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XVII

Der Altarraum im Haus der Schwestern, Shiranui-Schrein

Der sechsundzwanzigste Tag des elften Monats

 

Bitte, nicht ich, betet Orito, bitte, nicht ich. Die Göttin wurde zur Verkündung der Gabenempfängerinnen entkleidet: Ihre nackten, üppigen Brüste sind voll mit Milch, und in ihrem nabellosen geschwollenen Bauch liegt ein weiblicher Fötus, der laut Äbtissin Izu so fruchtbar ist, dass in seiner winzigen Gebärmutter ein noch kleinerer weiblicher Fötus liegt, welcher mit einer noch kleineren Tochter schwanger ist ... und unendlich so weiter. Die Äbtissin beobachtet die neun unbeschenkten Schwestern, während das Sutra der demütigen Bitte gesprochen wird. Zehn Tage lang hat Orito die reumütige Tochter gespielt, damit man ihr Zutritt zum Schreingelände gewährt und sie unbemerkt über die Mauer fliehen kann, aber die Hoffnung war vergeblich. Sie hat sich vor diesem Tag gefürchtet, seit sie Yayois schwangeren Bauch gesehen und die Zusammenhänge begriffen hat, und nun ist der Tag da. Unter den Schwestern wurde eifrig spekuliert, auf wen die Wahl der Göttin wohl fallen werde. Für Orito war das unerträglich. «Die Jüngste Schwester ist sicher eine von den beiden», verkündete Umegae mit boshafter Genugtuung. «Die Göttin wird wollen, dass Schwester Orito sich so schnell wie möglich bei uns zu Hause fühlt.» Die blinde Minori, die schon seit achtzehn Jahren im Kloster lebt, sagte, nicht alle Jüngsten Schwestern würden bereits im zweiten Monat beschenkt, spätestens aber im vierten. Yayoi meinte, die Göttin könnte noch einmal Kagerō und Minori bestimmen, denn beide hätten im vergangenen Monat keine Gabe empfangen, obwohl sie auserwählt gewesen seien, aber Orito argwöhnt, dass Yayoi ihr mit diesen Worten nur die Angst nehmen wollte.

Im Gebetsraum wird es still. Das Sutra ist vorbei.

Bitte, lass mich nicht auserwählt sein. Das Warten ist unerträglich. Bitte, nicht ich.

Äbtissin Izu schlägt den röhrenförmigen Gong. Der Klang steigt und fällt wie eine Welle.

Die Schwestern pressen in Ehrerbietung die Stirn auf die Tatami-Matte.

Wie Verbrecherinnen, denkt Orito, die aufs Schwert des Henkers warten.

Das Festgewand der Äbtissin raschelt. «Schwestern des Shiranui ...»

Alle neun Schwestern verharren in ihrer Position.

«Die Göttin hat Meister Genmu angewiesen, dass im elften Monat ...»

Ein herabfallender Eiszapfen zerbirst im Wandelgang, und Orito zuckt zusammen.

«... im elften Monat des elften Jahres der Kansei-Zeit ...»

Ich gehöre nicht hierher, denkt Orito. Ich gehöre nicht hierher

«... die beiden Schwestern, die in ihrem Namen beschenkt werden, Kagerō und Hashihime sind.»

Orito erstickt ein Stöhnen der Erleichterung, aber ihr pochendes Herz lässt sich nicht beruhigen.

Willst du mir nicht danken, fragt die Göttin Orito, weil ich dich dieses Mal verschont habe?

Ich kann dich nicht hören. Orito presst die Lippen aufeinander. Du Stück Holz.

Nächsten Monat. Die Göttin lacht wie Oritos Stiefmutter. Versprochen.

An Gabentagen zieht Festtagsstimmung im Haus der Schwestern ein. Gleich nach der Zeremonie werden Kagerō und Hashihime im Langen Raum beglückwünscht. Orito ist verblüfft, mit welcher Aufrichtigkeit die beiden Frauen beneidet werden. Die Gespräche drehen sich um die Kleidung, die Parfüms und Öle, die die Auserwählten tragen werden, um die Gabenspender zu begrüßen. Zum Frühstück gibt es Reisklößchen und mit Honig gesüßte Azukibohnen, und aus Abt Enomotos Vorratskammer werden Tabak und Sake gebracht. Kagerōs und Hashihimes Zellen werden mit Papierornamenten geschmückt. Orito empfindet Übelkeit angesichts dieser Feier der Zwangsbefruchtung, und sie ist froh, als die Sonne endlich ihr Gesicht zeigt und Äbtissin Izu sie und Sawarabi beauftragt, die Futons zum Lüften nach draußen zu bringen. Die strohgefüllten Matratzen werden über eine Stange im Innenhof gehängt und kräftig mit einem Bambusklopfer ausgeschlagen. Ein feiner Nebel aus Staub und Milben hängt in der klaren, kalten Luft. Sawarabi ist eine stämmige Bauerntochter aus der Kirishima-Hochebene, und schon bald kann die Arzttochter nicht mehr mithalten. Sawarabi bemerkt es und ist so freundlich, eine kleine Pause vorzuschlagen. Sie setzt sich auf einen Stapel Futons. «Hoffentlich bist du nicht allzu enttäuscht, dass die Göttin dich in diesem Monat übergangen hat, Jüngste Schwester.»

