27
Am Tag darauf kam Hugh de Monthermer mit glücklichen Nachrichten nach Lindwell Castle und erzählte Lucy, dass ihr Vater heute, vor seinem Besuch beim König, eine Stunde lang mit ihm zusammen gewesen sei und seine endgültige Einwilligung zur Heirat gegeben hätte. Er hätte zwar einige Zweifel hinsichtlich der Meinung ihres Bruders Alured zu der Sache geäußert, aber versprochen, es auf sich zu nehmen, seinen Sohn zur Vernunft zu bringen. Es war deutlich sichtbar, dass der Graf von Ashby fest entschlossen war, die Hand seiner Tochter möglichst bald Hugh de Monthermer zu geben. Und das nicht aus einer plötzlichen Laune heraus, sondern weil er dem jungen Ritter immer gewogen gewesen war, selbst als in früheren Tagen die Häuser Ashby und Monthermer einander feindlich gegenüberstanden. Verschiedene Umstände hatten ihn inzwischen zwar schwanken lassen, aber als er nach der Schlacht von Evesham Hugh in hoher Gunst beim Prinzen stehen sah, der soeben den Thron seines Vaters gerettet hatte, erkannte er, dass im ganzen Land keine bessere Partie für seine Tochter zu finden war.
So hatte er selbst im Verlauf dieses Morgens ein Gespräch begonnen, das damit endete, dass er Hugh de Monthermer Lucys Hand zusagte, und es war verabredet worden, in zwei Tagen die bevorstehende Vermählung öffentlich bekanntzugeben.
Dies waren die glücklichen Nachrichten, die Hugh selbst Lucy überbrachte, und nun standen sie fröhlich plaudernd an einem Fenster des Zimmers und schauten auf die schöne Landschaft hinab. Alles in ihnen war Glück und Freude.
Über die grünen Anhöhen von Nottingham kam jetzt ein langer, prächtiger Reiterzug; der Graf kehrte heim. Die Liebenden traten auf den steinernen Balkon, um die Rückkehrenden willkommen zu heißen, aber der Graf tat, als sähe er sie nicht, und Hugh bemerkte, dass mit ihm verschiedene Personen ritten, die nicht zu seinem Gefolge gehörten.
Kurze Zeit darauf hörten sie Schritte die Treppe heraufkommen, und da es viele waren, begab sich Lucy durch eine kleine Tür über eine andere Treppe in ihre Wohnung.
Sie hatte kaum das Zimmer verlassen, als Hugh de Monthermer die Stimme des Grafen von Ashby vernahm, der mit seinen Begleitern vor der Tür sprach.
»Bleibt Ihr hier, Gentlemen«, sagte er. »Er wird mit Euch zum König zurückgehen, ich will für ihn bürgen. Lasst mich aber zuerst mit ihm sprechen.« Im nächsten Augenblick trat der Graf in den Saal, die Augen finster auf den Boden geheftet.
Obgleich Hugh sich vollkommener Unschuld bewusst war und von keiner Gefahr eine Ahnung hatte, die ihn bedrohen könnte, war ihm doch schwer ums Herz geworden bei diesen Worten. So trat er denn rasch auf den Grafen zu und fragte in seiner gewohnten offenen Art: »Was gibt es, mein edler Lord? Ihr seht traurig und niedergeschlagen aus. Heute Morgen wart Ihr so munter und fröhlich.«
»Alles hat sich geändert seit heute Morgen, Sir«, antwortete der Graf steif. »Der König verbietet Eure Heirat mit meiner Tochter. Und da meine Einwilligung nur bedingt war ...«
»Das ist in höchstem Grade ungerecht und tyrannisch«, versetzte Hugh entrüstet. »Aber ich glaube, jemand hat den König gegen mich aufgebracht. Prinz Edward ist jetzt abwesend, und ein Schurke hat dies ausgenutzt, um dem Monarchen Lügen aufzutischen.«
»Davon weiß ich nichts«, antwortete der Graf mit verletzender Kälte. »Aber auf jedem Fall hat er die Heirat verboten. Demgemäß verlange ich von Euch, dass Ihr mir mein Wort zurückgebt.«
