Neunzehntes Kapitel
Es war finster, wahrscheinlich gegen Mitternacht. Wir lagen in einem Abzugskanal und blickten über seinen Rand auf den trockenen, schwarzen Highway. Wir hatten beinahe einen riesigen, tödlichen Fehler begangen. Robyn und die anderen hatten es so beschrieben, dass sie zur Straße hinaufgeschlichen waren, sie etwa eine Stunde lang beobachtet und sich dann wieder davongemacht hatten. Wir hatten es ihnen nachgemacht. Wir waren etwa fünfzig Meter vom Schotterrand entfernt. Ich ging voran, dann kam der hinkende Lee, dann Fi; Homer war das Schlusslicht. Ein ganz leises, unnatürliches Geräusch drang an mein Ohr. Ich wollte mich nicht darum kümmern und weitergehen, doch mein Instinkt hinderte mich daran und ich blieb stehen und schaute nach rechts. Und da waren sie, eine dunkle, solide Masse, die langsam die Straße herunterkam.
Jetzt betrog mich mein Instinkt: Er befahl mir zu erstarren, hinderte mich am Weggehen. Ich musste wieder vernünftig werden, und zwar rasch. Ich musste diese entschlossene Stimme in meinem Gehirn aktivieren: »Wenn du nichts unternimmst, wirst du sterben. Beweg dich, aber beweg dich langsam. Beherrsch dich. Nur keine Panik.« Ich begann zurückzuweichen wie ein rückwärtsgespulter Film und prallte fast direkt gegen Lee. Zum Glück sagte er nichts. Ich spürte sein erstauntes Zögern, dann begann auch er zurückzuweichen. Inzwischen war die Patrouille so nahe, dass es gefährlich war, sich weiterzubewegen. Wir standen still und taten, als wären wir Bäume.
Es waren ungefähr zehn Soldaten in Zweierreihen, dunkle Gestalten, die sich vom Himmel abhoben, oberhalb von uns, weil wir uns im Gestrüpp unterhalb des Straßenrandes befanden. Ich wusste nicht, wo Fi und Homer waren, hoffte aber, dass sie nicht plötzlich aus den Büschen stolpern würden. Dann setzte mein Herzschlag aus, als links von uns ein Geräusch erklang. Die Soldaten reagierten, als hätte jemand auf einen Knopf auf ihrem Rücken gedrückt. Sie schwärmten in einer großen Linie aus und warfen sich zu Boden. Dann robbten sie auf Lee und mich zu; der uns nächste Soldat war nur ein paar Meter links von uns. Das Ganze war erschreckend effizient. Anscheinend waren das die Berufssoldaten, von denen Mr Clement erzählt hatte.
Einen Augenblick später begann eine riesige Taschenlampe, deren Licht einen Pfad durch die Nacht brannte, den Busch abzusuchen. Wir verfolgten ihr Zickzack, als hätte uns ihr Strahl bereits erfasst. Dann zögerte das Licht, hielt an, wurde scharf eingestellt und ich sah, was sich tatsächlich in seinem Strahl gefangen hatte. Ein sehr junges Kaninchen duckte sich auf den Boden, sein kleiner Kopf drehte sich nach links und rechts und es schnüffelte an dem weißen Schein um es herum. Von der Straße her ertönte Gelächter. Ich konnte die Entspannung spüren. Die Männer begannen aufzustehen. Ein Gewehrhahn wurde gespannt, es gab ein paar Kommentare und dann eine heftige, laute Explosion. Das Kaninchen wurde plötzlich zu kleinen Kaninchenstücken, die über den Boden und die Felsen verstreut waren; ein Stückchen Fell klebte an einem Baumstamm. Niemand kam über die Böschung herunter. Sie waren einfach gelangweilte Soldaten, die sich vergnügten. Das Licht wurde abgeschaltet, die Patrouille formierte sich wieder und setzte wie ein dunkles Krokodil ihren Weg fort.
Erst als sie weder zu sehen noch zu hören waren und Fi und Homer nachgekommen waren, erlaubte ich mir zu zittern.
Als wir in den Abzugskanal übersiedelten, bewegten wir uns eher wie Schnecken statt wie Krokodile oder Soldaten und krochen geräuschlos weiter. Ich weiß nicht, wie den anderen zu Mute war, aber ich hätte mühelos einen glänzenden Schweißpfad hinter mir zurücklassen können.
