Kurzbeschreibung
Nachdem der blasphemische Verrat des Kriegsmeisters Horus aufgedeckt wurde, flieht ein Trupp Space Marines mit dem Kreuzer »Eisenstein«, um den Imperator vor dem Angriff von Horus’ Armee zu warnen. Doch die »Eisenstein« gerät unter schweren Beschuss und muss sich in die Sphäre der Chaosmächte flüchten. Werden die Space Marines sich noch rechtzeitig befreien können?
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DIE SCHIFFE KAMEN IN DER LEERE ZUSAMMEN. Langsam bewegten sie sich durch lautlose Dunkelheit; ihre mit Zinnen versehenen Hüllen und die prachtvoll überladenen Konturen ließen sie wie eine Zusammenkunft gotischer Bauwerke erscheinen, die in ihrer Komplexität an Kathedralen erinnerten. Sie trieben umher wie von der Oberfläche irgendeiner Welt gerissen und zu Kriegsschiffen umgeformt - große, wie aus Stein gemeißelte Bugpartien, die in Pfeilspitzen ausliefen. Erhaben und tödlich waren sie um ihre Achse gedreht worden, so dass sie alle auf einen Punkt in der Finsternis wiesen. Auf einigen Schiffen brannten Fackeln, als wollten sie dem Vakuum trotzen. Plasmafeuer aus über den kilometerlangen, grauen Schiffshüllen verteilten Schloten zogen weißlich orangefarbene Spuren aus wirbelndem Gas hinter sich her. Diese Signalfeuer waren nur dann beleuchtet, wenn ein Konflikt bevorstand. Das Aufflackern von vergeudeter, trotziger Hitze war ein Signal an den Feind.
Wir bringen euch die Erleuchtung.
Das Schiff, das die Spitze dieser kleinen Flotte bildete, war aus Stahl geschnitten, der die Farbe eines stürmischen Himmels hatte; der Bug war in dunkles Meeresgrün getaucht. Es bewegte sich wie ein Dolch in der Hand eines geduldigen Mörders, der unausweichlich und unerbittlich auf sein Opfer zuhielt. Verzierungen wies der
Rumpf so gut wie keine auf, die Ausnahme war von kampfesfreudiger Art: eine Gravur an dem einer Pflugschar nachempfundenen Bug, mannshohe Buchstaben, lange Textzeilen, die an ausgetragene Schlachten erinnerten, an besuchte Welten, besiegte Gegner. Der einzige wirkliche Schmuck bestand aus einem goldenen Adler mit ausgebreiteten Schwingen und zwei Köpfen, der sich über die Brückensektion erstreckte, sowie aus einem großen Symbol aus schwerem Nickel-Eisen-Erz: einem Steinschädel in einem hohlen Stahlring in Form eines Sterns, der sich am äußersten Rand der gezackten Klinge befand und bedrohlich wirkte.
Weitere Schiffe brachten sich dahinter in Position, um eine Formation einzunehmen, die jenem Speerspitzenmuster ähnelte, mit der die Krieger an Bord dieser Schiffe ins Gefecht zogen. Als solle die unbezwingbare Entschlossenheit dieser Krieger unterstrichen werden, trug das Kriegsschiff seinen Namen voller Stolz in hochgotischer Schrift auf der stählernen Hülle zur Schau: Standhaftigkeit.
Dahinter folgten weitere Schiffe dieser Art, manche größer, manche kleiner: die Unbezwingbarer Wille, Barbarus' Stachel, Herr von Hyrus, Terminus Est, Unsterblich, Todesgeist und etliche andere.
Dies war die Flotte, die sich hinter der Umbra der Sonne Iota Horologii versammelt hatte, um den Großen Kreuzzug und den Willen des Imperators der Menschheit zu einer der titanenhaften Zylinderwelten der Jorgall zu bringen. An Bord dieser Schiffe wurden zu Tausenden jene transportiert, die ihrer Legion dienten: die Astartes der XIV. Legion, der Death Guard.
