28

Der Wind wehte von Süden und säuselte mild durch die Bäume, die Sonne war vor einer halben Stunde untergegangen, und der Mond stieg empor, doch war er für diejenigen, die sich im Wald befanden, noch nicht sichtbar. Die Nacht war so warm wie mitten im Sommer, obgleich das Jahr schon seinem Ende zuging, und am Himmel hingen nur leichte, dünne Wolken, die kaum das ferne Glitzern der Sterne dämpften.

Unter den braunen Ästen des Waldes, gelbes Laub über sich und langes Farnkraut um sich her, saß eine Gesellschaft von sechs tüchtigen Männern in grüner Waidmannstracht. Ihre Bogen lehnten an den nahen Bäumen, ihre Schwerter hingen von den Gürteln an ihrer Seite, nicht weit weg hörte man Pferde schnauben und kauen, und ein großer Sack lag in der Mitte, aus dem der langarmige Tangel verschiedene kalte Speisen nebst zwei großen Lederflaschen und einem Trinkbecher aus Horn hervorzog. Neben dem kühnen Anführer der Geächteten, Robin Hood, saß, die Beine bequem von sich gestreckt, der alte Graf von Monthermer, jetzt ebenfalls ein Geächteter. Obgleich er schwer verwundet gewesen war und er viel gelitten hatte an Leib und Seele, schien sein Geist doch ungebeugt. Denn jetzt, wo das Schicksal anderer, ja seines Landes selbst, nicht mehr von seinem Rat abhing, war es, als ob eine Bürde von seiner Brust genommen wäre. Als er jetzt auf dem Rasen lag, konnte er mit den Männern um sich her fröhlicher scherzen als in den Stunden seiner Macht und seines Einflusses.

»Eine schlechte Jagd, Robin!«, sagte er. »Ich möchte nicht, dass man davon spricht, was wir heute erbeutet haben. Es wäre eine Schande für uns als echte Waidmänner!«

»Es ist nicht der Mangel an Geschicklichkeit, mein Lord«, versetzte Robin. »Die Nähe des Hofes ist es, die alle ehrlichen Tiere vertreibt. Wir hätten Böcke genug haben können, aber sie sind jetzt gerade sehr schlecht.«

»Wie die Zeit, Robin!«, antwortete der Graf. »Aber wir müssen sie nehmen, wie sie ist, und in den Sack stecken, was uns das Schicksal gibt. Hier sind Hasen genug und eine schöne Hirschkuh, obgleich Ihr sie nicht gern erlegt habt.«

»Ich schieße nicht gern einen Pfeil auf eine Hirschkuh ab«, sagte Robin Hood. »Ich weiß nicht warum, aber sie kommen mir immer wie hübsche Mädchen vor. Oft liege ich im Frühling da und sehe sie mit ihren zierlichen Schritten dahintrippeln, ihre anmutigen Köpfe hin und her bewegend und mit ihren glänzenden schwarzen Augen so bewusst und klug um sich spähend. Ich glaube, es ist etwas Wahres daran, dass Menschenseelen manchmal in einem Tierleib weiterleben.«

»Nicht so oft, Robin«, erwiderte der Graf, »wie eine Tierseele in einem Menschenleib wohnt. Ich könnte Euch am Hof von England eine stattlichere Herde zeigen, als sie je im Schatten des Sherwood lebte oder von dem pfeifenden Schweinehirten in den Wald getrieben wurde, um bei Southwell Eicheln zu fressen.«

»Ohne Zweifel, mein Lord«, versetzte Robin. »Gerade am Hof pflegen die Menschen sich oft in Bestien zu verwandeln. Aber komm, Tangel, was hast du da gebracht? Es ist so finster, dass ich es nicht erkennen kann.«

»Eine gewaltige Hasenpastete«, sagte Tangel, »und Flaschen mit Wein, sie hinunterzuspülen. Aber die Kruste ist so hart wie eine Schuhsohle, und wenn nicht dein Messer etwas schärfer ist als dein Witz, wirst du ohne Nachtessen bleiben. Ich will eine Fackel anzünden, Robin, damit du dich nicht in deinen unschätzbaren Daumen schneidest und den nächsten Monat nicht schießen kannst.«

Bald war eine Fackel angezündet, und Robin Hood und seine Freunde begannen ihre Abendmahlzeit. Als der Hornbecher einmal herumgegangen war, unterbrach plötzlich der Geächtete das allgemeine Gelächter. Die kleine Gesellschaft schwieg sofort, aber kein Laut war zu hören. Robin Hood wollte die Unterhaltung schon wieder in Gang setzen, als die Töne sich wiederholten, wenn auch in großer Ferne.