Orito, noch ganz außer Atem, schüttelt den Kopf.

Im Wandelgang gegenüber füttern Asagao und Hotaru ein Eichhörnchen.

Sawarabi ist gut darin, andere zu durchschauen. «Fürchte dich nicht davor, beschenkt zu werden. Du siehst ja, welche Privilegien Yayoi und Yūguri genießen: mehr Essen, besseres Bettzeug, Holzkohle ... und jetzt bekommen sie sogar eine ausgebildete Hebamme! Welche Prinzessin wird so verwöhnt? Die Mönche sind freundlicher als Ehemänner, viel sauberer als Freier im Bordell, und hier gibt es keine Schwiegermutter, die deine Dummheit verflucht, wenn du eine Tochter gebierst, und die zur leibhaftigen Eifersucht wird, wenn du einen männlichen Erben hervorbringst.»

Orito verstellt sich. «Ja, Schwester. Das sehe ich auch so.»

Getauter Schnee platscht von der alten Pinie.

Hör auf zu lügen - die dicke Ratte sitzt unter dem Wandelgang -, und hör auf, dich zu wehren.

«Wirklich, Schwester», Sawarabi zögert, «wenn man bedenkt, was entstellte Mädchen ...»

Die Göttin - die Ratte stellt sich auf die Hinterpfoten - ist deine zärtliche, geduldige Mutter.

«... in der Unteren Welt zu erdulden haben», sagt Sawarabi, «ist dieser Ort ein Palast.»

Asagaos und Hotarus Eichhörnchen flitzt eine Säule hinauf.

Der Kahle Gipfel ist so klar zu sehen, man könnte ihn mit einer Nadel auf Glas ritzen. Meine Brandnarbe, möchte Orito sagen, macht das Verbrechen meiner Entführung nicht geringer.

«Lass uns die letzten Futons ausklopfen», sagt sie, «bevor die anderen denken, dass wir faulenzen.»

Am Nachmittag ist die Hausarbeit beendet. Über dem Teich im Innenhof liegt noch ein Dreieck aus Sonnenschein. Im Langen Raum hilft Orito Hausmutter Satsuki beim Ausbessern der Nachthemden: Das Nähen, stellt sie fest, dämpft ihr Verlangen nach dem Trost. Vom Platz auf der anderen Seite des Schreins dringen leise die Kampfgeräusche der Mönche herüber, die mit ihren Bambusschwertern üben. Holzkohle knistert im Kohlenbecken, Piniennadeln knacken. Äbtissin Izu sitzt am Kopf der Tafel und stickt ein kurzes Mantra in die Kapuzen, die die Schwestern bei der Gabenspende aufsetzen werden. Hashihime und Kagerō, geschmückt mit blutroten Schärpen als Zeichen der Gunst der Göttin, pudern sich gegenseitig das Gesicht: Einer der wenigen Gegenstände, der selbst den Schwestern von höchstem Rang verwehrt bleibt, ist ein Spiegel. Mit kaum verhohlener Bösartigkeit erkundigt sich Umegae bei Orito, ob sie sich von der Enttäuschung erholt habe.

«Ich lerne allmählich», überwindet sich Orito, «mich dem Willen der Göttin zu fügen.»

«Bestimmt erwählt dich die Göttin beim nächsten Mal», sagt Kagerō zuversichtlich.

«Die Jüngste Schwester», bemerkt die blinde Minori, «klingt zufriedener in ihrem neuen Leben.»

«Es hat auch lange genug gedauert», murmelt Umegae, «bis sie zur Vernunft gekommen ist.»

«Bei manchen dauert es eben, bis sie sich an das Haus gewöhnen», erwidert Kiritsubo. «Erinnert ihr euch an das Mädchen von den Goto-Inseln? Zwei Jahre lang hat sie jede Nacht geweint.»

Tauben raufen und gurren im Gesims über dem Wandelgang.

«Die Schwester von den Goto-Inseln hatte viel Freude an ihren drei gesunden Gaben», bemerkt Äbtissin Izu.

«Aber nicht an der vierten», seufzt Umegae. «An der ist sie gestorben.»

«Wir wollen die Toten nicht stören», die Stimme der Äbtissin bekommt einen scharfen Klang, «indem wir grundlos Unglücksfälle ausgraben, Schwester.»

Umegaes kastanienbraune Haut verbirgt ihr Erröten, aber sie senkt demütig den Kopf.

Die anderen Schwestern, vermutet Orito, haben das Bild ihrer erhängten Vorgängerin vor Augen.

