirklich denke, weil ich nicht weiß, was ich denke.«
Er stöhnte. »O Ellie! Du bist so entmutigend. Du hast noch nicht einmal angefangen und mich schon durcheinander gebracht. Es ist genauso wie gestern.«
»Also, willst du, dass ich ehrlich bin oder nicht?«
»Schön, mach weiter und ich werde versuchen meinen Blutdruck unter Kontrolle zu halten.«
»Okay.« Nachdem ich das gesagt hatte, wusste ich nicht genau, wie ich anfangen sollte. »Ich mag dich, Lee, ich mag dich sehr. Ich finde, dass du interessant, lustig, klug bist und du hast die schönsten Augen von ganz Wirrawee. Ich bin nur nicht sicher, dass ich dich auf diese Art mag, du weißt schon, was ich meine. An dem Tag im Heuschober waren meine Gefühle stärker als ich. Aber du hast etwas an dir – ich weiß nicht, was es ist –, aber du machst mich ein bisschen nervös. Ich habe noch nie jemanden wie dich kennengelernt. Und ich frage mich etwas: Angenommen, wir gehen miteinander und es funktioniert nicht? Jetzt sind wir sieben also hier – nein, jetzt acht –, leben an diesem abgelegenen Ort in dieser wirklich seltsamen Zeit, in der die Welt kopfsteht. Bis jetzt vertragen wir uns alle gut – die meiste Zeit. Ich möchte das nicht dadurch zerstören, dass wir beide plötzlich streiten und feststellen, dass wir einander nicht mehr sehen wollen oder dass es uns verlegen macht, zusammen zu sein. Das wäre schrecklich. Es wäre wie Adam und Eva, die im Garten Eden streiten. Ich meine, mit wem würden sie dann reden? Mit dem Apfelbaum? Der Schlange?«
»Ach, Ellie«, sagte Lee, »warum musst du immer alles durchdenken? Die Zukunft ist die Zukunft. Sie muss selbst für sich sorgen. Du kannst den ganzen Tag hier sitzen und Vermutungen anstellen und was hast du am Ende des Tages davon? Eine Menge leerer Vermutungen. Und in der Zwischenzeit hast du nichts getan, du hast nicht gelebt, weil du so damit beschäftigt warst, alles zu durchdenken.«
»Das stimmt nicht«, sagte ich ärgerlich. »Die Art, wie wir den Lastwagen bekommen und dich gerettet haben, ist nur durch Nachdenken zu Stande gekommen. Wenn wir nicht zuerst alle Möglichkeiten durchdacht hätten, hätte es nie funktioniert.«
»Doch du hast dir einen großen Teil erst ausgedacht, während du unterwegs warst. Ich erinnere mich, dass du mir erzählt hast, du hättest den Plan geändert, ich glaube, was die Route betraf, die du nehmen wolltest. Und es gibt noch vieles andere, zum Beispiel, dass du auf die Bremse gestiegen bist, um den Wagen hinter dir zu erwischen: Das hast du aus dem Bauch heraus gemacht.«
»Du meinst also, ich solle mein Leben aus dem Bauch heraus leben, nicht vom Kopf her?«
Er lachte. »Wenn du es so siehst, dann nicht. Ich nehme an, dass für beides Platz ist. Ich kann dir erklären, wie es ist – so wie meine Musik.« Lee war großartig, der beste Klavierspieler seiner Altersgruppe in Wirrawee. »Wenn ich ein Stück einstudiere oder wenn ich spiele, sind mein Herz und mein Verstand daran beteiligt. Mein Verstand denkt an die Technik und mein Herz fühlt die Leidenschaft der Musik. Ich nehme an, dass es im Leben genauso ist. Man muss beides haben.«
»Und du findest, dass ich nur Kopf und kein Herz habe?«
»Nein. Hör auf, alles, was ich sage, zu verdrehen. Aber denk an den Mann, der hier gelebt hat. Sein Herz muss allmählich vertrocknet sein, bis es wie eine kleine getrocknete Aprikose war und alles, was ihm blieb, war sein Verstand. Ich hoffe, dass es ein großer Trost für ihn war.«
»Also glaubst du doch, dass ich nur Kopf und kein Herz habe! Du glaubst, dass ich in dieser kleinen Hütte enden werde, die Einsiedlerin in der Hölle, keine Freunde, niemanden, der mich liebt. Entschuldige, ich gehe jetzt in den Garten hinunter, um Würmer zu essen.«
»Nein, ich glaube nur, dass du in manchen Sachen, zum Beispiel, wenn du jemanden gernhast, zum Beispiel, wenn du mich gernhast, zu vorsichtig und berechnend bist. Du solltest einfach deinen Gefühlen folgen.«
»Aber mein Gefühl sagt mir, dass ich verwirrt bin«, sagte ich unglücklich.