»Nie und nimmer!«, rief Hugh de Monthermer heftig. »Ihr könnt, mein Lord, wenn Ihr es wollt – aber ich glaube nicht einmal, dass Ihr es wollt, Eure Zusage brechen. Aber das habt dann Ihr getan, nicht ich. Ich stehe hier so redlich und unschuldig vor Euch wie nur je ein Mann. Wenn heute Morgen kein Grund vorlag, mir die Hand Eurer Tochter zu verweigern, so ist auch jetzt keiner vorhanden.«
»Doch, es ist einer vorhanden!«, rief der Graf starrsinnig. »Des Königs ausdrücklicher Befehl!«
»Ausgesprochen auf Grund irgendeiner erlogenen Einflüsterung! Ich will sofort zu ihm reiten und meinen Verleumdern ihre Verlogenheit nachweisen. Ich bitte Euch, mein Lord, sagt mir, was sie mir vorwerfen, damit ich mich rechtfertigen kann.«
»Ich weiß es selbst nicht so genau, Hugh«, versetzte der Graf unsicher. »Ich habe jedoch gehört, Ihr sollt Euch heimlich mit den Feinden des Staates verschworen haben, die im Norden und an den Grenzen von Wales rebellierten.«
»Und das glaubt Ihr?«, schrie Hugh. Aber sofort wurde er wieder ruhiger, ergriff die Hand des alten Grafen und sagte: »Verzeiht mir, mein lieber Lord, wenn ich Euch in der Hitze beleidigt habe. Bitte versprecht mir zwei Dinge.«
»Welche sind es?«, fragte der Graf. »Ich will es tun, wenn Eure Bitten angemessen und vernünftig sind.«
»Sie sind angemessen und vernünftig, mein Lord, sonst würde ich sie nicht an Euch richten. Versprecht mir erstens, dass Ihr, sobald ich fort bin, einen Brief an Prinz Edward schreiben und ihm melden wollt, dass sein Freund Hugh de Monthermer des Hochverrats angeklagt ist. Bittet ihn, so schnell wie möglich zurückzukehren, um dafür zu sorgen, dass das Recht gewahrt bleibe, und schickt die Nachricht durch einen zuverlässigen Boten nach Derby, wo der Prinz sich jetzt befindet.«
»Das soll binnen einer Stunde geschehen«, antwortete der Graf. »Aber was noch, Hugh. Was noch?«
»Dies, mein teurer Lord«, versetzte der junge Ritter. »Euer Bote wird Derby heute Nacht erreichen. Und wenn ich Prinz Edward richtig kenne, wird er morgen in Nottingham sein, ehe die Sonne die Mittagslinie um eine Stunde überschritten hat. Ich will den König bitten, diese Stunde abzuwarten, um meine Verteidigung anzuhören. Von Euch erbitte ich, dass Ihr dann anwesend seid und – falls Ihr mich nicht für schuldig haltet – Eure Zusage, mir Lucys Hand zu geben, erneuert, ja gegebenenfalls mit mir auf den König einwirkt, seine Einwilligung zu geben.«
Der alte Lord zögerte einige Sekunden, aber endlich antwortete er: »Gut!«
»Dann bis morgen, mein Lord«, sagte Hugh de Monthermer rasch. »Ich darf nicht bleiben, bis Eure Tochter kommt.« Damit drückte er die Hand des alten Mannes und schritt der Tür zu. Als er sich noch einmal umdrehte, ehe er das Zimmer verließ, sah er, dass der Graf mit zögernder, zweifelnder Haltung mitten im Saal stand. Mit lauter Stimme sagte er deshalb noch einmal: »Ihr werdet kommen, mein Lord?«
»Ja, ja«, erwiderte der Graf. »Ich will mich zur genannten Stunde einfinden.«
Vor der Tür des Saales stieß Hugh de Monthermer auf eine Ansammlung von Gentlemen, die zu Heinrichs Hof gehörten. Sobald er erschien, trat Sir Guy de Margan auf ihn zu und sagte: »Lord Hugh de Monthermer, ich bin vom König beauftragt ...«
Aber Hugh maß ihn mit einem finsteren Blick und sagte: »Mich zu Seiner Majestät zu bringen! Ich bin bereits im Begriff, dorthin zu eilen, Sir. Nehmt Euch in Acht, Sir Guy de Margan«, fügte er hinzu, als dieser trotzdem näher trat. »Bedenkt, ich liebe Eure allzu große Nähe nicht!« Und er fasste den Griff seines langen Schwerts mit der rechten Hand und schritt auf die Treppe zu, während die Höflinge, die dort standen, ihm zu beiden Seiten auswichen. Guy de Margan biss sich vor Zorn auf die Lippen, wagte aber nicht, sich ihm weiter zu nähern.
