11.
Der Anblick der Wüste ließ Peters Herz schneller schlagen. Während Jahzara schon kurz nach dem Start eingeschlummert war, hatte er stundenlang fasziniert aus dem Fenster auf die unter ihnen dahinfliegenden Landschaften geschaut. Die wie Schwalbennester in die karstigen Hänge gebauten weißen Dörfer entlang der Küsten Griechenlands sahen fast kitschig-schön aus, so deutlich und von sanftem Sonnenlicht koloriert waren sie an diesem Tag zu sehen. Soeben waren hinter der libyschen Küstenstadt Bengasi die ersten Dünen der Sahara aufgetaucht. Die Wüste! Kein Wölkchen trübte heute den Blick auf diese bizarre Welt aus Sand und Gestein. Die sich zwischen Horizont und Unendlichkeit im Nichts auftürmenden Dünen und die wie Panzer urzeitlicher Riesenechsen im Zickzack durch das Sandmeer verlaufenden Gebirgsketten sahen aus dieser Höhe winzig aus. Dort unten war eine Welt, die er kannte, liebte – aber auch schon zu hassen gelernt hatte. Was aus dem Flugzeug in den Pastellfarben einer afrikanischen Dämmerung so friedlich und anheimelnd aussah, war in Wirklichkeit ein tödlicher Glutofen. Dort unten lagen tausende Quadratkilometer Einöde, zerfurcht von gigantischen Trockenflüssen, überthront von schroffen Bergmassiven – unendlich viel Nichts. Und genau das liebte er! Was sich als menschenfeindliche Landschaft darstellte, war für ihn persönlich das größte Refugium grenzenloser Freiheit auf diesem Planeten. In der Wüste galt seit Jahrtausenden nur ein einziges Gesetz: Wer stark ist, überlebt, wer Schwäche zeigt, stirbt.
Vor seinen Augen verschmolzen Gegenwart und Vergangenheit. Was in jüngster Zeit geschehen war, hatte sein Leben auf den Kopf gestellt. Seit er entschieden hatte, mit Jahzara nach Äthiopien zu fliegen, waren nur wenige Tage vergangen. Sein Chef hatte seine Kündigung mit einer einzigen Zeile zur Kenntnis genommen. Was nun auf ihn zukommen würde, war ein noch größeres Abenteuer als alles, was er jemals in den Wüsten Afrikas erlebt hatte.
In seinen Erinnerungen erwachten Fragmente von Bildern und Gerüchen zu neuem Leben. Wäre sein Vater nicht gewesen, dann wäre diese glühende Symbiose aus Tod und Schönheit ihm wahrscheinlich für immer verschlossen geblieben. »Wenn du dein Abitur gemacht hast, fahren wir zusammen in die Sahara«, hatte er vor mehr als zwanzig Jahren gesagt. Damals arbeitete sein Vater bei der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit in Eschborn. Als Experte für Wasserbautechnik war er für die Betreuung von Entwicklungshilfeprojekten in Uganda, Zaire, Niger und Mali zuständig gewesen. Achtzehn Jahre war Peter alt gewesen, als sie dann tatsächlich nach mehrmonatiger Vorbereitung in Vaters Landrover nach Marokko aufgebrochen waren. Bei dieser Fahrt von Deutschland ins südmarokkanische Tafraoute, wo die eigentliche Wüstentour begann, wurde er krank. Unheilbar krank. Bereits nach vier Tagen zeigte er Symptome, die sein Vater gut kannte. »Worunter du leidest, mein Junge«, hatte sein Vater an jenem Abend im Windschatten einer prächtigen Wanderdüne nahe der mauretanischen Grenze gesagt, »was dich so melancholisch und doch so überglücklich macht, Peter, ist die schlimmste Krankheit, die du dir als Weißer in Afrika einhandeln kannst. Die Kolonialbriten nannten das Bacillus Africanus! Diese Krankheit ist unheilbar. Jene zwiespältigen Gefühle, die Aversion gegen Hitze, Staub und Elend einerseits und das Verlangen andererseits, mehr von diesen grandiosen Landschaften, von der paradiesischen Tierwelt und von diesen so unglaublich herzlichen Menschen sehen und spüren zu wollen, diese Sucht hat mich schon in jungen Jahren erwischt. Und dieser Bazillus schlummert noch immer in mir. Deine Mutter hingegen hat Afrika zu hassen begonnen, als unser erstes Kind in einem mickrigen Spital in der Kalahari im Alter von zwei Jahren an Malaria starb. Glaube mir, Peter, die Liebe zu Afrika kann tödlich sein!«
So hatte es ihm sein Vater damals an diesem unvergesslichen Abend in der Wüste erklärt. Noch nie hatten sein Vater und er sich so nahe, so vertraut miteinander gefühlt. Sie lagen damals auf dem Boden neben dem Lagerfeuer, schwiegen, tranken Bier, schwiegen, stierten in einen Sternenhimmel, den er in solcher Klarheit und so scheinbar greifbar nahe noch nie zuvor gesehen hatte. Sie lauschten in wundersamem emotionalem Gleichklang dem Kläffen der Wüstenfüchse, tranken sehr viel Whisky, lachten wie alberne Kinder über zwei Skorpione, die in aberwitzigem Tempo gut ein dutzend Mal liebestoll ums Feuer herumrasten, und schliefen um Mitternacht sturzbetrunken, aber unfassbar glücklich ein. Seitdem waren sie nicht mehr Vater und Sohn, sondern die besten Freunde. Und seit dieser Tour trug er den Bacillus Africanus in sich. Diese erste Tour nach Nordafrika war der Beginn einer Passion gewesen, die er schließlich auch zu seinem Beruf gemacht hatte: das Reisen.
