41 »Bist du dir sicher?«, fragte Aidan ihn, während sie alle vier die notdürftig reparierte Doppeltür am Kopf der Treppe betrachteten, die Éibhear erst am Vortag eingerissen hatte.
»Ich glaube schon.«
»Und ich hoffe es. Ich habe keine Lust zu leiden. Nicht einmal für dich.«
»Was ist, wenn wir dort sind?«, fragte Caswyn. »Was machen wir dann?«
»Ich weiß es nicht«, gab Éibhear zu. »Das finden wir unterwegs heraus.«
Verdammte Götter, dachte er. Verdammte Götter mit ihrem Zentaurenmist. Er hasste sie alle, vor allem den verdammten Rhydderch Hael.
»Ich weiß. Er kann manchmal ein kleiner Mistkerl sein.«
Seufzend schaute Éibhear nach links. Da stand sie, groß und stark, mit brauner Haut, die Arme mit Runen bedeckt. Aber sie war kein sterbliches Wesen. Das konnte er an der Wunde an ihrem Hals erkennen, die eigentlich tödlich hätte sein müssen. Man hatte ihr die Kehle von einer Seite zur anderen durchgeschnitten, und doch war sie immer noch … stark. Mächtig. Am Leben.
»Es ist eigentlich nicht seine Schuld. Er hat so viel um die Ohren. Mein Fokus ist ganz klar. War er immer. Aber er ist an so vielem beteiligt. Und nach Äonen, in denen er sich mit Leuten herumgeschlagen hat, die ihn eigentlich gar nicht zu schätzen wissen, ist er einfach ein bisschen …«
»Gehässig?«
»Ich wollte gerade ›launisch‹ sagen. Und du bist nicht besser.«
»Hör mal, ich habe keine Zeit für …«
»Wer oder was zum Henker bist du denn jetzt?«, fragte Aidan.
Da wurde Éibhear klar, dass seine Freunde sie auch sehen konnten. Es war eine Erleichterung zu wissen, dass er nicht wirklich verrückt wurde.
»Ich bin aus Blut, Tod und gutem Qualitätsstahl. Kämpfe bilden meine Organe, und der Krieg ist meine Seele.«
»Äh …« Uther beugte sich vor. »Bist du sicher, dass es dir gut geht? Du hast da einen … äh … na ja … einen Kratzer am Hals?«
Sie lachte. »Aye. Ein Kratzer. Keine Sorge. Der Kratzer wird heilen.«
Éibhear musste es unbedingt wissen, deshalb fragte er: »Warum können sie …«
»Als Krieger kommt man zu mir, wenn man dieses Leben verlässt. Alle Mì-runach kommen zu mir. Also erlaube ich ihnen, mich zu sehen, wenn ich möchte.«
»Du bist Eirianwen!«, keuchte Aidan. »Die Göttin des Krieges und Todes!«
»Ich dachte, du müsstest eine Drachin sein«, sagte Caswyn. »Aber du siehst nicht danach aus.«
»Das liegt daran, dass ich keine bin.«
»Was willst du?«, fragte Éibhear. Er konnte die Müdigkeit in seiner Stimme nicht verbergen.
»Mein Gefährte vergisst manchmal, dass in dieser Welt Gleichgewicht nötig ist. Ohne kann sie nicht existieren. Aber Chramnesind will kein Gleichgewicht. Es nützt ihm nichts, versteht ihr? Denn er will, dass alles ihm gehört.«
»Er wird dir Krieg und Tod bringen.«
»Nur für kurze Zeit. Vielleicht ein paar Jahrzehnte. Vielleicht ein oder zwei Jahrhunderte. Aber für mich sind Jahrhunderte wie Sekunden an einem kurzen Tag. Also sollst du, Éibhear der Blaue, für mich aufhalten, was geschehen soll. Was schon begonnen hat.«
»Du meinst, Vateria retten.«
»Genau. Denn wenn sie durch die Hand von Chramnesinds Gefolgsleuten hier stirbt, an diesem Ort großer Macht … dann ziehen wirklich dunkle Zeiten auf. Ihre Seele ist eine Quelle des Hasses. Wenn man diesen Hass mit dem vereinigt, was sie vorhaben, ihr anzutun … wozu sie sie machen werden – dann wird keiner von euch überleben. Kein Mensch. Kein Drache. Nicht deine Izzy. Vateria darf hier und jetzt nicht sterben. Denn wenn sie hier stirbt, wird sie wiedergeboren – und dann mögen die Götter euch allen helfen.«
»Und wie kann ich das aufhalten?«
»Tut, was ihr am besten könnt. Die Mì-runach sind meine großartigste Schöpfung; die Idee dazu habe ich vor Jahrtausenden euren Vorvätern geschenkt.«
»Wir müssen trotzdem an den Hexen vorbei.«
»Lass Aidan das Reden übernehmen.« Sie warf Éibhear einen irrwitzig großen Hammer vor die Füße; das Klappern, als er auf die Marmorstufen traf, hallte durch die Stille der schlafenden Stadt. »Du übernimmst das Hämmern.« Sie ging um sie herum. »Und viel Glück euch allen.«
Éibhear hob den Hammer auf. Selbst für ihn war er schwer, aber er legte ihn sich trotzdem über die Schulter.
