Der Todesbote
Aus der Amazon.de-Redaktion
Serienmörder wie Fritz Haarmann oder Jürgen Bartsch sind Millionen von Menschen ein Begriff. Gespannt verfolgt die breite Öffentlichkeit Skandale wie um den mutmaßlichen Serientäter Marc Dutroux. Doch Serienmörder gab es schon immer, und man weiß um ihre abscheulichen Verbrechen. Neu ist viel mehr die eigenartige Faszination, die sie auf die massenmediale Öffentlichkeit ausüben. Auffällig ist auch die wachsende Freude an Gewaltdarstellungen und der seltsame Umgang mit Angst und Schrecken der Konsumenten dieser "Berichterstattung". Das alles bleibt bislang genauso unverständlich wie die offensichtliche Gier, mit der sich Autoren auf das Serienmördermotiv und Sexualverbrechen stürzen, um Spannung zu erzeugen.
An solchen Erzählmustern orientierte sich offenbar auch der Autor Jaques Buval in Der Todesbote. Die wahre Geschichte des Serienmörders Anatolij Onoprienko. Onoprienko hatte im Laufe der 1990er-Jahre in der Ukraine auf ungeheuerlich grausame Weise 52 Menschen getötet. Zwischenzeitlich war der Massenmörder keinesfalls auf der Flucht, sondern hatte auf "Reisen" nach Deutschland und anderen westeuropäischen Ländern diverse, aber immer erfolglose Asylanträge gestellt. Das erschwerte der ukrainischen Polizei in seiner Heimat natürlich die Fahndung, so dass sie Onoprienko erst 1996 nach Jahren verzweifelter Suche und zum Teil absurden Großfahndungen -– eher zufällig –- auf die Spur kam.
In seinem Versuch zu einem Tatsachenbericht stützt sich der Autor vor allem auf die Verhör- und Gerichtsprotokolle der ukrainischen Staatsanwaltschaft. Er gibt daraus teilweise minutiös wieder, wie Onoprienko tötete und spart dabei kaum Details aus. Die Art, wie er Onoprienko ausführlich zu Wort kommen lässt, ist allerdings keinesfalls aufschlussreich, sondern wirkt eher obszön. Buvals Versuche zur Kontaktaufnahme mit Onoprienko, so wiedergegeben in einem Brief an den inzwischen zum Tode Verurteilten, wirken nicht nur unsäglich naiv, sondern sind buchstäblich ärgerlich.
Buvals oftmals spekulativ gehaltener Bericht im Stil sattsam bekannter Illustrierten führt zu der Frage, was ihn zu diesem Buch angetrieben hat. Er verrät es uns nicht. Entsprechende Erläuterungen oder Quellenangaben fehlen weit gehend. Zwar ist Buval ein durchaus renommierter "Serienmordexperte", doch das Buch schweigt sich über solche Hintergründe ebenfalls aus.
Ernst zu nehmende Alternativen zu dem Buch und zu dem durchaus interessanten Fall Onoprienko gibt es keine, weitere Hinweise finden Interessierte nur im Lexikon der Serienmörder von Peter und Julia Murakami. Dort wird zumindest das Bemühen um Wissenschaftlichkeit und angemessener dokumentarischer Zurückhaltung deutlich. Mit Der Todesbote gelangt man dagegen zu keiner tiefer greifenden Erkenntnis über die Psychologie von Massenmördern. Fazit: "True Crime" von seiner schlechtesten Seite. --Heinz Scheffelmeier
Kurzbeschreibung
Anatolij Onoprienko reiste drei Jahre lang quer durch die Ukraine und tötete dabei auf abscheuliche Weise 52 Menschen. Seine Motive bleiben bis heute im Dunkeln.Jaques Buval, Experte für Serienmord, rekonstruiert das Leben und die Taten des skrupellosen Mörders.