9
Vorhang auf! Das Seminar beginnt
In diesem
Kapitel







Jetzt gilt’s! Sie haben eine gründliche
Bedarfsanalyse vorgenommen, klare Ziele formuliert, ein
interaktives Trainingsprogramm konzipiert und die notwendigen
Unterlagen dazu erstellt. Nun wird es ernst!
Die vierte Phase des Trainingszyklus
(siehe Abbildung
9.1) ist wahrscheinlich der Teil, der von den meisten Menschen
mit dem Begriff »Training« assoziiert wird. Die Umsetzung des
Trainingskonzepts, also das Seminar selbst, ist das, was alle sehen
können, während in den Phasen davor und danach der Trainer oft
allein arbeitet.
Da Sie es jetzt bis zu diesem Punkt
geschafft haben, wollen Sie selbstverständlich auch, dass Ihr
Seminar ein Erfolg wird. Dieses Kapitel zeigt Ihnen, wie Sie einen
gelungenen Einstieg schaffen bis hin zu einem gelungenen
Abschluss.
Abbildung 9.1: Der Trainingszyklus: Umsetzung

Ein
gelungener Einstieg
Sie haben alles vorbereitet, sind
rechtzeitig eine Stunde vorher eingetroffen und haben die
ankommenden Teilnehmer willkommen geheißen. Die Sitzung fängt
an.
In einem Seminar finden viele wichtige
Dinge statt, doch der Einstieg ist mit das Entscheidende. Sie
wollen informativ sein, aber auch kreativ. Es soll praxisbezogen
sein, aber auch aufregend, hilfreich, aber auch begeisternd.
Starten Sie also folgendermaßen:




Wecken Sie Interesse
Fangen Sie pünktlich an und erlangen Sie
sofort die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden. Formale Mitteilungen
heben Sie sich für später auf. Lassen Sie sich lieber etwas
Kreatives einfallen: Sie können etwas Ungewöhnliches berichten oder
erzählen, eine provokative Frage stellen, ein Versprechen abgeben
oder auch ein bestimmtes Requisit einführen. Die Teilnehmer werden
wissen wollen, was das Seminar ihnen bringen wird, beruflich wie
auch persönlich.
Fragen Sie die Teilnehmer, was sie wissen und wissen
wollen
Führen Sie eine schnelle
Bedarfsbestimmung durch und bitten Sie um Handzeichen der
Teilnehmer, die auf dem Gebiet bereits Erfahrung haben. Fragen Sie
nach den Erwartungen und zeigen Sie Ihr Interesse. Hören Sie gut
zu. Vielleicht halten Sie die Erwartungen auf einem Flipchart fest,
das während des gesamten Seminars immer wieder angesehen werden
kann.

Seien Sie ehrlich, wenn unrealistische
Erwartungen geäußert werden, die entweder das Seminar oder Sie
selbst überfordern. Wenn ein Teilnehmer zum Beispiel etwas über ein
sehr umfangreiches oder schwieriges Thema lernen will, das den
Zeitrahmen sprengen würde, können Sie antworten: »Das Thema zu
bearbeiten, werden wir wahrscheinlich nicht schaffen, doch ich bin
gern bereit, mit Ihnen in der Pause darüber zu sprechen oder Ihnen
kommende Woche dazu Literaturhinweise zukommen zu lassen.«
Legen
Sie die Seminarregeln und Erwartungen fest
Sparen Sie Zeit und geben Sie
grundlegenden Eckdaten wie Seminarbeginn und -ende vorab bekannt.
Bitten Sie die Teilnehmer, sich die Regeln selbst zu geben. Welche
Regeln sind sonst noch Standard?
Keine Nebengespräche
Rechtzeitige Pausen
Aufgeschlossenheit für Meinung anderer
Mobiltelefone stumm schalten
Aktive Beteiligung
Andere nicht stören
Keine unnötigen Fragen
Offen für Interaktion
Ausreden lassen
Pünktlichkeit
Vertraulichkeit
Administrative Einzelheiten erledigen Sie
bitte, so schnell es geht. Halten Sie sich nicht unnötig lange mit
Banalitäten auf.

Gehen Sie die Tagesordnung und die
Lernziele mit den Teilnehmern durch, damit diese wissen, was auf
sie zukommt. Erklären Sie den Teilnehmern ihre Rolle als Lernende
und wie Sie das Seminar führen wollen.

