7

Am folgenden Abend beendeten Leesil und Magiere einen weiteren anstrengenden Tag. Erneut waren sie lange durch Bela unterwegs gewesen und hatten mit den Leuten aus Schetnicks Berichten gesprochen, die sie finden konnten. Trotz ihrer Bemühungen erfuhren sie nichts Neues.

Magieres Sorge in Hinsicht auf den Preis von Kutschen und Leesils Widerwille, sich dem Rücken eines Pferds anzuvertrauen, führten dazu, dass sie viel zu Fuß gingen. Chap hinkte ein wenig; die Pflastersteine der Stadt hatten seine Pfoten wund gescheuert. Aber noch entmutigender für Leesil war der Umstand, dass sie nicht vorankamen.

Zurück in der »Klette« saßen sie in ihrer staubigen Kleidung im Schankraum, froh darüber, nicht mehr laufen zu müssen. Leesil löste das Tuch, schüttelte sein Haar frei und kratzte sich ausgiebig am Kopf.

»Möchtet ihr zu Abend essen?«, fragte Milous, der Wirt. »Wir haben geschmortes Hammelfleisch und frisches Brot. Gestern sind einige Fässer dröwinkanisches Bier eingetroffen. Das beste.«

»Herrliche Worte«, sagte Leesil und rang sich ein Lächeln ab. »Hammelfleisch und Brot für alle. Und gewürzten Tee.«

»Das Gleiche für dich, Fräulein?«

»Ja, Gewürztee«, bestätigte Magiere müde.

»Kommt sofort.« Milous sah auf Chap hinab, der erschöpft neben dem Tisch lag. »Hm, als du eben ›für alle‹ gesagt hast …«

»Gib etwas in einen Napf für ihn«, sagte Leesil. »Und bring auch Wasser.«

Der stämmige Wirt seufzte, schüttelte den Kopf und ging, um das Essen zu holen.

Ein kleiner Kamin gab dem Raum warmes Licht. Der Gasthof war bequem und sauber, aber alles andere als luxuriös. Es gab nur zwei andere Gäste. Sie saßen neben der Eingangstür, rauchten Tonpfeifen und sprachen leise miteinander. Der junge Vàtz brachte ihnen Zinnkrüge auf einem alten Holztablett.

Leesil dachte an den großen Steinkamin mitten im Schankraum des »Seelöwen«, an seinen Pharo-Tisch, an Chap, der wachsam um den Kamin schlich, und an Magiere, die in ihrer Lederweste – oder vielleicht ihrem blauen Kleid – hinter der Theke stand.

»Kein Vergleich mit unserer Taverne, nicht wahr?«, sagte Magiere.

Leesil drehte den Kopf und begegnete ihrem Blick. Offenbar hatte sein Gesicht zu deutlich gezeigt, was ihm durch den Kopf gegangen war.

»Nein, wohl kaum«, gab er zurück. »Wer hätte gedacht, dass ich Heimweh bekomme?«

Magiere zögerte einige Sekunden, bevor sie antwortete.

»Wenn es so weitergeht wie heute, wird es noch eine ganze Weile dauern, bis wir heimkehren können. Wir sollten Schetnick bitten, uns zu benachrichtigen, wenn er von einem neuen Angriff erfährt. Vielleicht findet Chap eine Spur, wenn wir den Tatort schnell genug erreichen.«

Leesil runzelte die Stirn. Ihm lag nichts daran, ausgerechnet Schetnick um Hilfe zu bitten.

»Falls ein neuer Angriff gemeldet wird«, sagte er. »Und außerdem treiben sich dort draußen zwei Untote herum. Nun, Kummer und Arroganz nagen an Lanjows Geduld. Wenn wir bezahlt werden wollen, müssen wir den Adligen aus deiner Vision finden, und zwar schnell. Wir haben keine Anhaltspunkte, und das wenige, das wir in Erfahrung bringen konnten, weist auf eine blonde Frau mit hellblauen Augen hin.«

»Was schlägst du vor?«

»Ich weiß nicht.« Leesil schüttelte den Kopf. »Früher oder später kommt es zum Kampf, und wir sollten uns darauf vorbereiten. Diesmal sind wir völlig allein und können keine spezielle Falle vorbereiten. Wir müssen die Untoten jagen und dabei so lange wie möglich unentdeckt bleiben.«

»Das wissen wir bereits«, sagte Magiere. »Was ist mit deinem kleinen Ausflug zum Waffenschmied?«

»Es geht nicht nur um die Jagd«, antwortete Leesil und schüttelte erneut den Kopf. »Und du wirst bald sehen – sehr bald, hoffe ich –, was der Waffenschmied für mich anfertigt.«

Magiere schien weitere Fragen stellen zu wollen, aber Leesil kam ihr zuvor.

