Anmerkungen
Einführung
1 Rob Stein, »Baby Boomers Appear to Be Less Healthy than Parents«, Washington Post, 20. April 2007.
Kapitel 1: Der Anfang
1 Es stimmt, dass Mediziner und Behörden noch früher, um die Wende zum 20. Jahrhundert, bei Gesunden, die Kontakt mit Tuberkulosepatienten hatten, nach Krankheiten zu forschen begannen. Als wirksame Medikamente verfügbar waren, wurden diese symptomlosen Kontaktpersonen vielleicht auch behandelt. Und in den vierziger Jahren wurde der PAP-Abstrich zur Diagnose und Behandlung des Gebärmutterhalskrebses bei symptomlosen Frauen eingeführt. In beiden Fällen kam es zweifellos zu Überdiagnosen; aber das war nicht die Norm.
2 Siehe F. H. Messerli, »This Day 50 Years Ago«, New England Journal of Medicine 332 (1995): 1038–1039.
3 Siehe M. Moser, »Historical Perspectives on the Management of Hypertension«, Journal of Clinical Hypertension 8 (2006): 15–20, und R. C. Hamdy, »Hypertension: A Turning Point in the History of Medicine … and Mankind«, Southern Medical Journal 94 (2001): 1045–1047.
4 Siehe zum Beispiel »Major Outcomes in High-Risk Hypertensive Patients Randomized to Angiotensin-converting Enzyme Inhibitor or Calcium Channel Blocker vs. Diuretic: The Antihypertensive and Lipid-Lowering Treatment to Prevent Heart Attack Trial (ALLHAT)«, Journal of the American Medical Association 288 (2002): 2981–2997, und N. S. Beckett, R. Peters, A. E. Fletcher et al., »Treatment of Hypertension in Patients 80 Years of Age or Older«, New England Journal of Medicine 358 (2008): 1887–1898.
5 Iain Chalmers, »Joseph Asbury Bell and the Birth of Randomized Trials«, www.jameslindlibrary.org, abgerufen am 16. Mai 2008.
6 Vielleicht fragen Sie sich, warum Forscher das Zufallsprinzip benötigen, um zwei Gruppen von ähnlichen Personen zusammenzustellen. Wenn ein sechzigjähriger Raucher mit Diabetes in die Behandlungsgruppe kommt, dann sollte auch ein sechzigjähriger Raucher mit Diabetes in die Placebogruppe kommen. Dieses Verfahren wirft jedoch einige Probleme auf. Erstens ist es, praktisch gesehen, sehr schwer durchführbar. Zweitens öffnet es der bewussten oder unbewussten Manipulation Tür und Tor: Die Wissenschaftler könnten die Zusammensetzung der Gruppen verfälschen (z. B. die Gesünderen in die Behandlungsgruppe und die weniger Gesunden in die Placebogruppe stecken, um so den Eindruck zu erwecken, dass die Therapie wirkt).
Aber das größte Problem ist, dass die Forscher nie genau wissen, welche Faktoren in den beiden Gruppen ausgewogen sein müssen. Sie können zwar sicher sein, dass einige Faktoren für das Ergebnis der Studie wichtig sein werden (z. B. Alter, Geschlecht, Rauchen, Begleitkrankheiten), aber sie können nicht sicher sein, dass sie alle wichtigen Faktoren kennen (z. B. den Natriumgehalt des Serums, die Genvariante auf dem langen Arm des Chromosoms 11). Das Schöne an der Randomisierung ist, dass sie nicht nur die beste Methode darstellt, Gruppen zu schaffen, die sich in Bezug auf bekannte Gesundheitsfaktoren ähnlich sind, sondern auch die beste Methode, Gruppen zusammenzustellen, die einander hinsichtlich noch unbekannter Faktoren ähnlich sind.
7 Die Daten stammen von der Women’s Health Initiative, zwei großen randomisierten Studien der National Institutes of Health (NIH). Ihre Website (www.nhlbi.nih.gov/whi/whi_faq.htm) fasst die Studien so zusammen: Verglichen mit dem Placebo vergrößerten Östrogen und Progestin das Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle, Blutgerinnsel und Brustkrebs; sie verringerten das Darmkrebs- und Knochenbruchrisiko. Siehe »Risks and Benefits of Estrogen Plus Progestin in Healthy Postmenopausel Women«, Journal of the American Medical Association 288 (2002): 321–333, und »Effects of Conjugated Equine Estrogen in Postmenopausal Women with Hysterectomy«, Journal of the American Medical Association 291 (2004): 1701–1712.
8 In der Behandlungsgruppe waren 73 Patienten, in der Placebogruppe 70. Anmerkung: Die Zahl der Patienten in den zwei Gruppen war nicht genau gleich, weil der Zufall bestimmte, welcher Gruppe die Patienten zugeteilt wurden. Manchmal haben die Gruppen in randomisierten Studien genau dieselbe Größe, aber nicht oft. Wenn die Zuteilung rein zufällig erfolgt, ist die Chance relativ klein, dass die Zahlen genau gleich sind, aber ziemlich groß, dass sie ähnlich groß ausfallen.
9 Veterans Administration Cooperative Study Group on Antihypertensive Agents, »Effects of Treatment on Morbidity in Hypertension«, Journal of the American Medical Association 202 (1967): 1028–1034. Sie können die Gesamtzahl der Patienten mit negativen Ereignissen auf der Strichliste anhand von Tabelle 4 in diesem Artikel leicht berechnen. Es würde jedoch einen erheblichen Aufwand bedeuten, die hier benutzte Kategorisierung der Ereignisse nachzuvollziehen. Kliniker, die den Originalartikel lesen, sollten wissen, dass ich mich bemühte, für die Leser klinisch bedeutsame Kategorien zu bilden, die auf der individuellen Auflistung aller neunundzwanzig negativen Ereignisse der Patienten in den Tabellen 5 und 6 beruhen. Um ganz offen zu sein: Ich wertete die eine transitorische ischämische Attacke als Schlaganfall und den einen Cotton-wool-Exsudatherd als Retinablutung. Mehr als Sie wissen wollen.
10 »Effects of Treatment on Morbidity in Hypertension: II. Results in Patients with Diastolic Blood Pressure Averaging 90 through 114 mm Hg«, Journal of the American Medical Association 213 (1970): 1143–1152.
11 J. D. Neaton, R. H. Grimm jun., R. J. Prineas et al., »Treatment of Mild Hypertension Study: Rinal Results«, Journal of the American Medical Association 270 (1993): 713–724.
12 Damit Sie nicht denken, ich hätte einen Fehler gemacht: Hier hat die Rundung ihr hässliches Haupt gehoben. Die tatsächliche Chance auf einen Nutzen beträgt nicht 6 Prozent, sondern 5,6 Prozent. Die Zahl derjenigen, die behandelt werden müssen, liegt daher näher bei 18.
13 SHEP Cooperative Research Group, »Prevention of Stroke by Antihypertensive Drug Treatment in Older Persons with Isolated Systolic Hypertension: Final Results of the Systolic Hypertension in the Elderly Program (SHEP)«, Journal of the American Medical Association 265 (1991): 2355–2364.
14 E. Arias, »United States Life Tables, 2003«, National Vital Statistics Reports 54. Hyattsville: National Center for Health Statistics, 2006.
15 Mr. Baileys Geschichte wirft viele berechtigte Fragen auf. Erstens: Wie gut verstand er den Nutzen der Behandlung? Zweitens: Habe ich ihm hinreichend erklärt, dass es auch andere Behandlungsmöglichkeiten gab? Anstatt ganz auf eine Behandlung zu verzichten, hätten wir zum Beispiel ein anderes Medikament oder dasselbe Medikament in geringerer Dosis oder dasselbe Medikament nur bei kühlem Wetter probieren können. Drittens: Hätten neue Informationen seine Entscheidung beeinflusst? Seither wurde eine weitere randomisierte Studie über die Behandlung des Bluthochdrucks bei älteren Menschen durchgeführt. Siehe zum Beispiel Beckett et al., »Treatment of Hypertension«. Leider kombinierte diese Studie ältere Patienten mit leichtem diastolischem Bluthochdruck mit anderen, die an isoliertem systolischem Bluthochdruck litten (wie Mr. Bailey). Der Studie zufolge hatten von allen Patienten etwa 5 Prozent eine Chance auf einen Nutzen, aber unter Nutzen wurde hier verhinderter Tod (aus allen Ursachen) verstanden. Wären Mr. Bailey diese Daten bekannt gewesen, hätte er sich vielleicht anders entschieden. Vielleicht hätten sie auch mich beeinflusst, weil die Autoren der Studie den systolischen Blutdruck aller Patienten maßen, während diese standen, und keine Patienten behandelten, deren systolischer Blutdruck im Stehen unter 140 lag. Auf diese Weise wollten sie Zwischenfälle wie bei Mr. Bailey verhindern.
16 Wahrscheinlich würde die Anhebung der Blutdruckziele (der Zahlen, die wir mit der Therapie erreichen wollen) Probleme wie Benommenheit, Ohnmacht und Stürze verringern. Das Blutdruckziel in der oben genannten Studie betrug 150/80.
Kapitel 2: Wir ändern die Regeln
1 »Report of the Expert Committee on the Diagnosis and Classification of Diabetes Mellitus«, Diabetes Care 20 (1997): 1183.
2 L. M. Schwartz und S. Woloshin, »Changing Disease Definitions: Implications on Disease Prevalence«, Effective Clinical Practice 2 (1999): 76–85.
3 Action to Control Cardiovascular Risk in Diabetes Study Group, »Effects of Intensive Glucose Lowering in Type 2 Diabetes«, New England Journal of Medicine 358 (2008): 2545–2559.
4 Ich wünschte, die Lage wäre weniger komplex. Obwohl die Diagnose des Diabetes anhand des Nüchternblutzuckers gestellt wird, zielt die Therapie in der Regel darauf ab, einen durchschnittlichen Glukosespiegel zu erreichen. Um den durchschnittlichen Glukosespiegel zu bestimmen, messen wir die Menge des glykosilierten Hämoglobins, besser bekannt als Hämoglobin A1c. Das Ziel für die Intensivtherapiegruppe war ein Hämoglobin A1c unter 6. Die Hälfte der Patienten erreichte einen Wert unter 6,4. Das entspricht einem durchschnittlichen Blutzuckerspiegel von 140 (oder 127 oder 132 oder 150, je nachdem, welchen Web-Rechner man benutzt). Ich glaube (und hoffe), dass der Unterschied zwischen dem diagnostizierten Wert und dem Therapieziel eines Tages verschwinden wird und dass wir Diabetes auf der Grundlage des Hämoglobins A1c diagnostizieren und therapieren werden.
5 Die Presseerklärung ist unter www.nih.gov./news/health/feb2008/nhlbi-06.htm abrufbar.
6 Um mehr über den geänderten Grenzwert zu erfahren, vergleichen Sie »The Fifth Report of the Joint National Committee on Detection, Evaluation, and Treatment of High Blood Pressure« in Archives of Internal Medicine 153 (1993): 154–183 mit »The Sixth Report of the Joint National Committee on Prevention, Detection, Evaluation, and Treatment of High Blood Pressure« in Archives of Internal Medicine 157 (1997): 2413–2446.
7 Schwartz und Woloshin, »Changing Disease Definitions«.
8 J. Downs, M. Clearfield, S. Weis et al., »Primary Prevention of Acute Coronary Events with Lovastatin in Men and Women with Average Cholesterol Levels: Results of AF-CAPS/TexCAPS«, Journal of the American Medical Association 179 (1998): 1615–1622.
9 Beachten Sie, dass dieser Beweis viel schwächer ist als der Beweis für die sekundäre Prävention – das heißt, des erwiesenen Nutzens einer Senkung des Cholesterinspiegels bei Patienten, die bereits einen Herzinfarkt hatten (die Sterblichkeit wegen Herzinfarkt sinkt). Diese Studie zeigte keinen Unterschied, was die Zahl der Todesfälle wegen Herzanfall anbelangt (nur einen Unterschied in Bezug auf die kombinierten negativen Ereignisse).
10 Schwartz und Woloshin, »Changing Disease Definitions«.
11 Gesunde Knochen blockieren Röntgenstrahlen. Deshalb zeigen die Knochen auf einem Röntgenbild genau genommen die blockierte Strahlung an, die nicht auf den Film gelangte. Bei der Knochenmineraldichtemessung wird bestimmt, in welchem Umfang ein Knochen Röntgenstrahlen blockiert. Je mehr Röntgenstrahlen blockiert werden, desto dichter ist der Knochen.
