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Probleme lösen: Was soll ein Trainer tun?
 
In diesem Kapitel
e9783527657599_triangle.jpg Problemen vorbeugen
e9783527657599_triangle.jpg Unvorhergesehene Probleme bewältigen
e9783527657599_triangle.jpg Mit störenden Teilnehmern richtig umgehen
e9783527657599_triangle.jpg Vortragsängste und Nervosität abbauen
Ein Leben (und ein Training) ohne Problem egibt es nicht. Schwierigkeiten gehören einfach dazu, auch wenn Sie als Trainer sich noch so gut vorbereitet haben. Niemand kann an alles denken – doch das soll nicht bedeuten, dass Sie es nicht zumindest versuchen sollten.
 
e9783527657599_i0112.jpgNicht die Katastrophe zählt, sondern wie Sie mit ihr umgehen! Für die Teilnehmer sind Sie als Trainer ein Verhaltensvorbild, denn vielleicht werden sie einmal in derselben Situation sein.
In diesem Kapitel führe ich Sie in die so genannten COOL-Techniken ein, mit denen Sie allen sich anbahnenden Katastrophen entgegentreten können. Wenn Sie COOL bleiben, reagieren Sie professionell. Die meisten Trainer haben die eine oder andere problematische Situation schon einmal selbst erlebt – deshalb wissen sie jetzt, was am besten dagegen wirkt! Die meisten Schwierigkeiten verursachen wahrscheinlich technische Mängel, einzelne unkooperative Teilnehmer oder die eigenen schwachen Nerven. Damit Sie nicht aus dem Takt geraten, vermitteln die folgenden Abschnitte das ABC des Problemlösens.
Probleme während des Unterrichts
Während des Trainings kann eine Menge passieren. Gerade wenn Sie glauben, nun gegen alles gewappnet zu sein, stellt sich Ihnen das nächste Problem in den Weg.
Probleme mit der Logistik
Logistische Probleme können einem Kopfschmerzen verursachen. In Kapitel 7 finden Sie bereits einige Hinweise zu dem Thema. An dieser Stelle noch weitere Tipps.
Ungeeignete Räume
Vielleicht müssen Sie das Seminar in einem Raum abhalten, der für solche Zwecke gar nicht vorgesehen ist: ein Sitzungssaal mit einem großen Tisch, bei dem keine Einzeltische für Kleingruppenarbeit umgestellt werden können, ein Raum mit einer großen Säule in der Mitte oder ein mit Möbeln vollgestopftes Zimmer, das den Teilnehmern kaum Bewegungsfreiheit lässt. Wenn Sie großes Pech haben, stehen Sie ganz ohne Raum da! Ich habe mal ein Seminar am Ende eines Flurs abgehalten, weil im eigentlich vorgesehenen Raum gerade der Teppich herausgerissen worden war!
 
Wenn Sie solche Dinge erst eine Stunde vor Seminarbeginn erfahren, ist es meistens zu spät, um noch etwas zu ändern. Fragen Sie wenigstens, ob noch andere Räume zur Verfügung stehen, eventuell nach der ersten Pause oder nach dem Mittagessen. Wenn nicht, mischen Sie die Karten für das Seminardesign noch mal neu und machen Sie das Beste draus. Vielleicht können sich ja auch Teilgruppen in verschiedene Räume aufteilen.
Ungeeignetes Mobiliar
Es scheint vielleicht nicht zu Ihrer Aufgabe zu gehören, doch Sie sind dafür verantwortlich, dass die Teilnehmer bequeme Stühle und Tische haben. Ob die Stühle bequem sind, sehen Sie auf den ersten Blick, wenn Sie in den Raum kommen. Es kann auch passieren, dass die Teilnehmer sich hinter Tische klemmen müssen, die alten Schulbänken verdächtig ähnlich sind.
 
Wahrscheinlich wollen Sie für besondere Gruppenarbeiten auch außerhalb des Raumes nach geeigneten Sitzgelegenheiten suchen. Ich habe bei einer solchen Gelegenheit mal für meine Teilnehmer Campingtische besorgt. Die Teilnehmer sind Ihnen dankbar, wenn Sie sich um solche Dinge kümmern.
Logistische Probleme
Logistischen Problemen beugt man am besten mit guter Vorbereitung vor. Sie werden wahrscheinlich nie an wirklich alles denken können, doch je besser Sie im Voraus planen, desto weniger Probleme werden auftauchen. Aus Erfahrung wird man allmählich klüger. Entwickeln Sie eine allgemeine Checkliste, die Sie nach und nach ergänzen.
Probleme mit der Ausstattung
Nichts kann frustrierender sein als mangelhafte Geräte.
 
Was alles schieflaufen kann
Lesen Sie die folgende Geschichte als eine Komödie der Irrtümer. Der Trainerin wurde als Adresse »1423 East Oak« angegeben, doch das Veranstaltungsgebäude, eine alte Kirche, befand sich in der »West Oak«. Doch das war noch nicht mal so schlimm, denn als sie schließlich dort ankam, war die Tür verschlossen. Sie hatte zwar die Handynummer des Geschäftsführers, doch dieser war nicht zu erreichen. Allmählich kamen die ersten Teilnehmer und sammelten sich vor dem Gebäude. Kurz bevor der Geschäftsführer kam, tauchte ein anderer Trainer auf, der einen Schlüssel dabeihatte. Leider wollte er in dem Raum selbst ein Seminar veranstalten. Und in der Tat, der Raum war doppelt gebucht worden.
 
Im Kellergeschoss der alten Kirche war noch ein Raum frei. Obwohl die Trainerin nicht einmal 1,60 Meter groß ist, musste sie sich ducken, um offen liegenden Rohrleitungen auszuweichen. Die Teilnehmer halfen ihr, die Kisten mit den Unterlagen hereinzuschleppen. Als sie den Overheadprojektor anschließen wollte, merkte sie, dass die Steckdosen veraltet waren und der Stecker nicht passte. Sie brach kurzerhand einen Metallstab im Stecker ab, um das Gerät doch noch zum Laufen zu bringen.
 
Während des Seminars begannen die Rohrleitungen zu schwitzen, Wasser tropfte auf alle Unterlagen, auf die Folien und auf die Trainerin selbst. Sie merkte allmählich, dass die Teilnehmer das Seminar eher als Strafe empfanden und nicht wussten, warum sie eigentlich da waren. Die Klimaanlage sprang zwar sofort an, doch kurze Zeit später brannte eine Sicherung durch und keiner wusste, wie und wo man diese auswechselt. Der Mann, der sie hätte empfangen und die Kirche aufschließen sollen, tauchte nie auf. Dafür klingelte das Telefon im Nebenraum alle paar Minuten und niemand ging ran.
 
Die einzige gute Nachricht war, dass der Koffer der Trainerin, der von der Fluggesellschaft als »verloren« gemeldet worden war, abgeliefert wurde, kurz bevor sie sich auf den Weg ins Hotel begab.
 
Genau so ist es mir in meinem ersten Jahr als Trainerin einmal ergangen. Am lustigsten war, dass die Teilnehmer am Ende sagten, dies sei das beste Training gewesen, das sie je gehabt hätten.
Was kann passieren?
Es kann so gut wie alles falsch laufen, angefangen damit, dass die Geräte einfach nicht da sind (weil sie jemand vergessen hat, weil sie in einen falschen Raum gestellt wurden oder weil sie einfach nicht vorhanden sind).
 
Bei Overheadprojektoren ist es am schlimmsten, wenn die Glühbirne durchbrennt. Am Flipchart hängt vielleicht nur beschriebenes Papier, und die Unterlagen reichen nicht für alle Teilnehmer, weil jemand nicht richtig gezählt hat oder mehr Teilnehmer als angemeldet gekommen sind.
Wie kann man vorbeugen?
Manche Probleme kann man vorhersehen, manche nicht. Prüfen Sie immer alles zweimal. Bestellen Sie Material mindestens einen Monat im Voraus. Gehen Sie eine Woche vor dem Seminar noch einmal alles durch und rufen Sie einen Tag vorher an, um Datum, Uhrzeit, Ort und Ausstattung zu bestätigen.
 