»Das ist Yorkley vom zweiten Grenzposten«, sagte der Geächtete und sprang auf. »Es wird Euer Neffe sein, mein Lord, der zuerst geblasen hat. Ich muss antworten, damit Yorkley ihn hierherbringt.«

Er setzte sein Horn an den Mund und blies einen langgezogenen Ton darauf, ganz anders, als der eben gehörte. Für alle Waidmänner war er ein Zeichen, wo sich ihr Anführer befand.

»Ist das nicht gefährlich, Robin?«, fragte der Graf besorgt. »Ich erwarte meinen Neffen nicht, und wir sind nur sechs.«

»Wir können schnell Hilfe herbeirufen«, sagte Robin. »Zudem sind unsere Pferde in der Nähe. Aber wenn von denen, die kommen, irgendeine Gefahr droht, wird Yorkley sie ohnehin nicht hierherführen. Jetzt esst noch etwas, mein Lord, und lasst den Becher wieder herumgehen. Es muss Lord Hugh sein, der sich von den Lustbarkeiten des Hofes zurückgezogen hat, um beim Mondenschein einen Ritt in den Sherwood zu machen.«

Man sprach nicht weiter über das Hornsignal und aß und scherzte wieder. Die Fackel, in ein Loch im Boden gesteckt, warf ihr Licht über die Gesichter im Kreis, und ein Lied, gesungen von einem der Waidmänner, verkürzte fröhlich die Zeit, bis endlich das Horn viel näher ertönte und Robin erneut darauf antwortete. Nach etwa drei Minuten sah man einen Mann zu Pferd und einen anderen zu Fuß neben ihm durch die Bäume kommen. Die Blicke der um die Fackel Sitzenden richteten sich auf sie.

»Wer ist das?«, rief der Graf. »Mein guter Tom Blawket, so wahr ich lebe! Er hat seinen alten Lord gefunden, sogar im Sherwood!«

Obgleich der Graf jetzt wie ein Waidmann gekleidet war, hatte ihn der treue Diener doch sofort erkannt. Er sprang vom Pferd und ergriff die Hand des alten Grafen mit liebevoller Ehrerbietung.

»Nun, Blawket«, sagte der Graf und legte seine Hand auf die Schulter des Freibauern, »ich freue mich, dich zu sehen, mein guter Freund, obgleich mir scheint, dass es ein wenig gefährlich ist hierherzukommen.«

»Ich komme nicht ohne Grund, mein Lord«, sagte Blawket, »und es ist obendrein ein trauriger Grund. Ich muss Euch meine Botschaft rasch ausrichten, denn es ist keine Zeit zu verlieren. Euer Neffe, Sir, ist wegen Verdachts auf Hochverrat verhaftet worden. Man hat ihn mit drei maskierten Männern im Wald sprechen sehen. Er wagte nicht zu sagen, dass einer davon Ihr, mein Lord, gewesen seid, weil ein Preis auf Euren Kopf ausgesetzt ist. Sobald er verraten würde, dass Ihr in der Nähe seid, würde die Hälfte der Höflinge sich aufmachen, Euch durch den Sherwood zu hetzen.«

»Lasst sie kommen!«, sagte Robin Hood ruhig. »Wir würden sie gut unterhalten.«

»Euer Neffe weigerte sich also, ihre Fragen sofort zu beantworten«, fuhr Blawket fort, »und hat eine Frist von vierundzwanzig Stunden erhalten. Das heißt, bis morgen um zwei oder drei Uhr. Inzwischen bleibt er ein Gefangener und wird streng bewacht. Daher lässt er Euch bitten, mein Lord, in aller Eile diese Gegend des Waldes um Eurer Sicherheit willen zu verlassen.«

»Wo ist der Prinz?«, fragte der alte Graf.