»Es gilt, die Geschöpfe zu finden, solange sie ahnungslos sind. Wenn sie zusammenarbeiten, so müssen wir sie uns einzeln vornehmen. Ich möchte sie überraschen und ihnen gegenüber im Vorteil sein. Was schnelle Anpassung der Taktik und richtige Ausrüstung erfordert.«

Magiere sah ihn von der anderen Seite des Tisches her an. Das Licht des Kamins gab ihrer blassen Haut einen bernsteinfarbenen Ton und schuf in ihrem schwarzen Haar hier und dort einen scharlachroten Glanz. Leesil war so zerstreut, dass er nicht den Argwohn in Magieres Augen bemerkte. Ihr Gesicht mochte von Erschöpfung gezeichnet sein, war aber trotzdem schön.

»Wie in deinen alten Zeiten, nicht wahr?«, fragte sie, aber ohne Wärme in der Stimme.

Leesil versteifte sich. »Was?«

»Du hast so etwas schon einmal getan.«

Leesil vermutete, dass sie ihn aufzog. »Das gilt für uns beide …«

»Nein«, unterbrach sie ihn.

Er war völlig verwirrt. »Wovon redest du?«

»Erst in Miiska ist mir klar geworden, wie schlau und sogar verschlagen du bist«, sagte Magiere. »Du warst immer sehr flink, und ich habe beobachtet, wie du selbst einen doppelt so schweren Gegner zu Boden geschickt hast. Aber es steckt mehr dahinter, nicht wahr? Vielleicht hat es etwas mit deinem morgendlichen Verschwinden zu tun.«

Leesils Anspannung wuchs immer mehr. Dies war nicht der geeignete Zeitpunkt, ihr Dinge zu erklären, von denen sie besser nichts wusste.

»Und in letzter Zeit bist du so …« Magiere zögerte, und Leesil beobachtete, wie sich Entschlossenheit in ihrem Gesicht ausbreitete. »Warst du ein Dieb, bevor wir uns begegnet sind?«

So etwas hatte sie ihn nie gefragt. Während ihres Lebens auf der Straße hatten sie es sich zum Prinzip gemacht, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Es gab nur die Gegenwart und vielleicht den nächsten Tag, und alles andere spielte keine Rolle.

»Ich war jemand, der ein anderes Leben geführt hat«, entgegnete Leesil schließlich. »Jemand, den du nicht kennen möchtest. Jetzt bin ich jemand, der eine gute Armbrust braucht.«

Magiere sackte auf ihrem Stuhl in sich zusammen.

»Na schön. Morgen beschaffen wir uns eine.« Sie sah geistesabwesend zum Feuer. »Wir bereiten uns so gut wie möglich vor, und wenn wir die Untoten entdecken … Dann gehen wir, wenn es die Umstände zulassen, so vor wie in Miiska. Wir suchen ihr Versteck und erledigen sie, bevor die Sonne untergeht. Beim letzten Mal hätte alles geklappt, wenn es uns gelungen wäre, sie eher zu finden.«

Leesil spürte, wie seine Anspannung nachließ, ohne ganz zu verschwinden. Er konnte Magiere nicht beliebig oft ausweichen und erreichte allmählich den kritischen Punkt.

»Wenn wir es richtig anstellen, kommt es vielleicht gar nicht zu einem Kampf«, sagte er.

»Oder zu der Notwendigkeit, irgendetwas niederzubrennen«, fügte Magiere hinzu, ohne ihn dabei anzusehen.

Sie sprach nicht in einem vorwurfsvollen Ton, aber selbst wenn das der Fall gewesen wäre, es hätte keine Rolle gespielt. Sie war bewusstlos gewesen und hatte viel Blut verloren. Rashed war hinter ihnen her gewesen, und es hatte einfach keine andere Wahl gegeben. Deshalb hatte Leesil Miiskas größtes Lagerhaus niedergebrannt, ohne zu zögern. Für ihn war völlig klar gewesen, was an erster Stelle kam, und er hätte die gleiche Entscheidung noch einmal getroffen.

Er faltete die Hände auf dem Tisch und betrachtete die von Zähnen stammenden Narben an seinem Handgelenk.

»Wenn es zu einem Kampf kommt, und wenn du noch einmal verletzt wirst …«, sagte er in dem Versuch, Magiere zu beruhigen. »Ich werde für dich da sein. Ich weiß jetzt, was es zu tun gilt.«

Als er den Kopf hob, starrte Magiere ihn mit weit aufgerissenen Augen an.

»Sag das nie wieder«, zischte sie.

Magiere presste die Hände fest auf den Tisch, und Leesil glaubte, das Knarren von Holz zu hören. Sie biss die Zähne zusammen, und in ihrem Gesicht rangen Furcht und Zorn miteinander, als sie ihn ansah.

»Magiere, ich meinte doch nur …«

»Ich weiß, was du meintest.«

Sie wich vom Tisch zurück. Leesil sah, wie sich ihr Zorn auflöste und etwas Schmerzvollem wich.