«Ich», sagt die blinde Minori, «würde lieber wissen, was der Jüngsten Schwester dabei geholfen hat, das Haus als ihr Zuhause anzunehmen.»

«Die Zeit», Orito fädelt einen Faden ein, «und die Geduld meiner Schwestern.»

Du lügst, du lügst, pfeift der Kessel, selbst ich höre, dass du lügst ...

Je stärker ihr Verlangen nach dem Trost, fällt Orito auf, desto schlimmer die Streiche, die das Haus ihr spielt.

«Ich jedenfalls danke der Göttin jeden Tag dafür», Schwester Hatsune zieht neue Saiten auf ihr Koto, «dass sie mich in dieses Haus gebracht hat.»

«Ich danke der Göttin», Kagerō schminkt Hashihimes Augenbrauen, «einhundertachtmal vor dem Frühstück.»

Äbtissin Izu sagt: «Schwester Orito, ich glaube, der Kessel ist durstig ...»

 

Als Orito sich auf die Steinplatte kniet, um Wasser aus dem eiskalten Teich zu schöpfen, erzeugt das Licht der Abendsonne einen Spiegel so klar wie holländisches Glas. Orito hat ihr Gesicht nicht mehr gesehen, seit sie ihr altes Zuhause in Nagasaki verlassen hat: Der Anblick ist erschütternd. Das Gesicht auf der silbrig glänzenden Oberfläche gehört ihr, aber es ist um drei, vier Jahre gealtert. Was ist mit meinen Augen passiert? Sie sind eingesunken und trüb. Ein weiterer Streich dieses Hauses. Aber da ist sie sich nicht so sicher. Solche Augen habe ich in der Unteren Welt schon gesehen.

Das Lied einer Drossel in der alten Pinie klingt halb vergessen und wirr.

Woran wollte ich mich gleich erinnern? Orito ist ganz benommen.

Schwester Hotaru und Schwester Asagao winken ihr aus dem Wandelgang zu.

Orito winkt zurück, sieht die Schöpfkelle in ihrer Hand und erinnert sich an ihren Auftrag. Sie blickt ins Wasser und erkennt die Augen einer Prostituierten, die sie in einem Bordell in Nagasaki behandelt hat. Das Mädchen, das zwei chinesischen Halbbrüdern gehörte, litt an Syphilis, Skrofulose, Lungenfieber und vielen anderen Krankheiten, deren genaue Zahl nur die Neun Weisen kannten, aber es war die Opiumsucht, die ihre Lebensgeister zerstört hatte.

«Aber Aibagawa-san», hatte das Mädchen sie angefleht, «ich brauche keine andere Medizin ...»

Vorzutäuschen, dass ich mich den Bedingungen des Hauses füge, denkt Orito ...

Die einstmals schönen Augen der Prostituierten starrten sie aus dunklen Höhlen an.

... ist der erste Schritt in die echte Fügsamkeit.

Am Tor ertönt Meister Suzakus unbeschwertes Lachen.

Die Sehnsucht und das körperliche Verlangen nach der Droge besorgen den Rest ...

Der wachhabende Novize ruft: «Inneres Tor öffnen, Schwestern!»

... und wenn sie dich schon abhängig gemacht haben, warum sich dann noch weiter sträuben?

«Wenn du deinen Willen nicht zurückerlangst», sagt das Mädchen im Teich, «wirst du wie die anderen.» Morgen, beschließt Orito, ist Schluss mit Suzakus Droge.

Der Bach verlässt den Teich durch moosbewachsene Gitter.

Dieses Morgen, erkennt sie, ist das Zeichen, dass du heute aufhören musst.

«Wie geht es unserer Jüngsten Schwester heute Abend?», erkundigt sich Meister Suzaku.

Äbtissin Izu sieht aus der Ecke zu, Novize Chūai sitzt ihr gegenüber.

«Ich erfreue mich bester Gesundheit, Meister Suzaku, vielen Dank.»

«Der Himmel heute Abend war wie im Reinen Land, nicht wahr, Jüngste Schwester?»

«In der Unteren Welt - waren die Sonnenuntergänge nie so schön.»

Der Mann denkt zufrieden über ihre Worte nach. «Du warst heute Morgen nicht gekränkt über das Urteil der Göttin?»

Ich muss meine Erleichterung verbergen, denkt Orito, und verbergen, dass ich sie verberge. «Man lernt, das Urteil der Göttin anzunehmen.»

«Du hast in kurzer Zeit einen weiten Weg zurückgelegt, Jüngste Schwester.»

«Die Erleuchtung, habe ich gehört, kann in einem einzigen Moment geschehen.»

«Ja. Ja, das stimmt.» Suzaku blickt hinüber zu seinem Helfer. «Nach vielen mühevollen Jahren verwandelt die Erleuchtung einen Menschen binnen eines Herzschlags. Meister Genmu ist so zufrieden mit deiner Entwicklung, dass er dem Fürstabt in einem Brief davon berichtet hat.»