»Er ist in Derby, soviel ich weiß«, versetzte Blawket, »wo einige Bauern mit derben Fäusten noch nicht mitbekommen haben, dass der große Graf von Leicester gerade gefallen ist.«

»Das sind in der Tat schlechte Nachrichten«, sagte Robin Hood nachdenklich. »Wir können, fürchte ich, Nottingham Castle nicht stürmen und Lord Hugh befreien.«

»Schlechte Nachrichten in der Tat«, wiederholte der Graf. »Ich weiß nicht, ob ich mich nicht an den Hof des Königs begeben und den armen Hugh rechtfertigen sollte, oder ...«

»Nein, mein Lord«, rief Robin Hood, »das ist keine gute Idee. Ich habe immer festgestellt, dass es das Beste ist, wenn jemand uns bittet, ihm zuliebe dies oder jenes zu tun, dann nicht mehr zu unternehmen, als er verlangt. Sonst zerstören wir oft seinen Plan, weil wir nicht alle Beweggründe seines Wunsches kennen, während wir den Plan zu verbessern glauben. Er verlangt, dass Ihr von hier weggeht, mein Lord. Es wird das Beste sein, ihm diesen Wunsch zu erfüllen. Ich aber will bleiben, ja, ich will diese Nacht Nottingham noch näher rücken. Die Schlossmauern sind nicht so dick, dass ich nicht alles erfahre, was darin vorgeht. Noch mehr: Sollte dem jungen Lord Gefahr drohen, so wollen wir schon Mittel und Wege finden, ihm zu helfen. Seid ohne Furcht! Alles, was Euer Neffe möchte, ist, dass er durch Eure Entfernung an einen sicheren Ort in der Lage ist zu gestehen, mit wem er hier im Wald gesprochen hat. Ist es nicht so, Tom?«

»Genau so ist es«, versetzte Blawket, »und er machte durchaus keinen niedergeschlagenen Eindruck. Aber die Leute des Königs sind hinter ihm her, das ist klar. Ich habe bemerkt, dass sie mir beinahe bis Lambley Haggard nachspürten. Deswegen komme ich so spät, sonst wäre ich schon vor zwei Stunden hier gewesen. Ich begegnete einem von ihnen, der sogar noch in der Nähe des Grenzpostens wartete. Da er dort einen hübschen Knaben neckte, der sich verirrt zu haben schien, fing ich mit dem Wurm einen Streit an und verprügelte ihn so, dass er ein paar Wochen lang keinem ehrlichen Mann mehr nachspüren wird, selbst wenn er heute Nacht imstande sein sollte, seine Knochen nach Nottingham zurückzuschleppen.«

»Wohlgetan, Blawket! Gut so, Tom!«, riefen mehrere Stimmen.

Der alte Graf Monthermer sagte jetzt zu Robin Hood: »Schickt einen schnellen Boten zum Prinzen, Robin. Er ist die letzte Hoffnung, Hugh zu retten. Da ich nun einmal von hier fort muss, will ich gleich aufbrechen. Ihr, Blawket, reitet zurück zu Lord Hugh und sagt ihm, dass ich bereit bin, wenn es nottut, auf die erste Kunde hin mich dem Prinzen auszuliefern – ja selbst dem König, obgleich das, wie ich wohl weiß, der Tod wäre. Beeilt Euch, Blawket. Robin, gebt mir einen Eurer Männer mit. Kommt, Morton vom Moor, Ihr sollt mir den Weg zeigen.«

Nur wenige Worte wurden noch zwischen Robin und dem Grafen gewechselt, bevor der alte Edelmann aufbrach. Sobald er weg war, wandte sich Robin zu Blawket, der schon auf seinem Pferd saß, und rief: »Halt, Tom, einen Augenblick noch! Wer war der Knabe, von dem Ihr spracht? Wo habt Ihr ihn gelassen?«

»Ich kenne ihn nicht«, antwortete Blawket. »Aber ich ließ ihn bei einem von Euern Leuten, auf die Versicherung hin, dass ihm kein Leid geschehen und es ihm freistehen sollte, zu kommen und zu gehen, wann er wolle, denn er war müde und schien sehr verängstigt zu sein.«

»Er ist bei Harry von Mansfield«, fiel Yorkley ein, der Blawket hergebracht hatte. »Er fragte nach Euch, Robin. Harry wird ihn auf die grüne Straße bringen, die am Rehplatz vorbeiführt.«