e9783527657599_i0113.jpgNotieren Sie sich Namen, Büronummer und Handynummer desjenigen, der für die technische Ausstattung der Räume verantwortlich ist. Das hat sich schon öfter, als ich zählen kann, als nützlich erwiesen.
Lassen Sie den Raum, wenn möglich, einen Tag vorher richten. Schauen Sie sich die Geräte genau an, sobald Sie den Raum betreten. Prüfen Sie, ob alles funktioniert.
Und wenn alles nichts hilft ...
Wenn Probleme auftauchen (und das werden sie), können Sie zwei Dinge tun: erstens den Notfallplan hervorziehen und zweitens ruhig bleiben und überlegt handeln.
e9783527657599_coche.jpg  Notfallplan bereithalten. Die benötigten Geräte werden genau in dem Moment ausfallen, wenn sie am dringendsten gebraucht werden. Wenn Sie darauf vorbereitet sind, im Notfall auch ohne Medien auszukommen, ist das nicht so tragisch. Wenn Sie Folien zeigen wollen, sollten Sie diese immer auch in Kopie bereithalten, so dass Sie diese den Teilnehmern austeilen können, wenn der Bildschirm ausfällt. Für alle Fälle steht auch immer ein Flipchart bereit.
In diesem Fall konzentriert sich die Aufmerksamkeit nun auf Sie und nicht mehr auf den Bildschirm. Deshalb sollten Sie besonders auf Ihre Präsentationstechnik achten: Blickkontakt halten, lebhafte Gesten, fester Stand, gezielte Bewegungen im Raum. Vielleicht ist es notwendig, eine stärker bildhafte, beschreibende Sprache zu verwenden und mehr Beispiele einzuflechten. Damit gleichen Sie die fehlende Visualisierung aus.
e9783527657599_coche.jpg  Überlegt handeln. Prüfen Sie der Reihe nach, was Sie tun können, um den Fehler vielleicht zu beheben. Laptop und Beamer sind die gängigen Geräte. Wenn etwas nicht funktioniert, gehen Sie folgendermaßen vor:
• Sind die Geräte richtig angeschlossen? Prüfen Sie, ob nicht der Stecker oder die Verlängerungskabel locker sitzen.
• Sind die Aus- und Eingänge richtig angeschlossen?
• Ist der Laptop als Quelle für den Beamer ausgewählt? Ist der Beamer im Standby-Modus?
• Wurde der Laptop so eingerichtet, dass er über den externen Videoausgang anzeigt? Jeder Laptop verfügt über verschiedene Anzeigemodi und kann zwischen diesen wechseln.
• Haben Sie es schon mit »Neu starten« versucht? Manchmal hilft es, wenn man den Computer einfach herunterfährt und neu startet.
• Sind Computer und Beamer überhaupt kompatibel? Es kommt zwar selten vor, ist mir aber schon passiert, dass sie nicht kompatibel sind.
e9783527657599_coche.jpg  Positiv denken. Beklagen Sie sich nicht über die schlechte Ausstattung, wenn mitten im Seminar das Gerät ausfällt. Entschuldigen Sie sich kurz bei den Teilnehmern, geben Sie sich fünf Minuten, um den Fehler zu beheben, und dann machen Sie weiter. Vielleicht machen Sie offiziell eine kurze Kaffeepause, denn die Teilnehmer sollten nicht dabei zuschauen müssen, wie Sie an den Steckern rütteln und ziehen.
Machen Sie sich bewusst, dass solche Situationen immer wieder auftreten werden. Das gehört zum Geschäft, mit jeder Erfahrung werden Sie gelassener. Wenn Sie das Problem nicht sofort lösen können, versuchen Sie, nach Ende des Seminartages die Techniker zu konsultieren.
Persönlich schwierige Situationen
Manchmal passieren Ihnen Dinge, die Ihnen einen Tag später harmlos vorkommen, doch wenn Sie mittendrin stecken, nützt Ihnen diese Erkenntnis noch nichts. Was kann einem Trainer, der vor einer Gruppe steht, passieren und was kann er dagegen tun?
Vergessen, was man sagen wollte
Viele Trainer haben Angst davor, dass ihr Gedächtnis wie leer gefegt ist, wenn sie vor der Gruppe stehen. In normalen Gesprächen ist es alltäglich, nach Worten zu suchen, doch wenn alle Augen auf einen gerichtet sind, wird ein Blackout von vielen als besonderer Stress empfunden. Wie können Sie sich dagegen wappnen?
e9783527657599_coche.jpg  Geben Sie zu, wenn Ihnen etwas entfallen ist, so als ob Sie sich in einem ganz normalen Gespräch befinden. Fahren Sie fort und fügen Sie den entsprechenden Sachverhalt ein, wenn Sie sich wieder erinnern.
e9783527657599_coche.jpg  Nehmen Sie einen Schluck Wasser. Die kurze Pause reicht oft schon aus, den Gedanken wieder zu finden.
e9783527657599_coche.jpg  Füllen Sie die Lücke, indem Sie den letzten Punkt auf andere Art noch einmal erläutern oder ein Beispiel geben. Wie der Schluck Wasser verschafft Ihnen diese kleine Pause ein wenig Zeit zum Erinnern.
e9783527657599_coche.jpg  Beziehen Sie sich auf Ihre Notizen. Gute Notizen haben etwas Beruhigendes: Sie haben alles, was Sie brauchen, aufgeschrieben, und zwar so strukturiert, dass Sie die entsprechende Stelle schnell finden.
e9783527657599_coche.jpg  Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die Teilnehmer. Fragen Sie, ob es Fragen zu dem besprochenen Punkt gibt. Wenn es nicht allzu offensichtlich ist, wird niemand merken, wozu die Frage dient.
e9783527657599_coche.jpg  Legen Sie sich für solche Momente einen Standardsatz zu. Zum Beispiel: »Ich habe den roten Faden verloren. Kann jemand mir helfen, ihn wiederzufinden?« oder »Mein Gedächtnis ist wie leer gefegt. Weiß jemand von Ihnen, was ich sagen wollte?«
Sich krank fühlen
Gegen Wetterfühligkeit lässt sich leider kaum etwas tun. Das Seminar können Sie nicht absagen und nur selten gibt es jemanden, der Sie vertreten könnte. Bei ernsthaften Krankheiten müssen Sie selbstverständlich absagen. Doch das ist immer eine schwere Entscheidung, weil viele Menschen auf Sie zählen und vielleicht bereits Hunderte Kilometer weit angereist sind.
 
Wenn Sie sich schlecht fühlen und das Seminar trotzdem abhalten, sollten Sie folgende Vorschläge beachten:
e9783527657599_coche.jpg  Erzählen Sie den Teilnehmern nicht, wie Sie sich fühlen, oder machen Sie zumindest kein großes Aufheben davon. Man mag Mitleid mit Ihnen haben, doch ist es das, was Sie wollen?
e9783527657599_coche.jpg  Legen Sie den Schwerpunkt auf die aktive Mitwirkung der Teilnehmer. Höchstwahrscheinlich sind Teilnehmer in der Gruppe, die bereits mehr Erfahrung mit dem betreffenden Thema haben. Bitten Sie diese, eigene Informationen beizusteuern oder die Diskussion zu leiten.
Arbeiten macht keinen Spaß, wenn man sich krank fühlt. Doch der Trainerberuf erlaubt in dieser Hinsicht leider wenig Flexibilität.
Vom Thema abkommen
Nur zu leicht lässt man sich vom Thema ablenken. Tausend Abzweigungen kreuzen den eigenen Weg. Manchmal wird man durch Fragen von Teilnehmern auf einen anderen Pfad gelockt und manchmal ist man es selbst, der sich dazu verleiten lässt, eine nette Geschichte zur Ergänzung zu erzählen.
 
Sobald Sie merken, dass Sie abschweifen, sollten Sie das Steuer herumreißen. Versuchen Sie es mit folgenden Techniken:
e9783527657599_coche.jpg  Versuchen Sie, eine Verbindung zwischen dem, was Sie gerade erzählen, und dem, was Sie eigentlich erzählen sollten, herzustellen.
e9783527657599_coche.jpg  Werfen Sie eine selbstironische Bemerkung ein: »Mensch, auf welche Abwege bin ich denn jetzt geraten?!« Damit können Sie das Thema schnell abschließen und zum Hauptgegenstand zurückkehren.
e9783527657599_coche.jpg  Wenn es allzu schwierig ist, wieder zurückzufinden, machen Sie eine Pause.
Neu im Beruf sein
Jeder fängt einmal an. Dennoch ist Unerfahrenheit nichts, wozu man sich vor der Gruppe öffentlich bekennen sollte. Stellen Sie sich vor, Sie fliegen von Frankfurt nach New York und der Pilot bittet Sie um Verständnis dafür, dass dies sein erster Flug sei!
 
Es gibt keinen Grund, sich für etwas zu entschuldigen. Sätze wie »Bitte üben Sie Nachsicht mit mir« sollten in Ihrem Wortschatz nicht vorkommen. Sie erzeugen damit Unsicherheit unter den Teilnehmern und die Gruppe glaubt, etwas hinnehmen zu müssen, was eigentlich fehl am Platze ist.
Schwierige Situation in der Gruppe
Manchmal scheint es einem so, als sei die ganze Gruppe ein einziges Problem – und das ist gar nicht so selten.
Woran kann das liegen?
Manchmal liegt den Teilnehmern das Trainingsdesign nicht. Wenn das Design beispielsweise viele spielerisch-aktivierende Elemente enthält, aber die Teilnehmer insgesamt eher analytisch veranlagt sind, werden Sie als Trainer nicht die lebendige Diskussion und Mitwirkung erzielen, die Sie sich eigentlich erhofft haben.
 
Es kann auch sein, dass die Teilnehmer gedanklich mit anderen Dingen beschäftigt sind. Wenn es in einem Seminar um Change Management und Effizienzsteigerung geht, sind manche vielleicht besorgt, inwiefern künftige Veränderungen sie direkt betreffen könnten. Doch es müssen nicht einmal Existenzsorgen sein, die die Teilnehmer umtreiben, allein der Gedanke an die neuen zusätzlichen Aufgaben, die nach der Weiterbildung auf sie zukommen, lässt manche unruhig werden. Manchmal ist es auch nur der Gedanke an die Arbeit, die sich während der Abwesenheit auf dem Schreibtisch stapelt.
 