Er sucht in meinem Gesicht, denkt Orito, nach Zeichen der Verärgerung.

«Ich habe es nicht verdient, dass Fürst Enomoto mir Beachtung schenkt», sagt die Jüngste Schwester.

«Du kannst dir sicher sein, dass die väterliche Sorge unseres Fürstabts all unseren Schwestern gilt.»

Das Wort «väterlich» weckt Erinnerungen an Oritos Vater, und die noch nicht verheilte Wunde beginnt wieder zu schmerzen.

Man hört und riecht, dass im Langen Raum das Abendessen aufgetragen wird.

«Dann haben wir keine Beschwerden zu berichten? Keine Schmerzen, keine Blutungen?»

«Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass mir im Haus der Schwestern etwas fehlen könnte, Meister Suzaku.»

«Keine Verstopfung, kein Durchfall? Hämorrhoiden? Ausschläge? Kopfschmerzen?»

«Wenn Ihr erlaubt, möchte ich um eine Dosis meiner ... meiner täglichen Medizin bitten.»

«Mit dem größten Vergnügen.» Suzaku gießt die schlammige Flüssigkeit in einen fingerhutgroßen Becher und reicht ihn Orito, die sich abwendet und wie eine wohlerzogene Frau ihren Mund verbirgt. Ihr Körper schmerzt vor Sehnsucht nach der Linderung, die das Trost ihm spendet. Aber bevor sie ihre Meinung ändern kann, kippt Orito die Flüssigkeit in den dicken wattierten Ärmel, und der dunkelblaue Stoff saugt alles auf.

«Sie schmeckt heute Abend wie ... wie Honig», sagt Orito. «Oder bilde ich mir das nur ein?»

«Was gut ist für den Körper», Suzaku blickt auf ihren Mund, «ist auch gut für die Seele.»

Während Orito und Yayoi das Geschirr spülen, beruhigen die anderen Schwestern Kagerō und Hashihime mit aufmunternden Worten - manche schüchtern, andere, dem Gelächter nach zu urteilen, alles andere als schüchtern bis die beiden Auserwählten von Äbtissin Izu in den Altarraum gebracht werden, um zur Göttin zu beten. Eine Viertelstunde später bringt die Äbtissin sie in ihre Zellen, wo sie auf die Gabenspender warten. Als der Abwasch erledigt ist, bleibt Orito im Langen Raum: Sie will nicht allein sein mit dem Gedanken, dass im nächsten Monat sie diejenige sein könnte, die mit bestickter Kapuze über dem Kopf auf einen Meister oder Novizen wartet. Ihr Körper beschwert sich über das Ausbleiben der Trostmedizin. In einem Augenblick ist er heiß wie Suppe, im nächsten kalt wie Rasureis. Als Hatsune sie bittet, den Neujahrsbrief ihrer erstgeborenen Gabe vorzulesen, inzwischen eine junge Frau von siebzehn Jahren, nimmt Orito die Ablenkung dankbar an.

«‹Liebste Mutter›.» Orito blickt im fahlen Licht der Lampe angestrengt auf die zarten Pinselstriche. «‹Die Beeren fangen an, sich rot zu färben, und man möchte kaum glauben, dass schon bald ein neuer Herbst ins Haus steht.›»

«Sie drückt sich genauso gewählt aus wie ihre Mutter», murmelt Minori.

«Verglichen mit Noriko-chan», seufzt Kiritsubo, «ist mein Tarō ein richtiger Dummkopf.»

In ihren Neujahrsbriefen, fällt Orito auf, bekommen die «Gaben» ihre Namen zurück.

«Aber woher soll ein fleißiger Brauerbursche wie Tarō denn die Zeit nehmen, die Färbung der Beeren zu betrachten?», wendet die stolze, bescheidene Hatsune ein. «Ich bitte die Jüngste Schwester fortzufahren.»

«‹Wieder einmal ist es Zeit›», liest Orito, «‹;meiner lieben Mutter auf dem fernen Berg Shiranui einen Brief zu schreiben. Im vergangenen Frühling, als dein Brief aus dem ersten Monat in der Schneiderei Weißer Kranich eintraf, gab mir Ueda-san ...›»

«Ueda-san ist Noriko-chans Meister», erklärt Sadaie, «ein berühmter Schneider in Miyako.»

«Tatsächlich?» Orito hat das schon zehnmal gehört. «‹... gab mir Ueda-san einen halben Tag frei, damit ich seine Ankunft feiern konnte. Bevor ich es vergesse, Ueda-san und seine Frau senden dir ihre aufrichtigsten Grüße.›»

«Was für ein Glück», sagt Yayoi, «dass sie eine so ehrbare Familie gefunden hat.»

«Die Göttin kümmert sich um all ihre Gaben», sagt Hatsune feierlich.