12 Das könnte der T-Wert einer körperlich aktiven Frau in den Zwanzigern mit großen Knochen sein. Es könnte auch der T-Wert meiner Tochter sein, wenn sie bereit wäre, den Test zu bezahlen.
13 M. B. Herndon, L. M. Schwartz, S. Woloshin et al., »Implications of Expanding Disease Definitions: The Case of Osteoporosis«, Health Affairs 26 (2007): 1702–1711.
14 Suchen Sie unter www.cspinet.org/cgi-bin/integrity.cgi nach James R. Gavin, dem Vorsitzenden des Expert Committee on the Diagnosis and Classification of Diabetes Mellitus.
15 Duff Wilson, »New Blood-pressure Guidelines Pay Off–for Drug Companies«, Seattle Times, 26. Juni 2005; siehe http://seattletimes.nwsource.com/html/health/sick1.html.
16 D. Ricks und R. Rabin, »Cholesterol Guidelines: Drug Panelists’ Links under Fire«, Newsday, 15. Juli 2004.
17 Susan Kelleher, »Disease Expands Through Marriage of Marketing and Machines«, Seattle Times, 26. Juni 2005; siehe http://seattletimes.nwsource.com/html/health/sick3.html.
18 S. R. Cummings, D. M. Black, D. E. Thompson et al., »Effect of Alendronate on Risk of Fracture in Women with Low Bone Density But Without Vertebral Fractures: Results from the Fracture Intervention Trial«, Journal of the America Medical Association 280 (1998): 2077–2082.
19 M. Etminan, K. Aminzadeh, I. R. Matthew und J. M. Brophy, »Use of Oral Bisphosphonates and the Risk of Aseptic Osteonecrosis: A Nested Case-control Study«, Journal of Rheumatology 35 (2008): 691–695.
20 Trial of Preventing Hypertension (TROPHY) Study Investigators, »Feasibility of treating Prehypertension with an Angiotensin-receptor Blocker«, New England Journal of Medicine 354 (2006): 1685–1697.
21 Schwartz und Woloshin, »Changing Disease Definitions«.
22 Siehe www.diabetes.org/pre-diabetes.jsp.
23 Medienberichte dazu finden Sie unter www.msnbc.msn.com/id/25556140/. Zum Bericht der Akademie siehe S. R. Daniels, F. R. Greer und Committee on Nutrition, »Lipid Screening and Cardiovascular Health in Childhood«, Pediatrics 122 (2008): 198–208; www.pediatrics.org/cgi/content/full/122/1/198.
24 Ein alternativer Grenzwert für eine Behandlung ist ebenfalls anwendbar: eine Wahrscheinlichkeit von über 20 Prozent für einen bedeutsamen, auf Osteoporose zurückzuführenden Knochenbruch innerhalb von zehn Jahren. Die gesamten Richtlinien der National Osteoporosis Foundation finden Sie im Clinician’s Guide to Prevention and Treatment of Osteoporosis, 2008, National Osteoporosis Foundation, Washington, DC; www.nof.org/professionals/NOF_Clinicians_Guide.pdf.
25 Den Rechner finden Sie unter www.shef.ac.uk/FRAX/tool.jsp?/locationValue=9.
Kapitel 3: Wir können mehr sehen
1 J. M. Gwaltney, C. D. Phillips, R. D. Miller und D. K. Riker, »Computer Tomographic Study of the Common Cold«, New England Journal of Medicine 330 (1994): 25–30.
2 IMV Medical Information Division, www.marketresearch.com/vendors/viewvendor.asp?SID22207180–472843397.
3 David J. Brenner und Eric J. Hall, »Computed Tomography – an Increasing Source of Radiation Exposure«, New England Journal of Medicine 357 (2007): 2277–2284.
4 Diese Daten stammen vom Dartmouth Institute for Health Policy and Clinical Practice, das Medicare-Daten seit Mitte der achtziger Jahre sammelt und analysiert. Hier handelt es sich um Teil-B-Daten für 1991 und 2006. Die Zahlen sind ein klein wenig gesunken, da in dieser Periode mehr Leistungsberechtigte Medicare Teil B (eine ergänzende freiwillige Versicherung für ambulante Behandlung) verlassen haben und zu Kassenärzten gewechselt sind (27 300 000 im Jahr 1991 und 26 300 000 im Jahr 2006).
5 K. D. Hopper, J. R. Landis, J. W. Meilstrup et al., »The Prevalence of Asymptomatic Gallstones in the General Population«, Investigative Radiology 26 (1991): 939–945.
6 Die Daten stammen von J. Kornick, E. Trefelner, S. McCarthy et al., »Meniscal Abnormalities in the Asymptomatic Population at MR Imaging«, Radiology 177 (1990): 463–465. Die Studie wurde rund achtzehn Jahre später wiederholt, und die Ergebnisse waren im Wesentlichen gleich (obwohl die Autoren der zweiten Studie es aus unerfindlichen Gründen versäumten, die frühere Studie zu würdigen). Siehe M. Englund, A. Guermazi, D. Gale et al., »Incidental Meniscal Findings on Knee MRI in Middle-aged and Elderly Persons«, New England Journal of Medicine 359 (2008): 1108–1115. Die zweite Studie benutzte eine Zufallsauswahl aus der Framingham-Herzstudie und suchte nach etwas ernsteren Verletzungen: nach Meniskusrissen oder zerstörten Menisken. Hier ist die ungefähre Prävalenz beider Verletzungen, getrennt nach Alter und Geschlecht:
Meniskusrisse oder -zerstörung in Prozent |
||
Altersgruppe |
Männer |
Frauen |
50–59 Jahre |
32 % |
19 % |
60–69 Jahre |
46 % |
40 % |
70–90 Jahre |
56 % |
51 % |
7 M. C. Jensen, M. N. Brant-Zawadski, N. Obuchowski et al., »Magnetic Resonance Imaging of the Lumbar Spine in People Without Back Pain«, New England Journal of Medicine 331 (1994): 69–73.
8 A. Kirkley, T. B. Birmingham, R. B. Litchfield et al., »A Randomized Trial of Arthroscopic Surgery for Osteoarthritis of the Knee«, New England Journal of Medicine 359 (2008): 1097–1107.
9 R. G. Marx, »Arthroscopic Surgery for Osteoarthritis of the Knee?«, New England Journal of Medicine 359 (2008): 1169–1170.
10 Die Framingham-Herzstudie begann 1948 und war die erste Studie, welche die wichtigsten Herzinfarktrisiken dokumentierte: Rauchen, Bluthochdruck, hoher Cholesterinspiegel und so weiter. Die Teilnehmer der Schlaganfallstudie waren Kinder der ursprünglichen Teilnehmer. Die Schlaganfallprävalenz je Altersgruppe in der Abbildung spiegelt die kombinierten Befunde bei Männern und Frauen wider (die Geschlechterunterschiede waren gering und uneinheitlich; in manchen Altersgruppen war die Schlaganfallprävalenz bei Männern etwas höher, in anderen war sie bei Frauen ein wenig höher). Siehe R. R. Das, S. Seshadri, A. S. Beiser et al., »Prevalence and Correlates of Silent Cerebral Infarcts in the Framingham Offspring Study«, Stroke 39 (2008): 2929–2935.
11 R. Davis, »The Inside Story«, USA Today, 25. August 2000.
12 C. D. Furtado, D. A. Aguirre, C. B. Sirlin et al., »Whole-body CT Screening: Spectrum of Findings and Recommendations in 1192 Patients«, Radiology 237 (2005): 385–394.
13 B. Mandelbrot, The Fractal Geometry of Nature, Neubearbeitung (New York: W. H. Freeman and Company, 1983), 116.
14 In Utah (sowie in anderen US-Bundesstaaten im intermontanen Westen) müssen Sie ebenfalls über diese Definition nachdenken. Im Mai sind manche Seen noch von Schnee bedeckt, im September sind einige ausgetrocknet. Diese Übung müssen Sie übrigens nicht auf Inseln und Seen beschränken. Das gleiche Problem stellt sich, wenn man Flüsse oder Berggipfel zählt.
15 F. A. Lederle, J. M. Walker und D. B. Reinke, »Selective Screening for Abdominal Aortic Aneurysms with Physical Examination and Ultrasound«, Archives of Internal Medicine 148 (1988): 1753–1756.
16 L. J. Melton, L. K. Bickerstaff, L. H. Hollier et al., »Changing Incidence of Abdominal Aortic Aneurysms: A Population-based Study«, American Journal of Epidemiology 120 (1984): 379–386.
17 R. F. Gillum, »Epidemiology of Aortic Aneurysms in the United States«, Journal of Clinical Epidemiology 48 (1995): 1289–1298.
18 W. H. Geerts, K. I. Code, R. M. Jay et al., »A Prospective Study of Venous Thromboembolism after Major Trauma«, New England Journal of Medicine 331 (1994): 1601–1606.
19 K. M. Moser, P. F. Fedullo, J. K. LittleJohn et al., »Frequent Asymptomatic Pulmonary Embolism in Patients with Deep Venous Thrombosis«, Journal of the American Medical Association 271 (1994): 223–225.
20 D. R. Anderson, S. R. Kahn, M. A. Rodger et al., »Computed Tomographic Pulmonary Angiography vs. Ventilation-perfusion Lung Scanning in Patients with Suspected Pulmonary Embolism: A Randomized Controlled Trial«, Journal of the American Medical Association 298 (2007): 2743–2753.
21 N. A. DeMonaco, Q. Dang, W. N. Kapoor et al., »Pulmonary Embolism Incicence Is Increasing with Use of Spiral Computed Tomography«, American Journal of Medicine 12 (2008): 611–617.
22 Ein Arzt, der diese Zeilen las, fand das Wort unlogisch etwas zu stark. Er wies darauf hin, dass es nicht völlig unlogisch ist, nach einer schweren Anomalie zu suchen, selbst wenn es sehr unwahrscheinlich ist, eine zu finden. Ob es unlogisch ist oder nicht, hängt selbstverständlich davon ab, wie unwahrscheinlich die Anomalie ist. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, warum Mediziner immer Urteile fällen müssen. Wir stimmen jedoch beide darin überein, dass sich das Problem der Überdiagnose stellt, wenn wir nach einer schweren Anomalie suchen und eine geringfügige Anomalie finden (das wäre ein zweideutiger Fund) oder etwas völlig Unerwartetes entdecken (das wäre ein Überraschungsfund).
23 Diesen Prozess habe ich in der Einführung zu einem Leitartikel über fundierte Entscheidungen beschrieben. Siehe H. G. Welch, »Informed Choice in Cancer Screening«, Journal of the American Medical Association 285 (2001): 2776–2778.
Kapitel 4: Wir suchen intensiver nach Prostatakrebs
1 Alle in diesem und im folgenden Absatz genannten Daten finden Sie unter http://seer.cancer.gov/, dem Regierungsprogramm, das die Krebsstatistik im Auge behält.
2 J. E. Montie, D. P. Wood, J. E. Pontes et al., »Adenocarcinoma of the Prostate in Cystoprostatectomy Specimens Revmoved for Bladder Cancer«, Cancer 63 (1989): 381–385. Im Rahmen dieser Studie untersuchten die Pathologen die Prostata alle fünf Millimeter; das heißt, sie entnahmen etwa zehn Gewebescheiben je Prostata (die durchschnittliche Prostata ist etwa fünf Zentimeter lang). Hätten sie alle zwei Millimeter eine Scheibe entnommen (also 25 Scheiben untersucht), wären vielleicht mehr Karzinome entdeckt worden.
3 W. A. Sakr, D. J. Grignon, G. P. Haas et al., »Age and Racial Distribution of Prostatic Intraepithelial Neoplasia«, European Urology 30 (1996): 138–144. Auch in dieser Studie untersuchten die Wissenschaftler zehn bis vierzehn Scheiben je Prostata. Wie im Wayne County waren etwa 60 Prozent dieser Männer schwarz (an Prostatakrebs sterben mehr Schwarze als Weiße). Der festgestellte Unterschied zwischen Schwarzen und Weißen war jedoch gering (6 Prozentpunkte oder weniger innerhalb jeder Altersgruppe). Deshalb kombinieren die hier genannten Daten beide Gruppen.
4 Es ist verführerisch zu glauben, der Unterschied zwischen dem Reservoir des prävalenten Prostatakrebses bei älteren Männern (um runde Zahlen zu benutzen, sagen wir 50 Prozent) und ihrem Lebenszeitrisiko für Tod durch Prostatakrebs (3 Prozent) spiegle den potenziellen Anteil älterer Männer, bei denen Überdiagnosen vorliegen könnten, genau wider (50 Prozent – 3 Prozent = 47 Prozent Risiko, Opfer einer Überdiagnose zu werden). Aber der Vergleich des Krankheitsreservoirs mit dem Lebenszeit-Todesrisiko vermittelt Ihnen eine Vorstellung von der möglichen Größenordnung der Überdiagnose, keine präzise Schätzung.
