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Liebe Katy,

ich bedaure, Ihnen Unannehmlichkeiten zu bereiten, aber ich muss Sie leider bitten, mich so bald wie möglich zu besuchen. Ich bin mir sicher, es ist weder in Ihrem noch in meinem Interesse, wenn Sie das zu lange hinauszögern.

 

Mit freundlichen Grüßen
E. J. Ivanisovic

 

Das gleiche Briefpapier, dieselbe zittrige Handschrift. Der Ton hingegen auffällig anders. Das erste Schreiben war lediglich eine freundliche Anfrage. Dies hier ist ein Befehl  –  mit einem drohenden Unterton. Diese Wendung, es ist weder in Ihrem noch in meinem Interesse, wenn Sie das zu lange hinauszögern, ist schlicht und einfach Erpressung.

Was ist zu lange? Wie schnell ist so bald wie möglich? Und ich kann die Fühler auch nicht am Telefon ausstrecken, weil diese verfluchte Frau angeblich schwerhörig ist.

Lange sitze ich da und starre den Brief an. Nur eine Seite diesmal. Kein überflüssiges Wort. Die Logik sagt mir, dass sie eigentlich gar nichts wissen kann. Aber folgt das Leben jemals den Gesetzen der Logik? Es gibt immer den unbekannten Faktor X. Die eine Sache, die man nicht einkalkuliert hat, die sich aus dem Nichts anschleicht und dich kalt erwischt. Ich brauche mir erst gar nicht die Mühe zu machen, weiter über die Taktik des Gartenhäuschenprojekts nachzudenken. Der Brief verkündet mit jeder Silbe: Verarsch mich nicht. Laut und deutlich  – Schwing deinen Hintern hierher, oder du wirst es bereuen. Okay, Botschaft erhalten und verstanden.

Dummerweise ist »hierher« eine Adresse in Sedgefield, was zufällig ein paar Hundert Meilen entfernt ist. Als Mr Ivanisovic in den Ruhestand ging, zogen er und seine Frau nach Norden, um näher an Mrs Ivanisovics Familie zu sein. Denn Mrs Ivanisovic stammt von dort  –  nicht aus einem fernen osteuropäischen Land –, sie ist eine Farmerstochter aus dem County Durham. Es muss ein Schock für die dort ansässige Gesellschaft gewesen sein, als sie Mrs Ivanisovic wurde. Bevor der große Goran mit dem beinahe gleichlautenden Nachnamen in Wimbledon von sich reden machte, hatte sie ihren Namen sicher bereits tausendmal für andere Leute buchstabieren müssen.

Sie waren ein sonderbares Pärchen, die Ivanisovics. Sie war ruhig, reserviert und zweifellos in der Erwartung erzogen worden, in eine gute alteingesessene Familie einzuheiraten. Dannys Vater war das genaue Gegenteil: dunkel, während sie blond war, leicht erregbar und ein wenig exotisch  –  ein wildes Balkangewächs, in englische Erde verpflanzt, nachdem er in den Dreißigern im Rahmen eines Maschinenbaustipendiums dorthin gekommen war. Er kämpfte mit unseren Truppen gemeinsam gegen die Deutschen, fand in Friedenszeiten eine Anstellung in den Midlands und kehrte einfach nie wieder nach Hause zurück, weil er sich irgendwo unterwegs in ein Mädel aus Durham verliebt hatte. Seltsamerweise war er es, nicht sie, dessen Akzent hin und wieder die nördliche Herkunft verriet. Mrs Ivanisovic hingegen hatte eine perfekte BBC-Aussprache.

Danny kam im Aussehen nach seinem Vater. Er flirtete auch mit dem Katholizismus seines Vaters, zog die barocke Sinnlichkeit der katholischen Messe dem kargen Protestantismus seiner Mutter vor. Auch hier waren die Ivanisovics Welten voneinander entfernt: Er stand für die Glocken und Gerüche von Father McMahons römischer Enklave, sie für den Marmeladeverkauf für wohltätige Zwecke und das Singen der Jerusalem-Hymne im roten Backsteingebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Trotz ihrer Gegensätze himmelten sie einander an und vergötterten auch ihr einziges Kind. Sein Verlust ließ das Glück aus ihrer beider Leben schneller herausströmen als Blut aus einer durchtrennten Arterie.