«‹Deine guten Neuigkeiten, Mutter, haben mir dieselbe

Freude bereitet, die du, wie du so freundlich schreibst, über mein törichtes Gekritzel empfindest. Wie wunderbar, dass du erneut mit einer Gabe gesegnet wurdest. Ich werde dafür beten, dass sie eine Familie findet, die so fürsorglich ist, wie die Uedas es sind. Bitte danke Schwester Asagao dafür, dass sie dich während deiner Brustkrankheit gepflegt hat, und danke bitte auch Meister Suzaku für die tägliche Fürsorge.›» Orito hält inne und fragt: «Brustkrankheit?»

«Ach, das war nur ein schlimmer Husten! Meister Genmu schickte den Novizen Jiritsu - möge seine Seele in Frieden ruhen - hinunter nach Kurozane, um frische Kräuter von der Heilerin zu holen.»

Eine Krähe, denkt Orito sehnsuchtsvoll, könnte in einer halben Stunde zu Otanes Schornstein fliegen.

Sie denkt an ihre Reise nach Kurozane im vergangenen Sommer und möchte in Tränen ausbrechen.

«Schwester?», fragt Hatsune besorgt. «Fehlt dir etwas?»

«Nein. ‹Zwei große Hochzeiten bei Hofe im fünften Monat und zwei Beerdigungen im siebten brachten dem Weißen Kranich eine reiche Fülle von Aufträgen. Ich hatte in jeder Hinsicht ein glückliches Jahr, Mutter, obgleich ich erröte, während ich das schreibe. Ueda-sans Hauptlieferant für Brokatstoffe, ein Händler namens Koyama-san, besucht den Weißen Kranich alle zwei bis drei Monate mit seinen vier Söhnen. Einige Jahre lang wechselten Shingo-san, der jüngste Sohn, und ich höfliche Worte, während ich bei der Arbeit saß. Im vergangenen Sommer aber, während des Obon-Festes, wurde ich ins Gartenteehaus gerufen, wo ich zu meiner Überraschung Shingo-san, seine Eltern, Ueda-san und meine Herrin vorfand.› Orito hebt den Blick und sieht die verzückten Gesichter der Schwestern. «‹Sicher hast du schon erraten, was dort im Gange war, Mutter - aber ich dummes Ding war ahnungslos.›»

«Sie ist nicht duhn’, Sch’hester», versichert Asagao Hatsune, «nur rein und unschuldig.»

«‹Wir unterhielten uns›», fährt Orito fort, «‹über Shingo-sans zahlreiche Begabungen und meine armseligen Fähigkeiten. Ich bemühte mich, meine Schüchternheit zu überwinden, ohne vorlaut zu wirken, und hinterher -›»

«Ganz so», gluckst Sawarabi, «wie du es ihr vor zwei Jahren geraten hast, Schwester.»

Hatsune glüht vor Stolz. «‹Und hinterher beglückwünschte mich meine Herrin, ich hätte einen gefälligen Eindruck hinterlassen. Dann kehrte ich zurück zu meiner Arbeit. Ich fühlte mich durch das Lob geehrt, aber ich nahm an, ich würde erst bei ihrem nächsten Besuch im Weißen Kranich wieder von den Koyamas hören. Ich wurde rasch eines Besseren belehrt. Ein paar Tage später, am Geburtstag des Kaisers, lud Ueda-san alle Lehrlinge in den Yoyogi Park ein, damit wir uns am Feuerwerk am Kamo erfreuen konnten. Die aufplatzenden roten und gelben Blüten am Nachthimmel waren ein zauberhafter Anblick! Als wir zurückkamen, rief der Herr mich in sein Schreibzimmer, wo die Herrin mir mitteilte, die Koyamas hätten vorgeschlagen, ich solle die Frau ihres jüngsten Sohnes Shingo werden. Ich kniete vor ihnen, Mutter, als hätte ein Fuchs mich verhext! Dann sagte Ueda-sans Frau, Shingo-san persönlich hätte diesen Wunsch geäußert. Als ich hörte, dass ein so stattlicher junger Mann mich zu seiner Braut machen will, liefen mir dir Tränen über die Wangen.›»

Yayoi reicht Hotaru ein Papiertuch, damit sie sich die feuchten Augen abtupfen kann.

Orito faltet die Seite zusammen und öffnet die nächste. «‹Ich bat Ueda-san um Erlaubnis, offen sprechen zu dürfen, und er forderte mich mit Nachdruck dazu auf. Meine Herkunft sei zu zweifelhaft für die Koyamas, sagte ich, und dass ich mich dem Wohl der Schneiderei verpflichtet fühle. Außerdem würden böse Zungen behaupten, ich hätte Niedertracht und Tücke eingesetzt, um einen so großartigen Mann zu umgarnen und in die Familie der Koyamas einzuheiraten.›»

«Ach was», kichert Yūgiri, die vom Sake schon ein wenig angeheitert ist, «pack den Burschen einfach bei seiner Lanze!»

«Schäm dich, Schwester», schilt Hausmutter Satsuki. «Lass die Jüngste Schwester weiter vorlesen.»