Das Pferd des jungen Ritters und die Diener, die ihn begleitet hatten, standen im Hof bereit. Hugh de Monthermer sprang in den Sattel, ohne sich auch nur im Geringsten um die zu kümmern, die ihn verfolgten. Er galoppierte auf Nottingham zu. Die anderen sprengten ihm eilig nach, und beide Parteien erreichten fast gleichzeitig die Stadt und ritten durch die Schlosstore ein. Vom Pferd gestiegen, begab sich Hugh sofort in die königlichen Gemächer. Im Vorzimmer des Audienzsaals traf er William de Valence, den Grafen von Pembroke. Er fragte ihn: »Kann ich mit Seiner Majestät sprechen, mein Lord von Pembroke? Ich habe erfahren, dass eine falsche Anklage gegen mich vorliegt, und muss mich von diesem Verdacht reinigen.«
»Seine Gnaden erwarten Eure Lordschaft«, antwortete der Graf mit eiskalter Miene. »Aber er nahm an, Euch würde eine Wache begleiten.«
»Das war nicht nötig, Sir«, antwortete Hugh. »Ich fürchte mich nicht, dem König unter die Augen zu treten, und es bedarf keiner Gewalt, um mich zu veranlassen, mich meinen Feinden zu stellen. Wollt Ihr mich vor den König führen. Das ist alles, was ich verlange.«
»So folgt mir«, sagte der Graf. Die Tür öffnend, meldete er die Ankunft des jungen Ritters. Der König befahl, ihn unverzüglich hereinzulassen.
Heinrich III. saß an einem Tisch, und Lord Mortimer stand bei ihm. Sie amüsierten sich, wie es schien, gerade über irgendetwas, denn beide lächelten, als Hugh de Monthermer eintrat. Als der schwache und tyrannische Fürst Hugh de Monthermer erblickte, trat Zorn auf sein Gesicht.
»So, Sir«, sagte er spitz, »Ihr kommt freiwillig, um den Lohn Eurer hohen Verdienste zu empfangen!«
»Ich komme, Euer Gnaden«, versetzte Hugh, sich tief verbeugend, »um in Eurer Gegenwart meine Ankläger zu empfangen und sie der Lüge zu überführen, wenn sie mich einer Pflichtverletzung anklagen.«
»Was?«, sagte der König. »Widersprach es nicht Eurer Pflicht, bei Evesham auf der Seite de Montforts zu fechten?«
»Oh, gnädiger Herr«, antwortete Hugh, »wenn die Anklage so weit zurückgreift, kann ich nichts darauf entgegnen.«
»Die Hauptanklage gegen Euch lautet auf Hochverrat!«, rief der König.
»Wer immer sie erhebt«, versetzte Hugh de Monthermer, »ist ein meineidiger Verräter, und ich will es ihm beweisen, entweder durch Untersuchung und Beweisführung von Eurer Majestät oder durch die Entscheidung der Waffen. Mein Leib gegen den seinigen – und Gott sei der Richter!«
»Nein, nein, Sir«, sagte Heinrich, »Wir kennen Eure Stärke und Geschicklichkeit mit den Waffen recht gut. Das ist kein Fall, wo Wir gestatten wollen, dass Unsere Rechtsprechung von ihrer Bahn abgelenkt wird durch einen starken Arm und ein kühnes, aber falsches Herz. Wir selbst wollen Euer Ankläger sein. Diejenigen, die Wir auffordern, Euer Verbrechen zu beweisen, sollen nur Zeugen sein.«
»Gnädiger Herr, das meint Ihr nicht ernst«, antwortete Hugh kühn. »Ihr werdet doch nicht Richter und Ankläger in einer Person sein wollen.«
»Dann sollt Ihr andere Richter haben!«, schrie Heinrich wütend. »Eure Peers13 sollen Euch richten! Wenn Ihr wirklich unschuldig seid, so antwortet sofort auf die gegen Euch erhobenen Anklagen.«
»Eben darum komme ich«, erwiderte der junge Ritter. »Unvorbereitet, nicht unterrichtet, worin diese Anklagen bestehen, komme ich, um ihnen entgegenzutreten, so gut ich kann. Ich bitte Euch, lasst sie mich hören.«
Inzwischen war eine Anzahl Ritter in dem Audienzsaal erschienen, unter ihnen alle, die dem jungen Edelmann von Lindwell gefolgt waren. Heinrich sah zu ihnen hin und rief: »Tretet vor, Guy de Margan! Und Ihr, Hugh Fitzhugh! Ihr, Sir William Geary, kommt auch näher. Sagt, was Ihr Lord Hugh de Monthermer vorwerft.«
»Wahrhaftig, Sire«, versetzte Sir William Geary mit dem ihm eigenen sarkastischen Grinsen, »ich werfe ihm gar nichts vor. Ich war einmal Zeuge, mein gnädiger Herr, wie er im Turnier die vier besten Lanzen warf. Nun war ich nie sonderlich stark in den Knien und werde überdies etwas unbeweglich mit den Jahren. So verhüte Gott, dass ich einen Mann anklagen wollte, der von einer Entscheidung durch die Waffen spricht. Als ich davon hörte, zitterte ich beinahe so sehr wie Guy de Margan hier.«
»Du lügst! Ich zitterte nicht!«, rief de Margan erbost.