Sein Studium hatte ihm die Möglichkeit dazu gegeben. Da Geografie »ein Orchideenstudium« ist, wie sein Vater es so treffend ausdrückte, hatte er sich an der Universität in Frankfurt noch für Politologie eingetragen. Schnell hatte er erkannt, dass Fremdsprachen in Einheit mit diesen beiden Studiengängen der goldene Schlüssel zu einer von ihm angestrengten internationalen beruflichen Tätigkeit sein könnte. Zunächst hatte er Spanisch gelernt. Arabisch hatte er später hinzunehmen wollen. Mit Englisch, Französisch, Spanisch und Arabisch, so war sein Kalkül gewesen, würde sein Doppelstudium eine gute Ausgangsbasis sein, um später in den diplomatischen Dienst beim Auswärtigen Amt zu gelangen. Für internationale Themen hatte er sich schon in der Schule interessiert. An der Uni Frankfurt hatte er diese Affinität ausleben können. Bald schon war er mit Leuten in Kontakt gekommen, die seine linksliberalen Vorstellungen teilten. Mario, ein Studienkollege, hatte ihn dann im zweiten Semester gefragt, ob er nicht Interesse habe, bei einem Zeitungsprojekt mitzumachen. Die linke Szene Frankfurts war damals von radikalen Sponti-Thesen geprägt.
Peter ertappte sich dabei, wie er süffisant vor sich hin lächelte. Es war eine verrückte Zeit gewesen, damals in Frankfurt. Seine ehrenamtliche Tätigkeit bei dem linken Blatt Informationsdienst für unterbliebene Nachrichten, kurz ID genannt, brachte ihn mit politisch engagierten, aber auch mit radikalen Leuten zusammen. Nachrichten über staatliche Repression, den Gefängnisalltag linker Genossen, die Anti-Atomkraftszene und die Internationalen Linken gehörten zum Selbstverständnis des ID, dessen Redaktionsräume in der Hamburger Allee direkt neben denen des Pflasterstrands lagen. Es war eine hektische, aber auch interessante Zeit gewesen. Er hatte Adorno, Habermas, Hegel, Kant, Fichte und natürlich auch Mao gelesen. Er hatte sich auf Afrika spezialisiert. Gut zwei dutzend Mal war er für den ID auf den schwarzen Kontinent gereist, um über Kolonialismus, Unterdrückung und Ausbeutung in Afrika zu schreiben. Bald würden sie in Khartum zwischenlanden. Zwei Mal war er schon dort gewesen. Was damals, vor zwanzig Jahren, geschehen war, begann erneut Einfluss auf sein Leben zu nehmen und beschäftigte ihn sehr.
Peter schaute zu Jahzara. Sie saß neben ihm und schlief. Er musste es ihr sagen! Aber er hatte Angst vor ihrer zu erwartenden Reaktion. In dem Thema lag viel Konfliktpotenzial. Jahzara liebte ihr Land. Sie war eine sehr bodenständige, pragmatische und mit Sicherheit alles andere als politisch links orientierte Frau. Sie hatte sehr traditionelle, konservative afrikanische Werte und Normen. Für ihn war es manchmal sehr schwierig, ihre Einstellungen zu tolerieren, ihr Gedanken nachzuvollziehen, die wirkliche Dimension dessen, was sie sagte, dachte und fühlte, zu verstehen. Jahzara war ganz einfach anders. In vielerlei Hinsicht.