Wir blieben etwa eine Stunde dort und in dieser Zeit sahen wir nur einen kleinen Konvoi. Zuerst kamen zwei Panzerwagen, gefolgt von einem halben Dutzend Jeeps, einem halben Dutzend Lastwagen und zwei weiteren Panzerwagen. Wir sahen auch eine zweite Patrouille: ein Lastwagen mit einem auf dem Kabinendach montierten Scheinwerfer und einem Maschinengewehr hinten. Es war keine sehr intelligente Anordnung, weil wir ihn schon von weitem sehen konnten; seine Scheinwerfer durchkämmten den Busch zu beiden Seiten. Wir hatten genügend Zeit, ins Gestrüpp zurückzugleiten und sie hinter Bäumen hervor zu beobachten. Ich wäre nicht gerne Soldat in diesem Lastwagen gewesen, weil Guerillas sie mühelos hätten abknallen können. Vielleicht wies dies darauf hin, dass die Guerillas in dieser Gegend nicht sehr aktiv waren. Doch während ich hinter dem Baum darauf wartete, dass der Lastwagen vorüber war, wurde mir zu meiner Überraschung und Beunruhigung bewusst, wie sehr ich bereits wie ein Soldat dachte. ›Wenn wir mit Gewehren auf einem Baum säßen‹, dachte ich, ›und eine Person den Scheinwerfer erledigte und die anderen den Maschinengewehrschützen angriffen ... Besser wäre es, wenn noch jemand sich an der Vorderseite des Baums befand und durch die Windschutzscheibe schoss, um die Leute in der Kabine zu erledigen ...‹
Wir waren mit unserer Erkundungszeit zufrieden und zogen uns tiefer in den Busch zurück, um miteinander zu reden. Wir waren uns darüber einig, dass es gefährlich und wahrscheinlich sinnlos wäre, noch länger hierzubleiben. Wir sahen Homer an und warteten auf die Ideen, die kommen würden.
»Können wir noch zum Heron hinaufgehen?«, fragte er. »Ich möchte mir etwas ansehen.«
Der Heron war der örtliche Fluss und hatte seinen Namen von Arthur Chesterfield Heron, der sich als Erster in diesem Distrikt niedergelassen hatte. Halb Wirrawee, einschließlich der Highschool, war nach ihm benannt. Der Fluss stieg gelegentlich über die Ufer, so dass das Bett breit und sandig war und das Wasser sich zwanglos hindurchschlängelte. Eine lange alte Holzbrücke – fast einen Kilometer lang – überquerte den Heron knapp außerhalb von Wirrawee. Die Brücke war für den Highway zu eng und zu wackelig und etwa alle zwölf Monate kam es zu einem Riesenkrach darüber, dass eine neue Brücke gebraucht wurde, aber es geschah nie etwas. Es wäre zu jeder Zeit überaus lästig gewesen, sie zu sperren, weil die Umleitung durch die Stadt lang und mühsam war. Inzwischen war die Brücke beinahe so etwas wie eine Touristen-Attraktion geworden – es gab keine große Nachfrage nach Ansichtskarten in Wirrawee, aber die wenigen, die man zu kaufen bekam, zeigten entweder die Brücke oder das Kriegerdenkmal oder das neue Sportzentrum.
Unter der Brücke, an den Ufern des Flusses, waren die Picknickplätze und die malerische Uferstraße. Malerisch war ein Witz; es war einfach eine Straße, die an der Rotunde, den Barbecueplätzen und dem Schwimmbecken vorbei und in die Blumengärten führte. Doch Homer wollte uns dorthin führen und daher gingen wir hin. Jedenfalls drei von uns. Lee hatte genug getan. Sein Bein schmerzte und er schwitzte. Als wir ihn unter einem Baum parkten und ihm sagten, er solle warten, und er sich kaum darüber beschwerte, wurde mir klar, wie erschöpft er war. Er schloss einfach die Augen und blieb sitzen. Ich küsste ihn auf die Stirn und verließ ihn in der Hoffnung, dass wir auf dem Rückweg den Baum wiederfinden würden.
Sobald wir in die Nähe der Brücke gelangten, wurden wir sehr vorsichtig, weil wir davon überzeugt waren, dass sie scharf bewacht wurde. Sie war offensichtlich die schwächste Stelle des Highways und ich nahm an, dass Homer sie deshalb unbedingt sehen wollte. Wir waren querfeldein und durch die Handelsgärtnerei der Kristicevics gegangen und kamen von der Seite auf die Brücke zu. Ich hätte gern gewusst, wie es meiner Freundin Natalie Kristicevic ging, und kaute dabei ihre Erbsen. Es tat gut, frisches Gemüse zu essen, auch wenn Fi wegen des Lärms nervös wurde, den ich beim Kauen machte.