»Na gut«, antwortete der andere. »Ihr bebtet nur und saht aus, als sei Euch übel.«
»Sir William Geary«, rief der König, »dies ist keine Sache zum Spaßen! Sprecht, Ihr sagtet, Ihr hättet etwas gesehen. Was war es?«
»Ich sah einen fetten Mönch«, versetzte Sir William Geary, »dessen Hang zum Scherzen sich kaum zügeln ließ. Und dieser fette Mönch, Sire«, fuhr er ernster fort, als er merkte, dass der König ihn unmutig anstarrte, »blieb stehen und fragte mich nach dem Weg zu den Zimmern Lord Hugh de Monthermers. Als er gegangen war, sagte mir Sir Guy de Margan, der Mönch sei der Bote eines Verräters, ein Unterhändler zwischen Rebellen, ein Mann, den er bei Sir William Lemwood in den Grenzdistrikten von Wales getroffen hätte. So lud ich de Margan in mein Zimmer ein, und wir beide warteten, bis der Mönch wieder aus dem Zimmer des Lords kam, was nach einer Stunde geschah. Der Mönch ging wieder auf den Hof, und bald darauf erschien auch Hugh de Monthermer. Sir Guy und ich folgten dem Ritter und dem Mönch. Vor dem Tor der Stadt sahen wir den Mönch, der auf ein Maultier gestiegen war. Er hielt ein Pferd für seinen ritterlichen Freund bereit, auf das wir den tapferen Lord springen sahen. Dann ritten sie miteinander fort. Das ist alles, was ich zu sagen habe, Sire, und was ich gesagt habe, ist wahr. Es sei mir fern, allein deshalb eine Anklage zu erheben.«
»Was habt Ihr zu antworten, Sir?«, fragte der König.
»Ja, Sire, ich habe gestern mit einem Mönch gesprochen«, versetzte der junge Edelmann. »Er war beinahe eine Stunde bei mir, schwatzte viel von Wildbret und von der Jagd. Seinen Reden nach, hat er vielleicht heimlich einen fetten Bock erlegt, auf den er kein Recht hatte. Aber, bei meinem Wort, das ist der einzige Verrat, dessen ich ihn für fähig halte. Er sprach in meiner Gegenwart nicht ein Wort von Aufständen, Rebellionen oder sonst etwas, dass Euer Missfallen erregen könnte.«
»Was meint Ihr hierzu, Sir Guy de Margan?«, fragte der König. »Sagt uns, wer dieser Mönch ist. Ist er ein Rebell oder nicht?«
»Er ist es ohne jeden Zweifel, gnädiger Herr«, versetzte Guy de Margan. »Ich traf ihn bei Lemwood und den anderen Verrätern, zu welchen Ihr, Sire, mich geschickt hattet, um mit ihnen Verhandlungen zu führen.«
»Aber das beweist doch nicht«, mischte sich nun Mortimer ein, »dass Lord Hugh ein hochverräterisches Gespräch mit ihm hatte. Sein Geschäft mit dem edlen Lord kann von sehr harmloser Art gewesen sein.«
Mortimer, der wusste, was kommen sollte, gab sich nur als unparteiischer Richter, damit seine spätere Härte gegen Hugh de Monthermer gerecht erscheinen sollte.