»Das kommt wahrscheinlich daher, dass dein Verstand deine Gefühle verwirrt. Deine Gefühle melden sich laut und deutlich, aber bevor sie an die Oberfläche gelangen, kommt ihnen dein Verstand in den Weg und bringt sie durcheinander.«
»Ich bin also eine Art Fernsehapparat, den man zu nahe neben einen Computer gestellt hat? Ich habe eine Art Bildstörung?« Ich war nicht sicher, ob ich das alles glaubte oder ob Lee einfach etwas erfand. Männer sagen alles, was ihnen gerade einfällt.
»Ja!«, sagte Lee. »Die Frage ist, welches Programm auf dem Bildschirm läuft. Eine Debatte über den Sinn des Lebens oder eine leidenschaftliche Liebesgeschichte.«
»Ich weiß, was dir am liebsten wäre«, sagte ich. »Ein Porno mit uns in den Hauptrollen.«
Er grinste. »Wie kann ich nach alldem, was ich gerade behauptet habe, sagen, dass ich dich wegen deines Verstandes liebe? Aber ich tue es.«
Er hatte zum ersten Mal das Wort Liebe verwendet und das ernüchterte mich ein wenig. Diese Beziehung konnte leicht ernst werden. Die Schwierigkeit war, dass ich es vermied, Homer zu erwähnen, und einer der Gründe, warum Lee mich nicht verstehen konnte, war, dass er das mit Homer nicht verstand – obwohl er gestern nahe daran gewesen war. Er wäre weniger verwirrt gewesen, wenn ich ihm gegenüber ehrlicher gewesen wäre. Aber ich wusste von Homer und war noch immer verwirrt. Ich seufzte und stand auf.
»Komm jetzt, Krüppel, sehen wir uns die Hütte an.«
Es war mein dritter Besuch der Hütte und sie hatte für mich ein wenig an Reiz verloren. Lee stocherte jedoch ziemlich lange herum. Diesmal war es im Raum heller; wahrscheinlich hing es von der Tageszeit ab, aber das Sonnenlicht hellte die Dunkelheit an der Rückwand etwas auf. Lee ging zu dem einzigen Fenster der Hütte, einem glaslosen Quadrat in der Rückwand. Er steckte den Kopf hinaus und betrachtete die Minze draußen, dann untersuchte er den verfaulenden Fensterrahmen.
»Schön gemacht«, sagte er. »Sieh dir diese Fugen an. Warte, da ist etwas aus Metall.«
»Was meinst du?« Ich kam zu ihm, als er mit dem Fensterbrett zu kämpfen begann. Da sah ich, was er meinte – das Fensterbrett verfaulte und zwischen den Bruchstücken wurde eine stumpfe, schwarze Metalloberfläche sichtbar. Plötzlich hob Lee das Brett senkrecht hoch. Es war eindeutig dafür gemacht worden, denn darunter war ein geometrisch genauer Hohlraum, der nicht viel größer als eine Schuhschachtel war. In ihn genau eingepasst war eine graue metallene Geldkassette in Schuhschachtelgröße.
»Wow!« Ich war überrascht und aufgeregt. »Unwirklich! Sie ist wahrscheinlich voller Gold.«
Lee hob sie heraus.