Aus dem grünen Zuckermais heraus hatten wir einen guten Ausblick auf die Brücke und die Picknickplätze. Wir sahen die dunklen Umrisse von Soldaten, die die Brücke entlanggingen. Anscheinend waren es sechs; vier standen an einem Ende, während die anderen beiden ihre gleichmäßigen Runden zogen. Ein weiterer Konvoi kam durch und die Wachen versammelten sich am Ende der Brücke und beobachteten ihn. Einer notierte sich etwas; vielleicht überprüfte er die Zahl der Fahrzeuge. Einer sprach mit den Fahrern; die anderen schienen die Unterseite der Lastwagen zu untersuchen. Es dauerte ziemlich lang. Dann krochen die schwereren Lastwagen in großen Abständen über die Brücke. Sie hatten offensichtlich kein besonders großes Vertrauen in Wirrawees mächtige Brücke.
Gegen vier Uhr früh holten wir Lee ab und zogen uns in unser Versteck zurück – ein Touristenhäuschen auf dem Besitz der Fleets, das sie an Leute aus der Stadt vermieteten. Es war ziemlich abgeschieden und unauffällig, deshalb nahmen wir an, dass es sicher war. Fi erklärte sich bereit, die erste Wache zu übernehmen, worauf die Übrigen dankbar in die Betten fielen und schliefen und schliefen.
Erst am späteren Nachmittag brachten wir endlich die Energie auf, über eine Taktik zu sprechen. Homer hatte offensichtlich lange über die Brücke nachgedacht, denn er kam direkt zur Sache.
»Jagen wir sie in die Luft«, sagte er mit leuchtenden Augen.
Zum letzten Mal hatte ich seine Augen so leuchten sehen, als er mir in der Schule verriet, dass er am Vortragspult des Schulleiters im Versammlungssaal alle Schrauben herausgedreht hatte. Falls die Sprengung der Brücke eine ebenso große Katastrophe werden würde wie das Vortragspult, wollte ich nichts damit zu tun haben.
»Okay«, sagte ich, um ihm seinen Willen zu lassen. »Wie machen wir's?«
Seine Augen leuchteten noch mehr, als er es uns erklärte.
»Die Sache mit Ellies fahrbarem Rasenmäher hat mich auf die Idee gebracht«, sagte er. »Treibstoff ist für uns die leichteste und beste Möglichkeit, Explosionen auszulösen. Deshalb habe ich darüber nachgedacht, wie wir das, was Ellie getan hat, wiederholen könnten, aber in größerem Maßstab. Und die größte Version eines fahrbaren Rasenmähers ist natürlich ein Tankwagen. Wir müssen uns also einen Tankwagen beschaffen, ihn unter der Brücke auf der malerischen Straße parken und dann in die Luft jagen. Wird ein schöner Krach sein.«
Tödliche Stille folgte. Ich wollte eine Menge Fragen stellen, hatte aber nicht genügend Luft, um es zu tun. Ich wusste, wer den Tankwagen fahren würde.
»Wo bekommen wir den Tankwagen her?«, fragte Fi.
»Von Curr.«
Curr ist der örtliche Vertreiber von Blue-Star-Benzin. Sie waren einmal im Monat zu unserem Haus gekommen und hatten unseren Tank gefüllt. Es war ein großes Unternehmen, das über einen ganzen Wagenpark verfügte. Dieser Teil des Plans war sicherlich durchführbar. Wahrscheinlich war es der leichteste Teil des ganzen verrückten Plans.
Homer fragte etwas und unterbrach damit meine Gedanken.
»Was?«
»Ich habe dich gefragt, ob du einen Sattelschlepper fahren kannst.«
»Ich glaube schon. Ich nehme an, dass es genauso sein wird wie daheim mit unserem Laster, wenn wir den Anhänger dranhaben. Die Frage ist, wie zum Teufel ich ihn unter eine Brücke fahren, aussteigen und ihn in die Luft jagen soll, während die Soldaten auf der Brücke uns zusehen, winken und Fotos schießen.«
»Kein Problem.«
»Kein Problem?«
»Überhaupt keins.«
»Gut«, sagte ich. »Nachdem das geklärt ist, kann ich mich ja entspannen.«
»Hört mal«, sagte Homer, »während ihr letzte Nacht mit geschlossenen Augen auf Wirrawee zugegangen seid, habe ich einiges bemerkt. Was zum Beispiel ist Richtung Cobblers Bay um die Ecke bei der Brücke?«
Homer wurde rasch wie die Lehrer, die er immer verachtet hatte.
»Ich weiß es nicht, Sir, erzählen Sie es uns«, sagte ich hilfsbereit.
»Das Grundstück der Kristicevics«, sagte Fi etwas hilfsbereiter.