»Ich bin müde«, hauchte sie. »Ich gehe nach oben und lege mich schlafen.«

»Du musst etwas essen. Ich wollte dir nur ein wenig Mut zusprechen. Dies ist nicht das alte Spiel. Du solltest wissen, dass ich bei dir bin, was auch immer geschieht.«

»Sei kein Dummkopf«, sagte Magiere, und ihre Stimme bekam den üblichen, mürrischen Klang zurück. »Ohne dich und Chap wäre dies alles überhaupt nicht möglich.«

Leesils Herz machte einen Sprung in der Brust, und er nickte. Er wusste nicht genau, was gerade geschehen war, aber er hielt es für besser, nicht ausgerechnet jetzt nach Antworten zu suchen.

»Ich habe eine Idee«, sagte er. »Bela ist eine große Stadt, die größte an diesem Ende des Kontinents, und bisher haben wir nur gearbeitet. Vergessen wir das geschmorte Hammelfleisch. Lass uns etwas Besonderes genießen. Bestimmt gibt es hier irgendwo ein Restaurant für die Oberklasse oder ein exotisches Esslokal. Bis morgen früh können wir nichts mehr tun. Warum vergnügen wir uns nicht ein wenig?«

»Bist du nicht müde?«, fragte Magiere verwundert.

»Ich bin fix und fertig. Mir fallen gleich die Füße ab.« Leesil lächelte. »Aber lass uns trotzdem losgehen.«

Er beobachtete, wie sich Magiere entspannte. Er versuchte nur selten, sie zu bezirzen, aber er wusste, dass seine gute Laune anstreckend sein konnte.

»Wir wissen nicht, wie lange wir noch in der Stadt sind.« Magiere schüttelte den Kopf. »Unser Geld muss so lange reichen. Ich glaube, wir haben genug, wenn wir vorsichtig damit umgehen.«

Leesil stöhnte laut und sank auf den Tisch.

»Na schön, genug davon«, sagte Magiere. »Du hast einen Tauschhandel mit dem Waffenschmied vereinbart und außerdem noch die Münzen, die ich dir auf dem Schoner gegeben habe. Ich schätze, wir können es uns leisten, den Rest deines Geldes auszugeben.«

Leesil versuchte, nicht vor Verlegenheit zu erröten, als er mit einem unschuldigen Lächeln aufsah. »Oh, habe ich dir das nicht gesagt? Ich …«

»Hast du es verloren?«, fragte Magiere. »Alle Münzen? An die Matrosen?«

»Nun, ich musste meinen Teil des Getränks bezahlen, und dann habe ich beim Kartenspiel einige Male verloren, nur um höflich zu sein. Ich war gerade dabei zu gewinnen, als Chap plötzlich Alarm schlug, und …«

»Du warst zu betrunken für den Kampf!«, rief Magiere und schlug so wuchtig auf den Tisch, dass er wackelte. »Ich habe gesehen, wie du mit blutüberströmtem Gesicht gekämpft hast, aber selbst nüchtern bist du nur ein zweitklassiger Spieler.«

»Das stimmt nicht!«

»Ich fasse es nicht, dass du erst jetzt damit herausrückst«, fuhr Magiere fort. »Du hast alles an einige betrunkene Seeleute verloren?«

»Ich glaube, es sind einige Groschen übrig«, sagte Leesil.

Magieres Lippen bewegten sich, aber sie brachte keinen Ton hervor und stand so plötzlich auf, dass der Stuhl umfiel. Sie eilte zur Treppe und sah nicht zurück.

»Sie sollten dir für den Abend in der Stadt reichen«, knurrte sie. »Hab beim nächsten Mal genug Vertrauen, mir alles zu sagen, bevor du dazu gezwungen bist.«

Magiere nahm zwei Stufen auf einmal, und Leesil hörte, wie oben eine Tür zufiel. Er sah auf Chap hinab.

»O ja, ich sollte ihr vertrauen, weil sie so viel Verständnis zeigt«, kommentierte er sarkastisch.

Chap grollte leise. Bevor Leesil noch über die seltsame Reaktion des Hunds nachdenken konnte, stand Chap auf und lief die Treppe hoch.

Leesil sah ihm verwirrt nach. Er hätte Magiere davon erzählen sollen, doch sie hätte ihn in jedem Fall angeschrien. Nun, wenn sie die Wunder des Nachtlebens von Bela nicht kennenlernen wollte … Er brauchte mehr als zuvor eine Abwechslung.

Der Wirt kehrte mit dem Tee zurück.

»Das Hammelfleisch kommt gleich«, sagte er und sah sich um. »Wo sind die junge Frau und der Hund?«

Leesil brummte und verzichtete auf eine Erklärung.

»Schick ihr das Essen aufs Zimmer. Ich speise heute Abend nicht hier. Kannst du mir ein Lokal in der Stadt empfehlen, das man unbedingt besuchen sollte?«

Der Wirt runzelte die Stirn. »Wie wär’s mit dem ›Eschenwald‹? Dort gibt es eins der größten Spielzimmer in Bela.«

»Perfekt«, sagte Leesil.