»Wir müssen ihnen entgegenreiten«, sagte Robin Hood. »Kehrt Ihr so schnell wie möglich nach Nottingham zurück, guter Blawket, und sollte sich etwas Neues zutragen, so kommt wieder an den zweiten Grenzposten. Ihr, Yorkley, geht zum Späherhäuschen, so geschwind Euch Eure Füße tragen können, und führt die Leute dort zum Königshirschteich. Nehmt die Pferde mit, ich will zu Fuß gehen.«

Mit diesen Worten lief er los, die Arme über der breiten Brust gekreuzt, die Augen auf den Boden geheftet. Seine Miene drückte Besorgnis aus, und im Weiterschreiten sprach er vor sich hin: »Wir dürfen Hugh nicht sterben lassen. Ich traue diesem König alles zu. Er ist zu schwach, um redlich zu sein. Es ist sonderbar, wie eng der Narr und der Spitzbube miteinander verwandt sind.«

Etwa eine Meile von dem Platz entfernt, wo er mit dem Grafen gesessen hatte, blieb Robin Hood stehen und sagte zu einem der ihm folgenden Männer: »Ihr müsst nach Derby reiten, Dickon. Sucht dort den Prinzen auf, sagt seinen Leuten, Ihr bringt eine Botschaft von Hugh de Monthermer, und wenn Ihr ihn selbst sprecht, fügt hinzu, wenn er einem Freund das Leben retten wolle, müsse er in aller Eile nach Nottingham zurück. Nehmt Euer Pferd bis Breston, so weit wird es Euch schon tragen. Dort weckt den lustigen Müller und bittet ihn, Euch Robin Hood zuliebe sein schwarzes Ross bis Derby zu leihen. Fort, guter Dickon, und wenn Ihr in Derby angekommen seid, sagt Margery Green von der ›Untergehenden Sonne‹, sie solle mir schicken, was sie an Nachrichten aus Cumberland hat. Jetzt bringt die Fackel nach vorn. Nun, Knabe, was wollt Ihr von mir?«

Die letzten Worte waren an einen schlanken Jüngling gerichtet, der Pagentracht trug. Das Obergewand, eine Art weite Bluse von schönem Purpurtuch, reichte ziemlich weit über das Knie. Darunter waren kleine Füße sichtbar, die in Reitstiefeln mit langen Spitzen steckten. Eine grüne Kapuze mit einer Verbrämung von grauem Eichhörnchenpelz, mit einer vergoldeten Spange am Hals geschlossen, war weit in die Stirn gezogen und verhüllte den größten Teil des Gesichts. Der Knabe mochte etwa vierzehn Jahre alt sein, und allem Anschein nach wirkte er recht schwächlich. Ehe er antwortete, verdeckte er sich das Gesicht mit der Hand, etwas geblendet, wie es schien, von dem Licht der Fackel, und Robin musste ihn noch einmal fragen: »Was wollt Ihr von mir, guter Junge?«

»Ich möchte mit Euch allein sprechen«, sagte der Knabe, »und ohne Verzug, denn es geht hier um Tod und Leben.«

Robin Hood nahm dem Mann die Fackel ab und wies die anderen an, zurückzutreten. Dann schaute er mit ruhigem, prüfendem Blick auf den unter der Kapuze noch sichtbaren Teil des Gesichts und wartete schweigend auf das, was der Knabe zu sagen hatte. Dieser flüsterte: »Der Lord Hugh de Monthermer ...«

»Von dem wissen wir!«, unterbrach ihn Robin Hood. »Abgestandene Neuigkeiten, junger Mann, wenn das alles ist!«

Der Knabe, der zuerst beschämt und befangen gewirkt hatte, warf jetzt zornig den Kopf empor und versetzte keck: »Ihr seid hastig und ungestüm. Hört, ehe Ihr antwortet, mein Herr Waidmann. Die Neuigkeit ist nicht abgestanden, so weise Ihr Euch auch vorkommt. Ihr wisst, dass Lord Hugh ein Gefangener ist, weil er bei Euch war. Aber Ihr wisst nicht, dass er zum Tode verurteilt ist und dass sein Kopf morgen bei Tagesanbruch auf dem Schlosshof abgeschlagen werden soll. Wisst Ihr das?«