«‹Meister Ueda erwiderte, die Koyamas wüssten über meine Herkunft als Tochter des Schreins Bescheid und hätten nichts dagegen einzuwenden. Sie wünschten sich eine pflichtbewusste, tüchtige und bescheidene Schwiegertochter und kein›» - einige Schwestern sprechen die spöttische Titulierung liebevoll mit - «‹kein zimperliches, Limonade schlürfendes Fräulein, das Fleiß für eine Stadt in China hält. Zum Schluss erinnerte mich mein Herr daran, dass ich seit meiner Adoption eine Ueda sei, und er fragte mich, warum ich der Meinung sei, dass die Uedas so weit unter den Koyamas stünden. Errötend entschuldigte ich mich bei meinem Herrn für die gedankenlosen Worte.›»

«So hat Noriko-san das doch gar nicht gemeint!», protestiert Hotaru.

Hatsune wärmt sich die Hände am Feuer. «Ich glaube, er will ihr nur ihre Schüchternheit nehmen.»

«‹Meine Bedenken würden mich sehr ehren, sagte Ueda-sans Frau, aber die beiden Familien seien übereingekommen, dass die Verlobung bis zu meinem siebzehnten Neujahrstag dauern solle ...›»

«Das ist kommendes Neujahr», erklärt Hatsune Orito.

«‹... und wenn sich an Shingo-samas Gefühlen bis dahin nichts geändert hat ...›»

«Ich bete zur Göttin, dass sie seinem Herzen Treue schenkt», sagt Sadaie. «Jeden Abend.»

«‹... heiraten wir am ersten günstigen Tag des ersten Monats. Ueda-san und Koyama-san wollen in eine Schneiderei investieren, die sich auf die Fertigung von Obi-Gürteln spezialisiert. Dort werden mein Mann und ich arbeiten und unsere eigenen Lehrlinge ausbilden.›»

«Stellt euch nur vor!», strahlt Kiritsubo. «Hatsunes Gabe bekommt ihre eigenen Lehrlinge!»

«Und Kinder», sagt Yūgiri, «wenn der junge Shingo seinen Willen durchsetzt.»

«‹Wenn ich diese Zeilen lese, erscheinen mir meine Worte wie die eines träumenden Mädchens. Vielleicht ist dies die schönste Gabe, die unser Briefwechsel uns schenkt, Mutter: einen Ort, an dem wir träumen können. Ich denke jeden Tag an dich. Deine Gabe Noriko.›»

Die Frauen schauen auf den Brief oder blicken ins Feuer. Sie sind in Gedanken weit, weit fort.

Orito begreift, dass die Neujahrsbriefe für die Schwestern reine Trostmedizin sind.

 

Als die Stunde des Ebers angebrochen ist, öffnet sich das Tor für die beiden Gabenspender. Die Schwestern im Langen Raum hören, wie der Riegel aufgeschoben wird und wie Äbtissin Izu ihr Zimmer verlässt und zum Tor geht. Orito stellt sich drei stumme Verbeugungen vor. Die Äbtissin führt zwei Männer über den Korridor, erst zu Kagerōs, dann zu Hashihimes Zelle. Kurz darauf geht die Äbtissin allein am Langen Raum vorbei. Die Kerzen zischen. Orito hat damit gerechnet, dass Yūgiri und Sawarabi versuchen, auf dem unbeleuchteten Flur einen Blick auf die auserwählten Gabenspender zu erhaschen, aber die beiden spielen in aller Ruhe mit Hotaru und Asagao eine Partie Mahjongg. Es wird gar nicht zur Kenntnis genommen, dass der Meister und der Novize die Zellen der auserwählten Schwestern betreten haben. Hatsune singt leise Das Schloss im Mondlicht und begleitet sich dazu auf dem Koto. Hausmutter Satsuki stopft eine Socke. Sobald der körperliche Vorgang, der im Haus «Gabenspende» genannt wird, tatsächlich vollzogen wird, begreift Orito, werden das Tratschen und die Späße eingestellt. Sie begreift auch, dass die Heiterkeit der Schwestern und die schlüpfrigen Bemerkungen kein Mittel sind, um zu leugnen, dass ihre Eierstöcke und Gebärmütter der Göttin gehören, sondern ihnen dabei helfen, die Knechtschaft zu ertragen ...

Orito liegt in ihrer Zelle und blickt durch ein Loch in der Bettdecke ins Feuer. Ein Mann hat vor einiger Zeit Kagerōs Zelle verlassen, aber Hashihimes Gabenspender bleibt länger, was bisweilen vorkommt, wenn beide Seiten einverstanden sind. Alles, was Orito über die körperliche Liebe weiß, stammt aus Medizinbüchern und den Anekdoten der Frauen, die sie in den Bordellen Nagasakis behandelt hat. Sie versucht den Gedanken zu verscheuchen, dass heute in einem Monat vielleicht ein Mann unter dieser Decke liegt und sie auf das Futon drückt. Verzehre mich, bittet sie das Feuer. Nimm mich in dir auf, bittet sie die Dunkelheit. Ihr Gesicht ist nass von Tränen. Wieder einmal sucht sie das Haus der Schwestern in Gedanken nach einer Fluchtmöglichkeit ab. Es gibt kein Außenfenster, durch das sie fliehen könnte. Der Boden ist aus Stein, sodass sich kein Tunnel graben lässt. Beide Tore sind von außen verriegelt, zwischen ihnen steht ein Wachposten. Die Traufen über dem Wandelgang sind zu hoch, als dass sie hinüberklettern könnte.