Beziehen Sie die Teilnehmer ein
Beginnen Sie mit Handzeichen und helfen
Sie als Nächstes der Gruppe dabei, einander kennen zu lernen. Die
Teilnehmer lernen nicht nur von Ihnen, sondern auch voneinander,
deshalb sollten Sie zügig mit der Einführung und dem Eisbrecher
beginnen. Einige altbewährte Eisbrecher finden Sie in Kapitel
23.
Die klassischen Fragen, die Teilnehmer
zum Einstieg beantworten, sind folgende:




Diese vier Fragen sind normalerweise
irgendwie in die Einführung integriert. Denken Sie daran, dass Ihre
Teilnehmer dasselbe von Ihnen wissen wollen.

Mit dem Einstieg legen Sie die Grundlage
für das gesamte Seminar. Der erste Eindruck entscheidet. Also
beziehen Sie die Teilnehmer von Anfang an mit ein.
Wie Sie
den Einstieg garantiert vermasseln
Als Trainer müssen Sie sich vor allem auf
den Einstieg vorbereiten: was Sie genau sagen und tun wollen.
Ansonsten werden Sie Dinge sagen, die Sie gar nicht sagen wollten,
und vergessen, was Sie eigentlich sagen wollten! Sie werden Ihre
Zuhörer verwirren und sich selbst im Wege stehen.
Also hüten Sie sich vor folgenden
Fehlern:






All dies führt geradewegs ins Desaster.
Glauben Sie mir, ich habe alles schon gesehen. Ersparen Sie sich
solche Fehler.
Eine
positive Lernumgebung schaffen
Um eine positive und anregende
Lernumgebung zu schaffen, sollten Sie die Teilnehmer kennen. Das
bedeutet, sie mit Namen ansprechen zu können. Dazu gehört auch,
dass Sie selbst etwas von sich preisgeben.
Die
Teilnehmer kennen lernen
Wenn Sie von Anfang an auf aktive
Beteiligung gesetzt haben, werden die Teilnehmer davon ausgehen,
ihr Lernen ebenfalls selbst in die Hand zu nehmen. Enttäuschen Sie
sie nicht, sondern bleiben Sie weiterhin bei aktivierenden
Methoden. Das beginnt damit, dass Sie die Teilnehmer direkt
ansprechen können.
Ich benutze am liebsten Namensschilder
und habe normalerweise mein eigenes Schild bereits auf dem Tisch
stehen, wenn die Teilnehmer hereinkommen. Dicke Stifte zum
Beschriften liegen ebenfalls bereit. Wenn nach dem Einstieg noch
nicht jeder sein Namensschild beschriftet hat, fordere ich sie dazu
auf. Am besten ist es, wenn das Schild beidseitig beschriftet ist,
damit man es von allen Seiten lesen kann.
Sie haben während des Einstiegs bereits
damit begonnen, Ihre Teilnehmer kennen zu lernen, und haben sie
nach ihren Erfahrungen und jetzigem Wissensstand befragt. Im
Train-the-Trainer-Seminar beispielsweise wollte ich wissen, wie
lange sie bereits Trainer sind, ob sie bereits Seminare zum Thema
besucht haben und schon selbst Trainingskonzepte entwickelt haben.
Und schließlich, ob sie den Beruf des Trainers für erstrebenswert
halten. Sie können als Antwort einfach um Handzeichen bitten. Sie
können bei komplexeren Themen aber auch um die schriftliche
Beantwortung einiger kurzer Fragen bitten. (Doch bedenken Sie, dass
damit noch keine Aktivität verbunden ist und die anderen Teilnehmer
nicht informiert werden.) Wenn Sie etwas Bewegung ins Seminar
bringen wollen, können Sie zum Beispiel die Teilnehmer, die mit Ja
antworten, bitten aufzustehen und auf eine Seite des Raumes zu
gehen.
Fünf
Geheimnisse, wie Sie Ihrem Namensgedächtnis auf die Sprünge
helfen
Die meisten Menschen fühlen sich
geschmeichelt, wenn man sich ihren Namen merken kann. Die Mühe ist
es also wert, wenn Sie eine positive Lernumgebung schaffen wollen.
Was? Sie können sich auf einer Party nicht einmal den Namen einer
einzigen Person merken?
Ich zeige Ihnen jetzt, wie Sie sich zehn,
20 oder noch mehr Teilnehmernamen auf einmal einprägen
können.