»Sie ist sehr leicht«, sagte er. »Zu leicht für Gold.«
Die Kassette wies die ersten Zeichen von Rost auf, ein paar rote Linien begannen über sie hinwegzukriechen, aber sie war in gutem Zustand. Sie war nicht versperrt und ließ sich leicht öffnen. Ich beugte mich über Lees Arm und sah nichts außer Papieren und Fotografien. Es war enttäuschend, obwohl mir später klar wurde, dass wir mit Gold nicht viel hätten anfangen können, solange wir unser Guerilla-Leben in den Bergen führten. Lee nahm die Papiere und Fotos heraus. Darunter war ein kleiner, blauer Behälter wie eine Brieftasche, aber aus steiferem Material; er war mit einer kleinen goldenen Spange verschlossen. Lee öffnete ihn vorsichtig. In ihm lag, eingewickelt in Seidenpapier, auf einem weißen Tuch ein kurzes, breites Band in leuchtenden Farben, an dem eine schwere Bronzemedaille hing.
»Fantastisch«, flüsterte ich. »Er war ein Kriegsheld.«
Lee nahm die Medaille heraus. Auf der Vorderseite war das Relief eines Königs – ich weiß nicht genau, welcher – und die Worte »Er, der tapfer war«. Lee drehte sie um. Auf der Rückseite war eingraviert: »Bertram Christie, für Tapferkeit, Schlacht von Marana« und ein Datum, das zu verschwommen war, als dass man es hätte lesen können. Das Band war rot, gelb und blau. Wir nahmen es in die Hand, betasteten es, staunten darüber, packten es wieder sorgfältig ein und legten es in die Kassette zurück, bevor wir unsere Aufmerksamkeit den Papieren zuwandten.
Es waren nicht viele: ein Notizbuch, ein oder zwei Briefe, ein paar Zeitungsausschnitte und offiziell aussehende Dokumente. Es gab drei Fotografien: eine von einem streng aussehenden jungen Paar an dessen Hochzeitstag, eine von der Frau allein, wie sie vor einem schmucklosen Holzhaus steht, und eine mit der Frau und einem kleinen Kind. Die Frau war jung, sah aber traurig aus; sie hatte langes schwarzes Haar und ein schmales, glattes Gesicht. Sie hätte Spanierin sein können. Ich betrachtete die Fotos aufmerksam.
»Das müssen die Menschen sein, die er ermordet hat«, flüsterte ich.
»Seltsam, dass er ihre Fotos aufgehoben hat, wenn er sie ermordet hat«, sagte Lee.
Ich betrachtete das Gesicht des Mannes auf dem Hochzeitsfoto. Er sah jung aus, vielleicht jünger als die Frau. Er blickte unbewegt in die Kamera, klare, entschlossene Augen und ein glatt rasiertes Kinn. Ich konnte in seinem Gesicht nichts von einem Mörder sehen und in den Gesichtern seiner Frau oder des Kindes nichts von einem Opfer.
Lee begann die Dokumente zu öffnen. Das erste war offensichtlich ein Zeitungsbericht über eine Predigt. Ich las nur den ersten Absatz. Die Predigt begann mit einem Bibelzitat: »Das Mundwerk eines Narren ist sein Untergang und seine Lippen sind ein Fallstrick für ihn.« Der Text sah lang und langweilig aus, deshalb las ich nicht weiter. Der zweite Ausschnitt war ein kurzer Artikel mit der Überschrift Opfer der Tragödie in Mt. Tumbler zur Ruhe gebettet. Er lautete:
»Vergangenen Montag war eine kleine Gruppe von Trauernden in der Mt.-Tumbler-Kirche von England anwesend, wo Reverend Horace Green die Messe für das Begräbnis der Toten las. Imogen Mary Christie aus Mt. Tumbler und ihr dreijähriger Sohn Alfred Bertram Christie wurden zur ewigen Ruhe gebettet.
Die Familie Christie hatte nicht viele Bekannte, da sie erst vor kurzem hierhergekommen war, in ziemlicher Entfernung von der Stadt lebte und offensichtlich die Einsamkeit vorzog. Doch die Tragödie erweckte Mitgefühl im Distrikt und Reverend Green sprach sehr gefühlvoll darüber. Er wählte die Bibelworte Der vom Weibe geborene Mensch hat nur eine kurze Zeit, um zu leben, und lebt elend; er kommt zur Welt und wird abgemäht wie eine Blume. Die Toten wurden dann auf dem Mt.-Tumbler-Friedhof begraben.