Es ist aussichtslos. Sie starrt einen Dachsparren an und stellt sich ein Seil vor.

Es klopft. Yayoi flüstert: «Ich bin’s, Schwester.»

Orito springt aus dem Bett und öffnet die Tür. «Ist die Fruchtblase geplatzt?»

Yayois schwangerer Leib wirkt durch mehrere Decken noch dicker. «Ich kann nicht schlafen.»

Orito zieht sie rasch ins Zimmer, aus Furcht vor dem Mann, der plötzlich aus dem Dunkel treten könnte.

«Es wird erzählt ...», Yayoi wickelt sich eine Strähne von Oritos Haar um den Finger, «... dass meine Eltern den buddhistischen Priester holten, als ich so ...», sie tippt sich an die Spitzohren, «... auf die Welt kam. Er erklärte ihnen, ein Dämon sei in meine Mutter gefahren und hätte wie ein Kuckuck ein Ei in ihren Schoß gelegt. Wenn sie mich nicht in derselben Nacht aussetzten, warnte er, würden Dämonen ihren Nachwuchs holen und die ganze Familie zerstückeln und als Festmahl verspeisen. Mein Vater vernahm die Worte des Priesters mit Erleichterung: Es war üblich, dass die Bauern ‹ihre Sämlinge sichteten›, um sich unerwünschter Töchter zu entledigen. Unser Dorf hatte sogar einen eigenen Ort dafür: ein Kreis aus spitzen Steinen in einem ausgetrockneten Flussbett oberhalb der Baumgrenze. Es war der siebte Monat, und so würde ich nicht erfrieren, aber wilde Hunde, hungrige Bären und Geister würden mich mit Sicherheit töten. Mein Vater legte mich in den Steinkreis und kehrte ohne Reue nach Hause zurück ...»

Yayoi nimmt die Hand ihrer Freundin und legt sie auf ihren Bauch.

Orito fühlt, wie sich die Ausbuchtungen bewegen. «Zwillinge», sagt sie, «eindeutig.»

«In derselben Nacht, so heißt es», Yayois Stimme wird leise und bekommt einen humorvollen Klang, «kam Yōben der Seher ins Dorf. Sieben Tage und sieben Nächte lang hatte ein weißer Fuchs den heiligen Mann geführt, dessen Gloriole aus Sternenlicht ihm durch Berge und über Seen den Weg leuchtete. Die lange Reise endete, als der Fuchs auf das Dach eines bescheidenen Bauernhauses oberhalb von einem kleinen, namenlosen Dorf sprang. Yōben klopfte, und mein Vater fiel beim Anblick einer so hohen Persönlichkeit auf die Knie. Als der Seher von meiner Geburt hörte, rief er -», Yayoi verstellt die Stimme, «‹Die Fuchsohren des Kindes waren kein Fluch, sondern ein Geschenk der Göttin Kannon.› Indem er mich ausgesetzt hatte, hatte Vater Kannons Gnade verschmäht und ihren Zorn auf sich gezogen. Das kleine Mädchen musste um jeden Preis gerettet werden, bevor ein Unglück geschah ...»

Auf dem Korridor wird eine Tür aufgeschoben und wieder geschlossen.

«Als mein Vater und Yōben der Seher sich dem Platz der Spreu näherten», fährt Yayoi fort, «hörten sie all die Säuglinge nach ihren Müttern schreien. Sie hörten Wölfe größer als Pferde, die nach frischem Fleisch heulten. Mein Vater zitterte vor Angst, aber Yōben murmelte heilige Zaubersprüche, und so konnten sie unversehrt an den Geistern und den Wölfen vorbei in den Kreis der spitzen Steine treten, wo es ganz still war und so warm wie am ersten Frühlingstag. In der Mitte saß Kannon mit dem weißen Fuchs und stillte Yayoi, das Wundermädchen. Yōben und mein Vater sanken auf die Knie. Mit der Stimme sanfter Wellen auf dem See befahl die Göttin Yōben, mit mir durchs Kaiserreich zu ziehen und in ihrem heiligen Namen die Kranken zu heilen. Der Mystiker erhob Einspruch, er sei dieser Aufgabe nicht würdig, aber der Säugling, der, obwohl erst einen Tag alt, schon sprechen konnte, sagte: ‹Wir wollen den Verzweifelten Hoffnung geben und den Todgeweihten Leben einhauchen.› Was blieb ihm anderes übrig, als der Göttin zu gehorchen?» Yayoi seufzt und bewegt sich, damit ihr dicker Bauch es bequemer hat. «Jedes Mal, wenn Yōben der Seher und das wundersame Fuchsmädchen in einen neuen Ort kamen, erzählte er diese Geschichte, um die Leute anzulocken.»