5 Die Größe der Prostata ist sehr unterschiedlich. Diese Berechnung basiert auf einer Drüse mit fünf Zentimetern Durchmesser.
6 In jeder dieser drei Studien nahmen die Wissenschaftler die höhere Zahl von Biopsien (elf, zwölf oder dreizehn, je nach Studie). Dann verglichen sie den Anteil der Männer, bei denen mithilfe der üblichen sechs Nadelbiopsien (»Sextantenbiopsien«) Prostatakrebs entdeckt wurde, mit dem Anteil der Männer, bei denen mithilfe der größeren Zahl von Biopsien Prostatakrebs entdeckt wurde. Zum zusätzlichen Nutzen von elf gegenüber sechs Biopsien siehe R. J. Babaian, A. Toi, K. Kamoi et al, »A Comparative Analysis of Sextant and an Extended 11-core Multisite Directed Biopsy Strategy«, Journal of Urology 163 (2000): 152–157. Zu zwölf gegenüber sechs siehe G. C. Durkan, N. Sheikh, P. Johnson et al., »Improving Prostate Cancer Detection with an Extended-core Transrectal Ultrasonography-guided Prostate Biopsy Protocol«, British Journal of Urology International 89 (2002): 33–39. Für dreizehn gegenüber sechs siehe L. A. Eskew, R. L. Bare und D. L. McCullough, »Systematic 5 Region Prostate Biopsy Is Superior to Sextant Method for Diagnosing Carcinoma of the Prostate«, Journal of Urology 157 (1997): 199–202.
7 Siehe N. Fleshner und L. Klotz, »Role of ›Saturation Biopsy‹ in the Detection of Prostate Cancer among Difficult Diagnostic Cases«, Urology 60 (2002): 93–97.
8 Diese Ergebnisse stammen aus zwei Veröffentlichungen, die über dieselbe Studie berichten. Das Ergebnis für PSA-Werte über 4 stammt von der Placebogruppe in der Studie über Finasterid zur Verringerung des Prostatakrebsrisikos (siehe Tabelle 1, Biopsien aus wichtigem Grund, in I. M. Thompson, P. J. Goodman, C. M. Tangen et al., »The Influence of Finasteride on the Development of Prostate Cancer«, New England Journal of Medicine 349 (2003): 215–224). Das Ergebnis für einen PSA-Wert von 4 oder darunter stammt ebenfalls von der Placebogruppe in derselben Studie, wird aber in einer anderen Veröffentlichung genannt (siehe I. M. Thompson, D. K. Pauler, P. J. Goodman et al., »Prevalence of Prostate Cancer among Men with a Prostate-Specific Antigen Level <=4,0 ng per Milliliter«, New England Journal of Medicine 350 (2004): 2239–2246).
9 Die Daten über die Verteilung der PSA-Werte in der Gesamtbevölkerung stammen aus Arbeiten meiner Koautoren und mir. Siehe H. G. Welch, L. M. Schwartz und S. Woloshin, »Prostate-specific Antigen Levels in the United States: Implications of Various Definitions for Abnormal«, Journal of the National Cancer Institute 97 (2005): 1132–1137.
10 Die Grafik zeigt die geschätzte Zahl von sechzig- bis neunundsechzigjährigen Männern in den Vereinigten Staaten, bei denen man Prostatakrebs entdecken würde, wenn man alle zum selben Zeitpunkt und unter Verwendung unterschiedlicher Regeln über anormale PSA-Werte untersuchen würde. In dieser Altersgruppe befinden sich etwa elf Millionen Männer. Die Schätzungen basieren auf zwei Angaben: 1. Wie viele haben abnorme PSA-Werte nach den verschiedenen Definitionen des Begriffs »abnorm« (aus Quellenverweis 9); 2. Wie oft wird bei verschiedenen PSA-Werten Prostatakrebs diagnostiziert (aus Quellenverweis 8).
11 W. J. Mooi und D. S. Peeper, »Oncogene-induced Cell Senescence–Halting on the Road to Cancer«, New England Journal of Medicine 355 (2006): 1037–1046; J. Folkman und R. Kalluri, »Cancer Without Disease«, Nature 427 (2004): 787; M. Serrano, »Cancer Regression by Senescence«, New England Journal of Medicine 356 (2007): 1996–1997.
12 Von diesem Muster berichteten einer meiner Kollegen und ich in Bezug auf eine seltene Form des Speiseröhrenkarzinoms. Siehe H. Pohl und H. G. Welch, »The Role of Overdiagnosis and Reclassification in the Marked Increase of Esophageal Adenocarcinoma Incidence«, Journal of the National Cancer Institute 97 (2005): 142–145.
13 SEER ist das wichtigste Projekt der amerikanischen Bundesregierung, das über Krebsvorkommen, erste Behandlung und Überleben berichtet. Diese Datenbank enthält auch Informationen aus Krebsregistern in den Bundesstaaten Connecticut, Iowa, New Mexico, Utah und Hawaii sowie in den Metropolen Detroit, San Francisco, Seattle-Puget Sound und Atlanta. Zusammen repräsentieren diese Gebiete etwa 10 Prozent der amerikanischen Bevölkerung.
14 R. M. Merrill, E. J. Feuer, J. L. Warren et al., »Role of Transurethral Resection of the Prostate in Population-based Prostate Cancer Incidence Rates«, American Journal of Epidemiology 150 (1999): 848–860.
15 H. G. Welch und P. C. Albertsen, »Prostate Cancer Diagnosis and Treatment After the Introduction of Prostate-Specific Antigen Screening: 1986–2005«, Journal of the National Cancer Institute, 31. August 2009 (E-Pub).
16 Diese Daten stammen aus verschiedenen Quellen. Die Daten über stationäre Patienten nach einer Prostatektomie stammen aus http://hcupnet.ahrq.gov/ (letzter Zugriff am 21. September 2008). Beachten Sie, dass die Dreißig-Tage-Sterblichkeit höher sein wird. Die Daten über die Lebensqualität stammen aus A. L. Potosky, J. Legler, P. C. Albertsen et al., »Health Outcomes after Prostatectomy or Radiotherapy for Prostate Cancer: Results from the Prostate Cancer Outcomes Study«, Journal of the National Cancer Institute 92 (2000): 1582–1592; und M. G. Sanda, R. L. Dunn, J. Michalski et al., »Quality of Life and Satisfaction with Outcome among Prostate Cancer Survivors«, New England Journal of Medicine 358 (2008): 1250–1261.
17 Diese Empfehlungen (siehe www.ahrq.gov/clinic/uspstf/uspsprca.htm; letzter Zugriff am 3. Oktober 2008) stammen aus der Zeit vor der Veröffentlichung der beiden randomisierten Studien, die ich im nächsten Kapitel bespreche, im Jahr 2009. Aber ich bezweifle, dass die Ergebnisse der Studie die Empfehlungen sehr verändern werden – das Screening wird weiterhin (bestenfalls) als schwierige Entscheidung für Männer im mittleren Alter und als sehr nachteilige Entscheidung für ältere Männer gelten.
18 Diese Empfehlungen wurden nach der Veröffentlichung der zwei randomisierten Studien herausgegeben; siehe www.cancer.org/docroot/CRI/content/CRI_2_6x_Prostate_Cancer_Early_Detection.asp?sitearea=&level= (letzter Zugriff am 12. April 2010).
19 G. L. Andriole, R. L. Grubb, S. S. Buys et al., für das PLCO-Projektteam, »Mortality Results from a Randomized Prostate-Cancer Screening Trial«, New England Journal of Medicine 360 (2009): 1310–1319.
20 F. H. Schroder, J. Hugosson, M. J. Roobol et al., für die ERSPC-Forscher, »Screening and Prostate-Cancer Mortality in a Randomized European Study«, New England Journal of Medicine 360 (2009): 1320–1328.
21 Um zu verstehen, warum Screening die Prostatakrebssterblichkeit erhöhen könnte, müssen Sie wissen, wie die Todesfälle in einer randomisierten Screening-Studie gezählt werden. Zu den Patienten, die an Prostatakrebs gestorben sind, zählen nicht nur jene, deren Todesursache metastatischer Prostatakrebs war (deren Zahl kann das Screening nicht erhöhen), sondern auch jene, die an der Behandlung des Prostatakrebses gestorben sind (deren Zahl könnte das Screening durchaus erhöhen, weil es mehr Männer dazu bringt, sich untersuchen zu lassen).
22 Als Ausgangspunkt nehme ich an, dass Todesfälle verhindert werden; das heißt, ich beginne mit der europäischen Studie, nicht mit der amerikanischen. Diese Daten zeigen, dass durch 48 zusätzliche Diagnosen (die ich auf 50 aufgerundet habe) ein Todesfall verhindert wird. Manche würden mit Recht darauf hinweisen, dass es Grund zu der Annahme gibt, fünfzig sei zu hoch geschätzt. Nicht alle zusätzlichen Diagnosen müssen Überdiagnosen sein – mit der Zeit könnte die Kontrollgruppe »aufholen«, was Krebs anbelangt. Eine frühere Veröffentlichung der europäischen Gruppe schätzte jedoch den Anteil der Patienten in der Untersuchungsgruppe, die Opfer einer Überdiagnose wurden, auf 48 Prozent (siehe G. Draisma, R. Boer, S. J. Otto et al., »Lead Times and Overdetection due to Prostate-specific Antigen Screening«, Journal of the National Cancer Institute 95 (2003): 868–878). Wenn wir diese Schätzung auf das gesamte Vorkommen von 82/1000 in der untersuchten Gruppe übertragen, kommen wir auf eine Überdiagnoserate von 39/1000. Das sind 55 Männer mit Überdiagnose auf einen Mann, dessen Tod verhindert wurde (das ist gleich dem Produkt der Zahl jener Männer, die wir untersuchen müssen, um einen Tod durch Prostatakrebs zu verhindern, und der Zahl der Überdiagnosen: 1410 × 39/1000).
Andere wenden vielleicht ein, fünfzig sei aus zwei Gründen eine zu niedrige Schätzung der Zahl der Überdiagnosen in den Vereinigten Staaten. Erstens erfasste die europäische Studie ein Screening, das weniger gründlich war, als es in den USA üblich ist: Die Teilnehmer der europäischen Studie wurden alle vier Jahre untersucht; in den USA ist jährliches Screening die Regel, was die Zahl der Überdiagnosen nur erhöhen kann. Zweitens ist der Nutzen ungewiss: Je weniger Todesfälle verhindert werden, desto niedriger ist offensichtlich das Verhältnis zwischen Nutzen und Überdiagnosen (bei einem Nutzen von null ist der Quotient eins zu unendlich). Um beiden Bedenken Rechnung zu tragen, schlage ich eine Bandbreite vor: Auf jeden Mann, dessen Tod durch Prostatakrebs verhindert wird, kommen dreißig bis hundert Männer, die durch Überdiagnosen und unnötige Behandlungen Schaden erleiden.
23 A. Bill-Axelson, L. Holmberg, F. Filén et al., für die skandinavische Prostatakrebs-Studiengruppe 4, »Radical Prostatectomy Versus Watchful Waiting in Localized Prostate Cancer: The Scandinavian Prostate Cancer Group-4 Randomized Trial«, Journal of the National Cancer Institute 100 (2008): 144–154; A. V. D’Amico, M. H. Chen, A. A. Renshaw et al., »Androgen Suppression and Radiation vs. Radiation Alone for Prostate Cancer: A Randomized Trial«, Journal of the American Medical Association 299 (2008): 289–295; B. Schmitt, C. Bennett, J. Seidenfeld et al., »Maximal Androgen Blockade for Advanced Prostate Cancer«, Cochrane Database of Systematic Reviews 2000, Nr. 2; DOI: 10.1002/14651858.CD001526.
24 Richard J. Ablin, »The Great Prostate Mistake«, New York Times, 10. März 2010, www.nytimes.com/2010/03/10/opinion/10Ablin.html?pa.
Kapitel 5: Wir suchen intensiver nach anderen Krebsarten
1 Die Schilddrüse ist eine Drüse im unteren Teil des Halses. Sie bildet Hormone, die verschiedene Stoffwechselprozesse steuern.
2 S. Ezzat, D. A. Sarti, D. R. Cain et al., »Thyroid Incidentalomas: Prevalence by Palpation and Ultrasonography«, Archives of Internal Medicine 154 (1994): 1838–1840.