Namensschilder verwenden
Die einfachste Methode ist es natürlich,
Namensschilder zu verwenden. Aus verschiedenen Gründen ziehe ich es
vor, dass die Teilnehmer ihre Schilder selbst beschriften, auch
wenn manche Unternehmen sie gerne vorab drucken lassen. Erstens
besteht immer die Gefahr, dass ein Name falsch geschrieben oder,
noch schlimmer, vergessen wird. Zweitens erzeugen gedruckte
Schilder eine gewisse Förmlichkeit, die ich in meinen Seminaren
nicht haben möchte. Drittens kann die Austeilung der Schilder
wieder zu einem logistischen Albtraum werden. Schlecht ist es auch,
wenn die Schilder bereits an den Tischen verteilt sind und sich die
Teilnehmer ihren Platz nicht aussuchen können. Viertens sind die
Schilder meistens zu klein bedruckt, so dass alle Mühe für die
Katz’ ist! Nur wenn der Trainer eine genaue Sitzordnung einhalten
möchte, sind gedruckte Namensschilder sinnvoll.
Die
Vorstellungsrunde nutzen
Glauben Sie ja nicht, dass Sie sich ein
wenig ausruhen können, wenn sich die Teilnehmer der Reihe nach
einzeln vorstellen. Wollten Sie die Gelegenheit dazu nutzen, noch
einmal Ihre Unterlagen durchzublättern, bevor Sie Ihren ersten
Kurzvortrag halten? Das wäre keine gute Idee. Sie sollten vielmehr
genau zuhören und versuchen, sich Name und Gesicht genau
einzuprägen. Sprechen Sie den Namen jedes Teilnehmers mindestens
zwei Mal laut: das erste Mal bei der Begrüßung (»Herzlich
willkommen, Frau/Herr ...«) und das zweite Mal nach der Vorstellung
(»Danke für Ihre Informationen, Frau/Herr ...«). Dadurch setzen
sich die Namen besser in Ihrem Gedächtnis fest.
Kleingruppenarbeit nutzen
Bei der ersten Kleingruppenaktivität
bleiben die Teilnehmer in der Regel auf ihren Plätzen und müssen
sich vielleicht nur etwas zu ihren Tischnachbarn umdrehen. Die Zeit
der Gruppenarbeit nutze ich wiederum dazu, mir Namen und Gesichter
einzuprägen. Ich setze mir immer das Ziel, bis zur ersten Pause
alle Namen zu kennen. Nehmen Sie sich ein ähnliches Ziel vor.
Ein
Spiel einbauen
Viele Namenslernspiele sind ebenfalls
hilfreich. Wenn Sie Zeit für einen Eisbrecher haben, der auf das
gegenseitige Kennenlernen abzielt, sollten Sie es damit versuchen.
Es macht Spaß und nicht nur Sie, sondern alle Teilnehmer lernen die
Namen der anderen.




Mogeln
Und schließlich, wenn alles nichts hilft,
machen Sie es wie ich – mogeln Sie ein wenig. Ich mache immer eine
Skizze der Tischanordnung im Raum. Während sich die Teilnehmer
vorstellen, notiere ich mir die Namen an der entsprechenden Stelle
und habe auf diese Weise ein Blatt mit allen Namen bei der
Hand.
Für die Teilnehmer ist es angenehm, wenn
Sie ihre Namen kennen. Arbeiten Sie also daran.
Erzählen Sie etwas von sich
Lassen Sie die Teilnehmer wissen, wer Sie
sind – professionell wie persönlich. Was mein Fachwissen und meine
Erfahrung betrifft, neige ich eher zur Zurückhaltung und weise
lieber dezent auf meine Kompetenz in der zur Diskussion stehenden
Sache hin. Einen Satz wie: »Ich habe 16 Bücher geschrieben«, wird
man von mir nicht hören, sondern eher: »In meinem letzten Buch habe
ich 45 Trainerpersonen interviewt, die gesagt haben ...« Dabei geht
es nicht um falsche Bescheidenheit, sondern darum, Glaubwürdigkeit
herzustellen.
Und wie steht’s mit der Preisgabe von
Persönlichem? Das liegt ganz an Ihnen. Ich selbst lerne meine
Teilnehmer gern näher kennen und bin auch in den Pausen, so oft es
geht, bei der Gruppe. So erfahre ich etwas über Gemeinsamkeiten und
kann diese Informationen in den Diskussionen weiterverarbeiten. Um
die Gruppe in Schwung zu bringen, frage ich die Teilnehmer
manchmal, was sie voneinander wissen wollen, und stehe natürlich
selbst auch Rede und Antwort.
Stellen Sie sich nicht selbst auf einen
Sockel, sonst können Sie zu den Teilnehmern keinen Rapport
herstellen. Wenn Sie auf gleicher Augenhöhe sind, können Sie
professionelle Glaubwürdigkeit vermitteln und werden auch als
Mensch wahrgenommen.
Professionelle Präsentationstechniken
Im vorigen Kapitel finden Sie die beiden
zentralen Kompetenzen beschrieben, die erfolgreich arbeitende
Trainer auszeichnen: Erstens unterstützen sie
Kleingruppenaktivitäten, moderieren Diskussionen und begleiten den
Lernprozess der Teilnehmer insgesamt. Zweitens präsentieren sie
Daten und Informationen, vermitteln Wissen und sind im klassischen
Sinne lehrend tätig. Beides zusammen gehört zum Berufsbild des
Trainers. Kapitel 8 untersucht die Rolle eines Trainers als
Lernbegleiter oder Facilitator, in diesem Kapitel geht es um den
Trainer in seiner Rolle als vortragender und präsentierender
Wissensvermittler.
Gekonnt präsentieren
Es wäre schön, wenn man als Trainer keine
Lehrvorträge halten müsste, doch dem ist leider nicht so. Wenn Sie
als Trainer arbeiten, geht es auch um Wissensvermittlung.