Manchen Teilnehmern ist der Grund für ihre Teilnahme am Training vielleicht nicht ausreichend vermittelt worden. Vielleicht empfinden sie die Weiterbildung als verdeckten Hinweis darauf, dass sie ihre Aufgabe nicht gut genug machen. Dagegen hilft nur, um Verständnis dafür zu werben, wie die Trainingsmaßnahme sich in die Unternehmensvision einfügt und welche Chancen für die einzelnen Teilnehmer sich daraus ergeben.
 
Nicht alle Gründe für Schwierigkeiten in der Gruppe lassen sich eindeutig ausmachen. Umso wichtiger ist es, möglichst vorzubeugen und Probleme offen auszusprechen.
Den Problemen vorbeugen
Manchen dieser Probleme lässt sich durchaus vorbeugen:
e9783527657599_coche.jpg  Konzentrieren Sie sich in der Designphase auf die Bedürfnisse der Teilnehmer.
e9783527657599_coche.jpg  Bringen Sie möglichst viel über die Teilnehmer in Erfahrung (Kommunikationsstil, Einstellung zum Training, Änderungen am Arbeitsplatz, Wissensstand, Motivation). Die Abfrage der Erwartungen zu Seminarbeginn gehört unbedingt dazu.
e9783527657599_coche.jpg  Geben Sie Einblick in die Bedarfsanalyse und erklären Sie, warum das Training stattfindet.
e9783527657599_coche.jpg  Machen Sie im Vorfeld Interviews mit den Teilnehmern, um rechtzeitig von Sorgen und Bedenken zu erfahren.
e9783527657599_coche.jpg  Prüfen Sie genau, ob nicht erst Sie das Problem geschaffen haben – vielleicht weil Sie den Sinn des Trainings für den Einzelnen nicht deutlich genug erläutert haben. Es kann auch sein, dass Sie sich nicht genug Glaubwürdigkeit erarbeitet haben. Oder Sie bieten den Teilnehmern schlichtweg zu wenig Pausen und überfordern sie damit.
Wenn Sie unerwartet mit einer schwierigen Gruppe zu tun haben, sprechen Sie das Problem am besten direkt und unverblümt an. In der ersten Pause könnten Sie zum Beispiel auf einige Teilnehmer zugehen und sie fragen: »Die Gruppe scheint etwas zu beschäftigen, womit sie nicht herausrücken will« oder »Die Teilnehmer machen mir einen besorgten Eindruck. Gibt es etwas, das ich wissen sollte?«
 
Je nachdem, wie schwierig die Situation ist, können Sie auch die Trainingssitzung unterbrechen und sich direkt an die Gruppe wenden. Wenn ich mich dazu entschließe, setze ich durchaus etwas Dramatik ein, nehme meinen Stuhl, stelle ihn in die Mitte und sage: »Hier stimmt etwas nicht. Dem müssen wir nachgehen.« Nach einer negativen oder gar feindseligen Bemerkung mache ich eine lange Pause, klappe meinen Seminarordner zu und sage: »Wir müssen miteinander reden.« Wie eröffne ich die Diskussion? Ich sage, welches Verhalten ich beobachtet habe, und ergänze mit einem Satz wie: »Ich glaube, wir müssen erst die Gründe dafür herausfinden, bevor wir mit dem Training erfolgreich fortfahren können.« Dann warte ich auf Reaktionen. Wenn das Gespräch in Gang gekommen ist, notiere ich die Punkte am Flipchart, damit die Teilnehmer sich nicht wiederholen.
 
Wenn Sie eine Gruppe vor sich haben, die nicht auf Sie oder das Thema reagiert, sollten Sie das Problem so schnell wie möglich ansprechen. Sonst verschwenden Sie nur Zeit, Ihre eigene und die der Teilnehmer.
 
Achtung: Manchmal ist nicht die Gruppe das Problem, sondern einzelne Teilnehmer machen Schwierigkeiten. Dazu mehr im Abschnitt Mit Störungen richtig umgehen in diesem Kapitel.
Wenn Training nicht die Lösung ist
Vielleicht sind Sie in manchen Fällen nach der Bedarfsanalyse der Ansicht, eine Trainingsmaßnahme sei eigentlich nicht angebracht, doch das Unternehmen hat entschieden, dennoch in ein Weiterbildungsseminar zu investieren. Dagegen können Sie wahrscheinlich erst einmal nichts machen, außer dafür zu sorgen, dass die Teilnehmer trotzdem wertvolle Erfahrungen mitnehmen. Wenn Sie am Seminarplan nicht viel ändern können, sollten Sie zumindest die Diskussion in Richtung der Themen lenken, die der Gruppe nützlich sind.
 
Vor vielen Jahren war ich für ein Kommunikationstraining engagiert worden und fand eine Gruppe von 20 Männern vor, die offensichtlich nur höchst widerwillig anwesend waren und sich dem Gespräch verweigerten. Nach der Einführung machte ich sofort eine Pause und erfuhr, dass das Training Teil einer Outplacement-Vereinbarung war. Die Männer waren von Stellenabbau betroffen und sollten, um weitere berufliche Perspektiven zu entwickeln, Kommunikationstechniken trainieren. Niemand hatte mir das mitgeteilt. Nach der Pause besprachen wir, welche Probleme und Herausforderungen sie auf sich zukommen sehen, und ich passte mein Programm ihren Bedürfnissen, so gut es ging, an.
 
Dazu benutzte ich ein Verfahren, wie es in dem grauen Kasten 10-Punkte-Programm für schwierige Seminarsituationen beschrieben ist. Damit konnte ich den Tag für die Teilnehmer retten.
 
10-Punkte-Programm für schwierige Seminarsituationen
Die Inhalte des Seminars sind falsch ausgerichtet oder die Trainingsmaßnahme an sich ist nicht Erfolg versprechend, weil die Probleme woanders liegen. Wie machen Sie das Beste aus einer solchen Situation? Versuchen Sie, sich an folgenden Schritten zu orientieren.
e9783527657599_cochegrise.jpg  Unterbrechen Sie die Sitzung. Legen Sie den Seminarplan beiseite, denn die Teilnehmer werden Ihnen ohnehin nicht richtig zuhören und die Inhalte verwerten wollen.
e9783527657599_cochegrise.jpg  Fassen Sie zusammen, was Sie den bisherigen Äußerungen der Teilnehmer entnehmen können.
e9783527657599_cochegrise.jpg  Bitten Sie die Teilnehmer darum, Ihnen die Gründe für die Bedeutungslosigkeit des Programms (oder was auch immer das Problem ist) zu nennen. Lassen Sie der Gruppe genügend Zeit zum Nachdenken. Schreiben Sie auf dem Flipchart mit und hängen Sie die Seiten anschließend auf.
e9783527657599_cochegrise.jpg  Gehen Sie die Liste durch und erläutern Sie, welche Punkte beeinflussbar sind und welche nicht. Fragen Sie nach Beispielen für die Dinge, die sich nicht beeinflussen lassen. Lassen Sie den Teilnehmern genügend Zeit, sich »abzureagieren«.
e9783527657599_cochegrise.jpg  Erklären Sie, was Sie im Moment nicht ändern können. Doch machen Sie auch klar, dass der erste Schritt zur Veränderung am besten dort geschieht, wo man etwas bewirken kann.
e9783527657599_cochegrise.jpg  Verweisen Sie wieder auf die Liste. Sagen Sie etwa: »So, wir sind jetzt herausgefordert, eine neue Liste aufzustellen, und zwar eine Liste der Dinge, die wir beeinflussen können. « Vielleicht kommen die ersten Antworten nur zögerlich, doch verfallen Sie nicht in Panik. Wiederholen Sie die Frage einfach, wenn die Teilnehmer spüren, wie ernst Ihnen damit ist, werden Sie auch Antworten erhalten.
e9783527657599_cochegrise.jpg  Protokollieren Sie die Antworten auf dem Flipchart und ermuntern Sie die Teilnehmer: »Gut. Und was fällt Ihnen noch ein?« Wenn die Liste erschöpft ist, bedanken Sie sich bei allen für ihr Engagement. Kündigen Sie nun an, dass nach einer kurzen Pause gemeinsam überlegt werden soll, wie das Gleichgewicht im Trainingsprogramm wiederhergestellt werden kann. Holen Sie sich dazu die Zustimmung der Teilnehmer ein.
e9783527657599_cochegrise.jpg  Sagen Sie, dass Sie die erste Negativliste nun entfernen und durch die Positivliste mit den beeinflussbaren Dingen ersetzen werden. Nutzen Sie die Pause, um selbst darüber nachzudenken, welche Themen Sie in der verfügbaren Zeit noch auf welche Weise behandeln wollen.
e9783527657599_cochegrise.jpg  Nach der Pause betonen Sie noch einmal, wie wichtig es war, sich für diese Klärungen Zeit zu nehmen. Erläutern Sie Ihren Plan für das weitere Vorgehen. Gegen Ende oder auch noch einmal während der Sitzung können Sie sich erkundigen, was die Teilnehmer gerade denken.
e9783527657599_cochegrise.jpg  Beglückwünschen Sie sich innerlich selbst.
Problemlösen mit der COOL-Technik
Sie haben vielleicht alle Vorschläge in diesem Kapitel bereits versucht und dennoch läuft das Seminar nicht rund. Für solche Fälle empfehle ich Ihnen die COOL-Technik.
C – Cool bleiben
Auch wenn es schwer fällt: Bleiben Sie ruhig und gelassen. Atmen Sie tief durch, konzentrieren Sie sich auf die Situation und suchen Sie nach der Ursache des Problems. Wenn Ihr Hirn wieder mit genügend Sauerstoff versorgt ist, werden Sie besser entscheiden können, was als Nächstes zu tun ist.
O – Optionen eröffnen
Wenn etwas schiefläuft, möchte man manchmal gerne mit dem Kopf durch die Wand und etwas unbedingt durchsetzen. Aber es gibt nie nur eine richtige Antwort auf ein Problem, deshalb sollten Sie verschiedenen Möglichkeiten gegenüber aufgeschlossen sein. Fragen Sie die anderen (die Teilnehmer oder einen anderen Trainer) nach ihren Ideen. Machen Sie im Geiste einen schnellen Pro-und-Contra-Vergleich und entscheiden Sie sich dann für eine der Alternativen.
O – Optimistisch bleiben
Sobald Sie sich für eine Lösung entschieden haben, sollten Sie optimistisch nach vorne blicken und davon ausgehen, sich nach Berücksichtigung aller Faktoren richtig entschieden zu haben. Damit meine ich nicht, dass Sie dogmatisch werden sollen, sondern dass Sie positiv und optimistisch gestimmt sein können. Zweifeln Sie nicht im Nachhinein (»Ich hätte aber...«).
L – Lernerfahrung daraus machen
Es empfiehlt sich, alle Probleme immer auch aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten: »Überlege dir, wofür das Problem gut ist!« Vielleicht hat das Problem ja auch ganz lustige Aspekte, doch zumindest lernen Sie etwas daraus. Wenn Sie das Gute im Schlechten wahrnehmen und sich selbst aus einer gewissen Distanz betrachten können, bewahren Sie Ihre Professionalität als Trainer. Sie lernen aus der Situation und können die Erfahrung für die Zukunft nutzen.
Probleme mit Humor nehmen
Manchmal hilft nur Humor. Wenn Sie zum Beispiel in ein Mikrofon sprechen wollen, das nicht funktioniert, fragen Sie am besten: »Wie viele in der letzten Reihe können von den Lippen lesen?«
 