»Weißt du, Éibhear«, sagte Aidan, als sie die Stufen zum Nolwenn-Tempel hinaufstiegen, »so langsam verstehe ich, warum du so selten nach Hause zurückkehrst.«
»Ich habe immer versucht, es dir zu erklären …«
Vateria versuchte davonzulaufen, aber ein Tenktakel schoss vor, wickelte sich um ihr Hinterbein und riss ihr die Beine unterm Körper weg. Sie kreischte und grub die Krallen in den Steinboden. Rauch stieg an der Stelle auf, wo der Tentakel ihr Bein hielt, und das zischende Geräusch und der Geruch nach brennenden Schuppen ließen Izzy schaudern.
Die Kultanhänger rückten vor, in Sprechchören riefen sie ihren Gott an. Währenddessen wich Izzy zurück. Sie nutzte die Gelegenheit, als die Aufmerksamkeit nicht mehr auf sie gerichtet war, um etwas zu tun, was sie vorher erst ein Mal freiwillig getan hatte. Damals war sie sehr betrunken gewesen, und Brannie hatte sie vor all ihren Männern herausgefordert.
Mit zusammengebissenen Zähnen kugelte sich Izzy beide Schultern aus. Das ging viel leichter, seit sie sie sich im Kampf gebrochen hatte. Doch leichter hieß nicht weniger schmerzhaft. Sie unterdrückte einen Schrei, brachte die Arme nach unten und stieg über die zusammengebundenen Handgelenke. Dann hob sie die Arme wieder.
Keuchend versuchte sie, den Schmerz zu kontrollieren. Nachdem sie sich versichert hatte, dass immer noch keiner auf sie achtete, ging sie rückwärts an die Wand und drehte sich um. Mit einem weiteren tiefen Atemzug rammte sie erst eine Schulter, dann die andere gegen den harten Fels, sodass beide Gelenke wieder an ihren Platz rutschten.
»Ich muss wirklich damit aufhören«, brummelte sie.
Sie drehte sich von der Wand weg und wandte sich zu einem der Sanddrachen um. Ohne ein Wort hob er das Schwert und hieb zu. Izzy rollte sich nach vorne ab, wich der Klinge aus und hob die Arme, als sie wieder nach oben kam. Die Waffe schnitt ihre Fesseln durch, streifte ihre Handfläche aber zum Glück nur.
Gerade als der Schwanz des Drachen auf ihr Gesicht zukam, schüttelte sie das Seil ab und kam auf die Beine. Sie packte den Schwanz, und der Drache hob sie hoch. Dass Drachen das immer taten, wenn etwas an ihrem Schwanz hing, hatte sie schon vor langer Zeit festgestellt. Sie rannte die kurze Strecke bis auf seinen Rücken. Er versuchte, sie abzuschütteln, aber sie packte seine Haare und hielt sich dort fest. Er wirbelte im Kreis herum, sein Schwanz versuchte wieder, sie zu erwischen. Erst in die eine, dann in die andere Richtung duckte sich sich darunter hinweg, ohne seine Haare loszulassen.
Frustriert setzte er jetzt sein Schwert ein und hieb damit nach ihr. Als das Schwert zum dritten Mal auf sie zukam, wartete sie, bis es in der Nähe ihrer Beine war, bevor sie zur Seite sprang und den Fuß auf die Klinge rammte, sodass diese in den Rücken des Drachen eindrang.