Kaleb Arin bewegte sich fast tänzelnd durch die Korridore der Standhaftigkeit, wobei er seine schwere, in Stoff gewickelte Last an die Brust drückte. Jahrelanger untergebener Dienst hatte dazu geführt, dass er sich eine Gehund Verhaltensweise aneignet hatte, durch die er sich in der Gegenwart der hoch aufragenden Astartes praktisch unsichtbar machen konnte. Er war geschickt darin, keine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Bis zum heutigen Tag hatte er auch nach so vielen Jahren nicht jene ausgeprägte Ehrfurcht verloren, die ihn seit dem Augenblick erfüllte, als er in den Dienst der XIV. Legion getreten war. Die Falten in seinem blassen Gesicht und das grauweiße Haar ließen sein Alter erkennen, doch er besaß die Vitalität eines viel jüngeren Mannes. Die Kraft seiner Überzeugung - und die von anderen Ansichten, die er mehr für sich behielt - hatte ihn bereitwillig und unerschütterlich seinen Dienst verrichten lassen.
Es gab nur wenige Männer in der gesamten Galaxis, überlegte er, die so zufrieden sein konnten wie er. Die Erkenntnis, die er nie vergessen hatte, war ihm jetzt ebenso deutlich wie vor Jahrzehnten, als der Himmel über ihm aus giftigen Unwetterwolken geweint und er seine eigenen Grenzen und Fehler akzeptiert hatte. Wer unablässig nach etwas strebte, das er niemals erreichen konnte, wer sich dafür bestrafte, dass es ihm nicht gelang, in jene schwindelnde Höhen aufzusteigen, die ohnehin nicht seine Bestimmung waren, der konnte niemals Seelenfrieden finden. Kaleb war keiner von denen. Ihm war sein Platz in der Geschichte klar. Er wusste, wo er zu sein und was er zu tun hatte.
Sein Platz war hier, und seine Aufgabe war weder zu hinterfragen noch nach Höherem zu streben, sondern zu tun, was ihm aufgetragen wurde.
Aber selbst das erfüllte ihn mit Stolz. Welche Menschen, fragte er sich, konnten schon darauf hoffen, dort zu gehen, wo er ging, inmitten von Halbgöttern, die aus dem Fleisch des Imperators selbst geschaffen worden waren? Immer wieder betrachtete der Leibwächter sie voller Ehrfurcht. Er hielt sich an den Rändern der Korridore und machte einen großen Bogen um jeden der ausladenden Krieger, die mit den Vorbereitungen für ihren Einsatz beschäftigt waren.
Die Astartes waren zum Leben erwachte Statuen, großartige Mythen in Stein, die ihre Podeste verlassen hatten, um ihn zu umgeben. Sie gingen in ihren marmorfarbenen, mit Grün abgesetzten und funkelndem Gold verzierten Rüstungen umher, einige in den neueren, glatteren Modellen, andere in älteren Versionen ihres Kriegsgeräts. Diese waren mit spitzen Stiften besetzt, außerdem gehörten wuchtige Helme dazu. Diese Männer waren einfach unglaublich, der lebende, verlängerte Arm des Imperiums, Männer, die ihrem Werk nachgingen und dabei von Schock und Ehrfurcht umweht wurden wie von einem weiten Mantel. Sie würden niemals verstehen, wie sie von den Sterblichen angesehen wurden.
Kaleb wusste, dass einige in der Legion ihm mit Geringschätzung begegneten, ihn bestenfalls als null und nichtig ansahen, schlimmstenfalls als jemanden, der nicht mehr wert war als ein sabbernder Servitor. Das hatte er als sein Schicksal akzeptiert, so stoisch und verbissen, wie es für die Angehörigen der Death Guard typisch war. Nicht dass er je so vermessen gewesen wäre, sich für einen von ihnen zu halten - diese Gelegenheit hatte sich Kaleb einmal geboten, doch er hatte sie nicht genutzt. Dennoch wusste er, dass er in seinem Herzen nach dem gleichen Kodex lebte wie sie. Wenn seine schmächtige menschliche Gestalt für eben diese Ideale sterben sollte, dann würde er damit dem Imperium dienen - das wusste er ebenfalls. Kaleb Arin, der gescheiterte Bewerber, Leibwächter und Diener des Hauptmanns, war mit seinem Leben so zufrieden, wie es sich ein Mann in seiner Position nur wünschen konnte.