Am nächsten Montag wird in der Mt.-Tumbler-Kunstschule eine öffentliche Zusammenkunft unter dem Vorsitz von Mr Donald McDonald, Friedensrichter, abgehalten, bei der neuerlich die Möglichkeit erörtert werden soll, dem Mt.-Tumbler-Distrikt die Dienste eines praktischen Arztes zu sichern. Die Christie-Tragödie hat neuerlich Unruhe in Bezug auf die Verpflichtung eines praktischen Arztes für das Gebiet ausgelöst.
Bei dem nächsten Besuch des Richters im Distrikt wird am 15. April eine gerichtliche Untersuchung des Todes von Mrs Christie und ihrem Kind stattfinden. Bis dahin hat Konstabler Whykes müßige Zungen davor gewarnt, unkontrollierte Vermutungen über die Fakten des Falls anzustellen; der Berichterstatter schließt sich dieser Ansicht nachdrücklichst an.«
Das war alles. Ich las es über Lees Schulter mit. »Anscheinend wirft es mehr Fragen auf, als es beantwortet«, sagte ich.
»Der Ehemann wird überhaupt nicht erwähnt«, sagte Lee.
Der nächste Gegenstand war eine steife, offizielle Karte aus cremefarbenem Papier, das inzwischen vergilbt war. Anscheinend war es die lobende Erwähnung, welche die Medaille begleitete. Mit reich verzierter Schrift beschrieb es die Tat des Soldaten Bertram Christie, der unter feindlichem Feuer hinauslief und einen verwundeten, bewusstlosen »Korporal eines anderen Regiments« rettete. »Indem der Soldat Christie seinen Kameraden in Sicherheit brachte, gefährdete er sein eigenes Leben und bewies eine bemerkenswerte Tapferkeit, so dass Seine Majestät die Freude hat, Soldat Bertram Christie die St.-Georgs-Medaille zu verleihen.«
»Immer merkwürdiger«, sagte Lee.
»Klingt wie du und Robyn«, sagte ich. »Sie hat sich auch eine Medaille verdient.«
Es gab dann noch allerlei Kleinkram: Taufscheine für alle drei Christies, den Trauschein für Bertram und Imogen, eine Postkarte, die seine Frau Bertram geschickt hatte und auf der nur stand: »Wir werden mit dem 4.15-Uhr-Zug kommen. Mutter schickt Dir freundliche Grüße. Deine ergebene Ehefrau, Imogen.« Es gab einige Bankunterlagen und ein Notizbuch mit einer Menge Rechnungen und Zahlen. Ich zeigte auf eine Eintragung, die »Für ein Doppelbett £ 4/10/6« lautete.
»Wie viel ist das?«, fragte Lee.
»Ungefähr acht Dollar, glaube ich. Verdoppelt man nicht die Pfunde? Ich weiß nicht, was man mit den Shillings und Pence macht.«
Dann kamen wir zu dem letzten der formellen Dokumente, einem langen Blatt Papier, das oben ein rotes Siegel aufwies. Es war maschinengeschrieben und unten mit einem schwarzen Tintenschnörkel unterschrieben. Wir setzten uns hin, um es zu lesen, und fanden in der trockenen Amtssprache des Untersuchungsrichters die Geschichte des Mannes, der seine Frau und sein Kind getötet hatte:
»Allen Personen, die Anliegen an die Gerichte Seiner Majestät haben, sei mitgeteilt, dass ich, HAROLD AMORY DOUGLAS BATTY, ordnungsgemäß ernannter Richter und Untersuchungsrichter im Distrikt Mt. Tumbler, folgende Feststellungen und Empfehlungen in Bezug auf den Tod von IMOGEN MARY CHRISTIE, vierundzwanzig Jahre alt, verheiratete Frau dieser Pfarre, und ALFRED BERTRAM CHRISTIE, drei Jahre alt, Kind dieser Pfarre, beide wohnhaft in Block 16A auf dem Aberfoyleweg, vierundvierzig Meilen südlich des Pink Mountain, mache:
- Dass beide Verstorbenen am oder um den 24. Dezember vergangenen Jahres infolge von Schussverletzungen am Kopf von den Händen BERTRAM HUBERT SEXTON CHRISTIEs starben.