e9783527657599_i0114.jpgNicht alle Menschen haben einen natürlichen Humor. Bevor Sie sich zu etwas zwingen, lassen Sie es lieber. Schwierigkeiten lassen sich auch anders bewältigen: mit Freundlichkeit, Sympathie, Tüchtigkeit und positiver Einstellung.
Sinn für Humor und Flexibilität sind unabdingbar, wenn Sie als Trainer erfolgreich sein wollen, wie man auch am Kasten Elaine Biechs Top Ten der Missgeschicke ablesen kann. Obwohl daraus hervorgeht, dass trotz guter Vorbereitung immer etwas schiefgehen wird, sollten Sie sich trotzdem perfekt vorbereiten. Trotz allem: Bewahren Sie in kritischen Situationen Humor.
 
Elain Biechs Top Ten der Missgeschicke
Mein Team und ich arbeiten seit Jahren fleißig an einer Liste aller Widrigkeiten, mit denen sich Trainer herumschlagen müssen. Die Liste wird immer länger und viele Dinge lassen sich wohl am besten mit Humor ertragen. Auch wenn manches ironisch gemeint ist, so ist es doch nur zu wahr!
e9783527657599_cochegrise.jpg  Wenn Sie mit 15 Teilnehmern rechnen, kommen garantiert 30.
e9783527657599_cochegrise.jpg  Wenn Sie mit 30 Teilnehmern rechnen, kommen garantiert 15.
e9783527657599_cochegrise.jpg  Der Strom fällt genau in dem Moment aus, wenn Sie den DVD-Player anmachen.
e9783527657599_cochegrise.jpg  Der einzige Druckfehler in den gesamten Unterlagen findet sich ausgerechnet auf der Seite über Qualitätsstandards.
e9783527657599_cochegrise.jpg  Kaum dass Sie frisches Obst bestellt haben, wollen die Teilnehmer lieber Kuchen.
e9783527657599_cochegrise.jpg  Wenn Sie Kuchen bestellt haben, wollen die Teilnehmer gern Obst.
e9783527657599_cochegrise.jpg  Die Raumreservierung ist genau dann nicht mehr auffindbar, wenn auch alle anderen Räume belegt sind.
e9783527657599_cochegrise.jpg  Die Ansprechperson am Veranstaltungsort ist am Tag des Seminars krank.
e9783527657599_cochegrise.jpg  Wenn Sie absichtlich etwas früher eintreffen, um noch einige Vorbereitungen zu treffen, kommen die redseligsten Teilnehmer ebenfalls früher.
e9783527657599_cochegrise.jpg  Genau in der Mitte des eigentlich perfekten Raumes ragt eine Säule empor und stört die U-förmige Tischanordnung.
Mit Störungen richtig umgehen
Manchmal erkennt man sie schon, wenn sie zur Tür hereinkommen – die Störenfriede. Sie buhlen um Aufmerksamkeit, sind lärmend oder unverblümt negativ. Oder sie ignorieren die anderen und vermeiden von Anfang an jeden Augenkontakt. Der Fluss einer Trainingssitzung wird durch störende Verhaltensweisen unterbrochen und das positive Klima, das Sie gerade herstellen wollten, wird negativ beeinflusst.
 
In fast jedem Kapitel weise ich auf die Bedeutung aktiver Mitwirkung und Beteiligung der Teilnehmer hin. Und wie meist hat auch hier das Positive seine negative Kehrseite. Wenn Sie die Interaktion innerhalb der Gruppe verstärken, geben Sie den Teilnehmern in vielem freie Hand – mit dem Risiko, dass die Situation außer Kontrolle gerät.
Störungen vorbeugen
Um störenden Verhaltensweisen wirksam vorzubeugen, ist es am besten, gleich beim ersten Mal entschieden dagegen vorzugehen. Mit Ihrer Haltung und Reaktion setzen Sie die Maßstäbe für den weiteren Verlauf der Sitzung.
 
Schaffen Sie ein Arbeitsklima, in dem die Teilnehmer einander offen Feedback über ihr Verhalten geben: Bauen Sie Vertrauen auf, belohnen Sie angemessenes Verhalten, ignorieren Sie unangemessenes Verhalten und entwickeln Sie Seminarregeln.
 
Zu Anfang des Seminars werden Sie die Teilnehmer dabei unterstützen, sich ein eigenes Regelwerk zu geben. Damit werden viele Probleme schon von vornherein ausgeschlossen sein – aber nicht alle. Bitten Sie die Teilnehmer, Ihnen bei der Durchsetzung der Regeln behilflich zu sein.
 
e9783527657599_i0115.jpgGeben Sie den Teilnehmern die Chance, die Seminarregeln selbst aufzustellen. Dann werden sie sich auch für die Einhaltung der Regeln verantwortlich fühlen. Sie können sie aber gern darauf hinweisen, welche Verhaltensweisen Sie fördern wollen und wie sie diese positiv formulieren können:
e9783527657599_coche.jpg  Beim Thema Pünktlichkeit zum Beispiel: »Wir kommen rechtzeitig aus der Pause« oder »Wir beginnen pünktlich und hören pünktlich auf.«
e9783527657599_coche.jpg  Beim Thema Kommunikation zum Beispiel: »Wir reden der Reihe nach« oder »Fragen sind erwünscht.«
e9783527657599_coche.jpg  Beim Thema Mitwirkung zum Beispiel: »Die Beteiligung sollte unter den Teilnehmern ausgeglichen sein« oder »Wir wollen jeden ermutigen, sich zu beteiligen.«
e9783527657599_coche.jpg  Beim Thema gegenseitiger Respekt zum Beispiel: »Wir achten die Ideen und Vorschläge der anderen« oder »Wir lassen einander ausreden« oder »Die Diskussion wird über die Sache geführt, nicht über Personen.«
Wenn die Gruppe sich eigene Regeln aufgestellt hat, sind Sie nicht der strenge Polizist, der auf die Einhaltung dieser Regeln achten muss, sondern Sie können jederzeit auf die selbst gesetzten Regeln verweisen.
 
e9783527657599_i0116.jpgBei einem mehrtägigen Seminar sollten Sie jeden Morgen nachfragen, ob die Teilnehmer die Regeln ergänzen oder vielleicht eine Zwischenbestandsaufnahme vornehmen wollen, inwieweit die Regeln eingehalten werden.
Neben den Seminarregeln gibt es noch weitere allgemeine Strategien, mit denen Sie Störungen und Störenfrieden zuvorkommen können:
e9783527657599_coche.jpg  Belohnen Sie angemessenes Verhalten.
e9783527657599_coche.jpg  Zeigen Sie echtes Interesse an allen Teilnehmern.
e9783527657599_coche.jpg  Seien Sie offen gegenüber Kommentaren, Vorschlägen und auch Kritik.
 
e9783527657599_i0117.jpgReagieren Sie professionell und respektvoll, wenn jemand anderer Meinung ist als Sie. Geben Sie zu, dass man über das Thema geteilter Ansicht sein kann. Doch lassen Sie sich weder auf ein Streitgespräch ein noch fühlen Sie sich in die Defensive gedrängt. Danken Sie der Person dafür, eine andere Sichtweise anzubieten, und antworten Sie angemessen. Wenn Sie eine längere Diskussion erwarten, verweisen Sie auf die nächste Pause.
Mit Störern richtig umgehen
Wenn jemand das Seminar stört, bin ich erst einmal geneigt, ihm oder ihr keine bösen Absichten zu unterstellen. Viele sind sich gar nicht bewusst, was sie mit ihrem Verhalten bewirken. Oft genügt es schon, die Störer wissen zu lassen, dass die Gruppe und Sie selbst sich in der Zusammenarbeit beeinträchtigt fühlen.
 