Einer Anmerkung auf einer von Mrs Ivanisovics Weihnachtskarten entnahm ich, dass ihr Mann bald nach dem Umzug nach Sedgefield gestorben war. Ich konnte sie mir lebhaft vorstellen, erstarrt in ehrwürdiger Witwenschaft und nach außen hin keinerlei Gefühle zeigend. Überrascht stelle ich nun fest, dass ich ihr Bild nicht mehr klar vor Augen habe. Sie war, glaube ich, jünger als er, aber nur unwesentlich. Ich hatte immer ein wenig Angst vor ihr, obwohl sie sehr freundlich zu mir war. Dieser zweite Brief wirkt irgendwie falsch: völlig untypisch. Aber wenn sich irgendjemand an Trudie erinnern und anfangen würde, nach ihr zu fragen, wäre es Dannys Mutter. Sie wusste, dass Trudie im Haus gewohnt hatte, und muss sich vor Kurzem gefragt haben, was wohl aus ihr geworden sein mochte  –  nach wie vor natürlich weit davon entfernt, die Wahrheit auch nur zu ahnen.

Dann überfällt mich mit einem Mal blitzartig die Erinnerung an ihr Gesicht. Ich sehe sie vor mir, wie sie im Wohnzimmer von Simons Onkel sitzt, auf dem Rand des Sofas thronend und eine Tasse mit Untertasse balancierend. Ich entsinne mich an ihren Ausdruck, der irgendwo zwischen Belustigung und Empörung schwankte, als Trudie verkündete: »Die anderen haben mich am Strand aufgelesen  –  wie eine Muschel  –  und mit nach Hause genommen.«

Das war typisch für Trudie  –  eine charmante Lüge, auf eine Art verpackt, dass man halb darüber lächeln musste und halb daran glaubte. Denn in Wahrheit war es Trudie gewesen, die sich wie eine Klette an uns hängte, und wir hatten sicher niemals die Absicht, sie nach Hause mitzunehmen; doch als die Reifenpanne endlich behoben war, stand außer Frage, dass wir nicht vor Mitternacht zurück im Haus sein würden. Das ländliche England und Wales klappte um halb zehn Uhr abends die Bürgersteige hoch, und während wir durch dunkle Dörfer fuhren, war völlig klar, dass uns nichts anderes übrig bliebe, als Trudie ein Bett für die Nacht anzubieten.

Als wir am Haus ankamen, waren wir alle erledigt. Ich begann zu frieren, sobald wir aus der Wärme des Wageninneren stiegen, und rieb mir die vor der Brust gekreuzten Arme. Danny bemerkte es und zog mich an sich, während wir darauf warteten, dass Simon die Haustür aufsperrte. Das Haus fühlte sich schrecklich leer und abweisend an. Meine Badeschlappen klatschten auf den Steinboden der Diele, und unsere Stimmen hallten unnatürlich laut. Ich beobachtete Trudies Miene, als sie sich umschaute, versuchte abzuschätzen, was ihr durch den Kopf ging. Simon meinte, sie könne das Zimmer mit dem Messingbett haben, und so zeigte ich ihr den großen Schrank, in dem die Bettwäsche aufbewahrt wurde, und überließ es ihr, das Bett zu beziehen.