Chane wartete auf der Treppe, die Tasche voller Einkäufe, als Toret die Eingangstür ihres Hauses aufschloss. Es war ein anstrengender Abend gewesen, und er hatte noch immer das ständige Klagen seines Herrn in den Ohren.

Sie waren nach Sonnenuntergang durch die einfachen Märkte und Läden gezogen, und Chane hatte mit großer Umsicht alle erforderlichen Dinge gekauft. Dabei musste er sich von Toret immer wieder die gleichen Fragen anhören. Warum hatte er hiermit bis zum letzten Moment gewartet? Warum hatte er sich nicht allein auf den Weg gemacht? Warum hatte Chane die Dinge nicht schon vor einer ganzen Weile bestellt, damit sie rechtzeitig geliefert oder abgeholt werden konnten?

Jedes Mal erklärte es Chane mit mehr oder weniger Geduld. Einige der Dinge brauchte er frisch, und bei anderen musste er nach Gefühl über ihre Eignung entscheiden, was bedeutete, dass Torets Präsenz notwendig war.

Der erste Grund stimmte durchaus. Außerdem war es besser, das Benötigte in verschiedenen Geschäften zu kaufen, um keine zu offensichtliche Spur zu hinterlassen. Manche Apotheker wurden vielleicht misstrauisch, wenn man sie nach einer gewissen Kombination von Dingen fragte. Arkane Beschwörungen waren nicht wie die Zauberei verboten, aber auch nicht so willkommen wie Thaumaturgie oder die angesehene Theurgie.

Der zweite Grund war natürlich eine Lüge. In Wirklichkeit brauchte Chane Torets Präsenz nicht, aber die Behauptung diente einem bestimmten Zweck. Chane suchte noch immer nach einer Möglichkeit, sich von dem Gehorsamszwang seinem Herrn gegenüber zu befreien. Es mochte sich lohnen, Torets Nerven zu belasten und die seltsame Unruhe in ihm zu schüren, die ihn seit der Nacht begleitete, in der er die geheimnisvolle Nachricht erhalten hatte. Chane ärgerte sich noch immer darüber, ihn bei jener Gelegenheit nicht belauscht zu haben. Etwas war geschehen, nachdem er das Haus zusammen mit Saphir verlassen hatte. Bei seiner Rückkehr kurz vor Sonnenaufgang war Toret fast außer sich gewesen, hatte aber nicht auf den Grund dafür hingewiesen. Stattdessen hatte er Chane zwei Aufträge gegeben: Er sollte die Arbeit dieses Abends vorbereiten und seinen Helfer einsetzen, um nach zwei Personen zu suchen, einer Frau mit schwarzem Haar und heller Haut und ihrem Begleiter, einem Halbblut.

Hinzu kam: So lästig und anstrengend der Ausflug an diesem Abend auch sein mochte – er gab Chane für die Zukunft neue Möglichkeiten. Wenn er später noch einmal eine solche Tour erwähnen würde, würde ihn Toret vermutlich auffordern, allein zu gehen.

Chane folgte Toret ins Foyer ihres Hauses. Als sie die Mäntel abnahmen, kratzte ein entzücktes Quieken an Chanes Nerven. Er sah auf, und ihm stockte der Atem.

Saphir kam die Treppe herunter, mit einem Funkeln in den übertrieben geschminkten Augen und einem zügellosen Lächeln auf den weinroten Lippen. Aber es war nicht ihr Gesicht, dem Chanes Aufmerksamkeit galt.

»Sehe ich nicht wundervoll aus?«, rief sie.

Das Gewand, das sie trug, bestand aus kohlschwarzem Samt und war mit scharlachroten Spitzen abgesetzt. Der Rock wallte in einander überlappenden Volants an den Beinen herab. Das schnürlose Oberteil reichte rechts und links bis zum Schlüsselbein hoch; die Mitte, zwischen den Brüsten, blieb unbedeckt. Als Saphir die Treppe herunterstolzierte und die letzte Stufe mit gestrecktem Bein hinter sich brachte, wichen die Falten des Gewands wie eine schwarze Flut auseinander und zeigten eine leichenweiße Wade.

Mit einer auffälligen Wellenbewegung des Oberkörpers trat sie zu Toret und schlang die Arme um ihn.

»Sag mir, wie sehr dir mein neues Kleid gefällt«, säuselte Saphir.

»Du …« Toret schluckte. »So verlässt du dieses Haus nicht.«

Für einen Moment war Chane verblüfft. Hatte sein begriffsstutziger Herr erkannt, dass sie in diesem Aufzug wie eine Hure aussah?

Die erwartungsvolle Freude wich aus Saphirs Gesicht, und sie richtete einen finsteren Blick auf Toret.