Denken Sie daran, dass manche Menschen gravierende Probleme mit sich herumtragen, sei es im privaten oder beruflichen Bereich. Als Facilitator sollten Sie ein Gespür dafür entwickeln, dass es durchaus schwerwiegende Gründe für unangemessenes Verhalten geben kann.
 
Ich habe dennoch versucht, eine Typologie der »Störenfriede« aufzustellen. Die sechs häufigsten Typen sind der Hollywoodstar, der Deserteur, der Komiker, der Blockierer, der Angreifer und schließlich der Selbstdarsteller.
Hollywoodstar
Hollywoodstars lieben die Aufmerksamkeit und wollen im Zentrum des Geschehens stehen. Manchmal haben Hollywoodstars nur zu viel überschüssige Energie, die in eine positive Richtung gelenkt werden muss. Wie geht man mit Hollywoodstars um?
e9783527657599_coche.jpg  Geben Sie ihnen besondere Aufgaben, die ihrem Bedürfnis nach Anerkennung entgegenkommen und gleichzeitig dem Seminar nutzen.
e9783527657599_coche.jpg  Machen Sie deutlich, dass Sie zuerst die anderen hören wollen: »Lassen Sie uns hören, was die anderen zu sagen haben.«
e9783527657599_coche.jpg  Begrenzen Sie die Redezeit.
Deserteure
Deserteure gibt es in verschiedenen Varianten. Manche führen nebenbei Gespräche und beteiligen sich dementsprechend nicht am Seminar. Andere machen einfach nicht mit und melden sich nie zu Wort. Und dann gibt es noch Deserteure, die anfangs aktiv waren, sich im Verlauf des Seminars aber zurückziehen.
 
Jeder dieser Teilnehmer hat Gründe für sein Verhalten – manche können durchaus positiv sein. Wer mit seinem Tischnachbarn Gespräche führt, ist vielleicht einfach aufgeregt, weil das besprochene Thema ihn direkt betrifft, und muss sich einem anderen sofort mitteilen. Sie merken oft nicht einmal, dass sie das Seminar stören. Viele beharrliche Schweiger sind einfach schüchtern, fühlen sich aber zu 100 Prozent beteiligt, auch wenn dies von außen nicht wahrnehmbar ist. Es gibt auch analytische Typen, die lieber denken als sprechen.
 
Die dritte Variante beschäftigt mich immer am meisten. Wenn jemand anfangs gut mitgemacht hat und dann plötzlich aussteigt, muss etwas vorgefallen sein. Die Gründe können wiederum im privaten oder beruflichen Bereich liegen (ein Telefonanruf während der Pause mit schlechten Nachrichten) oder sie haben mit dem Seminar zu tun. Es ist Ihre Aufgabe, dies herauszufinden. Wie geht man mit Deserteuren um?
e9783527657599_coche.jpg  Stellen Sie sich direkt hinter den Tisch, an dem geplaudert wird, und fahren Sie mit Ihrem Vortrag fort. Das wirkt meistens.
e9783527657599_coche.jpg  Beziehen Sie die schweigenden Teilnehmer direkt durch einfache Fragen ein. Stellen Sie aber keine Wissensfragen. Eine allgemeine Fragerunde, bei der alle Teilnehmer nacheinander ihre Meinung zu einem Thema sagen, ist ein gutes Mittel, um sie zum Reden zu bringen. Mit Kleingruppendiskussion können Sie stille Teilnehmer ebenfalls gut aus der Reserve locken.
e9783527657599_coche.jpg  Sprechen Sie die Teilnehmer, die sich aus dem Seminargeschehen zurückgezogen haben, in einer Pause direkt an. Vielleicht haben Sie versehentlich etwas getan oder gesagt, was den anderen verletzt hat. Wenn andere, private Gründe vorliegen, sollten Sie nicht neugierig sein.
e9783527657599_coche.jpg  Wenn es Ihnen auf die Beteiligung aller Gruppenmitglieder ankommt, bitten Sie sie doch, die Antworten zunächst auf eine Karteikarte zu schreiben. Damit erhält jeder eine Chance. Die lautstarken Teilnehmer sind mit Schreiben beschäftigt und die stillen Teilnehmer können ihre Antwort in Ruhe überlegen.
Komiker
Komiker oder Klassenclowns buhlen wie die Hollywoodstars ebenfalls um Aufmerksamkeit. Ich unterstelle ihnen in der Regel keine bösen Absichten. Im Gegenteil: Die meisten haben eine positive Einstellung und versuchen, das Seminar lebendig und ungezwungen mitzugestalten. Wie geht man mit Komikern um?
e9783527657599_coche.jpg  Ignorieren Sie die Witze, solange sie nicht stören. Leider haben die Komiker zunächst meist die Lacher auf ihrer Seite, so dass sie sich bestätigt fühlen und in derselben Weise fortfahren.
e9783527657599_coche.jpg  Bitten Sie die Komiker, ihre Ansicht zu dem gerade besprochenen Diskussionsgegenstand zu äußern.
e9783527657599_coche.jpg  Geben Sie den Komikern in der Pause Feedback über ihr Verhalten, wenn die Störungen nicht aufhören.
e9783527657599_coche.jpg  Stellen Sie den Komikern ernste Fragen. Wenn sie darauf nicht in einem angemessenen Ton antworten, wissen Sie, dass Sie ein Problem haben, das Sie am besten in einem Gespräch unter vier Augen während einer Pause klären sollten.
e9783527657599_coche.jpg  Wenn sich die Stimmung auf die ganze Gruppe überträgt und die Situation außer Kontrolle gerät, sollten Sie eine Pause machen.
Blockierer
Blockierer sind die Neinsager in einer Gruppe. Sie sind allem gegenüber negativ eingestellt und glauben nicht, dass überhaupt etwas funktionieren wird. Ich unterbinde solches Verhalten, obwohl ich oft gemerkt habe, dass diese Leute wertvolle Hintergrundinformationen liefern könnten. Denn ich habe bisher nicht herausgefunden, wie man sie dazu bringt, ihre Version der Geschichte zu erklären. Damit sie weniger destruktiv wirken, können Sie Folgendes tun:
e9783527657599_coche.jpg  Fragen Sie, ob sie Alternativen vorstellen können.
e9783527657599_coche.jpg  Gehen Sie sicher, dass die Blockierer die Gruppe nicht auf ein Seitengleis führen, weil sie vielleicht versteckte Absichten damit verfolgen.
e9783527657599_coche.jpg  Fragen Sie: »Was müsste geschehen, damit die Idee (das Konzept, die Veränderung oder anderes) funktioniert?« Wahrscheinlich werden sie antworten, dass es eben nicht funktioniert. Wiederholen Sie die Frage mehrmals, beim dritten oder vierten Mal wird ihnen die Antwort endlich über den Lippen kommen. Nach meiner Erfahrung sind ihre Denkansätze meist sehr wertvoll und weiterführend.
Angreifer
Angreifer schießen giftige Pfeile auf den Trainer, andere Teilnehmer oder auf das Thema ab. Sie beschimpfen andere und werfen düstere Blicke. Meiner Ansicht nach haben Angreifer es oft nicht gelernt, Differenzen zu artikulieren und Konflikte angemessen auszutragen. Wie geht man mit Angreifern um?
e9783527657599_coche.jpg  Bitten Sie darum, nicht persönlich zu werden, sondern sachlich zu bleiben.
e9783527657599_coche.jpg  Verweisen Sie auf die Seminarregeln.
e9783527657599_coche.jpg  Manche Angreifer sind sich nicht bewusst, wie verletzend sie wirken. In diesem Fall hilft das Feedback des Trainers, das zumeist akzeptiert und manchmal sogar geschätzt wird.
e9783527657599_coche.jpg  Fragen Sie andere Teilnehmer, ob sie dem Angreifer zustimmen.
e9783527657599_coche.jpg  Manchmal ist es angebracht, dem Angriff genauer nachzugehen.
e9783527657599_coche.jpg  Wenn der Angriff nicht auf einzelne Personen gerichtet ist, sollte man die Einwürfe zunächst ignorieren und in der anschließenden Pause den Angreifer direkt ansprechen, um dem Problem auf den Grund zu gehen.
Selbstdarsteller
Selbstdarsteller blasen sich beim Sprechen richtiggehend auf, sie wiederholen sich manchmal, sprechen zum Teil auch sehr langsam und betonen jedes Detail. Selbstdarsteller kann man nicht ignorieren, die anderen Teilnehmer sind frustriert, gelangweilt und verlieren das Interesse. Wie geht man damit um?
e9783527657599_coche.jpg  Brechen Sie den Blickkontakt mit Selbstdarstellern bewusst ab und rufen Sie andere Teilnehmer mit Namen auf.
e9783527657599_coche.jpg  Überlegen Sie, ob es sinnvoll ist, die Hand zu heben, wenn sie nicht aufhören zu reden (wie wenn man ein Auto zum Anhalten zwingt).
e9783527657599_coche.jpg  Vereinbaren Sie begrenzte Redezeit für alle Statements.
e9783527657599_coche.jpg  Unterbrechen Sie die Selbstdarsteller, wenn sie während ihrer Rede gerade Atem holen, und fragen Sie die anderen nach ihrer Meinung.
e9783527657599_coche.jpg  Weisen Sie solchen Teilnehmern eine Funktion zu, in der sie eher beobachtend tätig sein müssen.
e9783527657599_coche.jpg  Damit die Selbstdarsteller in einem Seminar nicht unverhältnismäßig viel reden, sollten Sie, wenn Sie eine Frage formulieren oder eine Situation erläutern, die Teilnehmer bitten, die Hand zu heben, wenn sie eine Antwort haben. Das gibt Ihnen die Möglichkeit, anderen das Wort zu erteilen.
e9783527657599_coche.jpg  Etablieren Sie einen »Frageparkplatz«, das heißt ein Flipchartblatt, auf dem Klebezettel mit Fragen, die momentan noch nicht diskutiert werden können, vorläufig aufgeklebt (»geparkt«) werden. Das bewahrt den Selbstdarsteller davor, immer wieder denselben Kommentar abzugeben.
Es gibt noch andere Typen von Störern: den Spaziergänger, den Unbedarften und den Besserwisser. Doch wenn Sie mit den oben dargestellten Typen umgehen können, werden Sie insgesamt gut vorbereitet sein. In allen Situationen sollten Sie verständnisvoll sein und die Bedürfnisse des Störers zu erkennen versuchen. Das wird Ihnen dabei helfen, eine Lösung zu finden.
 
