Siebzehn

Zur gleichen Zeit, als Sigurður Óli den Jeep startete, ging Helena zu Boden.

Der Mann, der behauptet hatte, vom Notdienst zu sein, hatte sie mit einem wuchtigen Hieb niedergestreckt. Sie hatte den Mann nie zuvor gesehen. Da sie nie einen der Leute vom Notdienst zu Gesicht bekommen hatte, war sie so froh, als sie den Mann in der blauen Latzhose sah, dass sie sämtliche Vorsichtsmaßregeln außer Acht ließ. Er hatte bei ihr geklingelt und etwas Unverständliches an der Tür gemurmelt. Helena hörte nicht, was er sagte, und sein Gesicht war kaum zu erkennen. Sie löste die Sicherheitskette, drehte sich um und ging ins Wohnzimmer. Sie begann, ihm Vorwürfe zu machen, wie nachlässig er sich um die Bedürfnisse und Probleme der Menschen kümmerte. Sie und die anderen Leute auf ihrer Etage hätten so oft versucht, ihn zu erreichen, und sie hatten Nachrichten hinterlassen. Als sie sich wieder zu ihm umwandte, hatte der Mann die Tür zugeschlagen, kam mit hoch erhobenem Knüppel in der Hand auf sie zu und versetzte ihr einen Hieb auf den Kopf. Sie verlor das Bewusstsein und brach zusammen.

Erlendur bekam die Meldung um die Abendessenszeit. Alles, was derzeit in Reykjavík oder anderorts in Island an kriminellen Delikten passierte, musste gemäß den Weisungen ihm oder seinen Mitarbeitern gemeldet werden. Der für Einbruchsdelikte zuständige Kollege hatte den Überfall auf Helena sofort weitergeleitet. Für Erlendur bestand vom ersten Moment an kein Zweifel daran, dass hier eine Verbindung zum Mord an Halldór bestand. Ein Mädchen, das unerlaubterweise getrockneten Fisch im Altersheim verkaufte, hatte die Tür nur angelehnt vorgefunden und in die Wohnung hineingerufen. Als keine Antwort kam, hatte sie die Tür aufgestoßen und den Kopf hineingesteckt, aber erst, als sie in die Diele eingetreten war, sah sie Helena auf dem Boden liegen. Daneben ein großer dunkler Fleck vom Blut aus einer Wunde am Kopf. In der Wohnung herrschte das totale Chaos.

Jetzt wartete das Mädchen auf dem Korridor und war erstaunlich gefasst. Nachdem sie Helena gefunden hatte, war sie wie hypnotisiert zum nächsten Appartement gegangen und hatte die Polizei angerufen. Sämtliche verfügbaren Mitarbeiter waren zur Stelle.

Helena war in die Unfallklinik eingeliefert worden und war immer noch ohne Bewusstsein. Schwer zu sagen, ob sie überleben würde.

Das kleine Appartement wimmelte von Kriminalpolizisten, die Leute von der Spurensicherung waren da und die Fotografen. Mittendrin stand Erlendur und blickte sich um.

»Wer zum Kuckuck bist du?«, fragte er, als sein Blick auf die Eingangstür fiel.

Ein nicht sehr großer junger Mann stand in der Tür, er war schlank und hatte schon ziemlich schütteres Haar. Er sah mitgenommen aus und hatte dunkle Ringe unter den Augen. Der junge Mann, der einen grünen Parka und Jeans trug, schaute Erlendur mit traurigen Augen an. Er sah älter aus, als er war, und er wirkte entschlossen. Irgendetwas in seinem Aussehen gab zu erkennen, dass er sich nicht so leicht abwimmeln lassen würde. Erlendur konnte sich nicht erinnern, dass er je zuvor Besuch an einem Tatort bekommen hatte.

»Mir wurde gesagt, dass ich dich hier antreffen würde«, sagte der junge Mann und trat ein. »Mein Name ist Pálmi.«