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Zehn Wege zu aktiver
Beteiligung
In diesem
Kapitel


»Lernen ist kein Sport für Zuschauer!« Das sagt
John Newstrom, Co-Autor einer Buchreihe über spielerische
Trainingsmethoden. Es ist ihm ganz ernst damit, denn durch
Spiele wird das Gelernte besser behalten,
aktivierende Lehrmethoden wirken sich insgesamt positiv auf die
Gedächtnisleistung beim Lernen aus.
Aktive Beteiligung ist etwas, was der
Trainer im Seminar selbst steuern kann. Und wie immer kommt es auf
die gute Vorbereitung an. Beides habe ich in diesem Buch immer
wieder betont. Damit ist insgesamt gemeint, dass Sie als Trainer
eine vertrauensvolle Lernatmosphäre schaffen, flexibel auf die
Bedürfnisse der Teilnehmer eingehen können und sich mit Ihrem
Unterricht an alle Lerntypen wenden.
Aktive
Beteiligung von Anfang an
Eine vertrauensvolle Lernatmosphäre
entsteht vom ersten Augenblick an – wenn der erste Teilnehmer
morgens den Raum betritt. Begrüßen Sie die Ankommenden, stellen Sie
sich vor, erfahren Sie etwas über die Motivation oder fragen Sie
nach anderen Informationen. Stellen Sie sich den Teilnehmern, so
weit es geht, persönlich vor. Laden Sie zu einer Tasse Kaffee ein.
Mit diesen kleinen Gesten setzen Sie Zeichen für ein gutes
Miteinander in den kommenden Stunden oder Tagen. Sie zeigen sich
als offene und zugängliche Person, kurz: als Mensch!
Wenn die Sitzung angefangen hat, sorgen
Sie dafür, dass die Teilnehmer nicht auf ihren Stühlen kleben,
sondern aufstehen, sich bewegen und etwas zu tun haben. Der
Eisbrecher sollte mindestens dem Zweck dienen, dass sich die
Teilnehmer mit Namen kennen lernen. Um organisatorische Dinge
sollten Sie sich später kümmern.
Machen Sie den Teilnehmer deutlich, dass
Sie sich für ihre aktiven Beiträge interessieren und dass der
persönliche Seminarerfolg insgesamt auch davon abhängt, wie aktiv
sich die Teilnehmer verhalten. Jeder sollte die Gelegenheit haben,
seine Erwartungen und Bedürfnisse zu formulieren. Damit haben Sie
die Grundlagen für einen guten Start gelegt.
Karten
für die Schüchternen
Karteikarten können für manche
Seminarteilnehmer, die sonst unterzugehen drohen, der Rettungsring
sein. Denn manche Menschen brauchen Zeit, bevor sie sich äußern,
während andere ihre Gedanken sehr schnell formulieren und
antworten. Und viele sprechen überhaupt nicht gerne vor einer
größeren Gruppe. Die meisten lassen sich jedoch aus der Reserve
locken, wenn man ihnen etwas Zeit lässt, sich darauf einzustellen
und etwas vorzubereiten. Leider hat ein Drittel aller Teilnehmer
die Antwort oft bereits auf den Lippen, kaum dass Sie die Frage
gestellt haben. Wenn Sie wollen, dass sich jeder unbeeinflusst
Gedanken machen kann, sind Karteikarten eine gute Alternative. Wenn
jeder seine Antwort auf die Karte geschrieben hat, rufen Sie
diejenigen auf, die normalerweise nicht als Erste sprechen würden.
So aktivieren Sie auch die stilleren Teilnehmer.
Karteikarten können auch in anderer
Hinsicht gute Dienste leisten:





Was machen Sie mit den Karten? Versuchen
Sie einmal folgende Vorschläge:




Die
Trainerrolle abgeben
Finden Sie Gelegenheiten, Ihre Rolle als
Trainer an die Teilnehmer abzugeben. Ein guter Trainer weiß, dass
die Gruppe als Ganzes mehr weiß als ein einzelner Trainer. Wenn die
Lernenden in die Rolle des Lehrers schlüpfen können und ihren
Wissensschatz mit anderen teilen können, ist dies eine ganz
besondere Aktivität.




Beteiligung steigern
Wer anfangs mündlich gut mitmacht, soll
weiterhin aktiv bleiben, und wer noch nicht auf den Zug
aufgesprungen ist, sollte dies baldmöglichst tun. Doch wie
erreichen Sie dieses Ideal? Versuchen Sie es mit diesen drei
Tipps:



Raus aus
den Sesseln!
Sorgen Sie davor, dass die Teilnehmer
sich bewegen und auch mit anderen ins Gespräch kommen. Körperliche
Bewegung beugt Ermüdung vor und überbrückt das Leistungsloch am
frühen Nachmittag.




Ohne
Worte viel sagen
Selbstverständlich ist es wichtig, was
Sie sagen: Dank, Komplimente, Ermunterungen, Wiederholungen,
Erläuterungen und sogar Ihr Widerspruch. Doch die Körpersprache ist
vielleicht noch lauter als Worte. Nutzen Sie die Macht der
nichtverbalen Kommunikation für die Teilnehmeraktivierung.
Halten Sie Blickkontakt zu allen
Teilnehmern. Erlauben Sie Ihrem Blick, auf einer Stelle zu
verweilen. Ein aufmunterndes Kopfnicken signalisiert Zustimmung und
Verständnis. Vermeiden Sie defensive Gesten wie verschränkte Arme.
Unterbrechen Sie die anderen nicht. Vermeiden Sie zerstreut
wirkende Bewegungen. Kommen Sie hinter Ihrem Tisch vor (benutzen
Sie nie ein Podium) und gehen Sie auf die Leute zu. Hören Sie nicht
nur zu, sondern zeigen Sie, dass Sie
zuhören. Vermeiden Sie den Blick auf die Uhr, auch wenn Sie
wirklich nur ganz unschuldig die Zeit ablesen wollen.