Immer wenn Sie etwas vortragen, sei es,
dass Sie nur auf eine Frage antworten, einen Diskussionsbeitrag
liefern oder ein vorbereitetes Konzept vorbringen, werden die
Teilnehmer nicht nur die Worte und ihre Bedeutung verarbeiten,
sondern sie werden auch Ihren Vortragsstil »hören« und vor allem
»sehen« können. Wie interessant oder gar anregend sind Ihre
Präsentationen? Welche Rückschlüsse ziehen die Teilnehmer aus Ihrem
Vortragsstil?
Was
hören die Zuhörer?
Der äußere Vortrag und Ausdruck gibt den
Inhalten erst die Vitalität und Energie. Als guter Redner
berücksichtigen Sie die folgenden rhetorischen Regeln:



Wählen Sie eine Ihnen angenehme
Sprechgeschwindigkeit. Versuchen Sie nicht, mit Gewalt langsamer
oder schneller zu werden. Ihr Gehirn und Ihre Zunge sind in ihrem
Zusammenspiel an einen individuellen Takt gewöhnt. Wenn Sie jedoch
öfters darauf hingewiesen werden, dass Sie sehr schnell sprechen,
sollten Sie versuchen, in Ihre Präsentationen mehr Pausen
einzubauen. Ganz richtig. Einfach mal kurz still sein! Wenn Sie im
Gegenteil ein langsamer Sprecher sind, sollten Sie mehrere Dinge
überprüfen: Achten Sie darauf, dass Sie keine unnötigen Füllwörter
benutzen und dass Sie sich zweitens nicht wiederholen. Und drittens
sollten Sie Ihr Thema aus dem Effeff beherrschen. Üben Sie Ihren
Vortrag zusätzlich einige Male laut.



Die einzige Möglichkeit, die ich kenne, um
sich diese Marotte abzugewöhnen, ist, sich jemanden zu suchen, der
einem zuhört, die Füllwörter pro Minute zählt und ehrliches
Feedback gibt. Der Schock scheint wachzurütteln, so dass man sich
schließlich selbst hört und korrigieren kann.
Was
sehen die Zuhörer?
Die andere Hälfte der Wirkung eines
Vortrags besteht in dem, was die Lernenden sehen. Der Körpersprache
sollten Sie dieselbe Aufmerksamkeit widmen wie der gesprochenen
Rede.


Hände in den Taschen? Hängt davon ab. Sind
Sie unsicher und wissen nicht, wohin damit? Dann sollten Sie nach
einer anderen Möglichkeit suchen, die Hände ruhig zu halten. Oder
ist das eher ein Zeichen der Entspanntheit und Gelassenheit, das
Sie den Teilnehmern vermitteln wollen? Dann ist es in
Ordnung.

Zu Anfang meiner Laufbahn war ich
überrascht, als eine Teilnehmerin auf mich zukam: »Sie wollen
nicht, dass wir Fragen stellen.« Das war natürlich das genaue
Gegenteil von dem, was ich wollte. Auf meine Nachfrage erklärte
sie: »Immer wenn jemand eine Frage stellt, runzeln Sie die Stirn!«
Ich war mir dessen nicht bewusst und merkte nun, dass ich wohl
immer etwas finster dreinblickte, wenn ich mich auf die Frage
konzentrierte. Die Lektion habe ich gelernt. Was kann man an Ihrem
Gesicht ablesen?

