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»Guten Tag. Frau Nina Hartmann?«

»Ja.«

»Sie haben uns angerufen wegen eines Päckchens, das Sie bekommen haben. Ein …« – der Uniformierte warf einen Blick auf einen Zettel, schaute stirnrunzelnd zu seinem Kollegen –, »… ein Rahmen, der mit einem seltsamen Material bespannt ist … vielleicht Haut. Und auf dem irgendein Text steht?«

Nina nickte, und sie kam sich plötzlich albern vor. Jetzt, da diese beiden Polizisten vor ihr standen, erschien ihr die ganze Situation vollkommen verrückt, geradezu irreal. Sie hatte sich wahrscheinlich zu viele dieser blutrünstigen Thriller zusammen mit Dirk angeschaut. Eine Botschaft auf Menschenhaut? Mitten in Hamburg, verschickt an eine Studentin? Hatte sie den Verstand verloren? Warum hatte sie nur auf Dirk gehört, sich von ihm drängen lassen, die Polizei zu alarmieren? Was, wenn sich das Ganze als dummer Scherz herausstellte? Vielleicht sogar von Dirk selbst? Aber nein, er hatte zwar manchmal die verrücktesten Einfälle, doch so weit würde er nicht gehen. Hoffte sie zumindest.

»Können wir das bitte mal sehen, Frau Hartmann?«

»Ja, bitte, kommen Sie rein.«

Nina wandte sich ab, und die Männer folgten ihr in ihre kleine, helle Küche, wo der seltsame Rahmen noch immer auf der Arbeitsplatte neben dem Herd lag. Sie hatte ihn so hingeworfen, dass die Schrift auf dem Kopf stand.

Der ältere der beiden Polizisten neigte den Kopf zur Seite, um die Wörter lesen zu können, zog dann einen Kugelschreiber aus der Jackentasche, schob die Spitze vorsichtig unter den Rahmen und hob ihn damit ein Stück an.

»Haben Sie das Ding angefasst?«

»Ja, natürlich, ich hab es doch ausgepackt.«

»Klar, aber ich meine, Sie haben es doch hoffentlich nicht überall angefasst? Dabei könnten Sie alle Spuren verwischt haben. Wenn welche da sind.«

»Nein, als ich … als ich gesehen habe, was es ist, habe ich es da hingelegt und nicht mehr angefasst. Wenn das wirklich … Gott …«

Nachdem der Beamte in gebückter Haltung die Unterseite betrachtet hatte, richtete er sich wieder auf und drehte den Rahmen so weit, dass er die Schrift lesen konnte. »Offenbar tatsächlich so was wie eine Geschichte. Also der Anfang von einem Roman oder so. Verrückt … Sieht komisch aus von unten. Schau’s dir mal an«, sagte er zu seinem Kollegen, und an Nina gewandt: »Wie war dieses Ding eingepackt? Damit?« Er zeigte auf das Paket mit dem zusammengedrückten Papier darin, und Nina nickte.

»Peter Dorscher? Kennen Sie jemanden, der so heißt?«

»Nein.«

»Hm …« Er warf einen erneuten Blick auf den Deckel. »Selburgring, nie gehört. Kennen Sie vielleicht diese Straße?« Wieder verneinte Nina.

Der andere Beamte war mit der Begutachtung des Rahmens fertig. »Soll ich eine Tüte holen?«

»Ja, die Biologen können sich das mal ansehen.«

»Was denken Sie, was das sein könnte?«, fragte Nina vorsichtig. »Ich meine, dieses Material.«

»Ich weiß es nicht, Frau Hartmann, aber Sie haben recht, merkwürdig sieht das schon aus. Vor allem auf der Rückseite, an den Rändern. Scheint noch ziemlich … frisch zu sein. Vielleicht Schweinehaut. Und Sie haben keine Vorstellung, wer Ihnen das geschickt haben könnte?«

»Nein.«

»Haben Sie vielleicht jemanden im Bekanntenkreis, der Krimis schreibt oder so?«

»Nicht, dass ich wüsste. Und selbst wenn – warum sollte jemand mir so was schicken? Auf einen Rahmen gespannt? Ich meine …«

»Wir erleben die verrücktesten Dinge. Vielleicht eine Werbemaßnahme? Guerilla-Marketing oder wie das heißt. Mal was ganz Ausgefallenes: Krimi auf Schweineleder oder so.«

Sein Kollege kam zurück, in der Hand eine große Papiertüte und mehrere Gummihandschuhe. Er legte die Tüte auf der Arbeitsplatte ab, streifte sich die Handschuhe über, packte den Rahmen am äußeren Rand vorsichtig mit Daumen und Zeigefinger an, während sein Kollege die Tüte aufhielt. Nina sah ihnen verwundert dabei zu. »Ich dachte immer, diese Tüten müssen aus Plastik sein?«

»Das sind Märchen aus dem Vorabendprogramm.« Der Polizist bugsierte den Rahmen vorsichtig in die Öffnung. »In einer Plastiktüte, und dann noch luftdicht verschlossen, da würden Fingerabdrücke schlecht werden.«

»Wann werden Sie wissen, was es ist?«

»Heute ist Samstag. Da wird in den Laboren normalerweise nicht gearbeitet. Wir geben das jetzt auf dem Präsidium beim Kriminaldauerdienst ab, die werden dann entscheiden, ob sie die Bereitschaft der Biologen anrufen oder ob das Ding bis Montag liegen bleibt. Sie werden informiert, sobald wir was wissen. Aber ich gehe mal davon aus, dass sich das Ganze als harmlos herausstellen wird, das ist meistens so.«