3 Jedes Mal, wenn im Krankenhaus eine Autopsie vorgenommen wurde, untersuchten die Wissenschaftler die Schilddrüse systematisch. Das bedeutet u. a., dass die Patienten nicht wegen irgendwelcher ungewöhnlicher Merkmale ausgesucht wurden. Siehe H. R. Harach, K. O. Franssila und V. Wasenius, »Occult Papillary Carcinoma of the Thyroid: A ›Normal‹ Finding in Finland. A Systematic Autopsy Study«, Cancer 56 (1985): 531–538.
4 Ihre Argumentation lässt sich etwa so zusammenfassen: Da die Scheiben alle zwei Millimeter entnommen wurden, konnte kein größeres Karzinom übersehen werden. Aber was ist mit einem Karzinom, das einen Millimeter dick war? Manchmal wäre es in einer Scheibe enthalten, manchmal nicht. Wenn die Scheiben alle zwei Millimeter entnommen wurden, wurde ungefähr die Hälfte der einen Millimeter dicken Karzinome erfasst. Eine formellere Erklärung wäre: Die Wahrscheinlichkeit, ein kleines Karzinom zu entdecken, ist gleich dessen Durchmesser geteilt durch die Entfernung zwischen den Scheiben (hier 1 mm / 2 mm = 0,5). Mit anderen Worten: Sie fanden nur die Hälfte der einen Millimeter dicken Karzinome. Sie entdeckten auch viel kleinere Karzinome, sogar manche, die zwei Zehntelmillimeter dick waren. Aber wie viele davon übersahen sie? Nach der gleichen Berechnungsweise fanden sie 10 Prozent davon (0,2 mm / 2 mm = 0,1) und übersahen 90 Prozent. Eine genauere Darstellung ihrer Argumentation sowie einige Diagramme finden Sie bei H. G. Welch, Should I Be Tested for Cancer? (Berkeley: University of California Press, 2004) 79–82.
5 Siehe Guide to Clinical Preventive Services, 2. Aufl., 1996; www.ahrq.gov/clinic/2ndcps/thyrdcan.pdf.
6 Diese Zunahme wird bei den Teil-B-Inanspruchnahmen von Medicare wegen Ultraschalluntersuchungen des Halses beobachtet (CPT 76536). (Diese Daten sind bei uns in Dartmouth seit 1991 gleich geblieben.)
7 L. Davies und H. G. Welch, »The Increasing Incidence of Thyroid Cancer in the United States, 1973–2002«, Journal of the American Medical Association 295 (2006): 2164–2167.
8 H. G. Welch, S. Woloshin und L. M. Schwartz, »Skin Biopsy Rates and Incidence of Melanoma: Population Based Ecological Study«, British Medical Journal 331 (2005): 481–484.
9 Siehe R. A. Swerlick und S. Chen, »The Melanoma Epidemic: More Apparent than Real?«, Mayo Clinic Proceedings 72 (1997): 559–564; A. Florez und M. Cruces, »Melanoma Epidemic: True or False?«, International Journal of Dermatology 43 (2004): 405–407; F. C. Beddingfield, »The Melanoma Epidemic: Res Ipsa Loquitur«, Oncologist 8 (2003): 459–465.
10 Siehe W. C. Black, »Lung Cancer«, in B. S. Kramer, J. K. Gohagan und P. C. Prorok (Hrsg.), Cancer Screening, Theory and Practice (New York: Marcel Dekker, 1999).
11 P. Marcus, E. Bergstralh, M. Zweig et al., »Extended Lung Cancer Incidence Follow-up in the Mayo Lung Project and Overdiagnosis«, Journal of the National Cancer Institute 98 (2006): 748–756.
12 R. Doll und A. B. Hill, »Lung Cancer and Other Causes of Death in Relation to Smoking; a Second Report on the Mortality of British Doctors«, British Medical Journal 2 (1956): 1071–1081.
13 S. Sone, F. Li, Z. Yang et al., »Results of Three-year Mass Screening Programme for Lung Cancer Using Mobile Low-dose Spiral Computed Tomography Scanner«, British Journal of Cancer 84 (2001): 25–32.
14 Diese Geschichte habe ich auf der Grundlage alter Zeitungsberichte zusammengestellt. Siehe Irwin Block, »Mulroney Surgery ›Successful‹«, Montreal Gazette, 16. März 2005; und Philip Authier, »Mulroney Sent Home to Recover«, Montreal Gazette, 25. Juni 2005. Ich versuchte, die Einzelheiten bei seinen Mitarbeitern nachzuprüfen (und herauszufinden, ob er untersucht werden wollte oder ob seine Ärzte es ihm empfohlen hatten); aber sie gaben mir keine Antwort.
15 Historische Trends finden Sie unter http://seer.cancer.gov/csr/1973_1998/, Tabelle I-3: »Summary of Changes in Cancer Incidence and Mortality« (Zusammenfassung der Veränderungen hinsichtlich der Krebsinzidenz und -sterblichkeit), 1950–1998. SEER gibt diese Berichte nicht mehr heraus (ich weiß nicht, warum); doch wie Sie aus der Grafik ersehen, sind die Inzidenz von Gebärmutterhalskarzinomen und die Sterblichkeit seit 1998 weiter gesunken.
16 A. M. Kavanagh, G. Santow und H. Mitchell, »Consequences of Current Patterns of Pap Smear and Colposcopy Use«, Journal of Medical Screening 3 (1996): 29–34.
17 Siehe www.acog.org/departments/dept_notice.cfm?recno=20&bulletin=5021.
18 W. F. Whitmore jun., »Consensus Development Conference on the Management of Clinically Localized Prostate Cancer. Overview: Historical and Contemporary«, National Cancer Institute Monographs 7 (1988): 7–11.
Kapitel 6: Wir suchen intensiver nach Brustkrebs
1 Siehe »The Politics of Mammography Screening: A History« in Healthfacts, Juni 1992; http://findarticles.com/p/articles/mi_mo815/is_n157_v17/ai_13217094/.
2 Siehe A. B. Miller, C. J. Baines, T. To et al., »Canadian National Breast Screening Study: 1. Breast Cancer Detection and Death Rates among Women Aged 40 to 49 Years«, Canadian Medical Association Journal 147 (1992): 1459–1476.
3 Siehe S. W. Fletcher, W. Black, R. Harris et al., »Report of the International Workshop on Screening for Breast Cancer«, Journal of the National Cancer Institute 85 (1993): 1644–1656.
4 Obwohl ich mich an den größten Teil der Geschichte erinnere, danke ich Suzanne Fletcher dafür, dass sie sie niedergeschrieben hat. Siehe S. W. Fletcher, »Whither Scientific Deliberation in Health Policy Recommendations? Alice in the Wonderland of Breast Cancer Screening«, New England Journal of Medicine 336 (1997): 1180–1183.
5 Siehe Gina Kolata, »Stand on Mammograms Greeted by Outrage«, New York Times, 28. Januar 1997.
6 Siehe Gina Kolata, »Panel Urges Mammograms at 50, Not 40«, New York Times, 16. November 2009; Gina Kolata, »Mammogram Debate Took Group by Surprise«, New York Times, 20. November 2009; Kevin Sack, »Screening Debate Reveals Culture Clash in Medicine«, New York Times, 20. November 2009; und Barbara Ehrenreich, »We Need a New Women’s Health Movement«, Los Angeles Times, 2. Dezember 2009.
7 H. D. Nelson, K. Tyne, A. Naik et al., »Screening for Breast Cancer: An Update for the U. S. Preventive Services Task Force«, Annals of Internal Medicine 151 (2009): 727–737.
8 Diese Daten stammen aus den »Multiple Cause-of-Death Public-Use«-Akten des National Center for Health Statistics. In diesem Fall verwende ich das derzeitige Risiko, innerhalb von zehn Jahren an Brustkrebs zu sterben, und unterstelle, dass es den Nutzen der Mammografie bereits widerspiegelt. Mit anderen Worten: Ich nehme an, dass aktuell alle amerikanischen Frauen zum Screening gehen. Wenn wir die beobachtete Rate um 25 Prozent steigern, können wir schätzen, wie die Sterberate ohne Mammografie aussähe. (Falls Sie sich fragen, warum ich 25 Prozent statt 20 Prozent verwende, denken Sie daran, dass relative Veränderungen nicht symmetrisch sind: Wenn ich 100 um 20 Prozent verringere, erhalte ich 80; aber ich muss 80 um 25 Prozent erhöhen, um wieder 100 zu bekommen.) Der Unterschied zwischen den erwarteten und beobachteten Raten ist der Nutzen. Siehe dazu S. Woloshin, L. M. Schwartz und H. G. Welch, »The Risk of Death by Age, Sex, and Smoking Status in the United States: Putting Health Risks in Context«, Journal of the National Cancer Institute 100 (2008): 845–853.
9 Das lässt sich am einfachsten so erklären: Denken Sie daran, dass viel mehr Frauen die Diagnose »Brustkrebs« erhalten als daran sterben. Zur Zeit erkranken etwa 125 von 100 000 Frauen an Brustkrebs, und die Sterberate beträgt rund 25 von 100 000. Nehmen wir an, diese Sterblichkeit enthält bereits den Nutzen der Mammografie (das heißt, wir unterstellen wie oben, dass alle amerikanischen Frauen zur Zeit am Screening teilnehmen). Die geschätzte Sterblichkeit ohne Mammografie ist also 25 Prozent höher oder 31 von 100 000. Wenn bei 125 Frauen Brustkrebs diagnostiziert wird, sterben somit etwa 31 daran, und etwa 94 sterben nicht. Daraus lässt sich schließen, dass rund 75 Prozent (94/125) aller Frauen gleich gut behandelt werden können, einerlei, ob die Diagnose beim Screening erfolgte oder nicht. Aber nehmen wir einmal an, dass einige der berichteten Brustkrebsfälle auf Überdiagnosen durch Mammografie zurückzuführen sind, und verwenden wir eine der höheren Schätzungen: 30 Prozent. Das bedeutet, dass es ohne Mammografie immer noch 96 Brustkrebsfälle bei 100 000 Frauen gibt. Von jeweils 96 Frauen mit dieser Diagnose sterben also etwa 31, und etwa 65 sterben nicht. Mit anderen Worten: Selbst unter den konservativsten Annahmen sehen wir, dass zwei Drittel der Frauen gleich gut behandelt werden können, einerlei, ob die Diagnose beim Screening erfolgte oder nicht.
10 Die neuste randomisierte Studie – die Altersstudie, an der 160 000 Vierzigjährige teilnahmen – zeigte in der Tat einen etwas geringeren Nutzen: etwa 0,4 von 1000 Frauen. Trotz des gewaltigen Umfangs der Studie war das Ergebnis statistisch nicht signifikant: Es könnte somit auf Zufall beruhen. Siehe S. M. Moss, H. Cuckle, A. Evans et al., »Effect of Mammographic Screening from Age 40 Years on Breast Cancer Mortality at 10 Years’ Follow-up: A Randomised Controlled Trial«, Lancet 368 (2006): 2053–2060.
11 P. C. Gøtzsche und M. Nielsen, »Screening for Breast Cancer with Mammography«, Cochrane Database of Systematic Reviews 2009, Nr. 4, Artikelnummer: CD001877, Tabelle 1.15.
12 Siehe Fletcher et al., Report of the International Workshop.
13 Y. Shen, Y. Yang, L. Y. Inoue et al., »Role of Detection Method in Predicting Breast Cancer Survival: Analysis of Randomized Screening Trials«, Journal of the National Cancer Institute 97 (2005): 1195–1203.
14 Zum langfristigen Risiko für invasiven Brustkrebs nach einem normalen Mammogramm siehe E. L. Ashbeck, R. D. Rosenberg, P. M. Stauber et al., »Benign Breast Biopsy Diagnosis and Subsequent Risk of Breast Cancer«, Cancer Epidemiology, Biomarkers and Prevention 16 2007): 467–472. Das Risiko ist fast gleich hoch wie in der allgemeinen SEER-Bevölkerung (das ist erstaunlich, weil New Mexico sogar das niedrigste Brustkrebsrisiko aller SEER-Regionen aufweist).
15 J. G. Elmore, M. B. Barton, V. M. Moceri et al., »Ten-year Risk of False Positive Screening Mammograms and Clinical Breast Examinations«, New England Journal of Medicine 338 (1998): 1089–1096.