Schauen Sie nicht an die Decke oder
flüchtig über die Köpfe der Teilnehmer hinweg. Ihr Gegenüber merkt,
ob Sie direkten Blickkontakt vermeiden oder daran interessiert
sind, in den Gesichtern der anderen zu lesen. Nur wenn Sie die
anderen anschauen, werden Sie sehen, ob sie Ihnen folgen können und
Ihnen zustimmen.
Schauen Sie jeden Teilnehmer an. Ich
stelle immer wieder fest, dass die meisten Trainer ein Viertel der
Teilnehmer ignorieren, und zwar diejenigen, die vorne neben ihnen
auf ihrer dominanten Seite sitzen. Ist Ihnen bewusst, wohin Sie
schauen? Und noch etwas: Ich habe bemerkt, dass guter Blickkontakt
die Zahl der Verlegenheitslaute reduziert. Irgendwie scheint es
schwieriger zu sein, jemandem in die Augen zu sehen und dabei »äh«
zu sagen!

Zehn
Vorschläge, wie aus einem Lehrvortrag aktives Lernen werden
kann
Von Mel
Silberman
Ein Lehrvortrag ist einer der
altehrwürdigsten und dennoch weniger erfolgreichen Methoden,
anderen Menschen etwas beizubringen. Ein Vortrag als solcher
gewährleistet nicht automatisch, dass die Zuhörer aktiv lernen.
Damit ein Vortrag zu einem Instrument des Lernens wird, muss der
Lehrer zunächst Interesse wecken, er muss dafür sorgen, dass die
Zuhörer möglichst viel verstehen und sich auch einprägen. Er muss
die Zuhörer in seinen Vortrag einbeziehen und das Thema
anschließend vertiefen. Dazu gibt es verschiedene Optionen.
Interesse
wecken



Verständnis und
Gedächtnis fördern



Zuhörer
einbeziehen


Thema
vertiefen


Wie
wäre es mit Feedback?
Zur Leistungsverbesserung und zum
Erlernen neuer Fähigkeit sind Feedbackmethoden sehr hilfreich. Da
Sie sich selbst kaum eigenes Feedback geben können, empfehle ich
Ihnen, ein Exemplar des Formulars (siehe Tabelle 9.1) einem
Kollegen zu geben, der in Ihrem Seminar als Beobachter teilnimmt.
Sagen Sie ihm, dass es um ein ehrliches Feedback geht. Hören Sie
ruhig zu, wenn er Ihnen seine Beobachtungen mitteilt. Danach können
Sie daran gehen, Ihre Performance zu verbessern.
Ich möchte meine Fähigkeiten als Trainer
verbessern. Ich danke Ihnen, dass Sie als Beobachter an meinem
Seminar teilnehmen. Bitte geben Sie mir in folgenden Bereichen
Feedback. Danke für Ihre Mühe!
Was hören Sie?
Tabelle 9.1:
Trainer-Feedback
Lautstärke:_________________________________________________________
|
Modulation:_________________________________________________________
|
Sprechgeschwindigkeit:______________________________________________
|
Sprechpausen:_____________________________________________________
|
Artikulation:________________________________________________________
|
Füllwörter/-laute:___________________________________________________
|
Was sehen
Sie?
|
Körperhaltung:_____________________________________________________
|
Gestik:_____________________________________________________________
|
Mimik:_____________________________________________________________
|
Augenkontakt:______________________________________________________
|
Nervosität:_________________________________________________________
|
Was könnte ich nach Ihrer
Ansicht verbessern?
|
Die
Teilnehmerunterlagen
Ermuntern Sie die Teilnehmer, die
bereitgestellten Unterlagen zu nutzen. Sie werden dann erstens den
Inhalt besser verstehen und zweitens die nötigen Informationen
später leichter wiederfinden.




Notizen: Wer schreibt, der bleibt
Immer wenn ich ein
Train-the-Trainer-Seminar abhalte, werde ich zum Thema Notizen
befragt. Darf ich Notizen verwenden? Oder soll ich alles auswendig
lernen? Soll ich sie in der Hand halten? Soll ich sie im Ordner
lassen? Soll ich nur eine kurze Gliederung schreiben? Soll ich mir
Schlüsselbegriffe notieren? Soll ich auf normalem Papier schreiben?
Oder sind einzelne Karteikarten besser? Soll ich alles in meinen
eigenen Worten formulieren?
Meine Antwort ist jedes Mal »Ja«.
Ein Geheimrezept gibt es nicht. Machen
Sie, was bei Ihnen am besten funktioniert. Mein Rat ist: »Ja,
verwenden Sie Notizen.« Ihre Teilnehmer wollen Sie erfolgreich
sehen. Sie wollen nicht, dass Sie durcheinandergeraten. Sie wollen
nicht, dass Sie etwas Wichtiges vergessen. Und sie wollen schon gar
nicht, dass Sie eine »Rede« auswendig lernen. Der Gruppe ist es
viel wichtiger, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen – und vielleicht
auch über Dinge sprechen zu können, die nicht auf der Tagesordnung
stehen.