»Es könnte durchaus so sein«, versetzte Guy de Margan, »dass der Mönch Lord von Monthermer einfach nur besucht hat. Aber dass sie dann miteinander fortritten, erscheint doch sonderbar, und die Heimlichkeit, mit der sie es taten, macht die Sache noch sonderbarer. Vielleicht geruht Lord Hugh zu erklären, wohin er mit ihm ritt.«
»Ich denke«, antwortete Hugh, »die ehrenwerten Spione, die mir vom Schloss bis an das Stadttor nachschlichen, hätten ihre Nachforschungen fortsetzen können, dann würden sich jetzt alle Fragen erübrigen.«
»Dazu kann ich etwas sagen«, meldete sich Hugh Fitzhugh, ein großer, vierschrötiger Gentleman. »Warum er fortritt, kann ich nur raten, aber wohin er ritt, das weiß ich. Er ritt in den Wald, denn dort habe ich ihn mit dem eben erwähnten Mönch gesehen. Ich hatte mich verirrt und stieß plötzlich auf eine Gesellschaft von fünf Personen in eifrigem Gespräch. Drei von ihnen hatten Masken vor dem Gesicht, und die zwei Unmaskierten waren Hugh de Monthermer und der Mönch. Mein gnädiger Herr König, wenn er das nicht erklärt, so haben wir gar keine Erklärung. Aber Eure Weisheit wird richten.«
»Erkläre er es, wenn er will«, entschied der König, »oder vielmehr, wenn er kann. Ich bin bereit, ihn anzuhören.«
»Gnädiger Herr«, versetzte Hugh de Monthermer kalt. »Einmal in ihrem Leben haben diese drei Gentlemen hier die Wahrheit geredet. Ich verließ das Schloss und folgte dem Mönch, ich begleitete ihn in den Wald, traf dort drei Personen – aber mit keiner schlimmen Absicht. Auch sprachen wir kein Wort, das irgendein Mensch Verrat nennen könnte.«
»Wer waren die Männer, die zu sprechen Ihr ausrittet?«, fragte der König und blickte den jungen Edelmann finster an.
»Ihr müsst mir verzeihen, Sire«, versetzte Hugh, »wenn ich ihre Namen nicht nenne. Meine Ankläger, wenn sie mich eines Verbrechens bezichtigen, müssen beweisen, dass ich eines begangen habe. Das haben sie bisher nicht einmal versucht. Alles, was sie behaupten, ist, dass ich mit einem Mönch gesprochen habe, dass ich mit einem Mönch ausgeritten bin und dass man mich mit drei Unbekannten im Sherwood im Gespräch gesehen hat. Wenn dies Verrat ist, so schütze Gott die Unschuldigen.«
»Aber, mein guter Lord«, sagte Mortimer, den der König auffordernd ansah. »Es ist erwiesen, dass dieser Mönch, der Euch mitnahm, selbst ein offenkundiger Verräter ist. Ihr müsst beweisen, dass die anderen es nicht auch waren, sonst bleibt an Euch die Anschuldigung hängen, dass Ihr mit den Feinden des Königs verkehrt.«
»Was ein hohes Verbrechen ist, mein Lord«, fügte Heinrich drohend hinzu.
Hugh de Monthermer schaute einen Augenblick nachdenklich zu Boden, denn er sah sich in einer viel schwierigeren und gefährlicheren Lage, als er erwartet hatte. Endlich aber blickte er auf und sagte: »Mein gnädiger Herr und König, ich stehe hier vor Eurem Angesicht ohne Freunde und Ratgeber. Ohne Vorbedacht und Vorbereitungen bin ich gekommen, um auf eine von meinen Feinden schlau zurechtgelegte Anklage zu antworten. Ich bitte Euch, gebt mir vierundzwanzig Stunden, damit ich darüber nachdenken kann, wie ich handeln soll. Ich weiß, dass ich meine Unschuld beweisen kann und jeden Zweifel beseitigen, wenn ich nur Zeit dazu habe.«
»Ihr sollt Zeit und auch einen Ratgeber haben«, versetzte der König. »Aber Ihr sollt in Gewahrsam gehalten werden. Mein Lord von Mortimer, verhaftet ihn in Unserem Namen. Lasst ihn in sein Zimmer führen, stellt eine Wache vor seine Tür und lasst einen seiner Diener zu ihm, damit es ihm freisteht, nach einem Ratgeber seiner Wahl zu schicken. Dieser Anwalt mag ihn besuchen. Und da er vierundzwanzig Stunden Zeit begehrt, bringe man ihn morgen um dieselbe Zeit wieder zu Uns.«
Der Graf von Mortimer trat einige Schritte vor, um den des Hochverrats angeklagten jungen Ritter zu verhaften. Hugh de Monthermer verbeugte sich und sagte: »Ich ergebe mich willig, mein Lord, setze mein volles Vertrauen in des Königs Gerechtigkeit und erwarte das Ergebnis von morgen ohne Furcht.«
Dann führte Mortimer Hugh in das Zimmer, das er seit seiner Ankunft in Nottingham bewohnte und neben dem sich, wie gewöhnlich bei Edelleuten hohen Ranges, ein Schlafgemach und ein Vorzimmer befanden, vor dessen Eingang ein oder zwei Diener schliefen, um während der Nacht ihren Herrn vor jedem gefährlichen Besuch zu schützen.