»Du weißt nichts von dem zu schätzen, was ich für dich tue«, sagte sie scharf. »Den ganzen Tag und auch den Abend musste ich hier drin verbringen, während du draußen unterwegs gewesen bist, damit Chane seinen stinkenden Krimskrams für was auch immer besorgen konnte. Ich langweile mich! Ich langweile mich, hast du gehört? Was nützt ein neues Kleid, wenn niemand da ist, der es bewundert?«

»So lasse ich dich nicht nach draußen«, wiederholte Toret. »Es gibt eine Grenze dafür, wie viel Aufmerksamkeit wir riskieren können. Geh und zieh dir etwas … weniger Auffälliges an.«

In Torets Worten erklang kein eifersüchtiger Zorn, sondern Vernunft, und das gab Chane zu denken. Seit der Nacht, in der Toret die Nachricht erhalten hatte, war er nicht nur nervös geworden, sondern auch vorsichtig. Vielleicht war bereits jemand auf sie aufmerksam geworden; das mochte die Erklärung dafür sein, warum Toret die Aufgabe dieses Abends schnell erledigen wollte.

Saphir wirbelte herum und rauschte die Treppe hoch. Auf dem ersten Absatz warf sie einen verdrießlichen Blick über die Schulter und setzte den Weg dann fort.

Chane blieb still, als sich Toret mit einer Hand übers Gesicht strich. Ganz gleich, was er gesagt hätte, er wäre dadurch nur zu einer Zielscheibe für den Zorn seines Herrn geworden. Es war besser, Toret kochen zu lassen.

Chane nahm ein mentales Flattern wahr und glaubte, einen vorbeihuschenden Schatten zu sehen. Er ging durch den Salon zum Fenster.

»Was ist?«, fragte Toret und folgte ihm.

»Tihko«, antwortete Chane.

»Hat er etwas gefunden?«, fragte Toret aufgeregt.

»Das erfahren wir gleich.«

Chane strich den Vorhang beiseite, öffnete den Schnappriegel und zog die beiden Fensterflügel auf. Als er den Fensterladen zur Seite klappte, kam ein großer Rabe zum Vorschein, der auf dem Sims gelandet war.

Der Vogel trat vom einen Bein aufs andere, streckte die Flügel und neigte den Kopf. Chane bot ihm den Handrücken an, und der Rabe sprang darauf.

»Was hat er gesehen?«, fragte Toret.

»Bitte hab einen Moment Geduld, Herr.« Chane widmete dem Vogel seine volle Aufmerksamkeit.

Sein Name bedeutete »Stille«. Wenn Tihko so nahe war, fühlte Chane prickelnde Wärme von der kleinen Messingkapsel, die an einer Kette unter seinem Hemd hing. Er schloss die Augen und verdrängte alles andere aus seiner Wahrnehmung. Tihkos Rückkehr bedeutete, dass sein Helfer zumindest einen Teil des Auftrags erfüllt hatte.

Die Krallen des Vogels bohrten sich in Chanes Handrücken.

Die Luft rauschte um ihn herum, und in der Dunkelheit hinter den geschlossenen Augen formte sich ein Bild. Chane zwang das kleine Selbst des Raben, sich zu konzentrieren, bis Erinnerungen Konturen gewannen.

Es war noch immer neu und ungewohnt für Chane, mit den Augen des Raben zu sehen, und leider mangelte es dem Gedächtnis des Vogels an Klarheit und Struktur. Aus so großer Höhe gesehen wirkte Bela immer sehr klein. Chane flog weit über den nächtlichen Dächern der Stadt und beobachtete leere Straßen. Nur wenige Leute waren unterwegs, und die Höhe machte sie zu Punkten, die sich hier und dort im Licht der Straßenlaternen bewegten. Und doch …

Erkennen.

Die Stadt sprang Chane entgegen, und ihm drehte sich der Magen um.

Er schwebte in der leichten Brise, etwa zweimal so hoch wie das höchste Gebäude der Stadt. Auf der linken Seite sah er die Schlossmauern am Hang, und sie genügten ihm als Hinweis: Er flog über dem südlichen Händlerviertel im mittleren Kreis der Stadt.

Von oben sah er helles Haar, zu hell für die meisten Menschen. Chanes Blick strich über die durch die Straße gehende Gestalt hinweg. Die Haut schien einen goldenen Ton zu haben, und es handelte sich um einen Mann. Er hob die Hände und band sich etwas um den Kopf, das sein Haar verbarg.

Das Bild wackelte, und Chanes Blick durch die Augen des Raben reichte kurz zum sternenbesetzten Nachthimmel empor, bevor er sich wieder auf den nördlichen Bereich der Stadt richtete. Mehr hatte Tihko nicht gesehen, und deshalb war er zurückgekehrt.

Chane öffnete die Augen, und der Rabe bewegte sich unruhig auf seiner Hand.