Manche vertrauen auch auf die visuellen
und mediengestützten Lerneinheiten, die sie vorbereitet haben. Sie
machen sich kleine Notizen zu den Flipcharts oder Overheadfolien,
oder sie verwenden die Kommentar-Funktion der
PowerPoint-Präsentation und drucken sich das Ganze aus.
Experimentieren Sie ein wenig, dann
werden Sie die Ihnen angenehmste Methode bald gefunden haben.
Was
ich sicher über Notizen sagen kann
Gute Aufzeichnungen helfen Ihnen, in der
Spur zu bleiben, sowohl, was die Zeitplanung, als auch, was die
thematische Ausrichtung betrifft. Sie sind Ihr persönliches
Unterstützungssystem.
Deshalb sollten Sie damit gut vertraut
sein und genau wissen, was auf welcher Seite zu finden ist. Alles,
was Sie vielleicht brauchen werden, sollte dort auch verzeichnet
sein. Sparen Sie sich deshalb die Mühe, vor der Sitzung noch einmal
alles neu auszudrucken, auch wenn die Seiten schon etwas ramponiert
aussehen und auf manchen Seiten vielleicht sogar Kaffeeflecken zu
sehen sind. Benutzte und vertraute Unterlagen sind besser als
blütenweiße Unterlagen, die Ihnen fremd vorkommen.
Vergessen Sie nicht, die Seiten zu
nummerieren. Wenn Sie sich aus verschiedenen Unterlagen ein
individuelles Paket zusammenstellen, sollten Sie das ebenfalls neu
nummerieren. Ich war einmal als Teilnehmerin in einem Seminar und
durfte beobachten, wie der Dozent während seiner Eröffnungsworte
laut raschelnd seine Seiten sortierte. Die Zuhörer haben kein Wort
verstanden. Wir schauten alle fasziniert auf das Chaos. Als er das
merkte, teilte er uns erst mal in Kleingruppen ein.
Glücklicherweise hatte er die Seiten nummeriert.
Schaffen Sie sich ein eigenes
Orientierungssystem, damit Sie die nötigen Informationen schnell
finden. Das kann durch verschiedene Farben, Unterstreichungen,
Kästen oder Pfeile geschehen. Sie können alle Fragen mit Sternchen
am Rand markieren oder ein kleines Bildschirmsymbol an die Stelle
zeichnen, an der Sie eine PowerPoint-Folie zeigen werden. Ihren
Gestaltungsideen sind keine Grenzen gesetzt.

Ihre Notizen sollten weder geheftet noch
gefaltet sein. Mit losen Blättern sind Sie flexibel. Ich bewahre
meine Unterlagen immer in einem Ringordner auf und nehme die Seiten
heraus, die ich gerade brauche. Den Ordner habe ich links auf
meinem Tisch griffbereit liegen. Verwenden Sie dickeres Papier,
wenn Sie die Unterlagen selbst ausdrucken. Es fühlt sich besser an
und raschelt auch nicht so, wenn Ihre Hände leicht zittern. Wenn
Sie Ihre Notizen lieber auf Karteikarten schreiben, nehmen Sie ein
DIN-A5- oder DIN-A6-Format, das mehr Platz bietet.
Eine letzte Bemerkung: Machen Sie sich
nicht zum Sklaven Ihrer Notizen. Sie sind nur ein
Hilfsmittel.
Fragen
und Fragen beantworten
Die Kunst der Frage zu beherrschen, ist
eine wichtige Kompetenz jedes Trainers. Nehmen Sie das nicht auf
die leichte Schulter. Neben den einfachen Informationsfragen, bei
denen es um Fakten geht, gibt es beziehungsorientierte Fragen, mit
denen Gespräche und Diskussionen angeregt werden sollen. Durch
richtiges Fragen können Sie besser einschätzen, was die Teilnehmer
bereits wissen oder noch lernen müssen. Sie können mit geeigneten
Fragen bestimmte Dinge betonen und die Teilnehmer zur Überprüfung
ihres eigenen Kenntnisstandes ermutigen. Fragen regen zum
Nachdenken an.
Teilnehmer zum Fragen ermuntern
Teilnehmer fragen aus verschiedenen
Motiven: zum einen, weil sie Informationen erhalten wollen, zum
anderen aber auch, weil sie andere Teilnehmer beeindrucken oder den
Trainer irritieren wollen. Glücklicherweise sind die meisten Fragen
positiv gemeint, deshalb sollten Sie auch zu Fragen ermuntern. Wie
machen Sie das?