»Nein, bei allen Heiligen!«, rief Robin Hood. »Das weiß ich nicht. Und ich sage: Es soll nicht geschehen, wenn ich die Macht habe, es zu verhindern.«

»Ja, das ist die Frage! Habt Ihr die Macht?«

»Darüber reden wir noch«, versetzte Robin Hood. »Erst beweist mir, dass die Nachricht wahr ist.«

»Hier! Lest das, wenn Ihr lesen könnt. Wenn nicht, so will ich es Euch vorlesen.« Er hielt dem Geächteten ein Papier hin, das dieser begierig ergriff und beim Licht der Fackel anstarrte.

Der Text bestand aus zwei Teilen, in verschiedener Handschrift geschrieben. Der Letztere war offenbar die Antwort auf den Ersteren, in aller Eile auf dasselbe Papier gekritzelt. Der erste Abschnitt lautete:

Meinem edlen und geliebten Lord, dem Grafen von Mortimer, besten Gruß von seinem untertänigsten und ergebensten Diener Richard de Ashby.

Wenn man die zugestandene Zeit bis morgen um drei Uhr wirklich ablaufen lässt, so wird uns das Wild entkommen, denn ich zweifle nicht daran, dass der Prinz schon unterrichtet ist. Glaubt mir, er wird sich in aller Eile aufmachen und – wenn er noch zur rechten Zeit da ist – den Verbrecher retten. Daher schicke ich Euch einen Mann, der bereit ist zu beschwören, dass er gehört hat, der Verbrecher hätte zu dem Mönch, als sie miteinander durch das Tor gingen, gesagt: Aus de Montforts Asche wird bald ein Phönix erstehen, der seine Sache zum guten Ende führt. Der Bursche hat seine Rolle gut geübt, so dass ihm kein Patzer unterlaufen wird. Ich bitte Euch dringend, ihn seine Aussage unverzüglich in Anwesenheit des Königs machen zu lassen, damit möglichst vor morgen Mittag ein Beil zwischen unseres Feindes Kopf und Rumpf einen Strich ziehe. Wenn die Ländereien de Morthemers zwischen Euch und meinem guten Lord von Pembroke geteilt werden, möchte ich dem, den ich am meisten liebe, raten, die nördlichen zu wählen. Sie bringen jährlich fünfhundert Pfund mehr als die anderen ein.

Alles dies war von einer geübten Hand geschrieben worden, während die darunterstehenden Worte schnell hingeworfen und etwas schwerer zu lesen waren:

Zuverlässiger Freund!

Die Sache ist ins Reine gebracht. Der König hat alle anwesenden Barone zusammengerufen. Zum Glück war Talbot fort; die wenigen, die sonst dagegen waren, wurden von den Übrigen überstimmt. Er stirbt morgen bei Tagesanbruch. Ich habe das Todesurteil, von des Königs Hand unterzeichnet. Danke für den Hinweis. Die nördlichen Güter sind mein, und Freunde sollen nicht unbelohnt bleiben von Eurem

Mortimer

»Ha!«, sagte Robin Hood. »Das ist vortrefflich! Welch ein Nest von Skorpionen haben wir da! Und das ist der Hof von England! Oh, de Montfort! Wenn es dir an einem Anwalt fehlt, deine Sache zu verteidigen – dies Papier spricht eine Sprache, die selbst Tote überzeugen müsste! Aber wir wollen sehen. Helfe mir Gott, dass ich bei dieser Hinrichtung morgen anwesend sein werde, falls wir nicht andere Mittel finden, sie zu hintertreiben! Hütet Euch, mein Lord Mortimer, dass Ihr nicht in den Bereich eines englischen Eibenbogens kommt. Eure Brust müsste mit Stahl gepanzert sein, wenn ich nicht die Pfauenfeder mit dem schwarzem Blut deines Herzen färbe. Hört Ihr sie von dem Späherhäuschen kommen, Müller?«

»Noch nicht, Robin«, antwortete der Gefragte. »Tom ist auf dem Berg, er wird in sein Horn stoßen.«