»Nun?«, fragte Toret. »Hat er etwas gefunden oder nicht?«

»Vielleicht«, sagte Chane ruhig. »Es könnte der Halbelf gewesen sein, oder vielleicht ein anderes Halbblut. Sie sind selten, aber auf der anderen Seite des Hafens liegt ein Elfenschiff vor Anker. Vielleicht kam er von dort. Sicher ist nur, dass der Rabe einen Mann mit Elfenblut in den Adern gesehen hat.«

»Wo?«, fragte Toret schnell. »Wie war er angezogen? Was machte er?«

Chane zuckte mit den Schultern. »Im Händlerviertel im Süden der Stadt. Der Mann ging eine Straße entlang. Ich habe nicht gesehen, woher er kam, wohin er ging und was er anhatte. Er band sich etwas um den Kopf, vermutlich ein Tuch. Mehr hat Tihko nicht beobachtet.«

Toret wanderte ziellos umher, tiefe Falten furchten seine Stirn. Plötzlich blieb er stehen und strich mit der einen Hand seitlich über die Brust, als fühlte er dort etwas.

»Ja«, murmelte er. »Das verdammte Halbblut … Aber woher wissen sie, dass ich hier bin?«

»Wen meinst du?«, fragte Chane.

Für einen Moment schien es so, als hätte Toret nichts gehört. Dann sah er Chane an.

»Ich erkläre es dir später«, sagte er. »Vorher … Schick den Vogel wieder los. Er soll herausfinden, wo das Halbblut wohnt.«

Chane öffnete das Fenster und setzte Tihko auf dem Sims ab. Der Rabe neigte den Kopf und beobachtete ihn mit einem Auge. Chane projizierte seine Gedanken ins Selbst des Vogels, verstärkte das Bild des weißhaarigen Mannes und beauftragte Tihko, ihn bis zum Morgengrauen zu suchen.

Der Rabe sprang und stieg auf, und Chane hatte das Fenster gerade wieder geschlossen, als Schritte die Treppe herunterkamen.

»Ich habe mich umgezogen«, verkündete Saphir. »Bringst du mich jetzt endlich in die Stadt?«

Sie trug ein lavendelblaues, schlichteres Gewand, das nicht so tief ausgeschnitten war wie das andere, aber noch immer reichlich Haut zur Schau stellte. Toret zögerte und schien nicht sicher zu sein, ob es sich wirklich um eine Verbesserung handelte.

»Na schön«, sagte er schließlich. »Aber hab noch ein wenig Geduld. Chane und ich müssen noch etwas erledigen und können dich erst später begleiten.«

Saphirs Mund klappte auf. Bevor sie ein weiteres Wort kreischen konnte, warf Chane ein: »Wenn ich eine Kutsche hole … Dann könnte sie bereits zum Lokal ihrer Wahl fahren.« Er richtete einen festen Blick auf Saphir. »Vorausgesetzt natürlich, sie verlässt es nicht, bis wir später nachkommen.«

Toret schien damit einverstanden zu sein.

»Wir müssen uns auf unsere Aufgabe konzentrieren«, sagte Chane. »Und die Herrin kann uns nicht dabei helfen.«

Er wölbte eine Braue und hoffte, dass sein Herr klug genug war, den Hinweis zu verstehen.

Toret wirkte für einen Moment verwirrt und nickte dann. »Ja, ich schätze, da hast du recht.«

Saphir eilte durch den Raum und umarmte Toret, warf Chane dabei einen koketten Blick zu.

»Der ›Eschenwald‹. Ich möchte zum ›Eschenwald‹«, sagte sie und biss vorsichtig in Torets Ohr. Doch ihr Blick blieb auf Chane gerichtet.

Der deutete eine höfliche Verbeugung an. Ein Dummkopf ist wirklich genug, dachte er.

Toret zitterte, als er auf dem schmutzigen Kellerboden saß und die Messingkapsel hielt, die Chane ihm in die Hände gedrückt hatte. Es lag nicht an der Kälte oder dem großen grauen Wolf, der gefesselt, angekettet und mit Maulkorb versehen vor ihm lag, auch nicht an dem Zauber oder Ritual, dem Chane ihn und das Tier unterziehen wollte. Er zitterte, weil er versuchte, sich an seiner neuen Existenz festzuklammern.

Irgendwo in der Stadt befanden sich das Halbblut und die verdammte hellhäutige Dhampir.

Er war sich sicher, obwohl Chanes gefiederter Helfer den weißhaarigen Mann nicht deutlich gesehen hatte. Aber was konnte sie veranlasst haben, nach Bela zu kommen und hier nach ihm zu suchen? Er war vorsichtig gewesen, obwohl Saphir dazu neigte, alles zu übertreiben. Sie war noch jung in diesem Leben nach dem Tod und würde es mit der Zeit lernen. Davon ging er aus. Und Chane war zu anspruchsvoll und elitär; er hatte bestimmt nichts getan, was Aufmerksamkeit erregte. Trotzdem weilten die Jägerin und ihr Partner in der Stadt. Sie suchten nach ihm und wollten ihn auslöschen, wie sie es mit Teesha und Rashed getan hatten.