Richtlinien zur Beantwortung von Fragen
Zur Kunst der Frage gehört auch die Kunst
der Antwort. Was ist zu beachten?












Fragen stellen
Fragen sind ein gutes und bewährtes
Werkzeug zur Einbeziehung der Teilnehmer. Sie können damit zum
Nachdenken anregen und Ihre Präsentation für die Zuhörer
persönlicher gestalten. Berücksichtigen Sie dabei Folgendes:












Fragen in Aktion
Überlegen Sie, wie Sie das eben Gelesene
anwenden können. Wann findet Ihr nächstes Seminar statt? Füllen Sie
dafür das Formular von Tabelle 9.2 aus.
Tabelle 9.2:
Welche Fragen werden die Teilnehmer stellen?
Formulieren Sie fünf Fragen, die Ihre
Teilnehmer in der nächsten Sitzung vermutlich stellen werden.
Schreiben Sie die Fragen und die Antworten auf.
|
---|
Frage:
|
Antwort:
|
Frage:
|
Antwort:
|
Frage:
|
Antwort:
|
Frage:
|
Antwort:
|
Frage:
|
Antwort:
|
Ist es sinnvoll, einige der Fragen direkt
im Skript zu beantworten, wenn Sie schon jetzt vorhersehen, dass
diese Frage auftauchen wird?
Überlegen Sie nun, warum Sie Fragen
einsetzen. Wie können Sie Ihre Sitzungen mit Fragen dynamischer
gestalten? Wann? Welche Fragen wären das? Was wäre der Zweck?
Formulieren Sie drei Fragen, die Sie Ihren Teilnehmern stellen
könnten (siehe Tabelle 9.3).
Tabelle 9.3:
Welche Fragen könnte ich stellen?
Was ich fragen könnte:
|
Zweck der Frage
|
Was ich fragen könnte:
|
Zweck der Frage
|
Was ich fragen könnte:
|
Zweck der Frage
|
Übergänge reibungslos gestalten
Denken Sie an die Lernenden, wenn Sie von
einem zum nächsten Thema überleiten. Nehmen Sie die Teilnehmer auf
eine angenehme Reise mit, wenn Sie sich Schritt für Schritt durch
die Tagesordnung arbeiten. Eröffnen Sie den Blick für das große
Ganze und zeigen Sie, wie die einzelnen Themen zusammenhängen. Dann
merkt man, dass Sie ein Profi sind. Folgende Tipps helfen Ihnen
dabei.