16 Um das zu schätzen, beginne ich mit der Beobachtung, dass in den Vereinigten Staaten 60 Prozent aller Brustkarzinome bei der Mammografie entdeckt werden. Siehe N. Breen, K. R. Yabroff und H. I. Meissner, »What Proportion of Breast Cancers Are Detected by Mammography in the United States?«, Cancer Detection and Prevention 31 (2007): 220–224. Den SEER-Daten zufolge liegt das Risiko einer fünfzigjährigen Frau, in den nächsten zehn Jahren an Brustkrebs zu erkranken, bei 24 zu 1000. Wenn wir von einem 60-Prozent-Anteil ausgehen, werden bei 1000 Frauen etwa 14 Karzinome durch Mammografie entdeckt. Da die Zahl der Todesfälle um 1 pro 1000 gesenkt wird, bleiben 13 je 1000 für die zwei anderen Kategorien übrig. 13 von 14 oder über 90 Prozent aller durch Mammografie entdeckten Karzinome sind also auf Überdiagnosen oder auf Frühdiagnosen ohne Veränderung der Prognose zurückzuführen.
17 C. J. Baines, »Rethinking Breast Screening – Again«, British Medical Journal 331 (2005): 1031.
18 Diese Daten stammen aus sieben Autopsiestudien. Vier dieser Studien befassten sich mit Frauen, die im Krankenhaus gestorben waren, bei denen kein Brustkrebs diagnostiziert worden war und deren Autopsien zuvor unauffällig gewesen waren. Drei Studien lagen forensische Autopsien zugrunde – aufeinanderfolgende Sterbefälle, die von einem Gerichtsmediziner untersucht worden waren (weil Mordverdacht bestand). Siehe H. G. Welch und W. C. Black, »Using Autopsy Series to Estimate the Disease ›Reservoir‹ for Ductal Carcinoma in Situ of the Breast: How Much More Breast Cancer Can We Find?«, Annals of Internal Medicine 127 (1997): 1023–1028.
19 Siehe P. H. Zahl, »Overdiagnosis of Breast Cancer in Denmark«, British Journal of Cancer 90 (2004): 1686; E. Paci, J. Warwick, P. Falini et al., »Overdiagnosis in Screening: Is the Increase in Breast Cancer Incidence Rates a Cause for Concern?«, Journal of Medical Screening 11 (2004): 23–27; P. H. Zahl, B. H. Strand und J. Mæhlen, »Breast Cancer Incidence in Norway and Sweden during Introduction of Nation-wide Screening: Prospective Cohort Study«, British Medical Journal 328 (2004): 921–924; IARC Handbooks of Cancer Prevention, Bd. 7: Breast Cancer Screening (Lyon: International Agency for Research on Cancer Press, 2002), 147.
20 Das liegt daran, dass das Screening einer vorher nicht untersuchten Bevölkerungsgruppe sogenannte prävalente Karzinome aufdeckt, die bisher klinisch unauffällig waren. Um das zu verstehen, nehmen wir zunächst an, dass alle Brustkarzinome sich weiterentwickeln und Symptome oder den Tod hervorrufen – das heißt, dass es keine Überdiagnosen gibt. Stellen wir uns nun vor, dass die Mammografie in der Regel den Zeitpunkt der Krebsdiagnose um zwei Jahre nach vorne verlagert (man spricht hier von lead time oder Vorlaufzeit). Angenommen, wir beginnen nun mit einem landesweiten Früherkennungsprogramm. Dann werden wir sehr schnell die Karzinome entdecken, die in den letzten zwei Jahren klinisch noch nicht aufgefallen sind. Selbst wenn es keine Überdiagnosen gibt, steigt die Krebshäufigkeit dadurch vorübergehend an. Das muss so sein, wenn das Screening den Menschen hilft (andernfalls liegt keine Früherkennung vor).
21 K. J. Jørgensen und P. C. Gøtzsche, »Overdiagnosis in Publicly Organised Mammography Screening Programmes: Systematic Review of Incidence Trends«, British Medical Journal 339 (2009): b2587.
22 P. H. Zahl, J. Mæhlen und H. G. Welch, »The Natural History of Invasive Breast Cancers Detected by Screening Mammography«, Archives of Internal Medicine 168 (2008): 2311–2316.
23 Um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie die Wissenschaftler damals dachten, siehe S. E. King und D. Schottenfeld, »The ›Epidemic‹ of Breast Cancer in the U. S. – Determining the Factors«, Oncology 10 (1996): 453–462; J. M. Liff, J. F. Sung, W. H. Chow et al., »Does Increased Detection Account for the Rising Incidence of Breast Cancer?«, American Journal of Public Health 81 (1991): 462–465; L. Garfinkel, C. C. Boring und C. W. Heath jun., »Changing Trends. An Overview of Breast Cancer Incidence and Mortality«, Cancer 74 (1994): 222–227; M. S. Simon, D. Lemanne, A. G. Schwartz et al., »Recent Trends in the Incidence of In Situ and Invasive Breast Cancer in the Detroit Metropolitan Area (1975–1988)«, Cancer 71 (1993): 769–774.
24 Die Ein-Drittel-Schätzung stammt von D. Page, W. Dupont, L. Rogers et al., »Continued Local Recurrence of Carcinoma 15–25 Years after a Diagnosis of Low-grade Ductal Carcinoma In Situ of the Breast Treated Only by Biopsy«, Cancer 76 (1995): 1197–2000. Das scheint jedoch eine hohe Schätzung zu sein, wenn man Dr. Blacks und meine Analyse der Autopsiestudien und die Arbeiten anderer berücksichtigt: Siehe V. L. Ernster, J. Barclay, K. Kerlikowske et al., »Incidence of and Treatment for Ductal Carcinoma In Situ of the Breast«, Journal of the American Medical Association 275 (1996): 913–918.
25 P. H. Zahl et al., »Natural History«.
26 Siehe S. Zackrisson, I. Andersson, L. Janzon et al., »Rate of Over-diagnosis of Breast Cancer 15 Years after End of Malmö Mammographic Screening Trial: Follow-up Study«, British Medical Journal 332 (2006): 689–692; und P. Gøtzsche, O. Hartling, M. Nielsen et al., »Breast Screening: The Facts – or Maybe Not«, British Medical Journal 338 (2009): b86.
27 K. Jørgensen und P. Gøtzsche, »Content of Invitations for Publicly Funded Screening Mammography«, British Medical Journal 332 (2006): 538–541.
28 H. G. Welch, S. Woloshin und L. M. Schwartz, »The Sea of Uncertainty Surrounding Ductal Carcinoma In Situ – the Price of Screening Mammography«, Journal of the National Cancer Institute 100 (2008): 228–229.
Kapitel 7: Wir stoßen unerwartet auf Inzidentalome, die Krebs sein könnten
1 J. R. Jett, »Limitations of Screening for Lung Cancer with Low-dose Spiral Computed Tomography«, Clinical Cancer Research 11 (2005): 4888s–92s.
2 Angesichts der in Kapitel 3 vorgelegten Daten über die Ganzkörper-CT (wonach 86 Prozent der Gesunden mindestens eine Anomalie aufwiesen) könnten Sie mit Recht fragen, warum diese Schätzung nicht höher liegt. Dafür gibt es zwei Gründe: 1. Die meisten CTs erfassen nur einen bestimmten Körperteil; 2. Nicht jede Anomalie ist ein Inzidentalom.
3 M. K. Gould, J. Fletcher, M. D. Iannettoni et al., »Evaluation of Petients with Pulmonary Nodules: When Is It Lung Cancer? ACCP Evidence-based Clinical Practice Guidelines«, 2. Auflage, Chest 132 (2007): 108s–30s.
4 Siehe R. P. Myers, A. Fong und A. A. Shaheen, »Utilization Rates, Complications and Costs of Percutaneous Liver Biopsy: A Population-based Study Including 4275 Biopsies«, Liver International 28 (2008): 705–712.
5 J. Graunt, »Foundations of Vital Statistics« in J. R. Newman (Hrsg.), The World of Mathematics, Bd. 3 (Redmond: Tempus Books, 1988), 1399–1413.
6 Natürlich gibt es auch Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Da die Zahlen über die Prävalenz von Inzidentalomen jedoch nicht nach Geschlechtern aufgegliedert wurden und in der Regel Menschen Anfang fünfzig betrafen, habe ich das Sterberisiko für Fünfzigjährige beiderlei Geschlechts verwendet.
7 Die Daten sind den beiden unten genannten Quellen entnommen, mit Ausnahme der Prävalenz von Schilddrüsenknoten, die durch Ultraschallaufnahmen entdeckt wurden. Zu diesen Daten siehe S. Ezzat, D. A. Sarti, D. R. Cain et al., »Thyroid Incidentalomas: Prevalence by Palpitation and Ultrasonography«, Archives of Internal Medicine 154 (1994): 1838–1840. Die Division (und die Subtraktion) ist mein eigenes Werk …
8 Ihr Durchschnittsalter war vierundfünfzig; zwei Drittel waren Männer, und alle konnten sich die Kosten in Höhe von rund 1000 Dollar (die die Versicherung nicht bezahlte) leisten. Siehe C. D. Furtado, D. A. Aguirre, C. B. Sirlin et al., »Whole-body CT Screening: Spectrum of Findings and Recommendations in 1192 Patients«, Radiology 237 (2005): 385–394. Die Daten über Knoten bei Rauchern stammen von der Mayo-Klinik. Siehe S. J. Swensen, J. R. Jett, J. A. Sloan et al., »Screening for Lung Cancer with Low-dose Spiral Computed Tomography«, American Journal of Respiratory Critical Care Medicine 165 (2002): 508–513.
9 Das Risiko für zwei bestimmte Altersgruppen (hier fünfzig und sechzig), an einer bestimmten Krebsart zu sterben, finden Sie auf der SEER-Website: http://seer.cancer.gov/faststats/selections.php?series=cancer.
Das Risiko verschiedener Gruppen von Rauchern, an Lungenkrebs zu sterben, ist unserer Arbeit entnommen: S. Woloshin, L. M. Schwartz und H. G. Welch, »The Risk of Death by Age, Sex, and Smoking Status in the United States: Putting Health Risks in Context«, Journal of the National Cancer Institute 100 (2008): 845–853.
10 Beachten Sie, dass das Risiko, an später auftretenden Anomalien zu sterben, noch größer wird, wenn wir einen Zeitraum von zwanzig Jahren zugrunde legen. Deshalb sind die Schätzungen noch stärker übertrieben.
11 E. V. Finlayson und J. D. Birkmeyer, »Operative Mortality with Elective Surgery in Older Adults«, Effective Clinical Practice 4 (2001): 172–177.
12 Jeder Tumor wurde mindestens zweimal vermessen (im Abstand von etwa drei Monaten), bevor er entfernt wurde. Siehe J. Zhang, S. K. Kang, L. Wang et al., »Distribution of Renal Tumor Growth Rates Determined by Using Serial Volumetric CT Measurements«, Radiology 250 (2009): 137–144. Beachten Sie, dass der Artikel von volumetrischen Verdoppelungszeiten berichtet. Da das Volumen mit der dritten Potenz der Größe wächst, bedeutet eine Volumenverdoppelungszeit von zwei Jahren eine Größenverdoppelungszeit von sechs Jahren, in denen das Volumen sich verachtfacht (23).
13 Siehe Richtlinien der Amerikanischen Urologischen Gesellschaft: »Management of the Clinical Stage 1 Renal Mass« (2009) unter http://www.auanet.org/common/pdf/education/clinical-guidance/Renal-Mass.pdf
14 Andererseits wollen manche Patienten vielleicht an solchen Entscheidungen beteiligt werden. Obwohl das Problem komplex ist, kann ein Arzt diese Spannung vor dem Screening ausdrücken. Er könnte zum Beispiel sagen: »Wenn wir eine Anomalie finden und nicht wissen, was wir damit machen sollen, wollen Sie dann Bescheid wissen und sich womöglich Sorgen machen, oder ist es Ihnen lieber, wenn Sie nichts davon erfahren?« Ja, das klingt schwerfällig; aber dies ist einer der Fälle, in denen Unwissenheit wirklich ein Segen sein kann.
Eine andere Möglichkeit, mit der Situation umzugehen, ist der informed consent (die Einwilligung nach Aufklärung) einer Bevölkerungsgruppe. Siehe dazu L. Irwing und P. Glasziou, »Informed Consent for Screening by Community Sampling«, Effective Clinical Practice 3 (2000): 47–50. Dieses Verfahren beginnt mit der Einsicht, dass das Ideal – vor jedem Test wird jeder Patient vollständig darüber informiert, welche Vor- und Nachteile es hat, ein Inzidentalom zu ignorieren oder genau zu untersuchen und gegebenenfalls zu behandeln – schlicht unpraktisch ist. Dafür reicht die Zeit einfach nicht. Aber es wäre möglich, eine repräsentative Stichprobe der Bevölkerung aufzuklären und dann darüber abstimmen zu lassen, was zu tun ist. Wenn diese »informierte Gruppe« der Meinung ist, dass es alles in allem nicht wünschenswert wäre, über eine bestimmte Kategorie von Inzidentalomen informiert zu werden und sich damit näher zu befassen, erwähnen die Radiologen sie nicht. Entscheidet die Gruppe hingegen, dass es wünschenswert wäre, über eine andere Kategorie von Inzidentalomen informiert zu werden und sich genauer mit ihr zu befassen, berichten die Radiologen routinemäßig darüber.