»Wir müssen dem Jüngling mitteilen, was wir tun wollen«, sagte Robin Hood und ließ sein Auge aufmerksam über die Gestalt des vor ihm stehenden Pagen gleiten. »Wir müssen ihm einen Wink geben. Ha! Richard de Ashby! So, so! Knabe, das ist in der Tat eine Neuigkeit, die du mir gebracht hast. Hast du sonst noch etwas zu berichten?«

»Noch nicht«, antwortete der Knabe, »denn ich muss in aller Eile zurück nach Nottingham, damit ich nicht vermisst werde. Morgen will ich weitere Nachrichten bringen. Ich kann nicht glauben, dass er es damit so eilig hat.«

»Wenn du noch etwas zu berichten hast«, rief Robin, »so sag es jetzt! Man kann nie wissen, ob einem die Sonne morgen aufgeht. Es gibt Abgründe auf jedem Fußbreit des Weges im menschlichen Leben, in die unsere besten Absichten hinabstürzen und in Stücke zerschmettert werden können. Sprich! Es kostet dich nur eine Minute, die kannst du sicher entbehren.«

»Nun gut«, versetzte der Knabe. »Ohne Zweifel mögt Ihr den Grafen von Ashby nicht sehr?«

»So ist es«, antwortete Robin barsch. »Aber seinen Sohn noch viel weniger.«

»Das macht nichts«, erwiderte der Page. »Trotzdem sage ich Euch: Das Leben des Grafen wird von geheimen Feinden bedroht. Es gibt einen Mann, einen niederträchtigen, bösen Mann, einen Verräter an allen, die ihm vertrauen ...« Der Knabe hielt inne und schien nach Atem zu ringen. »Er plant den Tod des Grafen! Und den Tod seines Sohnes ebenfalls«, fuhr er fort, »damit er die Erbin des Hauses heiraten und selbst dessen Oberhaupt werden kann. Wenn ich einen Freund des Grafen kennen würde, ich würde ihn dringend bitten, achtzugeben auf den alten Mann, achtzugeben auf sein Essen, auf jeden Schritt und Tritt, seinen Wein kosten zu lassen, ehe er ihn trinkt, ihn nie allein ausgehen zu lassen. Aber ihr seid seine Feinde.«

»Doch wollen wir als seine Freunde handeln! Er wird gewarnt werden, und es soll auch im Notfall Hilfe bei der Hand sein. Jetzt aber«, sagte Robin Hood leise und in sanftem Ton, während er einen Schritt vortrat und des Pagen Hand ergriff, »was soll aus dir werden, du armes Geschöpf? »Meinst du, ich kenne dich nicht, Kate?«

Sie fuhr erschrocken zurück und schlug dann die Augen nieder.

»Es ist gut«, fuhr er fort, als sie nicht antwortete. »Aber höre mich an, Kate Greenly! Höre einen Mann an, der freundlich zu dir spricht! Du hast heute Nacht eine gute Tat vollbracht. Lass sie einen Samen sein, der später reiche Früchte trägt. Wirf den Schurken von dir, den dein besseres Wesen hasst; überlass ihn den Taten, die in nächster Zukunft Verderben über sein Haupt bringen werden. Lass ihn den Lohn seiner Ruchlosigkeit empfangen, und dann ...«

»Sterben!«, fiel ihm Kate Greenly ins Wort. »Weiter bleibt mir nichts übrig. Nein, sprecht mir nicht von meinem Vater, sprecht mir nicht vom Kloster, wo ich mich lange Tage unglückseligen Erinnerungen hingeben könnte. Mein Leben ist seinem Ende nahe, mein Herz ist gebrochen. Er, dem ich vertraute, ist ein Schurke. Mich hätte er misshandeln können, verraten, mit Füßen treten. Ich hätte weinen oder toben und doch weiterleben können. Aber in ihm einen Verräter, einen Mörder, einen Teufel zu finden, gezwungen zu sein, ihn zu verraten, der mich verraten hat, das ist der Tod. Doch ich muss zurück! Was ich Euch an Nachrichten beschaffen kann, sollt Ihr haben, denn ich habe geschworen, den verruchten Plan zu vereiteln.«

»Da tust du recht!«, sagte Robin Hood mit Wärme. »Doch du musst nun jemanden haben, der dich zurückbegleitet, denn du bist der Stadt näher, als du denkst. Ich will selbst mit dir reiten und unterwegs noch ein Wort mit dir sprechen.«