Er brüllte wütend auf und ließ die Waffe los, versuchte erneut, sie mit dem Schwanz zu stoppen. Wahrscheinlich nahm er an, sie könne das Schwert sowieso nicht anheben. Aber Izzy hatte mit Drachenschwertern gespielt, seit sie als Teenagerin eines Nachts Éibhears aus seinem Zimmer gestohlen hatte. Sie packte den lederumwickelten Griff, hob die extrem schwere Waffe hoch und schwang sie einmal. Die scharfe Klinge schnitt durch das Schwanzende des Drachens. Izzy ließ das Schwert fallen, das sie jetzt nicht mehr brauchte, und fing die Schwanzspitze, bevor sie auf den Boden traf. Sie umklammerte sie fest, rannte den Rücken des Drachens vollends hinauf, während sie seine Schmerzensschreie und das Blut, das von seinem peitschenden Schwanz in alle Richtungen spritzte, ignorierte, bis sie an seinem Hals angekommen war.
Izzy ließ sich fallen, sodass sie rittlings auf seinen Schultern saß. Sie beugte sich vor, um eine der Schuppen zu packen, doch dann fiel ihr ein, dass die Schuppen der Sanddrachen anders waren als die aller anderen Drachen.
Ihre Dummheit verfluchend, rappelte sie sich wieder auf, trat gegen den blutenden Schwanz, der jetzt versuchte, sie zu packen, und rannte am Hals des Drachen nach oben, direkt auf seinen Kopf. Dort ließ sie sich auf die Knie fallen, hob die Schwanzspitze hoch über den Kopf und hieb sie dem Drachen ins Auge.
Er schrie vor Schmerzen, und Sand explodierte aus seiner Schnauze. Er stellte sich auf die Hinterbeine und drosch mit den Vorderbeinen um sich.
Izzy verlor den Halt an der Schwanzspitze, machte einen Überschlag nach hinten, kullerte das Rückgrat des Drachen hinunter und schlug mit dem Kopf auf dem Boden auf. Alles wurde schwarz.
Elisa hatte die Nase voll von der Streiterei mit ihrer Tochter und stürmte davon. Doch Haldane folgte ihr, immer noch diskutierend, wie es ihre Art war. Es ging Elisa wirklich durch den Kopf, ihre Tochter in etwas zu verwandeln, das auf dem Boden kroch, aber sie bekämpfte den Drang. Sie wäre ein sehr schlechtes Vorbild gewesen.
Doch sie drehte sich um und schrie ihre Tochter an: »Halt verdammt noch mal endlich die Klappe, Haldane!«
»Ich werde nichts dergleichen tun!«
»Älteste Elisa!«
Seufzend: »Was ist, Akila?«
»Die Drachen sind wieder da.«
»Sag ihnen, sie sollen morgen wiederkommen. Ich habe keine Zeit …«
»Sie reißen den Boden im Großen Saal auf!«
Elisa schaute Akila in die Augen. »Sie tun was?«
Éibhear hob den Hammer wieder und wieder, ließ ihn auf den dicken Marmorboden niedersausen. Mit jedem Stück, das er lockerte, riss einer seiner Kameraden den Marmor heraus und warf ihn zur Seite.
»Was bei den heiligen Höllen soll das werden?«, schrie Elisa zu ihnen herauf. Die Mì-runach hatten ihre natürliche Gestalt angenommen, damit sie so schnell wie möglich arbeiten konnten.
»Er tut, worum du ihn gebeten hast«, erklärte Aidan ruhig.
»Wovon sprichst du da?«
»Er rettet Vateria.«
»Von unter unserem Boden? Ist er verrückt? Bist du verrückt?«
»Ich wünschte, ich wäre es«, seufzte Aidan. »Aber ich kann dir versichern, wir sind nicht hier, um euch etwas zu tun. Vertrau mir, Mylady. Du willst, dass wir das tun.«
Éibhear schlug wieder zu, lockerte ein Stück Marmor und hob es beiseite.
»Éibhear!«, sagte Caswyn, der jetzt eifriger grub. »Ich glaube, wir sind durch.«
»Durch?«, fragte Elisa. »Wohin durch?«
»Zum Versteck von Chramnesinds Kult«, erklärte ihr Aidan.
»Ich habe es dir doch schon gesagt, du Holzkopf. Sie sind in der Wüste.«
»Nein, sind sie nicht.«
»Und woher willst du das wissen?«
Éibhear blickte auf Elisa hinab und antwortete: »Von der Göttin Eirianwen.« Als die Hexen ihn nur anstarrten, fügte er hinzu: »Was sagst du jetzt?«
»Ihr meint, sie waren die ganze Zeit unter uns?«
»… und haben eure Macht angezapft, um ihre Kraft zu vermehren«, erklärte Aidan.