15 D. Ost, A. M. Fein und S. H. Feinsilver, »Clinical Pracitce. The Solitary Pulmonary Nodule«, New England Journal of Medicine 348 (2003): 2535–2542.
16 W. C. Black, »Lung Cancer« in B. S. Kramer, J. K. Gohagan und P. C. Prorok (Hrsg.), Cancer Screening: Theory and Practice (New York: Marcel Dekker, 1999).
17 Siehe C. Henschke, D. McCauley, D. Yankelevitz et al., »Early Lung Cancer Action Project: Overall Design and Findings from Baseline Screening«, Lancet 354 (1999): 99–105; M. A. Jewett und A. Zuniga, »Renal Tumor Natural History: The Rationale and Role for Active Surveillance«, Urologic Clinics of North America 35 (2008): 627–634; und S. G. Silverman, B. Y. Lee, S. E. Seltzer et al., »Small (< or = 3 cm) Renal Masses: Correlation of Spiral CT Features and Pathologic Findings«, American Journal of Roentgenology 163 (1994): 597–605.
Kapitel 8: Wir suchen intensiver nach allem Möglichen
1 Siehe die Autoren der Studie über die Unterdrückung von Herzrhythmusstörungen: »Prelinminary Report: Effect of Encainide and Flecainide on Mortality in a Randomized Trial of Arrhythmia Suppression after Myocardial Infarction«, New England Journal of Medicine 321 (1989): 406–412; und H. L. Greene, D. M. Roden, R. J. Katz et al., »The Cardiac Arrhythmia Suppression Trial: First CAST … then CAST-II«, Journal of the American College of Cardiology 19 (1992): 894–898.
2 Siehe D. C. Dyson, K. H. Danbe, J. A. Bamber et al., »Monitoring Women at Risk for Preterm Labor«, New England Journal of Medicine 338 (1998): 15–19. Die Studie berücksichtigte auch eine dritte Gruppe zwischen den hier beschriebenen: Frauen, die täglich Kontakt mit einer Schwester hatten, zu Hause aber nicht überwacht wurden. Auch das hatte keinen Einfluss auf die Zahl der Frühgeburten, und es hatte einen mittleren Einfluss auf die Zahl der Arztbesuche und der medikamentösen Behandlungen.
3 Z. Alfirevic, D. Devane und G. M. Gyte, »Continuous Cardiotocography (CTG) as a Form of Electronic Fetal Monitoring (EFM) for Fetal Assessment during Labour«, Cochrane Database of Systematic Reviews 3 (2006): CD006066/frame.html; siehe http://mrw.interscience.wiley.com/cochrane/clsysrev/articles/CD006066/frame.html.
4 Diese Rechnung hängt von drei Angaben ab: 1. von der Zunahme der Kaiserschnitte, die durch Überwachung veranlasst wurden, um 66 Prozent; 2. von der Gesamtzahl der Kaiserschnitte in den Vereinigten Staaten (die 2006 bei 310 je 1000 Geburten lag, siehe unten); 3. von der Häufigkeit der intrauterinen elektronischen Fetusüberwachung in den Vereinigten Staaten (die auf 83 Prozent aller Geburten im Jahr 1997 geschätzt wurde, siehe unten). Es gibt nur eine mögliche Zahlenkombination für die Häufigkeit der Kaiserschnitte mit und ohne Überwachung, die ein Verhältnis von 1,66 (das ist die Zunahme um 66 Prozent) und einen gewichteten Mittelwert von 310 je 1000 ergibt (bei einem Gewicht 0,83 für Überwachung und 0,17 für keine Überwachung): 330 und 200 je 1000.
Zur Gesamtzahl der Kaiserschnitte in den Vereinigten Staaten siehe B. E. Hamilton, J. A. Martin und S. J. Ventura, »Births: Preliminary Data for 2006«, National Vital Statistics Reports, Bd. 56, Nr. 7 (Hyattsville: National Center for Health Statistics, 2007). Siehe www.cdc.gov/nchs/data/nvsr/nvsr56/nvsr56_07.pdf.
Zur Häufigkeit der Überwachung siehe S. C. Curtin und M. M. Park, »Trends in the Attendant, Place, and Timing of Births, and in the Use of Obstetric Interventions: United States, 1989–1997«, National Vital Statistics Reports, Bd. 47, Nr. 27 (Hyattsville: National Center for Health Statistics, 1999). Siehe www.cdc.gov/nchs/data/nvsr/nvsr47/nvsr47_27.pdf.
5 Siehe www.ahrq.gov/clinic/uspstf/uspsiefm.htm.
6 Curtin und Park, »Trends«.
7 Da zuverlässige Daten hierzu fehlen, könnten Sie mit Recht fragen, wie ich zu dieser Behauptung komme. Erstens stammt sie von den Geburtshelfern selbst; siehe J. T. Parer, »Obstetric Technologies: What Determines Clinical Acceptance or Rejection of Results of Randomized Controlled Trials?«, American Journal of Obstetrics and Gynecology 188 (2003): 1622–1625. Zweitens lässt der oben erwähnte Regierungsbericht über neue Mütter darauf schließen, dass 83 Prozent der Geburten überwacht werden und 64 Prozent der Frauen während der Schwangerschaft mindestens einmal mit Ultraschall untersucht werden (über die intrauterine Überwachung zu Hause wird nichts berichtet). Drittens ist die amerikanische Preventive Services Task Force der gleichen Meinung. Sie schreibt: »Die häusliche intrauterine Überwachung gilt nicht mehr als Teil der Standardgeburtshilfe«, und erwähnt, dass sowohl die Fetusüberwachung als auch die Ultraschalluntersuchung während der Schwangerschaft trotz der gegenteiligen Empfehlung der USPSTF heute »gängige Praxis in den USA geworden sind«.
8 R. A. Filly, »Obstetrical Sonography: The Best Way to Terrify a Pregnant Woman«, Journal of Ultrasound in Medicine 19 (2000): 1–5.
9 T. J. Hassold und P. A. Jacobs, »Trisomy in Man«, Annual Review of Genetics 18 (1984): 69–97.
10 Falls die Rechnung sich nicht klar aus dem Text ergibt, möchte ich sie hier erläutern. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine entdeckte Anomalie eine Krankheit widerspiegelt, steht in unmittelbarer Beziehung zur Häufigkeit dieser Krankheit (in diesem Fall 3 je 1000) und in umgekehrter Beziehung zum Vorkommen der Anomalie (hier 100 je 1000). In Dezimalform lauten die Zahlen 0,003/0,1; das sind 3 Prozent. Mit anderen Worten: 3 Prozent der entdeckten Anomalien spiegeln eine Trisomie wider, die restlichen 97 Prozent nicht. (Anmerkung: Diese Rechnung unterstellt, dass jeder Fetus mit Trisomie eine der anatomischen Anomalien aufweist. Das trifft zweifellos nicht zu. Würde ich dies berücksichtigen, wäre die Zahl der Überdiagnosen noch höher.)
11 A. Ghidini, »Amniocentesis: Technique and Complications« in D. S. Basow (Hrsg.), UpToDate (Waltham: UpToDate, 2009).
12 R. Smith-Bindman, W. Hosmer, V. A. Feldstein et al., »Second-trimester Ultrasound to Detect Fetusses with Down Syndrome: A Meta-analysis«, Journal of the American Medical Association 285 (2001): 1044–1055.
13 Natalie Angier, »Ultrasound and Fury: One Mother’s Ordeal«, New York Times, 26. November 1996, http://query.nytimes.com/gst/fullpage.html?res=9E07E2D9103DF935A15752C1A960958260&sec=&spon=.
14 Siehe www.cochrane.org/reviews/en/ab001451.html und www.cochrane.org/reviews/en/ab000182.html.
15 Siehe www.ahrq.gov/clinic/uspstf/uspsuspg.htm.
16 Diese Daten stammen aus der Evidenzsynthese der amerikanischen Preventive Services Task Force. Die Synthese berücksichtigt Daten aus vier randomisierten Studien über das Screening von Bauchaortenaneurysmen. Siehe www.ncbi.nlm.nih.gov/books/bv.fcgi?rid=hstat3.table.30132. Die Zahlen in der hier gezeigten Tabelle wurden in eine einzige Metrik umgerechnet: das Risiko für das Ereignis innerhalb von fünf Jahren.
17 Anmerkung: Obwohl die PSTF keine Empfehlungen für Nichtraucher gibt und Rauchern ein einmaliges Screening im Alter von 65 bis 75 Jahren empfiehlt, spiegeln diese Daten alle Männer – Raucher und Nichtraucher – über 65 wider, die an den großen randomisierten Studien teilnahmen. Das Gremium war zu der Schätzung gezwungen, dass der Nutzen für Raucher größer wäre.
Kapitel 9: Wir verwechseln DNS mit Krankheit
1 Meine zwanzigjährige Tochter (die dieses Kapitel freundlicherweise durchsah) hielt an dieser Stelle einen anderen Satz für angebracht: »Natürlich hatte ich meine erste Freundin erst mit fünfundzwanzig.«
2 Etatantrag des Präsidenten im Fiskaljahr 1999; Stellungnahme von Dr. Francis S. Collins, dem Direktor des Nationalen Forschungsinstituts für das menschliche Genom, am 12. März 1998 vor dem Unterausschuss des Repräsentantenhauses für Arbeit, Gesundheit, Bildung und damit beauftragte Behörden.
3 Wie leicht wir in der klinischen Medizin diese Zusammenhänge missverstehen, erfahren Sie in »More Depth: Phenotype, Genotype, and Blood Clots« unter www.beacon.org/overdiagnosed.
3 Selbst in einem unkomplizierten Fall wie Mukoviszidose ist der Krankheitsverlauf jedoch etwas komplizierter als diese Erklärung. Wie sich herausstellte, gibt es mehr als eine Genmutation, die zu Mukoviszidose führt, und einige Mutationen lösen ernstere Krankheiten aus als andere (und die Wirkung mancher Mutationen wird zusätzlich von Umweltfaktoren modifiziert). Während die Penetranz der sogenannten ernsten Genotypen bei Pankreasversagen (das die Verdauung hemmt) praktisch 100 Prozent beträgt, kann sie bei anderen Störungen niedriger sein, zum Beispiel bei Mekoniumileus (Darmverschluss), Leberkrankheiten und Diabetes. Siehe R. Dorfman und J. Zielenski, »Genotype-Phenotype Correlations in Cystic Fibrosis« in A. Bush, E. W. F. W. Alton, J. C. Davies et al., (Hrsg.), Cystic Fibrosis in the 21st Century (Basel: S. Karger AG, 2006), 61–68.
5 Siehe S. Chen und G. Parmigiani, »Meta-analysis of BRCA1 and BRCA2 Penetrance«, Journal of Clinical Oncology 25 (2007): 1329–1333.
6 Siehe J. Peto, N. Collins, R. Barfoot et al., »Prevalence of BRCA1 and BRCA2 Gene Mutations in Patients with Early-onset Breast Cancer«, Journal of the National Cancer Institute 91 (1999): 943–949.
7 Mehrere Risikofaktoren werden mit Brustkrebs in Zusammenhang gebracht, darunter hohes Alter, familiäre Belastung, frühe Menarche, Kinderlosigkeit und späte Schwangerschaften. Wenn Sie Ihr Risiko einschätzen wollen, gehen Sie zu www.cancer.gov.bcrisktool/.
8 Die Situation ist noch verworrener, als ich sie beschrieben habe. Der Begriff Krankheitsgen (oder auch Brustkrebsgen) taucht oft in den Medien auf. Deshalb verwende ich ihn hier. Den Genetikern wäre es jedoch lieber, wenn er nicht benutzt würde. Sie weisen darauf hin, dass das Wort Gen sich auf einen Abschnitt der DNS bezieht, der ein bestimmtes Eiweiß kodiert. Es gibt genau genommen keine Gene für Krankheiten; nur Veränderungen der DNS-Sequenz eines Gens können Krankheiten auslösen. Solche Veränderungen könnte man Mutationen oder Varianten nennen. Beide Worte meinen zwar dasselbe, aber das erste hört sich ernster an und wird deshalb immer seltener benutzt. Für eine sehr penetrante Mutation/Variante könnte man den Begriff Krankheitsgenotyp und für eine weniger penetrante den Begriff Anfälligkeitsgenotyp verwenden. Es ist schwierig, sich korrekt auszudrücken.
