VIERUNDDREISSIG

Die Sonne schien auf das Fenster meines Schlafzimmers. Ich wälzte mich herum und versuchte, das Pochen in meinem Kopf zu ignorieren, bevor ich kapierte, dass unten an die Tür gehämmert wurde. Ich stand auf, ging ins Bad, spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht und begutachtete mich im Spiegel über dem Becken. Wer auch immer reinwollte, er konnte warten. Ich kehrte in mein Schlafzimmer zurück und streifte Jeans und T-Shirt über. In der obersten Schublade meiner Kommode lagen die Fotos der Bisswunden. Ich besah sie mir im Morgenlicht. Unten wurde erneut gehämmert. Ich schob die Abzüge unter ein paar Kleidungsstücke, musterte mich im Spiegel an der Wand und schlurfte die Treppe hinunter.

Sie waren zu zweit. Dieselben, die mich vor einer Woche auf der Straße angehalten hatten. Inzwischen kannte ich das Verfahren. Sie spielten die Jäger, und man selbst war der Gejagte. Diesmal zeigte mir der schwarze Detective seine Marke mit dem Silberstern. Der Weiße ergriff das Wort.

»Mr Joyce?«

»Ja?«

»Ich bin Detective Marty Coursey.«

»Ich glaube, wir hatten schon mal das Vergnügen«, sagte ich.

»Und das ist mein Partner Nate Johnson. Können wir hereinkommen?«

Ich trat zur Seite und ließ sie ein.

»Leben Sie allein, Mr Joyce?« Johnson hatte den Gesprächsfaden aufgenommen. Coursey betrat das Wohnzimmer und fasste alles Mögliche an.

»Ja. Warum sind Sie hier?«

»Haben wir Sie aufgeweckt?«, fragte Johnson.

»Ja. Warum fragen Sie?«

»Nur so. Ist immerhin schon nach Mittag.«

»Ich schlafe gern aus. Könnten Sie Ihren Partner bitten, sich da aufzuhalten, wo ich ihn sehen kann?«

»Macht er Sie nervös?«

»Könnte man so sagen.«

»Marty?«

Coursey kam in den Flur zurück und schob sich die Sonnenbrille in die Haare. Seine Augen wirkten farblos. Ich roch den kalten Zigarettenrauch an seinem Anzug.

»Vielleicht sollten wir uns alle setzen«, schlug Johnson vor.

Wir ließen uns im Wohnzimmer nieder, die beiden Detectives auf dem Sofa, ich in dem Ledersessel.

»Wir sind von der Abteilung für Gewaltverbrechen«, erklärte Johnson.

Ich setzte mich auf.

»Wir bräuchten Ihre Aussage«, fügte Johnson hinzu. »Außerdem bitten wir um die Erlaubnis, Ihr Haus und Ihren Wagen zu durchsuchen.«

»Bei mir wird nichts durchsucht«, erwiderte ich. »Und ich mache erst eine Aussage, wenn ich weiß, um was es geht.«

»Wo waren Sie letzte Nacht?« Coursey hatte spitze gelbe Zähne.

Ich schüttelte den Kopf.

»So was dachte ich mir schon.« Coursey stemmte sich hoch. Wenn er sich bewegte, knarzte das Holster seiner Waffe. »Stehen Sie auf, junger Mann.«

»Wozu?«

Coursey hatte Handschellen hervorgezogen. »Na, los.«

»Warte noch, Marty.« Johnson legte seinem Partner eine Hand auf den Arm.

»Warum sagen Sie mir nicht einfach, was Sache ist.« Aus meiner Empörung war Unsicherheit geworden, und meine Forderung klang eher wie eine Bitte. Genau wie sie sich das vorstellten. Sie wollten mir Angst einjagen und mich zum Reden bringen.

»Es geht um einen sexuellen Angriff«, sagte Johnson. »Auf Ihre Kommilitonin Sarah Gold. In der vergangenen Nacht ist jemand in ihre Wohnung eingebrochen und hat sie vergewaltigt.«

»Sarah?« Es klang, als hätte ich Sand im Rachen.

»Zusammengeschlagen hat er sie auch.« Coursey trat auf mich zu. Wahrscheinlich wollte er meine Panik riechen.

Johnson war wieder an der Reihe. »Wenn Sie uns aufzählen, wo Sie sich in der letzten Nacht herumgetrieben haben, könnten wir jetzt schon einiges klären.«

»Ich soll Ihnen aufzählen, wo ich –«

»Ja, Mr Joyce, wo waren Sie letzte Nacht?«

»Ich hätte gern einen Anwalt.«

Coursey drehte sich zu Johnson um, als wollte er sagen »wusste ich doch«. Dann wandte er sich wieder zu mir um. »Aufstehen und Hände auf den Rücken.«

Ich gehorchte. Kurz darauf wurde ich in Handschellen auf den Rücksitz eines Zivilfahrzeugs gestoßen und zum Polizeirevier gebracht.