»Und auf der anderen Seite?«
»Nur Koppeln«, sagte Fi. Alle sahen Homer an und warteten darauf, dass er das Kaninchen aus dem Hut zog.
»Nicht nur Koppeln«, sagte Homer gekränkt. »Das ist das Problem mit euch Stadtmenschen. Eine der berühmtesten Rinderfarmen im ganzen Distrikt und du nennst es nur Koppeln.«
»Mmm.« Ich erinnerte mich. »Das ist Roxburghs Besitz. Die Gowan-Brae-Poll-Hereford-Rinderfarm.«
»Ja«, sagte Homer nachdrücklich. Ich versuchte noch immer Zusammenhänge herzustellen.
»Was tun wir also? Dressieren wir die Rinder darauf, den Tankwagen in Position zu ziehen? Oder verwenden wir Methan für die Explosion? Wenn wir eine Kuh finden, die lang genug tot war, um anzuschwellen, können wir ein Loch in ihre Flanke bohren und das Gas anzünden. Das habe ich schon gesehen.«
»Hört zu«, sagte Homer. »Ich erzähle euch, was ich beobachtet habe. Die Koppel genau am Highway – Mr Roxburgh hält dort eine Menge Rinder, alle gut in Schuss. Die Koppel ist sehr voll, aber sie ist gut, deshalb geht es. Nehmen wir jetzt an, du bist ein junger Soldat in einem fremden Land, du bewachst eine lange, enge Brücke, es ist spätnachts und du versuchst wach zu bleiben und wachsam zu sein. Und plötzlich hörst du ein Geräusch und drehst dich um und etwa hundert erstklassige Hereford-Rinder stürmen auf dich zu. Rund fünfzig Tonnen Rindfleisch, die mit einer Geschwindigkeit von 60 oder 70 km/h unterwegs sind, kommen aus der Dunkelheit direkt auf dich zu. Was würdest du tun?«
»Du rennst«, antwortete Lee sofort.
»Nein, das tust du nicht«, sagte Homer.
»Nein, du tust es nicht«, stimmte ich nachdenklich zu. »Es sind zu viele und sie kommen noch dazu viel zu schnell.«
»Was tust du also?«, fragte Homer wieder.
»Du rennst an den Rand. Und dann kletterst du wahrscheinlich auf das Brückengeländer hinauf. Was bei diesem alten Holzding sehr leicht geht.«
»Und wo schaust du hin?«, fragte Homer.
»Auf die Rinder«, antwortete ich noch langsamer.
»Genau«, sagte Homer. »Ich schließe den Beweisvortrag ab.« Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme.
Wir starrten ihn an; drei Leute, die drei verschiedene Gedankengänge verfolgten.
»Wie bringst du die Rinder dazu, das zu tun, was du willst?«, fragte Fi.
»Wie kommst du nachher weg?«, fragte Lee. »Damit kann ich nicht weit laufen.« Er zeigte auf sein verbundenes Bein.
Ich hatte keine Fragen. Ich wusste, dass die Details ausgearbeitet werden konnten. Es war ein sehr riskanter Plan, aber er war brillant.
Homer beantwortete Lees Frage zuerst. »Motorräder. Ich habe mir überlegt, dass wir, wenn wir erfolgreiche Guerillas sein wollen, uns Motorräder verschaffen und querfeldein reisen müssen statt auf den Straßen. Wir können sehr beweglich und gerissen werden. Ich werde meine überlegenen Fähigkeiten als Treiber dazu benutzen, die Rinder anzutreiben. Ich habe das auch schon früher nachts gemacht. Es funktioniert gut – in mancher Hinsicht sogar besser. Sie sind dann weniger misstrauisch. Wenn die Nacht hell ist, was der Fall sein sollte, verwendet man nicht einmal Lichter, weil es sie zu sehr aufregt. Ich werde sie also hinaustreiben und Lee und ich werden ihnen Beine machen, vorausgesetzt, Lee ist dazu fit genug. Wir können zum Beispiel einen elektrischen Stachelstock verwenden und vielleicht ein Kännchen Aerosol und eine Schachtel Streichhölzer. Ich habe ziemliche Schwierigkeiten gekriegt, als ich daraus in der Schule einen Flammenwerfer gebastelt habe, aber ich wusste, dass ich es einmal brauchen würde. Richte Flammen auf ihre Hinterteile und sie werden bis zum Morgengrauen laufen. Sobald wir sie dazu gebracht haben, die Straße hinunterzugaloppieren, verschwinden wir in die Dunkelheit zu den Motorrädern und hauen ab.«
Er wandte sich Fi und mir zu.