Wir drei wohnten damals schon zwei Wochen in dem Haus, aber die Arbeiten im Garten kamen nur sehr langsam voran. Frei von den Beschränkungen, die uns zu Hause und im Studium auferlegt waren, konnten wir ganze Tage im Bett vertrödeln oder in Simons Wagen durch die Gegend fahren. Wir redeten und lachten stundenlang, und trotz unserer Vertrautheit war unser Interesse an der Meinung des anderen noch nicht verbraucht. Das Leben war plötzlich voller aufregender neuer Möglichkeiten, wie nackt im Speichersee zu schwimmen oder sich mit Unmengen von Wodka und Limes zu betrinken. Obwohl Simon und Danny bei Weitem nicht so behütet aufgewachsen waren wie ich, waren wir alle gleichermaßen von diesem Gefühl der Freiheit erfüllt. Wie Kinder, die draußen spielen durften, waren wir voller Ideen  –  ohne Eltern, die uns zurückhielten, gab es nichts, was wir nicht tun könnten. Es wurde sehr viel davon geredet, die schönen Plätze der Umgegend zu erkunden, alte Klöster und verfallene Schlösser: Pläne, die meist nicht verwirklicht wurden, da sie langen Nächten und einer allgemeinen Weigerung, vor zwölf aufzustehen, zum Opfer fielen. Danny hatte bereits begonnen, größere und bessere Pläne zu entwerfen. »Nächstes Jahr könnten wir nach Italien gehen«, sagte er. »Uns Rom ansehen und Florenz  –  vielleicht auch Venedig.«

»Gestern wolltest du noch nach Spanien«, wandte ich ein.

»Dorthin könnten wir auch. Was haltet ihr davon, durch Europa zu fahren? Wir könnten ein Zelt mitnehmen und den ganzen Sommer über herumreisen.«

Seine Begeisterung war ansteckend. Praktische Erwägungen hatten da keinen Platz. Die große Europatour im nächsten Sommer war in diesen Anfangstagen ein häufiges Gesprächsthema. Es verstand sich von selbst, dass Simon in diese Pläne mit einbezogen war  –  abgesehen von allem anderen war er der Einzige von uns, der richtig Auto fahren konnte.

In der Zwischenzeit bestand die Gartengestaltung, obwohl der Rasen gestutzt und halbherzig auch ein wenig Unkraut gerupft worden war, nach wie vor lediglich aus einer Reihe von Entwürfen und einer Menge guter Absichten. Und das galt ebenso in Bezug auf meine Hausfrauenrolle. Hin und wieder staubte ich ein wenig ab, was mir nichts ausmachte, weil ich mit der großen Sammlung von Objekten in Berührung kam, die in den unteren Räumen verstreut war  –  vieles davon, wie es mir schien, antik und vielleicht sogar sehr wertvoll. Doch meine Bemühungen reichten nur so lange, bis sich die erste Ablenkung bot, sei dies in Form eines modrig riechenden Buches, das ich entdeckte, oder irgendeiner neuen Zerstreuung, die sich Simon und Danny ausgedacht hatten. Meine Sonnenbräune nahm mit jedem Tag zu, aber dieser Fortschritt fand keine Entsprechung in der Küche, wo meine erbärmlichen kulinarischen Fähigkeiten uns zu einer Ernährung verdammten, die sich auf Fertiggerichte mit genauen Kochanweisungen beschränkte: ein Repertoire aus Currygerichten und Fischstäbchen, was in dieser Anfangszeit nur gelegentlich zu Beschwerden führte.

Die große Küche, in der diese Mahlzeiten zubereitet und konsumiert wurden, okkupierte eine Ecke des Erdgeschosses. Sie war entsetzlich altmodisch, in Krankenhausgrün und Beige gestrichen, mit einem Boden aus quadratischen Steinplatten, die kalt an den Füßen waren, egal, wie warm es sonst auch sein mochte. Seit unserer Ankunft war die Küche mit jedem Tag schmutziger geworden, trotz meiner sporadischen Anstrengungen, den Abwasch in den Griff zu bekommen. Immer standen schmutzige Tassen und Teller herum, und auf dem Abtropfgestell stapelte sich eine waghalsig aufgetürmte Pyramide aus Geschirr, das zum größten Teil niemals den Schrank von innen sah. Es wurde wieder in Gebrauch genommen, ehe jemand von uns sich dazu aufraffen konnte, es wegzuräumen.

An dem Morgen nach unserem Ausflug an die Küste folgten Danny und ich unserer alten Gewohnheit, bis mittags im Bett zu bleiben. Als ich schließlich aufstand und in die Küche hinuntertrottete, war ich überrascht  – und zugegebenermaßen leicht pikiert –, Trudie am Spülbecken vorzufinden. Sie hatte ihr Haar zurückgebunden, um es aus dem Weg zu haben, spülte Seifenlauge aus einer Rührschüssel und stellte sie, während ich zuschaute, auf das Abtropfgestell. Die Geschirrpyramide war verschwunden; ersetzt durch eine Reihe kürzlich benutzter Utensilien und die Rührschüssel. Auf dem Herd köchelte es in einem geschlossenen Kochtopf, und aus dem Rohr strömte unverkennbar Backgeruch.