Einen
gelungenen Abschluss gestalten
Der Abschluss soll für die Teilnehmer das
Seminar abrunden. Die Erwartungen der Teilnehmer sollten im Seminar
möglichst erfüllt worden sein und Sie möchten ihnen vielleicht ein
letztes Gruppenerlebnis verschaffen. Die meisten Trainingssitzungen
enden mit einer Evaluation und einer Bitte um zusätzliches
Feedback. Wahrscheinlich werden Sie ein paar Schlussworte sprechen
und eine abschließende Aktivität durchführen. Der Abschluss einer
Sitzung ist die Gelegenheit, alle losen Fäden zusammenzuführen und
den Fokus auf die Umsetzung des Gelernten am Arbeitsplatz zu
richten.
Wurden die Erwartungen erfüllt?
Um festzustellen, ob das Seminar die
Erwartungen erfüllt hat, werden Sie in der Regel auf die anfangs
auf einer Tafel oder einem Flipchart schriftlich formulierten
Erwartungen zurückgreifen. Sie können mit den Teilnehmern auch ein
Gespräch führen.
Achten Sie darauf, alle Fragen auf dem
»Frageparkplatz« beantwortet zu haben und nichts unerledigt zu
lassen.
Eine
Gruppenerfahrung zum Schluss
Eine der kreativsten Schlussaktivitäten,
die ich kenne, ist die Vorführung eines Videos oder einer
Foto-Collage. Entscheiden Sie zunächst, womit Sie arbeiten wollen.
Machen Sie vor Sitzungsbeginn Fotos oder Videoaufnahmen vom leeren
Sitzungsraum und fotografieren und drehen Sie in geeigneten
Momenten während der verschiedenen Aktivitäten. Jeder sollte
mindestens einmal abgelichtet werden. Wenn Sie eine digitale
Fotopräsentation planen, können Sie diese auch mit geeigneter Musik
unterlegen. Gegen Ende kündigen Sie an, nun allen zu zeigen, wie
hart sie in den vergangenen Stunden oder Tagen gearbeitet haben.
Nehmen Sie Platz und genießen Sie die Show. Dies ist eine sehr
stimmungsvolle Art, das Seminar zu beenden.
Bei Teamentwicklungsseminaren habe ich am
letzten Tag auch Fotos vom Seminar schnell entwickeln bzw.
ausdrucken lassen und an die Teilnehmer verschenkt. Achten Sie auch
hier bitte darauf, dass jeder auf mindestens einem Foto zu sehen
ist.
Evaluation des Gelernten
Zu allen Trainings, die auf dem
Instruktionsdesign aufbauen, gehört eine Evaluation. Evaluiert
werden können: die Teilnehmerreaktionen, das erworbene Wissen, die
Anwendung des Gelernten und/oder die Geschäftsergebnisse. In
Kapitel 13 finden Sie genauere Informationen dazu.
Vielleicht wollen Sie auch Feedback und
Verbesserungsvorschläge für künftige Trainings. Eine gute Methode
ist es, die Teilnehmer zu fragen, was gut lief und was
verbesserungswürdig ist. Verwenden Sie zwei Flipcharts mit den
Überschriften »Was lief gut?« und »Was könnte verbessert
werden?«
Das
Geleistete zusammenfassen und Handlungsverpflichtung
herstellen
Sie können den Seminarplan und die
Lernziele noch einmal kritisch überprüfen. Wurde alles abgedeckt?
Sie können die Teilnehmer besser darauf verpflichten, das Gelernte
auch umzusetzen, wenn Sie folgende Fragen stellen:



Diese Fragen können zunächst in
Kleingruppen besprochen und dann im Plenum vorgetragen werden. Zur
Transfersicherung können Sie die Teilnehmer in Zweiergruppen
einteilen. Die »Lernpartner» tauschen ihre Adressen aus und
vereinbaren ein erstes gemeinsames Treffen, um einander nach dem
Seminar zu unterstützen.
Ich lasse die Teilnehmer zum Abschluss
gern Briefe an sich selbst schreiben, in denen sie sich zu
bestimmten Aktivitäten und/oder Veränderungen verpflichten. Sie
stecken den Brief in einen an sich selbst adressierten Umschlag.
Ich sammle alle ein und schicke sie sechs bis acht Wochen später an
die Adressaten.
Ein
(oder zwei) ermunternde Worte zum Abschluss
Planen Sie den Schluss so dicht wie den
Anfang. Wenn Sie den Anregungen in diesem Abschnitt folgen, haben
Sie bereits eine Menge zu tun. Außerdem wollen Sie die Teilnehmer
vielleicht mit einer feierlichen Botschaft entlassen. Wenn Sie
spektakulär gestartet sind, sollte auch die Schlussfanfare einen
besonderen Akzent setzen.
Die Teilnehmer sollen das Seminar in
bleibender Erinnerung behalten, sie sollen ermutigt und zum
Nachdenken angeregt werden. Wie gelingt das? Ein Aufruf zum
Handeln, ein Gedicht, ein Zitat, eine rhetorische Frage, eine
Vorführung oder irgendetwas, das überzeugt. Vielleicht kennen Sie
auch ein Buch mit einer optimistischen Botschaft, aus dem Sie am
Ende eines langen Trainings gern vorlesen. Ich werde nie vergessen,
wie ein Trainer einen Plastikstrohhalm durch eine rohe Kartoffel
bohrte und dabei sagte: »Mit positivem Denken schafft man alles.
Glauben Sie an Ihren Erfolg und Sie werden erfolgreich sein.«
Schließlich stehen Sie an der Tür, geben
jedem die Hand, wünschen ihm viel Erfolg und sagen Auf
Wiedersehen.
Da ich in diesem Kapitel viel über Fragen
und Antworten geschrieben haben, zum Abschluss ein Zitat meines
Lieblingsdichters E. E. Cummings: »Eine schöne Antwort erhält stets
der, der eine noch schönere Frage stellt.«