Vergessen Sie nicht: Die Störung zu ignorieren, ist ebenfalls eine Form der Reaktion. Eine einmalige Störung ignoriere ich meistens. Erst wiederholte Störungen beeinträchtigen die Ergebnisse der Gruppe. Wenn die Situation außer Kontrolle gerät, können Sie immer eine Pause ausrufen. Zögern Sie dann nicht, den Störer beiseitezunehmen und auf das Problem anzusprechen. Sehr selten kommt es vor, dass Sie die betreffende Person bitten müssen, das Seminar zu verlassen. Wenn Sie mit dem- oder derjenigen gesprochen haben und keine für beide Seiten akzeptable Vereinbarung treffen konnten, sagen Sie konkret, welche Art von Kooperation Sie sich vorstellen. Fragen Sie die Person, ob es ihr lieber ist, zu bleiben – und die Forderung zu akzeptieren – oder das Seminar zu verlassen. Machen Sie deutlich, dass Sie sie gern im Seminar behalten wollen, doch nicht akzeptieren können, wenn der Lernerfolg der anderen Teilnehmer unter den dauernden Störungen leidet.
 
e9783527657599_i0118.jpgWenn Sie ein Klima des gegenseitigen Vertrauens und der Unterstützung geschaffen haben, wird sich die Gruppe oft selbst um störende Gruppenmitglieder kümmern.
Vergessen Sie nicht, dass Sie als Trainer für diese Art von Problemen nicht verantwortlich sind. Sie können sie weder vorhersehen noch können Sie etwas vorbeugend dagegen tun. Geben Sie sich keine Schuld, sondern fragen Sie sich nur, ob Sie etwas hätten besser machen können. Wenn ja, betrachten Sie das Ganze als eine Lektion, wenn nicht, haken Sie es unter Erfahrung ab. Akzeptieren Sie die Tatsache, dass die Menschen oft mit einem Packen Probleme zu ihnen kommen. Sie tun Ihr Bestes, mehr können Sie nicht.
Feuchte Hände, trockener Hals: Wie Sie Nervosität überwinden
Lampenfieber, Vortragsangst, Nervenflattern, Magenkrämpfe, Anspannung, Panik. Nennen Sie es, wie Sie wollen, es ist normal, vor Seminarbeginn nervös zu sein. Mehrere Studien haben belegt, dass Erwachsene mehr Angst davor haben, vor einer großen Gruppe zu stehen, als zu sterben!
 
Wenn Sie Kollegen darauf ansprechen, werden Ihnen die meisten gestehen, dass sie vor jedem Seminar ein bisschen aufgeregt sind. Sie befinden sich in bester Gesellschaft. Abraham Lincoln soll bei jeder Rede die ersten Minuten gezittert haben. Yul Brynner gab zu, dass er auch noch nach 600 Aufführungen von The King and I Lampenfieber hatte. Jane Fonda, Mark Twain und Ali McGraw haben alle erzählt, wie nervös und angespannt sie vor großen Auftritten waren.
 
Nervosität ist also eine normale Reaktion des Körpers. Fast jeder hat ein flaues Gefühl im Magen, wenn er vor eine größere Menschenmenge tritt. Die Kunst besteht darin, die nervöse Energie in ruhige Bahnen zu lenken.
Warum Lampenfieber?
Woher kommt das nervöse Flattern im Bauch? Das ist eine natürliche Angstreaktion. Das Gehirn nimmt eine bedrohliche Situation wahr und bereitet den Körper auf Angriff oder Flucht vor. Es ist dieselbe Stressreaktion, die schon unseren Vorfahren bei der Begegnung mit Säbelzahntigern und anderen wilden Bestien half. In unseren Blutkreislauf wird Adrenalin und Thyroxin gepumpt, das Herz beginnt zu rasen, der Blutdruck steigt und die Pupillen weiten sich. Aus der Leber wird Zucker freigesetzt, die Gerinnungsfähigkeit des Blutes wird erhöht. Ihr Körper ist im Alarmzustand – auf das Schlimmste vorbereitet!
 
Und hier die guten Nachrichten. Die Energie, die vom Körper mit der Stressreaktion bereitgestellt wird, können Sie gut gebrauchen. So wie das Adrenalin Langstreckenläufern die Energie liefert, um ein Rennen zu gewinnen, gibt Ihnen als Trainer das Adrenalin den mentalen Vorsprung, um ein dynamisches und lebendiges Seminar zu leiten. Sie können Ihre Nervosität als ein natürliches Phänomen betrachten. Freuen Sie sich über den Energieschub, wenn Sie spüren, wie in Ihrem Körper Adrenalin ausgeschüttet wird.
Nervosität ist normal
Wie können Sie Ihre Nervosität nutzbar machen? Zuallererst ist es wichtig, den Teilnehmern nichts davon zu sagen. Sie sind als Fachmann gefragt, Bekenntnisse sind fehl am Platze. Sonst suchen die Teilnehmer während der ersten Stunden nur nach Anzeichen Ihrer Nervosität. Wenn Sie nichts sagen, werden die meisten nicht einmal merken, wie aufgeregt Sie sind.
 
Akzeptieren Sie die Situation als normale Stressreaktion des Körpers. Wenn Ihr Herz schneller schlägt und Ihr Hals trocken wird, sollten Sie sich einfach sagen: »Mein Herz klopft ja wie wahnsinnig. Ich wusste, dass das passiert.« Akzeptieren Sie es einfach.
 
Untersuchen Sie Ihre individuelle Stressreaktion. In Tabelle 12.1 finden Sie eine Liste nervöser Symptome. Kreuzen Sie an, was auf Sie zutrifft, vor und während eines Seminars.
Tabelle 12.1: Bestimmung der individuellen Stressreaktion
Nervöse Symptome
Vor dem Seminar
Während des Seminars
Stimme

Zitternd oder krächzend

Zu schnell/zu langsam

Monoton

Wechselnde Stimmlage

Sprechfluss

Stottern, Stolpern

Worte fehlen, Faden verlieren, Pausen

Füllwörter/-laute

Mund und Hals

Erhöhter Speichelfluss

Trockener Mund/Hals

Wiederholtes Räuspern

Wiederholtes Schlucken

Atembeschwerden

Flachatmigkeit

Mimik

Ausdruckslosigkeit

Grimassen, angespannte Gesichtsmuskeln

Nervöses Zucken

Vermeidung von Blickkontakt

Arme und Hände

Steif und angespannt

Herumspielen mit ____

Am Tisch festhalten

Fehlende Gestik

Herumfuchteln

Zittern

Körperbewegung

Schritte

Schaukeln

Mit den Füßen klopfen oder schlurfen

Im Stehen Beine kreuzen

Physiologie

Brustenge

Erhöhter Herzschlag

Errötete Haut

Unruhiger Atem

Es kommt nicht darauf an, ob Sie nun zwei oder 22 Punkte angekreuzt haben. Ziel der Bestimmung Ihrer persönlichen Stressreaktion ist es, dass Sie die Symptome besser kennen lernen, darauf gefasst sind und dementsprechend besser damit umgehen können.
Nervöse Symptome bewältigen
Okay, Sie haben also drei verschiedene Symptome vor dem Training und drei andere während des Trainings. Was können Sie dagegen tun?
 