Éibhear wandte sich an Haldane. »Aber eines sollst du wissen, Hexe: Falls Iseabail stirbt, weil du dich ihr gegenüber wie ein Miststück verhalten hast, komme ich zurück und hole dich.« Er nickte Elisa zu. »Ruf deine Hexen aus ihren Betten. Alles, was außer uns hier herauskommt … tötet es.«
Éibhear schaute in die Grube, die seine Kameraden gegraben hatten. »Los!«, befahl er.
Er breitete die Flügel aus, stieg auf und flog bis unter die hohe Decke. Dann drehte er und raste auf den Boden zu. Im Näherkommen entfesselte er seine Flamme und brach in die Kammer darunter durch.
Izzy wachte auf, als sie spürte, dass jemand sie an der Schulter rüttelte.
»Izzy. Wach auf.«
Sie lächelte, als sie aufblickte. »Hallo, Rhi!«
»Du musst aufstehen. Sofort.«
»Lass mich nur noch ein kleines bisschen schlafen.«
»Bitte, Izzy!«
»Schschsch.«
Izzy rollte sich auf die Seite und versuchte, wieder einzuschlafen, aber jemand Starkes packte ihre Schulter und drehte sie zurück.
»He! Cousine!«
»Talwyn?«
»Zeit zum Aufwachen, du Kuh!« Dann schlug ihre Cousine sie. Und zwar fest.
Mit einem Ruck setzte Izzy sich auf; das Schwert, das auf ihren Kopf gezielt hatte, rammte sich stattdessen in den Boden.
Mit hochgezogener Augenbraue knurrte Izzy den menschlichen Kultanhänger über sich an: »Verfehlt!« Dann holte sie mit der Faust aus und schlug den Mistkerl bewusstlos. Im Aufstehen riss sie das Schwert aus dem Boden. Das Ding mit den Tentakeln, von dem Izzy langsam glaubte, dass es einmal etwas Menschliches gewesen war, hatte die hysterisch schreiende Vateria dicht an sein klaffendes Maul gezogen, und Blut, Spucke und Exkremente ergossen sich um sie auf den Boden.
Angewidert, aber ohne eine andere Wahlmöglichkeit, rannte Izzy los, duckte sich unter Drachenschwänzen, Minotaurenfäusten und Zentaurenhufen hindurch im Versuch, die Schlampe zu erreichen, die sie abgrundtief hasste.
Sie war beinahe da, als sie Erde und Geröll von der Decke kommen sah. Es lenkte sie kurz ab; einen Augenblick lang, den sie sich nicht leisten konnte.
Ein Drachenschwanz schwang herum und rammte sie, dass sie zur Seite flog. Sie erwartete, gegen eine Wand zu prallen, traf stattdessen aber einen der Drachen des Kults.
Er schnüffelte und lächelte. »Aaaah. Iseabail«, flüsterte er, als sie vor ihm auf den Boden fiel. »Tochter der Talaith, Bevorzugte unter Rhydderch Haels Anhängern.«
Izzy kroch rückwärts und versuchte, auf die Beine zu kommen. Aber sie wurde rasch schwächer. Ihr Körper hatte zu viel einstecken müssen. Sie fürchtete, nicht mehr lange durchzuhalten, wenn sie keinen Weg fand, um …
Ihre Gedanken rasten, sie erinnerte sich an etwas, das sie ihre Mutter einmal sagen gehört hatte. Sie stand auf und hob die Hand.
»Ich rufe die Mächte von … ähm … Rhydderch Hael«, schrie sie zu dem Fanatiker hinauf und zuckte bei der Anrufung des Namens dieses Idioten die Achseln.
»Du?«, knurrte der Fanatiker. »Du wagst es, einen Zauber an mir zu versuchen? Du hast hier keine Macht. Unter uns. Mit unserem Gott!«
»Oh … äh … Rhydderch Hael. Bringe Zerstörung über diese … äh … bösen Leute.«
»Töte sie, Vincent!«, befahl ein anderer Kultanhänger. »Zeig ihr, was wahre Macht ist.«
Der Drache hob die Faust, skandierte etwas, und Izzy sah, wie aus der Mitte seiner Klaue eine Kugel aus Macht geschossen kam und sie frontal rammte.
Éibhear durchstieß das letzte Stück Stein und Metall zu der Kammer darunter. Als er durchbrach, sah er etwas über den Steinboden schlittern, das nur Izzy sein konnte.