- Dass beide Verstorbenen mit BERTRAM HUBERT SEXTON CHRISTIE, Farmer, als Ehefrau und Sohn des genannten BERTRAM HUBERT SEXTON CHRISTIE in einem Holzhaus an der obigen Adresse wohnten, wobei es sich um einen besonders abgelegenen Teil des Mt.-Tumbler-Distrikts handelt.
- Dass es keinen Hinweis auf eheliche Disharmonien zwischen BERTRAM HUBERT SEXTON CHRISTIE und IMOGEN MARY CHRISTIE gibt und dass im Gegenteil BERTRAM HUBERT SEXTON CHRISTIE ein liebevoller Ehemann und Vater, IMOGEN MARY CHRISTIE eine pflichtbewusste und ruhige Ehefrau und das Kind ALFRED BERTRAM CHRISTIE ein liebenswertes Kind mit guten Anlagen waren. Das ist die Aussage von WILSON HUBERT GEORGE, Farmer und Nachbar der Verstorbenen, und von MURIEL EDNA MAYBERRY, verheiratete Frau und Nachbarin der Verstorbenen.
- Dass sich der nächste praktische Arzt oder die nächste Krankenschwester eineinhalb Tagesritte von den Christies entfernt am Dunstan Lake befanden und dass ferner
- auf und um den Aberfoyleweg, der Mt. Tumbler-Mt. Octopus Road, dem Wild-Goat-Weg und südlich des Pink Mountain ausgedehnte Buschbrände ausgebrochen waren, die dazu führten, dass der Besitz der Christies isoliert war, und dass BERTRAM HUBERT SEXTON CHRISTIE darüber informiert war.
- Dass beide Verstorbenen ENTWEDER starben, weil das Buschfeuer den Wohnsitz der Christies vernichtete und beide dabei schrecklich verbrannt wurden, und dass BERTRAM HUBERT SEXTON CHRISTIE annahm, dass ihre Verletzungen tödlich waren, und er nicht fähig war, ihre Leiden zu ertragen, und weil er auch wusste, dass ärztliche Hilfe außerhalb sofortiger Reichweite lag, beide Verstorbenen durch Kopfschüsse mittels eines Gewehrs tötete, das BERTRAM HUBERT SEXTON CHRISTIE gehörte; und dies ist die Aussage von BERTRAM HUBERT SEXTON CHRISTIE. ODER dass beide Verstorbenen von BERTRAM HUBERT SEXTON CHRISTIE absichtlich und vorsätzlich mit dem vorher erwähnten Gewehr ermordet und die Leichen absichtlich verbrannt wurden, um die Fakten des Falls zu verschleiern.
- Dass die medizinische Wissenschaft nicht sagen kann, was zuerst kam, Kugeln oder Verbrennen, und dies ist die Aussage von Dr. JACKSON MUIRFIELD WATSON, praktischer Arzt und Gerichtswissenschaftler am Stratton-und-Distrikt-Hospital in Stratton.
- Dass die Ermittlungen der Polizei keine weiteren Personen ausfindig machen konnten, die Aussagen zum Tod von IMOGEN MARY CHRISTIE oder ALFRED BERTRAM CHRISTIE machen konnten, und dies ist die Aussage von Konstabler FREDERICK JOHN WHYKES von der Polizeistation Mt. Tumbler.
- Dass ich aufgrund der vor mir liegenden Aussagen nicht in der Lage bin, weitere Überlegungen über dieArt, wie die Verstorbenen starben, anzustellen.
EMPFEHLUNG:
- Dass dringend die Berufung eines praktischen Arztes nach Mt. Tumbler in Erwägung gezogen wird.
- Dass der Leiter der Anklagebehörde Anzeige wegen ABSICHTLICHEN UND VERBRECHERISCHEN MORDES gegen BERTRAM HUBERT SEXTON CHRISTIE erhebt.
Eigenhändig von mir, HAROLD AMORY DOUGLAS BATTY, am heutigen Tag, den 18. April, im Mt.-Tumbler-Gerichtssaal unterzeichnet.«