»Anscheinend bekomme ich immer die am wenigsten gefährlichen Aufgaben«, entschuldigte er sich. »Aber es geht nicht anders. Ellie ist unsere beste Fahrerin, also brauchen wir sie für den Tankwagen. Und Lee hinkt zu sehr, um zu laufen, also kann er auf keinen Fall der Mitfahrer sein, weil beide rasch zu Fuß sein müssen. Und ich bin derjenige, der über die größte Erfahrung mit Rindern verfügt.«
Homer war bescheiden. Er war in Bezug auf Rinder ein Naturtalent. Aber er redete noch immer. »So müsste es also funktionieren. Ich dachte mir, ihr stehlt einen Tankwagen und bringt ihn langsam zur Brücke hinunter, wobei Fi von Ecke zu Ecke geht, sich vergewissert, ob die Luft rein ist, und dir dann ein Zeichen gibt. Du versteckst den Wagen hinter der Ecke in der Nähe der Bowlingplätze, ganz nahe bei der Brücke. Wir müssen darauf warten, dass ein Konvoi durchkommt, da die Soldaten anscheinend zum rechten Ende der Brücke gehen und wir eine gute Chance haben, bis zum nächsten Konvoi einen größeren Abstand zu haben. Dann werden wir die Rinder auf die Straße treiben und eine Stampede auslösen. Während die Rinder das eine Ende der Brücke erreichen, bringst du den Tankwagen an das andere Ende. Vielleicht kannst du sogar mit abgeschaltetem Motor hinunterrollen. Die Böschung dort ist gut. Ihr springt hinaus und eine von euch zieht eine Benzinspur bis zu einer sicheren Entfernung – wenn sie dabei Benzin auf ihre Kleidung bekommt, kann sie davonrennen, bevor die andere es anzündet. Dann zündet es an und rennt sofort zu zwei Motorrädern, die wir hinter der nächsten Ecke verstecken werden. Und fort seid ihr. Wie hört sich das an? Einfach, was? Nennt mich einfach Genie.«
Wir redeten stundenlang, versuchten die Schwachstellen zu finden, den Ablauf zu verbessern. Natürlich gab es unendlich viele Möglichkeiten, wie es schiefgehen konnte. Vielleicht bewegten sich die Rinder nicht, vielleicht kam im falschen Moment ein Auto die Straße entlang, vielleicht wurden die Tankwagen bewacht oder waren leer – vielleicht waren sie gar nicht da. Ich glaube, der gefährlichste Teil war der, wenn Fi und ich vom Tankwagen zu den Motorrädern laufen mussten. Wir würden dann etwa dreißig Sekunden lang ziemlich exponiert sein. Wenn uns die Wachen sahen, waren wir wirklich in Schwierigkeiten. Aber Homer war davon überzeugt, dass die Rinder sie beschäftigen würden.
Ja, es war ein guter Plan. Er war sehr raffiniert. Und am besten an ihm gefiel mir die Wirkung, die er auf Lee hatte. Er war entschlossen es zu tun. Während wir sprachen, hob er mehr und mehr den Kopf; er begann zu reden, zu lächeln, zu lachen. Er war die meiste Zeit, seit die Kugel ihn getroffen hatte, deprimiert gewesen, aber jetzt sagte er tatsächlich zu mir: »Wenn wir das tun, wenn wir Erfolg haben, werde ich wieder Stolz empfinden können.«
Mir war nicht klar gewesen, wie sehr er sich geschämt hatte, weil er seiner Familie nicht helfen konnte.
Wir stellten eine Liste der Dinge auf, die wir brauchten, nur eine kleine Liste: vier Motorräder, zwei Walkie-Talkies, zwei Paar Drahtschneider, Bolzenschneider, Fackeln, Aerosol-Kännchen, Streichhölzer, Stachelstöcke, Seile und einen Tankwagen. Nur so ein paar Kleinigkeiten. Wir begannen mit unserer Suche auf dem Fleet-Platz, übersiedelten dann in die benachbarte Farm und sammelten unterwegs, was wir fanden. Die Motorräder waren das größte Problem. Die meisten Landbewohner kümmern sich kaum um ihre. Die Hälfte von denen, die wir fanden, wurde von Zaundraht und Isolierband zusammengehalten. Wir brauchten schnelle, zuverlässige Motorräder, die beim ersten Startversuch ansprangen. Dann mussten sie aufgetankt werden, wir mussten Öl, Scheinwerfer und Bremsen überprüfen und sie an einen zentralen Ort bringen, der zufällig Fleets Garage war. Wir arbeiteten wirklich hart an diesem Nachmittag.