Er änderte seine Richtung, rannte zu ihr, hörte dann aber Vateria schreien und erinnerte sich wieder an seine Aufgabe.
Er wollte zu Izzy. Er wollte sie retten. Sie hier herausholen. Aber etwas, er wusste nicht was, etwas sagte ihm, dass das genau das Falsche wäre. Er wusste es mit jeder Faser seines Seins. Also änderte er wieder die Richtung, wirbelte mitten in der Luft zu Vateria herum und zu … was auch immer sie da festhielt.
Gute Götter … sind das Tentakel?
Éibhear schüttelte seinen Ekel ab, hob den Hammer und raste auf die feindliche Eisendrachin zu, die seine Hilfe brauchte.
Brannie, die den Kampf, das Geschrei und Gebrüll schon aus fast einer Meile Entfernung gehört hatte, rannte mit gezogenem Schwert und erhobenem Schild in die Kammer, sobald sie sie erreichte. Dort sah sie zwei Dinge gleichzeitig. Einmal sah sie Izzy an sich vorbeifliegen und an die gegenüberliegende Wand krachen. Dann sah sie Éibhear durch die Decke brechen und zu Izzy eilen.
Doch dann hielt ihr Cousin inne. Er hielt an, und statt sich um Izzy zu kümmern, um die Frau, von der sie sicher war, dass er sie liebte, wandte er sich Vateria zu … und was auch immer das Ding war, das die Schlampe festhielt.
Brannie hatte keine Ahnung, was vor sich ging, aber sie wollte verdammt sein, wenn sie Izzy sterben ließ, weil sein Cousin keine götterverdammten Prioritäten setzen konnte.
»Hier drin!«, rief sie den Menschen zu, die ihr folgten. »Beeilt euch!« Sie konnten überall hier helfen. Brannie würde helfen bei … bei …
»Izzy?«
Izzy hatte sich wieder aufgerappelt und ging nun entschlossen auf eine Gruppe zu, die, wie Brannie annahm, die Kultanhänger waren, von denen Iz ihr erzählt hatte. Und obwohl diese Eiferer keine Augen hatten, neigte einer von ihnen trotzdem den Kopf, als könnte er sehen. Als schaute er Izzy direkt an.
»Du?«, sagte der Eiferer heiser flüsternd. »Du lebst noch. Wie ist das möglich?«
»Töte sie, Vincent! Töte sie jetzt!«
Der Eiferer hob beide Klauen und entfesselte einen Blitz aus mächtiger Magie, den selbst Brannie ohne jede magische Fähigkeit deutlich sehen konnte.
Diese Magie schlug frontal in Izzy ein, aber diesmal flog sie nicht weg. Sie blieb einfach stehen, schüttelte den Kopf, ließ die Nackenwirbel knacken und ging weiter.
»Bündelt unsere Mächte!«, schrie ein weiterer Eiferer. »Los!«
»Nein! Benutz etwas anderes. Töte sie!«
Während sie stritten, ging Izzy weiter. Sie hob ein Drachenschwert vom Boden auf. Einer der Soldatendrachen rannte auf sie zu, aber sie wehrte ihn und seine Waffe ab, zog ihr Schwert über sein Hinterbein und schnitt die Sehne durch. Der Drache fiel schreiend zu Boden, und Izzy ging weiter.
Ein anderer schleuderte noch mehr Magie nach ihr. Und diesmal blieb Izzy nicht einmal stehen. Stattdessen rannte sie plötzlich auf den ersten Eiferer los. Als er sie sah, geriet er in Panik und hieb mit der Klaue nach ihr. Izzy fing sie ab und ließ sich von ihr in die Luft heben, als der Arm des Eiferers nach oben schwang. Dort holte sie mit dem Drachenschwert aus und rammte es dem Drachen seitlich in den Hals, durch seine harten Schuppen hindurch in die Schlagader. Izzy schwang sich auf den Kopf des Eiferers, riss die Klinge heraus und sprang auf den Drachen neben ihm, nur Augenblicke, bevor der Erste zu Boden fiel. Er war tot, bevor sein Kopf auf den Boden traf.
»Ach, richtig«, sagte Brannie lachend. »Iz braucht meine Hilfe ja gar nicht.«
Doch, so wurde ihr klar, als sie auf die Menschen hinabschaute, von denen Izzy abstammte und die sich jetzt mit einer Begeisterung in den Kampf stürzten, die eines Cadwaladr würdig gewesen wäre – Izzys Sippe brauchte ihre Hilfe. Und die stellte sie ihnen mit großem Stolz zur Verfügung.