Behaupten Sie nicht nur, dass Sie
interessiert sind. Zeigen Sie es auch in Ihrer Körperhaltung. Im
Verlauf der Sitzung können Sie dann beweisen, dass Sie genau
zugehört haben, indem Sie sich auf frühere Bemerkungen der
Teilnehmer beziehen: »Vorhin hat Herr Martin gefragt, ob ...« oder
»Um auf Frau Adrianis Vorschlag von vorhin einzugehen ...«
Die
Tische wegräumen
Wenn ich die Atmosphäre so richtig
»anheizen« und den Teilnehmern die Botschaft übermitteln möchte,
dass sie nun aktiv gefordert sind, räume ich alle Tische weg.
Entweder räume ich die Tische ganz raus oder stelle sie an die
Seite. Meistens erledige ich das während einer Pause oder am Ende
eines Tages, wenn die Teilnehmer nicht da sind. Wenn Sie wollen,
können Sie die Teilnehmer auch bitten, mitzuhelfen. Die Stühle
stelle ich in einer Runde auf, nur eine kleine Lücke bleibt frei,
damit man mühelos in den Kreis hinein und heraus kann.
Dieses Arrangement erzeugt sofort eine
weniger formale Atmosphäre und ermuntert zu hoher Aktivität. Dass
die Teilnehmer nun nichts mehr mitschreiben können, ist allerdings
ein Nachteil, den Sie aber ausgleichen können. Planen Sie diese
Methoden sorgfältig, da das Wiedereinräumen ebenfalls einige Zeit
beansprucht. Vielleicht ist ein ganzer Nachmittag mit mehr
Gruppenaktivitäten und weniger Mitschreiben sinnvoll – und am
nächsten Tag sind die Tische wieder an ihrem Platz.
Mit
Fragen Aufmerksamkeit erzeugen
Geben Sie sich nicht mit der ersten
Antwort auf Ihre Fragen zufrieden – auch wenn sie korrekt sind.
Fragen sind eine hervorragende Gelegenheit, um in ein interessantes
und engagiertes Gespräch mit den Teilnehmern zu kommen. Sie wollen
ja nicht nur mit den rasch antwortenden Teilnehmern sprechen,
sondern auch die anderen aktivieren. Nach der Antwort eine Pause zu
machen, ist ein ganz einfaches Mittel, um noch mehr Beteiligung zu
erzielen.
Manchmal sind die Antworten vielleicht
sehr komplex und umfassend. Wenn Sie für Vereinfachung sorgen
wollen, könnten Sie beispielsweise sagen: »Puh, das war ja ein
richtiger Rundumschlag. Ich bin heute vielleicht etwas langsam,
aber können Sie das noch mal erklären? « Zwei Dinge werden
daraufhin passieren: Sie ermuntern erstens den Teilnehmer, seine
Antwort noch einmal zu überprüfen und sie für die Gruppe einfacher
darzustellen. Zweitens haben Sie die Aufmerksamkeit der Gruppe,
weil einzelne Gruppenmitglieder nun vor einer gewissen
Herausforderung stehen.
Allgemeine Fragerunden dienen dazu, ein
kurzes Statement von allen Teilnehmern zu erhalten. Sorgen Sie
dafür, dass die Antworten wirklich kurz ausfallen. Beispiel:
»Nennen Sie mir eine Sache, die für einen guten Kundendienst
unentbehrlich ist.«
Stille
Wasser
Nachdem Sie eine vertrauensvolle
Lernatmosphäre hergestellt haben, die auch die Schüchternsten
ermuntern sollte, fordere ich von den Kleingruppen, dass sie nach
der Aktivität denjenigen zum Gruppensprecher machen, der bisher am
wenigsten zum Thema beigetragen hat. Warten Sie nicht zu lange, bis
Sie diese Technik einsetzen. Ich bin immer wieder überrascht, wie
produktiv und aktiv sich diese angeblich »stillen Wasser«
anschließend am Seminar beteiligen.
Aktive
Beteiligung bis zum Schluss
Es gibt keinen Grund, warum Sie zum Ende
des Seminars hin wieder die alleinige Führung übernehmen sollten.
Beenden Sie die Sitzung mit so viel Teilnehmeraktivierung, wie Sie
sie begonnen haben. Bitten Sie die Teilnehmer, etwas von sich zu
berichten:



Geben Sie den Teilnehmern Gelegenheit,
sich von den anderen zu verabschieden. Das könnte in Form eines
lockeren Herumgehens geschehen, die Teilnehmer könnten aber zum
Beispiel auch anderen schriftliche Botschaften übergeben. Wenn Sie
während des Seminars feste Teams gebildet haben, könnten diese ein
lustiges Abschiedsgedicht oder -lied dichten, das sie der Gruppe
vortragen. Auf alle Fälle sollte eine Liste aller
Teilnehmeradressen verteilt werden, damit die Teilnehmer über das
Seminar hinaus zu aktivem Tun ermuntert werden.