Er würde nicht noch einmal weglaufen, so wie in Miiska. Er hatte zu viel zu verlieren. Über zwei Monde waren seit dem letzten Kampf gegen den Halbelf vergangen, und er fühlte noch immer den Schmerz der Stilettklingen.

Eine Hand wäscht die andere.

Toret glaubte erneut zu spüren, wie sich ihm zwei scharfe, spitze Klingen in die Seiten gebohrt hatten. Er fühlte und hörte, wie seine Rippen brachen, als der Halbelf beide Klingen nach unten zog. Das rechte Stilett brach im Innern seines Körpers.

»Eine Hand wäscht die andere«, flüsterte Toret.

»Wie bitte?«, fragte Chane. Er zerrieb etwas mit Mörser und Stößel.

»Schon gut«, sagte Toret. »Bringen wir dies zu Ende. Wir müssen noch andere Vorbereitungen treffen.«

Als Saphir aufgebrochen war, hatte er Chane erklärt, nach wem der Rabe suchte. Chane hörte ihm aufmerksam zu, und Toret versuchte, ihn zu beeindrucken, indem er die Kraft der Dhampir beschrieb, die Wildheit des Hundes und die Schläue des Halbelfs mit seinen verborgenen Klingen.

Der Keller war so breit und lang wie das Haus darüber. An der einen Seite führten steinerne Stufen nach oben, und auf der anderen standen die Waffengestelle. Daneben hatten sie die Mauer aufgebrochen und einen Weg in die Kanalisation der Stadt gegraben. An der Rückwand des Kellers führte eine Tür in Chanes Zimmer. Torets großer Diener zog dieses dunkle, feuchte Quartier in der Tiefe den freien Zimmern im ersten Stock vor.

Toret brachte für die magischen Künste kaum Interesse auf und mochte sie auch nicht sonderlich, aber Chanes Geschick erwies sich als nützlich. Zu Lebzeiten war Toret einigen Thaumaturgen begegnet, von eklektischen Magiern bis hin zu törichten alten Alchimisten, die noch immer versuchten, irgendwelche Dinge in Gold zu verwandeln. Bei arkanen Beschwörungen sah die Sache anders aus. Darüber wusste er nichts.

»Es wird Zeit, zu beginnen«, sagte Chane und ging vor Toret in die Hocke. In der Hand hielt er einen silbernen Dolch mit Knochengriff.

Toret blickte auf die kleine Messingkapsel in seinen Händen. »Was soll ich tun?«

»Genau das, was ich dir sage«, antwortete Chane. Er wandte sich dem Wolf zu und sank auf ein Knie. »Nicht mehr und nicht weniger.«

Er packte den Wolf am Genick. Das Tier wand sich hin und her und knurrte durch den Maulkorb. Chane drückte die Spitze des Dolchs in das Stück Fell in seiner Hand, zog sie dann langsam wieder heraus. Er drehte die Klinge, achtete darauf, dass nichts von dem Blut an der Spitze auf den Boden tropfte, und drehte sich wieder zu Toret um.

»Gib mir dein Handgelenk«, sagte er.

Toret streckte den Arm aus. Chane strich mit der Klinge übers Handgelenk, ohne die Klinge zu drehen, schnitt dabei in die Haut. Schwarze Flüssigkeit kam aus der oberflächlichen Wunde und berührte die rote an der Dolchspitze. Als sich die beiden Flüssigkeiten miteinander vereinten, neigte Chane die Klinge, damit die Mischung teilweise in die Wunde am Handgelenk zurücktropfte. Toret fühlte ein vages Prickeln von Leben im Arm.

»Bei den Lebenden wäre dies genug fürs Bindungsritual«, sagte Chane. »Aber unsere Existenz würde einfach nur den Geist des Tieres aufnehmen, anstatt den Teil festzuhalten, den ich beschwöre. Dazu brauchen wir die Kapsel als Behälter und Verbindung. Wenn du sie verlierst, so verlierst du deinen Helfer.«

Er hielt die Klinge wieder gerade, hob sie und steckte ihre Spitze in die Öffnung von Torets Kapsel. Die vermischten Flüssigkeiten tropften vom Dolch ins kleine Gefäß.

Chane kehrte zum einfachen Tisch zurück und nahm die dort brennende Kerze. Er trug sie zu Toret, hielt sie über die Kapsel und ließ Wachs herabtropfen, bis die Öffnung verschlossen war. Dann stellte er die Kerze wieder auf den Tisch, nahm den Mörser, mit dem er gearbeitet hatte, und eine Flasche mit schmalem Hals, deren Glas so dunkel war, dass man den Inhalt nicht sehen konnte.