Sie musste mein Nahen bemerkt haben, weil sie sich lächelnd zu mir umdrehte. »Ich hoffe, das ist in Ordnung. Ich koche für alle Mittagessen. Suppe und Obstkuchen. Ich habe alles, was ich brauchte, in der Vorratskammer gefunden. Es ist mein Dankeschön an euch, weil ich hier übernachten durfte.«

Ich wollte gerade irgendetwas Unfreundliches murmeln, aber Simons Ankunft machte mir einen Strich durch die Rechnung; zweifellos angezogen durch den Duft von ordentlichem Essen, kam er herein und schnüffelte wie ein Hund, der sehr lange nichts zu fressen bekommen hatte.

Normalerweise ehrten wir unseren Zwölf-Uhr-Imbiss nicht mit der Bezeichnung Mittagessen, aber an diesem Tag saßen wir an dem großen Küchentisch und aßen wie zivilisierte Menschen. Gegen Ende der Mahlzeit verkündete Simon, er werde in die Stadt fahren, um ein paar Dinge einzukaufen.

»Super«, sagte Danny. »Wenn du dir von allen leeren Pullen das Pfand zurückgeben lässt, reicht das wahrscheinlich für das gesamte Essen in der nächsten Woche.«

Simon grinste. Die Menge an Alkohol, die wir bewältigten, war bei uns zu einem Insiderwitz geworden. »Ich muss sowieso in den Getränkeladen  –  ich kann es nicht ausstehen, wenn das Bier knapp wird.«

An dieser Stelle warf Trudie ein, sie werde rasch ihre Sachen zusammenpacken, um mit in die Stadt zu fahren, und Simon überraschte uns alle, indem er Trudie fragte, ob sie nicht ein paar Tage bei uns bleiben wolle.

Trudie packte die Gelegenheit beim Schopf. »Ihr seid echt super«, sagte sie. »Und dieses Haus, der tolle Garten  – ich habe das Gefühl, ich könnte für immer hierbleiben.«

»Du kannst Katy beim Kochen und dem anderen Kram helfen«, sagte Simon.

Ich war halb sauer, halb erleichtert darüber, meiner Stellung als alleinige Köchin und Geschirrspülerin unerwartet enthoben worden zu sein. Andererseits erwartete ich von Simon nicht, dass er meine Meinung zu diesem Thema einholte, bevor er Trudie zur aktiven Mithilfe einlud. Ich war es einfach nicht gewohnt, dass man mich zu Rate zog. Zu Hause waren es meine Eltern, die das Sagen hatten  –  hier waren es Simon oder Danny.

Und so fuhr Trudie an diesem Nachmittag zwar mit Simon nach Kington, ließ jedoch ihre Gobelinreisetasche im Haus. Damals machte ich mir keine großen Gedanken darüber, dass wir über Trudie, obwohl sie sehr viel redete, nach wie vor so gut wie nichts wussten. Weit mehr beschäftigte mich, ob sie das Interesse an Danny verloren hatte und sich jetzt an Simon heranmachen würde. Jedenfalls interpretierte ich Simons Einladung nur allzu gern als ein Zeichen dafür, dass sich zwischen den beiden vielleicht etwas anbahnte.

Uns selbst überlassen, gingen Danny und ich in den Garten hinaus und legten uns in die Wiese. Für andere Aktivitäten war es zu heiß. Abgesehen von einem einzelnen Kondensstreifen war der Himmel makellos blau. Ich überlegte gerade, was Trudie wohl so Besonderes in dem Haus und dem Garten sehen mochte, als Danny meinen Gedankenfluss unterbrach.

»Ich frage mich, wie lange dieses Wetter noch anhalten wird«, sinnierte er.