Manche Symptome können Sie nur überspielen, damit die Gruppe nichts davon merkt. Andere wiederum können Sie tatsächlich lernen abzubauen. Hier sind einige allgemeine Hinweise für Ihre nächste Trainingsveranstaltung.
Sich physisch vorbereiten: Entspannen und bereit sein
Meinen Sie es gut mit sich selbst und entspannen Sie sich vor einer Sitzung.
e9783527657599_coche.jpg  Entspannungstechniken. Lassen Sie den Kopf und die Schultern kreisen, die Arme hängen locker neben dem Körper. Sogar ein tiefes Gähnen hilft dem Körper, sich zu entspannen.
e9783527657599_coche.jpg  Isometrische Übungen. Spannen Sie verschiedene Muskeln an, rollen Sie die Zehen ein oder quetschen Sie mit den Händen einen Gummiball zusammen. Auf die Anspannung der Muskeln folgt die Entspannung wie von selbst.
e9783527657599_coche.jpg  Tiefe Atemzüge. Tief durch die Nase einatmen und durch den Mund ausatmen. Das Gehirn wird mit frischem Sauerstoff versorgt und Sie können mit klarem Kopf die Sitzung eröffnen.
 
e9783527657599_i0121.jpgIch atme immer bewusst tief aus und ein, während mich der Seminarveranstalter vorstellt. Niemand sieht, was ich mache, und ich kann mich gut auf das Kommende konzentrieren.
e9783527657599_coche.jpg  Frühzeitig vor Ort sein. Machen Sie sich mit dem Raum vertraut und sprechen Sie mit den eintreffenden Teilnehmern. Wenn Sie einzelne Teilnehmer bereits etwas kennen gelernt haben, nimmt das ein wenig die Angst vor dem Unbekannten. Suchen Sie sich ein oder zwei freundliche Gesichter aus, die Sie in den ersten Minuten nach dem offiziellen Beginn bevorzugt ansprechen. Diese Teilnehmer können Ihnen zuerst als eine Art Anker dienen, Sie sollten sich aber nicht ausschließlich an sie wenden.
e9783527657599_coche.jpg  Nichts Neues probieren. Kein neuer Anzug, kein neuer Haarschnitt und keine neuen Schuhe. Tragen Sie etwas, worin Sie sich garantiert wohlfühlen. Damit haben Sie schon eine Sorge weniger. Ich habe einmal einen Trainer gesehen, der in einem nagelneuen Anzug erschien – mit allen Preisschildern dran!
e9783527657599_coche.jpg  Suchen Sie sich eine Art »Krücke«, die Ihnen hilft. Manche setzen am liebsten gleich zu Beginn audiovisuelle Medien ein, um die Blicke der Teilnehmer von sich zu nehmen. Andere halten sich an ihren Unterlagen fest, die sie auf besondere Weise vorbereitet haben. Meine »Krücke« ist das Glas Wasser, das ich immer in Reichweite habe. Wenn mein Hals trocken ist oder wenn ich vergessen habe, was ich eigentlich sagen wollte, kann ich mich am Glas festhalten, einen Schluck trinken und mich wieder sammeln.
e9783527657599_coche.jpg  Gut organisiert sein. In Kapitel 7 finden Sie vielfältige Hinweise für eine gute Organisation und Vorbereitung. Es ist beruhigend zu wissen, dass alles in Ordnung ist!
e9783527657599_coche.jpg  Sich bewegen. Körperliche Bewegung nimmt die Anspannung. Machen Sie noch einen kurzen Spaziergang oder einige Dehnungsübungen oder Liegestütze an der Wand. Ein Kollege hat mir mal erzählt, dass er immer noch einige Hampelmann-Sprünge macht, um überschüssige Energie loszuwerden.
e9783527657599_coche.jpg  Während des Seminars die Energie in die Gestik und die Stimme leiten. Richten Sie Ihren Vortrag an die Person, die am weitesten von Ihnen entfernt sitzt. Sie können Ihre Energie auch loswerden, indem Sie sich bewegen, allerdings sollten Sie monotone Schrittfolgen vermeiden.
 
Kurzentspannung in 15 Sekunden
Versuchen Sie es einmal mit folgender Entspannungsübung. Sie dauert nur 15 Sekunden und wirkt in fast allen Stress-Situationen.
1. Senken Sie den Kopf und schauen Sie direkt nach unten.
2. Drücken Sie Daumen und Zeigefingerspitze an beiden Händen fest zusammen.
3. Atmen Sie tief ein und sagen Sie dabei im Stillen: »Ich bin ruhig und entspannt.«
4. Atmen Sie langsam aus, entspannen Sie die Finger und sagen Sie sich: »Ich bin vorbereitet und vertraue mir.«
5. Wiederholen Sie dies vier Mal und stellen Sie sich dabei ein erfolgreiches Seminar vor.
6. Heben Sie den Kopf und lächeln Sie denjenigen, der Ihnen als Erstes begegnet, freundlich an.
Sich mental vorbereiten: Ein positives Bild zeichnen
Eine mentale Vorbereitung gehört ebenfalls dazu. Das Gehirn nimmt nur wahr, was Sie ihm erzählen. Wenn Sie ihm sagen, dass Sie aufgeregt sind, gleich über das Kabel stolpern werden und alles vergessen haben, dann sind Sie auch aufgeregt, stolpern über das Kabel und Ihr Gedächtnis wird wie ausgelöscht sein. Verstehen Sie, was ich meine? Sich ein negatives Szenario auszudenken, nimmt genauso viel Zeit in Anspruch, als wenn Sie sich ein positives Szenario ausdenken. Malen Sie also lieber in freundlichen Farben.
e9783527657599_coche.jpg  Machen Sie sich darauf gefasst, dass Sie aufgeregt sein werden. Nervosität ist der Normalfall, nicht die Ausnahme.
e9783527657599_coche.jpg  Lernen Sie Ihre Symptome kennen und akzeptieren Sie Ihren Zustand. Sagen Sie sich selbst: »Ja, das kenne ich. Ich habe gewusst, dass mein Herz gleich wie verrückt klopfen wird.«
e9783527657599_coche.jpg  Machen Sie sich bewusst, dass die Teilnehmer Ihnen Erfolg wünschen. Denken Sie nicht an sich, sondern an die Gruppe. Stellen Sie sich auf die Bedürfnisse der Teilnehmer ein. Denken Sie daran, wie wichtig es ist, was Sie der Gruppe zu sagen haben.
e9783527657599_coche.jpg  Stellen Sie sich die Präsentation wie ein ausgedehntes Gespräch vor. Sie reden wie zu guten Freunden. Die Teilnehmer sind Ihnen freundlich gesonnen, schauen Sie ihnen in die Augen und stellen Sie eine individuelle Beziehung zu ihnen her.
e9783527657599_coche.jpg  Stellen Sie sich selbst als einen erfolgreichen Trainer vor. Vergeuden Sie Ihre Kraft nicht damit, sich das Schlimmste vorzustellen. Machen Sie es umgekehrt. Sagen Sie sich, dass das ein sensationell gutes Training werden wird, von dem die Teilnehmer noch lange reden werden.
e9783527657599_coche.jpg  Planen Sie eine frühe Einbeziehung der Teilnehmer. Beginnen Sie so schnell wie möglich mit der Einführung und dem Eisbrecher. Sobald es losgeht, werden Sie sich wohler fühlen, weil Sie nicht mehr allein im Zentrum stehen, sondern in die Interaktion mit den Teilnehmern eintreten. Zu wissen, dass bereits nach drei Minuten die Teilnehmer selbst an der Reihe sind, wird Ihre Nerven beruhigen.
e9783527657599_coche.jpg  Versuchen Sie es bereits zu Anfang mit ein wenig Humor. Es tut gut, wenn Sie von den Teilnehmern lachende Zustimmung erfahren. Humor ist aber nicht mit »Witzen« gleichzusetzen. Witze sind nicht immer humorvoll und Humor kann viel mehr sein als ein Witz.
 