9 Siehe D. H. Andersen, »Cystic Fibrosis of the Pancreas and Its Relation to Celiac Disease: A Clinical and Pathological Study«, American Journal of Diseases of Children 56 (1938): 344–99; und G. Huntington, »On Chorea«, Medical and Surgical Reporter: A Weekly Journal 26 (1872): 317–321 (verfügbar unter http://en.wikisource.org/wiki/On_Chorea).
10 Gleichzeitig bin ich der Meinung, dass eine kleine Blutentnahme unter ärztlicher Aufsicht für Gesunde gut ist. Ich stelle mir vor, dass sie dem Körper ein wenig auf Blutverluste vorbereitet: Er lernt, Flüssigkeiten zu verlagern, um den Blutdruck aufrecht zu erhalten, und zusätzliche neue Zellen zu bilden. Eine Blutspende ist einfach und kostenlos, und Sie bekommen sogar eine kleine Mahlzeit.
11 Wenn Sie eine moderate Menge Blut verlieren und nicht an Hämochromatose leiden, ist Eisenmangel die Folge. Dieser erschwert die Bildung von roten Blutkörperchen, und es droht eine Eisenmangelanämie. Um dies zu vermeiden, bekommen Patienten in der Regel Eisenkapseln, wenn sie einen moderaten Blutverlust erlitten haben.
12 A. Pietrangelo, »Hereditary Hemochromatosis – A New Look at an Old Disease«, New England Journal of Medicine 350 (2004): 2383–2397.
13 E. P. Whitlock, B. A. Garlitz, E. L. Harris et al., »Screening for Hereditary Hemochromatosis: A Systematic Review for the U. S. Preventive Services Task Force«, Annals of Internal Medicine 145 (2006): 209–223.
14 Mehr über Snips erfahren Sie unter www.ncbi.nlm.nih.gov/About/primer/snps.html.
15 S. L. Zheng, J. Sun, F. Wiklund et al., »Cumulative Association of Five Genetic Variants with Prostate Cancer«, New England Journal of Medicine 358 (2008): 910–919.
16 Die Fragen, die ich hier zu diesem Prostatakrebs-Gentest stelle, tauchten zum ersten Mal in einem Artikel auf, den ich für die Washington Post schrieb. Siehe H. G. Welch, »A Test You Shouldn’t Jump At: A Genetic Test for Prostate Cancer May Boost Worry, Little More«, Washington Post, 19. Februar 2008.
17 Es ist unklar, wie sich die Entfernung der Ovarien auf das Risiko für Herz- und Gefäßkrankheiten auswirkt und ob es sich lohnt, unter diesen Umständen Östrogen zu verabreichen. Siehe R. A. Lobo, »Surgical Menopause and Cardiovascular Risks«, Menopause 14 (2007): 562–566. Wahrscheinlich würden manche Ärzte eine Hormontherapie empfehlen.
18 H. H. Heng, »Cancer Genome Sequencing: The Challenges Ahead«, BioEssays 29 (2007): 783–794.
19 Das ist bereits geschehen. Man nennt es Präimplantationsdiagnostik (PID). Sie wird oft von Eltern verlangt, die eine Erbanlage für eine bestimmte Krankheit haben. Dabei wird ein Ei der Mutter in einem Labor mit dem Sperma des Vaters befruchtet. Jeder Embryo wird genetisch überprüft, und nur Embryos ohne das defekte Gen werden in die Gebärmutter implantiert. Das ist genetische Selektion.
Zum ersten Mal wurde dieses Verfahren angewandt, um Kinder auszuwählen, die frei von Mukoviszidose sind, einer Krankheit, die früh im Leben ausbricht. In Großbritannien wurde es vor Kurzem auch angewandt, um das sogenannte Brustkrebsgen BRCA1 auszuschließen. Das ist natürlich eine aggressive Form des Screenings. Und die traurige Wahrheit ist, dass Mädchen ohne das Gen BRCA1, die durch PID gezeugt wurden, trotz des Tests ein etwa durchschnittlich hohes Brustkrebsrisiko haben.
Kapitel 10: Die Faktenlage
1 www.thyroidawareness.com/cancer.php (letzter Zugriff am 5. März 2009).
2 Wie alle in diesem Buch genannten Zahlen über Krebsinzidenz und Krebsmortalität stammen auch diese vom Programm Surveillance Epidemiology and End Results (SEER) des amerikanischen Nationalen Krebsinstituts; siehe http://seer.cancer.gov/statistics/.
3 Diese Geschichte ist eine Collage aus Patientenberichten im Internet. Alle Zitate sind authentisch.
4 www.sciencedaily.com/releases/2008/04/080421180946.htm (letzter Zugriff am 5. März 2009).
5 Um zu verstehen, warum die Überlebenszeit immer die Wirkung einer Frühdiagnose übertreibt, kehren wir zum vereinfachten Beispiel der Vorlaufzeit zurück. Aber nun gehen wir davon aus, dass die Mammografie den Frauen hilft, länger zu leben – das heißt, der Tod wird hinausgezögert. Ohne Screening leben die Frauen noch vier Jahre (Diagnose mit 86, Tod mit 90). Angenommen, das Screening verlängert ihr Leben um ein Jahr (Tod mit 91). Da das Screening jedoch auch den Zeitpunkt der Diagnose vorverlagert (von 86 auf 84), leben untersuchte Frauen jetzt scheinbar noch sieben Jahre (Diagnose mit 84, Tod mit 91). Das ist eine scheinbare Lebensverlängerung um drei Jahre, obwohl der wahre Nutzen nur ein Jahr beträgt.
Noch besorgniserregender ist, dass diese Verzerrungen eine schädliche Nebenwirkung des Screenings verschleiern können. Wenn untersuchte Frauen ein Jahr früher sterben würden (mit 89), würden sie dennoch scheinbar ein Jahr länger als die nicht Untersuchten leben: fünf Jahre (Diagnose mit 84, Tod mit 89) gegenüber vier Jahren (Diagnose mit 86, Tod mit 90).
6 Im Grunde muss nicht die Überlebenszeit gemessen werden. Man könnte auch messen, wie viele Menschen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes (zwei, fünf, zehn oder siebeneinhalb Jahre) irgendeine andere Folge vermeiden (Tod, Herzinfarkt, Amputation oder Hüftfraktur). Ein Beispiel wäre die Vermeidung einer Amputation bei Diabetikern. Ich bin sicher, dass eine Gruppe von Diabetikern, bei denen die Diagnose früh erfolgt (nehmen wir an, der Grenzwert sei ein Blutzuckergehalt von über 126), innerhalb von fünf Jahren eine Amputation eher vermeiden kann als eine Gruppe von Diabetikern, bei denen die Diagnose später erfolgt (nehmen wir an, der Grenzwert liege über 140). Das bedeutet nicht, dass die frühe Diagnose auf jeden Fall jemandem genützt hat; es bedeutet nur, dass Menschen mit einer leichteren Krankheit eine größere Chance haben, ohne schwere Folgen zu überleben.
7 Der andere Grund könnte sein, dass relative Risiken leichter zu verstehen sind. Die Menschen sind mit Formulierungen wie »ein Anstieg von 10 Prozent« oder »ein Rückgang um 30 Prozent« einfach vertrauter. Die absoluten Risiken sind schwerer zu erklären. Dafür brauchen wir mehr Zahlen (weil jedem relativen Risiko zwei absolute Risiken zugrunde liegen), und diese sind oft sehr klein (häufig werden Dezimalzahlen benötigt, oder es geht um Zahlen »pro tausend« oder »von zehntausend« Menschen). Zudem setzt eine vollständige Aussage einen Zeitrahmen voraus (zum Beispiel »pro Jahr« oder »im Laufe von zehn Jahren«).
8 Wie Sie sich denken können, runde ich hier, um die Rechnung zu vereinfachen. Der Rückgang des relativen Risikos beträgt nach der Metaanalyse aller neun Studien durch die PSTF 16 Prozent. Siehe »Effectiveness of Mammography in Reducing Breast Cancer Mortality« unter www.ahrq.gov/clinic/3rduspstf/breastcancer/bcscrnsum1.htm#results.
9 Auch hier habe ich gerundet. Die tatsächliche Schätzung der PSTF lautet: Wir müssen 1224 Frauen durchschnittlich 14 Jahre lang untersuchen, damit eine davon profitiert.
10 P. C. Gøtzsche, O. Hartling, M. Nielsen et al., »Breast Screening: The Facts – or Maybe Not«, British Medical Journal 338 (2009): b86.
11 J. G. Elmore, M. B. Barton, V. M. Moceri et al., »Ten-year Risk of False Positive Screening Mammograms and Clinical Breast Examinations«, New England Journal of Medicine 338 (1998): 1089–1096.
12 Gestatten Sie mir, zuerst die Zahl zu erklären und dann ihre Quelle. Wie bereits erwähnt, kann man Karzinome, die durch eine Mammografie entdeckt werden, in drei Gruppen einteilen: 1. Krebs als Überdiagnose (ein Karzinom, das nie zu Symptomen oder zum Tod führen wird), 2. klinisch bedeutsamer Krebs, bei dem die Früherkennung die Prognose ändert (das ist der Lebenszeitgewinn) und 3. klinisch bedeutsamer Krebs, bei dem die Früherkennung die Prognose nicht ändert (die Patientin kann geheilt werden, unabhängig davon, ob der Krebs klinisch oder durch Screening entdeckt wird, oder die Patientin wird ohnehin an Krebs sterben, einerlei, ob er klinisch oder durch Screening entdeckt wird). Diese Zahl spiegelt die dritte Kategorie wider.
Lassen Sie mich nun erläutern, woher die Zahl kommt. Sie ist schwerer zu schätzen, als sie sollte. Gedanklich handelt es sich nur um die Zahl der Krebsfälle, die durch Mammografie entdeckt wurden, nach Abzug der Zahl jener Frauen, deren Tod verhindert wurde (etwa eine von tausend), und der Zahl jener Frauen, die Opfer einer Überdiagnose wurden (2 bis 10 je tausend). Um das zu schätzen, beginne ich mit der Beobachtung, dass 60 Prozent der Brustkarzinome in den Vereinigten Staaten durch eine Mammografie entdeckt werden (siehe N. Breen, K. R. Yabroff und H. I. Meissner, »What Proportion of Breast Cancers Are Detected by Mammography in the United States?«, Cancer Detection and Prevention 31 (2007): 220–224. Aus den SEER-Daten geht hervor, dass das Risiko einer Fünfzigjährigen, in den nächsten zehn Jahren an Brustkrebs zu erkranken, bei 24 zu 1000 liegt. Daraus lässt sich schließen, dass etwa 14 von 1000 Karzinomen durch Mammografie entdeckt werden. Wenn wir davon die Zahl der Frauen abziehen, deren Tod verhindert wurde und die Opfer einer Überdiagnose wurden, kommen wir auf 3 bis 11 von 1000 Frauen, bei denen zwar die Diagnose früher erfolgt, ein Nutzen aber ausbleibt. Etwas höhere Zahlen erhalten wir, wenn wir die Daten der randomisierten Studien verwenden, welche die Zahl der Diagnosen angeben. Das ist zu erwarten, weil die SEER-Daten die Verbreitung der Mammografie nicht vollständig widerspiegeln. Um diesen Effekt und eine gewisse Unsicherheit auszudrücken, gehe ich hier von 5 bis 15 pro 1000 aus.
13 Siehe »Breast Cancer Screening Peril – Negative Consequences of the Breast Screening Programme«, London Times, 19. Februar 2009, www.timesonline.co.uk/tol/comment/letters/article5761650.ece; und C. Smyth, »NHS Rips Up Breast Cancer Leaflet and Starts All Over Again«, London Times, 21. Februar 2009, http://www.thetimes.co.uk/tto/health/article1964382.ece
Kapitel 11: Durchschauen Sie das System
1 R. M. Neer, C. D. Arnaud, J. R. Zanchetta et al., »Effect of Parathyroid Hormone (1–34) on Fractures and Bone Mineral Density in Postmenopausal Women with Osteoporosis«, New England Journal of Medicine 344 (2001): 1434–1441.