Mit dem Hammer, den er immer mehr zu schätzen wusste, schlug Éibhear auf die Tentakel ein, die Vateria umschlangen.
»Éibhear!«, hörte er Aidan brüllen.
»Hol Vateria!«, befahl er. »Zieh sie heraus!«
Ein Tentakel schlug ihm auf die Schnauze; Säure fraß sich durch seine Schuppen ins Fleisch. Knurrend – denn er wusste, das würde eine Narbe geben – schlug Éibhear den Tentakel weg.
»Éibhear! Axt!«
Éibhear hob die Klaue und fing die Axt auf, die Uther ihm zuwarf. Er hieb damit drei Tentakel auf einmal durch, aber drei andere flutschten aus … na ja, er wollte nicht so genau wissen, woraus sie hervorflutschten.
»Wir haben Vateria!«, schrie Caswyn.
»Bringt sie hier raus! Sofort!«
Jetzt, wo er wusste, dass Caswyn sich um Vateria kümmern würde, rückte Éibhear weiter vor. Er musste etwas Wichtigeres abhacken als einen Tentakel. Doch bevor er dicht genug an etwas Wichtiges herankommen konnte, legten sich Tentakel um seinen Hals und seine Arme und zogen ihn fort. Sie hielten ihn fest, während sich etwas, das aussah wie eine sehr abscheuliche Zunge, aus einer Öffnung schlängelte, die wohl ein Maul sein sollte, über den Boden glitt und genau auf ihn zukam.
Éibhear rang mit den Tentakeln. Doch sobald er einen Arm oder ein Bein freibekam, packte ihn ein anderer Tentakel erneut und hielt ihn fest. Die Zunge kam über den Boden näher gekrochen; Blut, Schleim und Exkremente breiteten sich unter ihr aus.
Ihr Götter, allein von dem Geruch wurde ihm speiübel.
Éibhear öffnete den Mund, um Feuer zu spucken, doch der Tentakel um seinen Hals zog sich enger zusammen und würgte ihn. Aber er gab nicht auf. Uther landete auf dem Rücken des Ungetüms, hob seine zweite Axt über seinen Kopf und begann, zuzuhacken, doch das Ungetüm ließ Éibhear nicht los. Aidan kam von der Seite, stach mit einem Breitschwert durch die dicke Haut. Immer noch nichts.
Éibhear war das egal. Er kämpfte umso wilder. Genau wie seine Kameraden. Er wusste, sie würden nicht aufhören, bis sie alle ihren letzten Atemzug taten … was sehr bald der Fall sein konnte.
Die Zunge war jetzt ganz nahe, fast unter ihm. Darauf freute sich Éibhear nicht. Vor allem, als die Zungenspitze sich langsam hob, zu dicht an seine wichtigen Teile kam. Blut, Exkremente und Tod troffen von der Zunge auf den Boden; der Gestank ließ Éibhear würgen. Aber er kämpfte. Immer weiter …
Da trat ein nackter Fuß mit Macht auf die Zunge, hielt sie auf dem Boden fest, und ein Schwert wurde angehoben und versenkte sich in ihr, nagelte sie mit einem Hieb auf den Boden.
Das Ungetüm schrie auf und ließ Éibhear los, um die neue Bedrohung anzugreifen.
Éibhear fiel auf den Boden, das Schwert immer noch in der Vorderklaue. Er schaute hinab, wer diese widerwärtige Zunge gebändigt hatte – und lächelte.
»Siehst du, wie ich dich immer beschützen muss?«, fragte er grinsend. »Was, wenn ich nicht da gewesen wäre? Um … du weißt schon … dich zu beschützen?«
Izzy verdrehte die Augen. »Ja, klar, du hast recht. Keine Ahnung, was ich ohne dich anfangen würde.« Sie deutete mit einer Kopfbewegung auf das Ungetüm. »Also gut, ihr Jungs tötet dieses … was auch immer es ist. Bran und ich kümmern uns um den Rest. Wir sehen uns später.«
»Aye«, versprach ihr Éibhear. »Machen wir.«
Sie lächelten sich an. Und mit Liebe in den Herzen fuhren sie damit fort, absolut alles in der Kammer zu töten, das kein treuer Freund, Verwandter oder Imperialer Wächter war.