20
Als Eschburg am nächsten Morgen ins Atelier kam, saß Sofia schon am Arbeitstisch.
»›Majas Männer‹ wurde gestern verkauft«, sagte sie. »Ein Japaner. Du bist jetzt reich.« Sie lachte.
Die Eisenhaken waren noch in der Wand des Studios.
»Ohne dich wäre das nie gegangen«, sagte er.
Sie sah glücklich und müde aus.
»Sollen wir wegfahren?«, fragte er. »Wir könnten ein Haus auf Mallorca mieten.«
»Ja«, sagte sie.
Sie hatten die letzten Nächte vor der Ausstellung kaum geschlafen. Sofia setzte sich an den Computer, um Ferienhäuser zu suchen. Früh am nächsten Tag flogen sie.
Sie mieteten einen Wagen am Flughafen und fuhren über die Schnellstraße nach Santanyí im Südosten der Insel. Die Klimaanlage war defekt, Sofia band sich ein Tuch um die Haare und ließ das Fenster herunter. Die Luft war salzig und heiß. Sie hielten in Llucmajor.
Der Espresso im Café Colon war verbrannt, Marktfrauen redeten an der Bar durcheinander, der Spielautomat lief. Sie kauften ein paar Sachen in einem Lebensmittelgeschäft und stiegen wieder in den Wagen. Hinter S’Alqueria Blanca bogen sie von der Hauptstraße ab und fuhren zwischen engen Mauern hoch zum Haus.
Am Abend rösteten sie dunkles Brot und rieben es mit Olivenöl, Tomaten und Knoblauch ein. Das Meer war fast zwei Kilometer entfernt, aber noch hier oben roch es nach Algen. Sie saßen auf der Terrasse, über die Mandelbäume und Aleppokiefern konnten sie in die Ebene sehen und weiter bis zum Meer. Die Erde war vom Eisenoxid rot.
Er wachte von der Fehlzündung eines Motorrads auf, irgendwo unten auf der Straße. Sofia lag nicht mehr neben ihm. Er ging in den Garten. Sie saß auf einem Liegestuhl neben dem Pool.
»Vielleicht sind das die letzten Tage«, sagte sie.
Er sah sie an. Das Licht der Unterwasserbeleuchtung des Pools war grün-blau.
»Was meinst du?« Er war wach und gleichzeitig stumpf. Er wollte zurück ins Bett.
»Ich habe Angst, dass du nicht mehr da bist. Und ich habe Angst vor deinen Phantasien. Es ist so anstrengend, dich zu lieben.« Sie schwieg und Eschburg schwieg. Dann sagte sie: »Wer bist du, Sebastian?«
Eschburg stand auf und holte eine Flasche Wasser. Als er zurückkam, hatte sich das Licht im Pool abgeschaltet. Er legte sich zu ihr, umfasste mit einer Hand ihren Nacken und schloss die Augen. Er dachte an die Farbe der Haferkörner, die er mit zwei Fingern von den Halmen gezogen hatte, und an die Farbe des Schilfs am Bootshaus, der scharf war und in die Beine schnitt.
»Du bist immer noch fremd«, sagte sie.
»Es tut mir leid«, sagte Eschburg. Weit draußen sah er die Schiffe, die wandernden Lichter, Bernstein, Achat und Karneol, und dann wartete er auf die Stille zwischen den Sätzen, sein einziges Maß der Nähe zu einem anderen Menschen.
In der Nacht brachte der Wind den Sand aus Afrika und am Morgen war alles von einer dünnen blass-gelben Schicht überzogen.