Mit der silbernen Klinge kratzte Chane ein doppeltes Dreieck in den schmutzigen Boden um Toret. Zwischen den Linien fügte er ein Durcheinander aus Symbolen und Zeichen hinzu und füllte sie mit einem zähflüssigen olivgrünen Etwas aus der Flasche – es ließ die Zeichen anschwellen und gab ihnen dunkle Ränder. Chane trat zurück, zog um den Wolf und sich selbst einen doppelten Kreis mit weiteren Zeichen und streute dann das mit Stößel und Mörser hergestellte Pulver darauf.

Dann nahm er die Kerze und setzte sich mit überkreuzten Beinen auf den Boden; der Wolf lag nun zwischen Toret und ihm selbst.

»Verlass den markierten Bereich nicht«, sagte er, streckte die Arme und legte die Hände mit den Innenflächen nach oben auf die Knie.

Toret blieb still sitzen und fühlte, wie er sich in dem Bemühen versteifte, keinen Muskel zu rühren. Chane sah ihn ohne zu blinzeln an, bewegte andeutungsweise die Lippen und hauchte Worte, die er nicht verstand.

Dumpfer Schmerz regte sich in Toret, als säße er bereits seit Stunden in dieser Position. Nach einer Weile senkte Chane die Lider.

Der Wolf bewegte sich.

Das Tier trat und knurrte, und seine Ketten rasselten. Es zappelte wie in dem Versuch, einer inneren Qual zu entkommen. Speichel troff aus dem Maul, als der Kopf zur Seite rollte.

Chane klatschte dicht über der Kerze in die Hände, und der plötzliche Knall ließ Toret zusammenzucken. Er schloss die Hände noch fester um die Kapsel.

Ihr Metall war heiß, aber Torets Aufmerksamkeit galt jetzt … dem Wolf, der ihn anstarrte, und er erwiderte seinen Blick …

Um ihn herum schien der Raum zu flackern. Kühle Luft umgab ihn, und er fühlte den Druck von Ketten fest an seinem Körper. Er wollte den Mund öffnen, doch feuchte Lederriemen hinderten ihn daran.

»Es ist vollbracht«, sagte Chane.

Toret sah auf den Wolf hinab. Das Tier starrte ihn noch immer an, und sein Blickfeld verschob sich auf verwirrende Weise. Er sah den Wolf, und mit den Augen des Tiers sah er gleichzeitig sich selbst. Schmerz pochte hinter seiner Stirn, und Übelkeit stieg in ihm auf, wurde so intensiv, dass er zusammenbrach.

Auf dem Boden liegend sah er zum lächelnden Chane auf.

»Sieh dich niemals durch die Augen deines Helfers an«, sagte er. »Der Blickkontakt in einem solchen Zustand ist sehr verwirrend. Das ist die erste Lektion, die wir alle auf recht unangenehme Weise lernen.«

Toret setzte sich auf und suchte nach der Kapsel. Chane reichte sie ihm, und er hängte sie sich um den Hals. Das Wachs war getrocknet und versiegelte sie.

»Verlier die Kapsel nicht«, mahnte Chane. »Mit ihr würdest du die Kontrolle über deinen Helfer verlieren. Und wenn sie zu lange nicht in deinem Besitz ist, könnte sich der Wolf für immer befreien. Sei auf der Hut: Der Tod des Helfers kann seinen Herrn in Gefahr bringen.«

Toret nickte und erhob sich.

Die Fesseln des Wolfs waren bereits gelöst, und er stand so, als könnte er seinen Beinen nicht ganz trauen. Toret übermittelte ihm einen geistigen Befehl, sich zu setzen, aber das Tier reagierte nicht. Chane schien zu ahnen, was er versuchte.

»Das Ausüben von Kontrolle erfordert Zeit und Übung«, erklärte er. »Denk dabei mehr an einen Vorschlag als an einen Befehl, und erinnere dich an das Gefühl, im Selbst des Tiers zu sein, ohne eine Verbindung mit seinen Sinnen. Man darf einen Helfer nicht zu sehr kontrollieren, denn sonst wächst sein Widerstand, und dann wird der Umgang mit ihm immer schwieriger.«

»Das reicht vorerst«, sagte Toret. »Wir brauchen weitere Diener.«

»Noch nicht. Die geschaffene Verbindung hat dich erschöpft. Du benötigst Nahrung.«

»Nein«, widersprach Toret. Er hätte gern Blut getrunken, aber derzeit musste er fasten. »Ich möchte in der Lage sein, ein Leben so schnell aufzunehmen, dass mein Opfer über den Tod hinaus existiert.«

»Wie du wünschst.« Chane nahm seine Sachen vom Tisch. »Dann sollten wir vielleicht der Herrin folgen.«

Er ging mit seinen Habseligkeiten zur Tür.

Toret legte dem Wolf langsam die Hand auf den Kopf, dem ersten von vielen neuen Dienern. Das Tier knurrte leise, wich aber nicht aus. Wenn Toret das Halbblut und die hellhäutige Dhampir fand, erwartete sie eine große Überraschung. Im Vergleich dazu würden die letzten Tage in Miiska wie eine harmlose Rauferei erscheinen.