Mortimer hatte unterwegs ein paar des Königs Wachen gewunken. Er stellte zwei Soldaten vor die Tür des Vorzimmers und traf Vorkehrungen für Ihre regelmäßige Ablösung. Dann trat er mit seinem Gefangenen ein, und da sie Thomas Blawket in dem Zimmer vorfanden, fragte er, ob Monthermer diesen als den ihm gestatteten Diener wählen oder ob er nach einem anderen schicken wolle.
»Ich hätte diesen verlangt, mein Lord, hätte ich ihn nicht hier angetroffen«, versetzte Hugh. »Ich danke Euch jedoch für Eure Aufmerksamkeit und hoffe, die Zeit wird kommen, wo ich sie erwidern kann.«
»Ich hoffe, Euch bald in Freiheit zu sehen«, erwiderte Mortimer mit einem zweideutigen Lächeln und verließ das Zimmer. Draußen gab er Befehl, noch eine Wache am Fuß der Treppe aufzustellen.
Hugh rief den tüchtigen Freibauern in das innere Zimmer und wies ihn an, die Tür zu verschließen.
»Seid nicht niedergeschlagen, Blawket«, sagte er, als der ihn mit besorgten Blicken ansah. »Dieser Sturm wird sich bald legen. Der Verdacht wäre schon zerstreut, würde mich nicht ein Umstand daran hindern, der für Euch eine frohe Nachricht sein wird.«
»Ich weiß, was Ihr sagen wollt, mein Lord«, versetzte Blawket. »Ich habe schon gehört, dass Euer Oheim im Wald lebt. Tangel, der Euch einige Zeit in Hereford diente, sprang eines Tages, als ich durch den Wald ritt, hinter mir auf und erzählte mir alles.«
»Gut denn, Blawket, es ist keine Zeit zu verlieren. Nimm dein Pferd und reite die östliche Seite des Sherwood entlang, schlage die Straße nach Southwell ein, bis du an die Grenzmarke kommst. Dort reite in den Wald hinein und blase drei Noten auf deinem Horn. Wer dir dann entgegenkommt, wird dich zu meinem Oheim führen. Sag ihm, ich sei beobachtet worden, und dieser Umstand in Verbindung mit anderen habe eine Anklage wegen Hochverrat für mich zur Folge gehabt. Sag ihm, dass ich nicht zu sagen wage, mit wem ich eine Besprechung hatte, damit nicht der Wald durchsucht und sein Versteck gefunden wird. Nach Ablauf von vierundzwanzig Stunden muss ich jedoch sprechen, wenn ich meinen Kopf vor dem Beil retten will. Bitte ihn, sich bis morgen um diese Stunde so viele Meilen wie möglich von Nottingham zu entfernen, denn des Königs Zorn gegen ihn ist ungemindert. Fort, guter Blawket, fort! Sollte jemand Euch anhalten und fragen, wohin Ihr geht, so sagt, Ihr holt Master Roger More, einen Gelehrten, wohlbewandert in den Gesetzen. Nun verliert keine Zeit!«
»Ich will eilen, so schnell ich kann, mein Lord«, versetzte Blawket und ging. Hugh de Monthermer blieb mit trüben Gedanken zurück, obwohl er sich einzureden versuchte, dass ihm keine wirkliche Gefahr drohe.