e9783527657599_i0122.jpgHumor schafft eine angenehme Atmosphäre, ein schlechter Witz hingegen nicht. Manche Redner steigen in ihren Vortrag mit einem Witz ein, doch das sollten Sie nicht tun, solange Sie nicht sicher sind, eine gelungene Pointe zu landen. Es ist besser, wenn sich der Witz aus dem Inhalt ergibt. Sie sollten ihn wenigstens drei Dutzend Mal erfolgreich ausprobiert haben. Wenn Sie Zweifel haben, ob der Witz ankommt, lassen Sie es lieber.
e9783527657599_coche.jpg  Betrachten Sie Ihre Präsentation nüchtern. Was passiert, wenn Sie etwas Falsches machen? Können Sie es korrigieren? Werden die Teilnehmer überhaupt merken, dass etwas falsch war? Bricht die Welt zusammen, wenn Sie nicht perfekt sind?
Und schließlich: Üben, üben, üben
In Kapitel 7 finden Sie Hinweise zu den organisatorischen und technischen Seiten der Vorbereitung einer Präsentation. An dieser Stelle möchte ich Ihnen einige Vorschläge machen, wie Sie mit Ihrer Nervosität besser zurechtkommen.
e9783527657599_coche.jpg  Lernen Sie die ersten Sätze oder Abschnitte auswendig. Nach den ersten fünf bis 15 Minuten legt sich die Nervosität meistens. Wenn Sie wissen, was Sie in diesen Minuten sagen wollen, haben Sie den schwierigen Anfang schnell überwunden.
e9783527657599_coche.jpg  Üben Sie vor einem Spiegel. Viele Trainer schwören auf diese Methode. Doch ich muss gestehen, dass sie bei mir nicht funktioniert. Ich bevorzuge einige der folgenden Methoden.
e9783527657599_coche.jpg  Verwenden Sie einen Kassettenrekorder. Wenn Sie sich selbst auf Band aufnehmen, können Sie das Band abspielen, während Sie andere Dinge erledigen. Ein zusätzlicher Nutzen dieser Methode besteht darin, dass Sie Sprechtempo, Pausen, Klarheit, Artikulation und andere stimmliche Eigenschaften überprüfen können.
e9783527657599_coche.jpg  Probieren Sie die Aktivitäten mit Kollegen aus. Wird den anderen klar, was Sie von ihnen wollen und warum Sie die Aktivität durchführen? Ich bitte auch um ehrliche Kritik. Was war gut? Was sollte ich noch verbessern?
e9783527657599_coche.jpg  Prüfen Sie die Geräte. Machen Sie sich mit den verschiedenen Medien vertraut. Sie sollten in der Lage sein, sie wie selbstverständlich zu benutzen.
e9783527657599_coche.jpg  Üben Sie laut. Sprechen Sie schwierige Wörter laut aus – oder formulieren Sie den Text um. Wenn Sie Ihre Präsentation mindestens einmal laut vortragen, können Sie auch die Zeit stoppen. Sie werden überrascht sein, wie viel Zeit Sie benötigen. Je öfter Sie sich selbst sprechen hören, desto geringer wird Ihre Nervosität sein.
e9783527657599_coche.jpg  Präsentieren Sie Ihr Material Ihrem Partner, einem Freund oder Ihrem Hund. Wirklich! Hunde sind hervorragende Testteilnehmer! Sie blicken Ihnen in die Augen, hören meistens gut zu und geben nur positives nonverbales Feedback.
e9783527657599_coche.jpg  Üben Sie auch sonst Situationen, in denen Sie vor einer Gruppe stehen. Vielleicht können Sie ja bei einer Laientheatergruppe mitspielen oder einem Debattierklub oder Rhetorikklub beitreten.
Je mehr Sie üben, desto sicherer werden Sie sich fühlen. Je mehr Gelegenheiten Sie zum öffentlichen Sprechen auch in anderen Situationen haben, desto besser werden Sie als Trainer werden. Je besser Sie in Ihrem Beruf werden, desto mehr Selbstvertrauen werden Sie entwickeln und desto weniger Anlass zur Nervosität wird es geben!
Tipps bei besonderen Ängsten
Blättern Sie noch einmal zur Tabelle 12.1 mit den Stress-Symptomen. Manche Symptome lassen sich nur überspielen, bei anderen können Sie tatsächlich etwas dagegen tun.
 
Denken Sie bei den folgenden Tipps daran, dass die Stress-Symptome nur auftreten, weil Ihr Körper sich zum Angriff oder zur Flucht bereit macht. Sie müssen ihn also austricksen, indem Sie ihm klarmachen, dass alles in Ordnung ist. Und das ist es ja auch!
e9783527657599_coche.jpg  Stimme: Nicht viele Teilnehmer werden merken, dass sich Ihre Stimme verändert hat. Ein Krächzen in der Stimme ist normalerweise ein Zeichen dafür, dass Ihre Nackenmuskeln verspannt sind oder dass Sie nicht genügend Luft bekommen. Dehnen Sie den Nacken oder räuspern Sie sich kurz. Tiefes Einatmen oder ein Schluck Wasser helfen meist ebenso. Wenn Sie zu schnell sprechen, ist das für die Teilnehmer meist irritierend. Machen Sie bewusst Pausen und schreiben Sie sich zur Erinnerung in Ihren Unterlagen eine Bemerkung an den Rand: »Langsamer!«
 
e9783527657599_i0123.jpgGroßmutters heißer Tee mit Honig oder mit Zitrone sind Hausmittel, die wirklich helfen. Honig bedeckt die Schleimhäute und warmer Tee entspannt die Muskeln im Hals. Eisgekühlte Getränke bewirken das Gegenteil und führen eher zu einer Verkrampfung der Stimmbänder.
e9783527657599_coche.jpg  Sprechfluss: Wenn Sie Ihren Vortrag gut geübt haben und dennoch den Faden verlieren, können Sie sicher sein, dass Ihnen das Fehlende gleich wieder einfällt. Gehen Sie einfach zum nächsten Punkt weiter. Im Abschnitt Persönlich schwierige Situationen weiter vorne in diesem Kapitel finden Sie weitere Hinweise.
Mmh, äh. Wenn Fülllaute Ihr Problem sind, werden Sie es nicht lösen können, bevor Sie sich nicht selbst einmal gehört haben. Bitten Sie einen Kollegen, einmal in ein Seminar mitzukommen und zu zählen, wie oft Sie »äh« sagen. Halten Sie Blickkontakt mit ihm, das wird Sie daran erinnern, auf diese überflüssigen Laute zu verzichten.
 
e9783527657599_i0124.jpgSchreiben Sie »ÄH« in roten Großbuchstaben auf jede Seite Ihrer persönlichen Unterlagen. Das hat denselben Effekt, als wenn Sie einen Kollegen zur Hilfe haben.
e9783527657599_coche.jpg  Mund und Hals: Gegen einen trockenen Mund hilft eine Scheibe Zitrone oder ein Erfrischungsspray für den Mund. Stellen Sie ein Glas Wasser in Reichweite. Milchprodukte verschleimen Hals und Atemwege und sind deshalb einige Stunden vorher zu vermeiden. Vielen Atembeschwerden können Sie durch bewusste Tiefenatmung vorbeugen.
e9783527657599_coche.jpg  Mimik: Schauen Sie die ankommenden Teilnehmer direkt an. Betrachten Sie sie als Ihre Freunde und lächeln Sie sie an. Wenn in Ihrem Gesicht ein Nerv unwillkürlich zuckt, wenden Sie diese Seite des Gesichts einfach von den Teilnehmern ab. Das Zucken wird bald von selbst aufhören. Manchmal hilft es auch, wenn man die Hand auf die entsprechende Stelle presst. Davon abgesehen werden die Teilnehmer es ohnehin kaum wahrnehmen.
e9783527657599_coche.jpg  Arme und Hände: Je mehr Sie Ihre zittrigen Hände oder weichen Knie unter Kontrolle bringen wollen, desto schlimmer scheint es zu werden. Schütteln Sie stattdessen lieber die jeweiligen Muskeln aus, so wie Sie es bei Leichtathleten vor dem Start sehen. Sie können das auch ganz unauffällig machen, während die Teilnehmer in Kleingruppen arbeiten oder die ersten Warm-up-Übungen machen. Solange Ihre Hände zittern, sollten Sie kein dünnes Papier halten. Benutzen Sie lieber feste Karteikarten, die nicht rascheln.
Wenn Sie gern mit etwas herumspielen, sollten Sie vorher Ihre Taschen leeren. Legen Sie auch alle Stifte an einen Platz und zwar außerhalb der unmittelbaren Reichweite. Gewöhnen Sie sich an, die Stifte nach dem Benutzen immer wieder an ihren Platz zu legen.
e9783527657599_coche.jpg  Körperbewegung: Stehen Sie nahe genug am Tisch, so dass Sie sich ein bisschen daran festhalten können. Stellen Sie sich fest vor der Gruppe auf, die Füße ein wenig weiter auseinander als üblich, die Hände an den Seiten. In extremen Fällen konzentrieren Sie sich darauf, das Gewicht mehr nach vorne auf die Ballen zu verlagern. Lassen Sie die Knie locker. Eine gute Aufrichtung sorgt für die richtige Körperspannung.
e9783527657599_coche.jpg  Physiologie: Feuchte Hände? Versuchen Sie es mit Talkumpuder oder einem Antiperspirant, aber nicht erst am Tag des Seminars. Vielleicht ist Ihnen das Mittel ja unangenehm oder es färbt auf die Kleidung ab. Halten Sie Taschentücher bereit. Langsame, tiefe Atemzüge beruhigen den Herzschlag. Wenn sich Ihre Haut leicht rötet, sollten Sie dunklere Kleidung tragen. Bei einem weißen Hemd oder einer weißen Bluse wirken die Wangen noch röter.
 
e9783527657599_i0125.jpgVergessen Sie folgende Dinge nicht: Eine Stressreaktion ist ein natürliches, angeborenes Verhalten. Die Nervosität wird man Ihnen weniger ansehen, als Sie glauben. Wenn Sie sich auf die Teilnehmer konzentrieren, werden Sie die Nervosität bald überwunden haben.
Es ist tröstlich zu wissen, dass auch die erfahrensten Trainer noch eine gewisse Anspannung verspüren, wenn sie vor einer Gruppe unbekannter Teilnehmer stehen. Außerdem können Sie sich damit trösten, dass die Aufregung nach den ersten Minuten in der Regel nachlässt. Beim Thema Nervosität geht es also weniger darum, wie man sie los wird, sondern wie man mit ihr umgeht.
Problemen vorbeugen – Probleme lösen
Ich hoffe, Sie haben aus diesem Kapitel den Eindruck mitgenommen, dass nicht alles verloren ist, auch wenn Probleme zur Arbeit eines Trainers einfach dazugehören. Denn wenn Probleme auftauchen, können Sie selbst viel zu deren Lösung beitragen.
 
Ich kann Ihnen garantieren: Keine Probleme gibt es nicht! Besonders spaßig ist das nicht, doch ich habe gelernt, dass sich aus allem eine (positive) Lehre ziehen lässt. Nicht nur das: Was Sie in einem Seminar ärgert, werden Sie im nächsten vielleicht schon als Anekdote zum Besten geben. Oder wie Will Rogers gesagt hat: »Alles ist lustig, solange es einem anderen passiert.«