«Darf ich fragen», Orito liegt auf der Seite, «ob Yōben dein richtiger Vater war?»

«Vielleicht sage ich nein, weil ich es nicht wahrhaben will ...»

Der Nachtwind spielt mit dem klappernden Rauchfang wie ein blutiger Anfänger auf der Shakuhachi-Flöte.

«... aber meine frühesten Erinnerungen sind Kranke, die mir die Hände auf die Ohren legen, während ich in ihre fauligen Münder atme, sterbende Augen, die ‹Heile mich› flehen, verkommene Herbergen und Yōben, der auf dem Marktplatz ‹Empfehlungsschreiben› von bedeutenden Familien verliest, die meine Heilkräfte bezeugen.»

Orito denkt an ihre eigene Kindheit zwischen Büchern und Gelehrten.

«Yōben träumte davon, in Palästen empfangen zu werden, und so verbrachten wir ein ganzes Jahr in Edo, aber er roch zu sehr nach Schausteller ... nach Hunger ... und ... ach, er stank einfach. Unsere Herbergen wurden in den sechs, sieben gemeinsamen Wanderjahren nie besser. Natürlich war ich an seinem ganzen Elend schuld, besonders, wenn er getrunken hatte. Eines Tages, man hatte uns wieder einmal aus dem Ort gejagt, kam ein anderer Scharlatan auf ihn zu und sagte, ein wundersames Fuchsmädchen würde den Verzweifelten und Sterbenden vielleicht das Geld aus der Tasche ziehen, nicht aber eine wundersame Fuchsfrau. Das gab Yōben zu denken, und noch im selben Monat verkaufte er mich an ein Bordell in Osaka.» Yayoi betrachtet ihre Hand. «Ich versuche alles, mein Leben dort zu vergessen. Yōben sagte mir nicht einmal auf Wiedersehen. Vielleicht konnte er mir nicht ins Gesicht sehen. Vielleicht war er mein Vater.»

Orito ist erstaunt, dass Yayoi überhaupt keinen Hass zu verspüren scheint.

«Wenn die Schwestern zu dir sagen, dass es hier viel, viel besser ist als in einem Bordell, tun sie das nicht aus Gemeinheit. Na ja, eine oder zwei vielleicht, aber die anderen nicht. Auf jede erfolgreiche Geisha mit wohlhabenden Gönnern, die um ihre Gunst wetteifern, kommen fünfhundert zerkaute und wieder ausgespuckte Mädchen, die an Bordellkrankheiten sterben. Sicher ist das nur ein schwacher Trost für eine Frau von deinem Stand, und ich weiß, dass du ein besseres Leben verloren hast als wir anderen, aber das Haus der Schwestern ist nur dann die Hölle und ein Gefängnis, wenn du so denkst. Die Meister und Novizen sind gut zu uns. Die Gabenspende ist eine ungewöhnliche Pflicht, aber unterscheidet sie sich wirklich so sehr von der Pflicht, die jeder Mann von seiner Ehefrau verlangt? Auf jeden Fall werden nur wenige Ehefrauen dafür bezahlt - sehr wenige.»

Yayois Argumente machen Orito Angst. «Aber zwanzig Jahre!»

«Die Zeit vergeht. Schwester Hatsune verlässt uns in zwei Jahren. Sie erhält ein Ruhegeld und darf sich an dem Ort niederlassen, wo ihre Gaben leben. Viele ehemalige Schwestern schreiben an Äbtissin Izu, und ihre Briefe sind zärtlich und voller Dankbarkeit.»

Schatten wiegen sich zwischen den niedrigen Dachsparren und erstarren.

«Warum hat die letzte Jüngste Schwester sich erhängt?»

«Die Trennung von ihrer Gabe hat ihr den Verstand genommen.»

Orito lässt ein wenig Zeit verstreichen. «Und du kannst das ertragen?»

«Natürlich tut es weh. Aber sie sterben ja nicht. Sie sind in der Unteren Welt, umsorgt und gut genährt, und sie denken an uns. Wenn wir möchten, dürfen wir sie nach dem Abstieg sogar besuchen. Es ist ein ... sonderbares Leben, das gebe ich zu, aber wenn du dir das Vertrauen von Meister Genmu und der Äbtissin erwirbst, muss es kein entbehrungsreiches oder vergeudetes Leben sein ...»

An dem Tag., an dem ich das glaube, denkt Orito, gehöre ich dem Shiranui-Schrein.

«... und du hast mich», sagt Yayoi, «was immer meine Freundschaft wert sein mag.»