»Hoffe lieber, dass es nicht umschlägt, bevor du mit der Arbeit beginnst«, sagte ich. »Es wäre grässlich, wenn du im Regen herumbuddeln müsstest.«

»Es ist immer noch massenhaft Zeit.«

»Ich weiß. Fast drei Monate, bis Simons Onkel zurückkommt.«

»Ich wette, im Auto ist es nicht so heiß«, sagte Danny.

»Hoffentlich denkt Cecile daran, die Karten abzuschicken«, sagte ich.

Cecile war die Kommilitonin aus der Pädagogischen Hochschule, mit der ich angeblich nach Frankreich gereist war, um den Sommer über auf der Obstplantage ihres Onkels als Erntehelferin zu arbeiten. Ich hatte ihr einen Packen Briefkarten mitgegeben, die in angemessenen Abständen an meine Eltern geschickt werden sollten und von mir vorher mit nichtssagenden Mitteilungen beschrieben worden waren, die sinngemäß darauf hinausliefen, dass ich Spaß hatte, die Arbeit anstrengend war, das Wetter gut, Ceciles Familie nett und ähnlich leeres Gewäsch: Alles dazu angetan, meine Eltern davon zu überzeugen, dass ich in Frankreich unter der Aufsicht der Familie meiner Freundin fleißig arbeitete und nicht mit meinem Freund im ländlichen Herefordshire vögelte. Damals war es nämlich nicht üblich, dass anständige Mädchen mit ihrem Freund während der Sommerferien zusammenwohnten  – jedenfalls nicht in meiner Familie.

Als Trudie und Simon an jenem Nachmittag zurückkehrten, hatten sie eine prall gefüllte Tragetasche mit frischem Obst und Gemüse dabei. Am Abend gab es ein Festmahl aus Würstchen, Folienkartoffeln und Gemüse. Als ich mir mehr Bratensoße auf den Teller lud, stellte ich fest, dass ich mich mit jeder Minute mehr für Trudie erwärmte. Es war für uns seit vierzehn Tagen das erste anständige Essen.

Simon schien der Meinung zu sein, dass Trudie unser Team vervollständigte  –  wenn sie mir bei der Hausarbeit half, sagte er, könnten Danny und er sich ganz auf den Garten konzentrieren (wiewohl mir nicht aufgefallen war, dass das Kochen und die Hausarbeit sie übermäßig von der Arbeit abgelenkt hätten). Er versprach, gleich am nächsten Tag mit der Aushebung des Teiches zu beginnen, verstieg sich sogar zu so kernigen Bemerkungen wie »mit Volldampf voraus«, wozu Danny ihm mit einer halb geleerten Flasche Newcastle Brown zuprostete.

Es war nett, dachte ich, dass Simon nun auch jemanden hatte  –  denn daher schien der Wind zu wehen. Und nicht einfach irgendjemanden. Es ließ sich nämlich nicht bestreiten, dass Trudie schön war. Ich glaube, ich hatte sie am Vortag nicht richtig in Augenschein genommen, aber jetzt konnte ich es sehen. Sie hatte wohlproportionierte Züge, dunkelbraune Augen und einen Mund wie aus einer Lippenstiftreklame. Die locker sitzende Bluse und der Maxirock, die sie am Strand getragen hatte, hatten ihre Figur verhüllt, die nun durch die abgeschnittenen Jeansshorts und ein bis unter die Brust hochgerolltes weißes Baumwoll-Shirt mehr als betont wurde. Trudie sah absolut atemberaubend aus. Kein Wunder, dass Simon sie zum Bleiben aufgefordert hatte.

All dies trug dazu bei, dass Trudie einen gefährlich nachhaltigen Eindruck hinterließ. Mrs Ivanisovic hatte sie nur einmal gesehen  –  aber es musste genügt haben.

Ich will mich dem Brief nicht stellen, aber habe ich eine Wahl?

 

Liebe Mrs Ivanisovic,

ich werde am Mittwoch, dem 25., um vierzehn Uhr zu Ihnen kommen, es sei denn, Sie teilen mir mit, dass Ihnen dieser Termin nicht passt.

 

Mit freundlichen Grüßen
K. Mayfield