2 Obwohl die oben genannte Pharmakonzernstudie Daten über symptomatische und nichtsymptomatische Kompressionsfrakturen sammelte, berichteten die Autoren in ihrer Veröffentlichung nur über die kombinierten Daten.
3 Ich fühle mich verpflichtet hinzuzufügen, dass einige meiner Vorfahren überzeugte Kapitalisten waren. Mein Ururgroßvater gründete Mitte des 19. Jahrhunderts eine Bank und half der Bundesregierung, den Bürgerkrieg zu finanzieren. Seine Nachkommen führten die Bank im folgenden Jahrhundert weiter.
4 Die »unsichtbare Hand« ist ein Ausdruck, den Ökonomen benutzen, um die Selbstregulierung von Märkten – mit gesellschaftlich vorteilhaften Ergebnissen – zu beschreiben. Der Ausdruck wird zwar Adam Smith und seinem Buch Der Wohlstand der Nationen (veröffentlicht etwa zur Zeit der amerikanischen Revolution) zugeschrieben, aber er hat ihn nur dreimal verwendet.
5 Dies ist eine von vielen Möglichkeiten, die Bedingungen zu beschreiben, die für einen vollkommenen Markt notwendig sind; es ist keine vollständige Liste. Stattdessen habe ich mich auf jene Bedingungen in der Gesundheitsfürsorge konzentriert, die dem vollkommenen Markt eindeutig widersprechen. Die grundlegendste Bedingung für einen vollkommenen Markt wird oft nicht einmal erwähnt: Märkte sind ein Instrument, mit dem man Preise für handelbare Güter festlegen kann. Damit ein Markt entsteht, müssen die Konsumenten also den Preis kennen und ihn bezahlen (die zwei ersten Bedingungen auf meiner Liste). Die Bedingungen für einen vollkommenen Markt, die Ökonomen am häufigsten erwähnen, sind vollkommene Information und vernünftige Entscheidungen (die nächsten zwei Bedingungen auf meiner Liste). Hinzu kommt ein vollkommener Wettbewerb: Käufer und Verkäufer sind Mengenanpasser, die den Marktpreis für ein Gut als vorgegeben hinnehmen und die Nachfrage nicht beeinflussen können (meine letzte Bedingung). Andere Bedingungen für einen vollkommenen Markt, die ich nicht aufgelistet habe, sind unter anderem: keine Beschränkung des Eintritts in den Markt (eindeutig verletzt, wenn man die lange Ausbildungszeit der Ärzte bedenkt), keine externen Effekte oder öffentliche Güter und keine Informationskosten.
6 Siehe Maryann Napoli, »PSA Screening Test for Prostate Cancer: An Interview with Otis Brawley, MD«, Mai 2003, http://medicalconsumers.org/2003/05/01/psa-screening-test-for-prostate-cancer/.
7 Eine der wichtigsten Stimmen gegen die zunehmende Kommerzialisierung der Medizin ist wohl die von Arnold Relman. Dr. Relman war Redakteur des New England Journal of Medicine, als er 1980 den Begriff medizinisch-industrieller Komplex prägte. Sein Buch A Second Opinion (New York: PublicAffairs, 2007) nennt kurz und bündig die Gründe dafür, dass die Umwandlung der Medizin in einen Wirtschaftsbetrieb eine Katastrophe ist. Es ist eine lohnende Lektüre.
8 H. G. Welch, »Campaign Myths: Prevention as Cure All«, New York Times, 7. Oktober 2008.
9 Ich beziehe mich auf OpenSecrets.org, das die größten Geldgeber der Kongressmitglieder auflistet. Heilberufler stehen auf dem fünften, Pharmakonzerne auf dem siebzehnten, Krankenhäuser und Pflegeheime auf dem einundzwanzigsten und der staatliche Gesundheitsdienst auf dem vierzigsten Platz. Wenn wir alle zusammenzählen, ist das Gesundheitswesen der drittgrößte Spender nach den Rentnern und Anwälten. Siehe www.opensecrets.org/industries/mems.php.
10 Gina Kolata, »Forty Years’ War: Grant System Leads Cancer Research to Play It Safe«, New York Times, 27. Juni 2009, www.nytimes.com/2009/06/28/health/research/28cancer.html?_r=1.
11 F. B. Palumbo und C. D. Mullins, »The Development of Direct-to-Consumer Prescription Drug Advertising Regulation«, Food and Drug Law Journal 57 (2002): 423–443.
12 H. Moses, E. R. Dorsey, D. H. Matheson et al., »Financial Anatomy of Biomedical Research«, Journal of the American Medical Association 294 (2005): 1333–1342.
13 A. H. Krist, S. H. Woolf und R. E. Johnson, »How Physicians Approach Prostate Cancer Screening Before and After Losing a Lawsuit«, Annals of Family Medicine 5 (2007): 120–125.
14 Diese Schätzung unterstellt einen Rückgang der Sterblichkeit um 20 Prozent durch Screening. Mit anderen Worten: Ohne Screening sterben fünf Frauen an metastatischem Brustkrebs; mit Screening sterben vier Frauen daran. Wenn jede dieser fünf Frauen mit der üblichen Begründung – Screening hätte ihr Leben retten können – klagt, dann hat nur eine von ihnen recht.
Kapitel 12: Behalten Sie den Überblick
1 Um Abbildung 12.1 zu erstellen, musste ich entscheiden, wie der Schaden mit dem Grad der Anomalie zusammenhängt. Da er entweder ein leicht positives oder leicht negatives Gefälle haben könnte, entschied ich mich für eine gerade Linie. Hätte ich eine Linie mit leicht positiver Neigung gewählt (mehr ernste Anomalien, mehr Schaden – wie im Beispiel mit der Operation), würde der Bereich des Nettoschadens in Abbildung 12.2 kleiner. Hätte ich mich für eine leicht negative Neigung entschieden (mehr schwere Anomalien, weniger Schaden – wie im Beispiel mit dem Bluthochdruck), wäre der Bereich des Nettoschadens größer.
Denken Sie daran, dass eine kleine, kurze Studie zwar eine große Wirkung belegen kann (die VA-Studie über schweren Bluthochdruck musste nur 150 Patienten anderthalb Jahre lang beobachten), dass aber nur eine große, lange Studie eine große Wirkung nachweisen kann (die typische randomisierte Studie über Mammografie beobachtete 50 000 Frauen ein Jahrzehnt lang oder länger). In Studien über Interventionen bei Menschen mit geringem Risiko müssen die Forscher notwendigerweise nach kleinen Wirkungen Ausschau halten. Darum brauchen sie große, lange Studien – manche so groß und lang, dass sie undurchführbar sind.
3 Eine positive Rückkopplung ist gegeben, wenn ein System auf Störungen in derselben Richtung wie die Störung reagiert – das heißt, das System beschleunigt den Prozess. Die Störung verstärkt sich selbst. In diesem Fall führen mehr Diagnosen zu mehr Diagnosen.
4 Siehe www.roadtoearlydetection.org/educate.shtml.
5 A. E. Raffle und J. A. Muir Gray (Hrsg.), Screening: Evidence and Practice (New York: Oxford University Press, 2007).
6 E. Silverman, S. Woloshin, L. M. Schwartz et al., »Women’s Views on Breast Cancer Risk and Screening Mammography: A Qualitative Interview Study«, Medical Decision Making 21 (2001): 231–240.
7 Siehe Kapitel 2 meines Buches Should I Be Tested for Cancer? (Berkeley: University of California Press, 2004). Dort finden Sie eine ausführliche Diskussion falsch-positiver Ergebnisse bei Krebsvorsorgeuntersuchungen.
8 L. M. Schwartz, S. Woloshin, F. J. Fowler jun. und H. G. Welch, »Enthusiasm for Cancer Screening in the United States«, Journal of the American Medical Association 291 (2004): 71–78.
9 C. Lerman, B. Trock, B. K. Rimer et al., »Psychological and Behavioral Implications of Abnormal Mammograms«, Annals of Internal Medicine 114 (1991): 657–661.
10 Man spricht hier vom »Popularitätsparadoxon des Screenings«. Raffle und Muir Gray (Hrsg.), Screening, 68.
11 Diese beiden sich selbst verstärkenden Zyklen könnten erklären, warum sowohl Ärzte als auch ihre Patienten zögern, das Screening auf Gebärmutterhalskrebs einzuschränken. Siehe K. R. Yabroff, M. Saraiya, H. I. Meissner et al., »Specialty Differences in Primary Care Physician Reports of Papanicolaou Test Screening Practices: A National Survey, 2006 to 2007«, Annals of Internal Medicine 151 (2009): 602–611; und B. E. Sirovich, S. Woloshin und L. M. Schwartz, »Screening for Cervical Cancer: Will Women Accept Less?«, American Journal of Medicine 118 (2005): 151–158.
12 Guy Gugliotta, »One Researcher’s Plan: Fight Storms with Storms«, Washington Post, 3. Oktober 2005.
Fazit
1 Dieses Zitat ist einem Buch von David Alt entnommen: Glacial Lake Missoula and Its Humongous Floods (Missoula: Mountain Press Publishing Company, 2001). Es ist eine vorzügliche Einführung in dieses faszinierende, umwälzende geologische Ereignis.
2 Auch in Yellowstone selbst. In der letzten Eiszeit hatte das Yellowstone-Plateau seinen eigenen Eisschild (getrennt vom kontinentalen Eisschild). Gletscher von diesem Eisschild bildeten Eisdämme am Fluss Lamar. Später gaben diese Dämme nach, und gewaltige Fluten strömten ins Paradise Valley.
3 Siehe Nancy Cordes, »Mammogram Task Force Goes before Congress«, CBS News, 2. Dezember 2009, www.cbsnews.com/stories/2009/12/02/eveningnews/main5868631.shtml?tag=contentMain;content; und Robert Pear und David Herszenhorn, »Senate Backs Preventive Health Care for Women«, New York Times, 4. Dezember 2009, http://query.nytimes.com/gst/fullpage.html?res=9F02E6DD113FF937A35751C1A96F9C8B63.
4 Denken Sie daran, dass die Definition des Begriffs Symptom heikel ist. Banale Erfahrungen werden immer häufiger als Symptome bezeichnet. Hier zeichnet sich eine fatale Entwicklung ab.
5 Wie die meisten allgemeinen Regeln hat auch diese Ausnahmen. Eine Symptombesserung ist aus zwei Gründen kein sicherer Beweis für einen Nutzen. Erstens fühlen sich manche Menschen schon deshalb besser, weil sie etwas tun. Das ist der Placeboeffekt: Manchmal geht es Menschen schon dann besser, wenn sie eine unwirksame Zuckertablette schlucken oder wenn man bei ihnen eine Operation vortäuscht. Zweitens werden manche Symptome ihrer Natur nach abwechselnd stärker und schwächer. Menschen mit Rückenschmerzen wissen das sehr gut: An manchen Tagen fühlen sie sich großartig, an anderen geht es ihnen schrecklich.
Diese beiden Faktoren können Patienten dazu verleiten, eine Intervention als nützlich zu beurteilen, obwohl in Wirklichkeit ein Placeboeffekt oder eine spontane Besserung vorliegt. Deshalb ist eine randomisierte Studie immer noch der beste Test für eine Intervention bei akuten Symptomen. Welche Teilnehmer ein Placebo oder ein Medikament erhalten, entscheidet der Zufall. Danach folgt eine standardisierte Symptomeinschätzung. Wenn das Medikament wirkt, geht es den Patienten, die es bekommen haben, im Durchschnitt besser als der Vergleichsgruppe, die nur ein Placebo erhielt.
6 Auch hier gibt es Ausnahmen. Manche Symptome lässt man am besten in Ruhe, vor allem, wenn sie die Betroffenen nicht sonderlich stören. Und da manche Symptome von selbst abklingen, gibt es keinen Grund, sie früh zu behandeln.
7 Mein Vater starb mit sechzig Jahren an metastasierendem Darmkrebs. Obwohl ich weiß, dass dies ein relativ kleiner Risikofaktor für Darmkrebs ist, genügte er, um mich im Alter von fünfzig Jahren zu einer vorsorglichen Darmspiegelung zu veranlassen. Ich weiß nicht, ob ich das noch einmal tun werde. (Mein Zögern hat nichts mit der Untersuchung zu tun, die ohne Zwischenfälle verlief – ich fand sie sogar interessant.)
8 Bisher haben wir nur eine einzige Möglichkeit festzustellen, ob ein Mensch Opfer einer Überdiagnose wurde: Das ist der Fall, wenn bei ihm eine Diagnose gestellt wurde, er aber nie behandelt wurde und schließlich starb, ohne dass seine angebliche Krankheit jemals Probleme verursacht hat.