Sie war weder prüde noch verklemmt, konnte ungemein kokett sein, lockte, verführte mit den Augen und signalisierte mit ihrem Körper, was tief verborgen in ihr vorging. Manchmal konnte er sehen, wie ihre Oberlippe ganz leicht, kaum sichtbar und ungemein erotisierend zitterte, wenn sie ihn anschaute. Ihre unverwechselbar geschmeidige, manchmal laszive Art zu gehen – selbstbewusst, aufrecht, mit schwingenden Hüften – konnte ihn rasend machen vor Verlangen. Doch er hatte sie durchschaut. Sie lockte mit der rechten Hand, zeigte ihm aber gleichzeitig mit der linken Grenzen auf. Außerdem hatten sie eine Vereinbarung getroffen: Er musste, durfte Gentleman und Freund sein. Mehr nicht.
Peter atmete tief durch. Eine Stewardess mit grausam krächzender Stimme avisierte über Bordlautsprecher die Landung in Addis Abeba. Blitze zerfurchten im Nordosten den Nachthimmel und ließen ihn erahnen, dass die Regenzeit noch nicht zu Ende war. Jahzara schlief noch immer. Grenzenlose Zufriedenheit lag über ihrem Antlitz. Verschämt huschte sein Blick über ihr Dekolletee hin zu dem kleinen goldenen Kreuz, das sie stets um den Hals trug. Für sie war dieses Kreuz mehr als nur Schmuck. Ihr Glaube kam so tief aus ihrer Seele, dass ihn das irritierte. Noch nie in seinem Leben hatte er einen Menschen getroffen, dessen Gottgläubigkeit so unerschütterlich zu sein schien. Unlängst hatte er sie gefragt, woher ihre tiefe Gläubigkeit rührte. »Gott hat uns keine Worte gegeben, um über Ihn zu sprechen«, hatte sie in ihrer afrikanischen, fast stoischen Art geantwortet und hinzugefügt: »Glaube lässt sich weder vermitteln noch erklären. Du glaubst. Oder eben nicht. Wie hat Antoine de Saint-Exupéry geschrieben? ›Worte sind die Quelle aller Missverständnisse.‹ Dem ist wohl so.« So war Jahzara! Sie brachte mit einem einzigen, schnörkellosen Satz komplexe Themen auf den Punkt. Was sie sagte, wirkte unantastbar, absolut.
Jahzara öffnete nun ihre Augen, schaute ihn verschlafen an und räkelte sich wie ein unschuldiges Baby in der Wiege.
Angst machte sich plötzlich bei ihm breit. Wie würde Jahzara damit klarkommen, dass er – zumindest nach Einschätzung deutscher Ermittler – Unterstützer einer terroristischen Vereinigung gewesen war? Wie würde sie seine damalige Reise nach Äthiopien, nach Eritrea beurteilen? Für das deutsche Bundeskriminalamt war es damals eine klare Sache gewesen: Er war in Begleitung von baskischen Linksextremisten über den Sudan illegal nach Eritrea eingereist und hatte sich dort fast zwei Monate lang in militärischen Ausbildungscamps einer marxistischen eritreischen Befreiungsbewegung aufgehalten. Keiner hatte ihm geglaubt, dass er für den ID nur dorthin geflogen war, um über den widersinnigen Krieg zwischen Äthiopien und Eritrea zu schreiben. Auch die Richter hatten ihm nicht abgenommen, dass er sich in einem Redaktionsplenum für diese Veröffentlichung eines Bekennerschreibens vom RAF-Terroristen Christian Klar eingesetzt hatte, weil er von seinen Eltern liberal erzogen worden war und der freien Meinungsäußerung stets einen hohen Stellenwert einräumte, und nicht, weil er sich mit den Zielen und Mitteln der RAF identifizierte. Also wurde er wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu einem halben Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Dieses Urteil hatte seine Zukunftspläne zunichtegemacht. Sein Traum von einem Job beim Auswärtigen Amt war geplatzt.
Peter runzelte die Stirn. Diese Vergangenheit würde ihn nun einholen. Er wusste, welche Einstellung Jahzara zu Eritrea hatte. Für sie war es eine abtrünnige Provinz Äthiopiens. Ihr Vater würde wahrscheinlich auch die in Äthiopien gängige Einschätzung teilen, dass alle Freiheitskämpfer Eritreas Terroristen sind und Eritrea keinerlei Ansprüche hat, als unabhängiger Staat anerkannt zu werden. Das sah er allerdings anders. Der Konflikt war damit vorprogrammiert.
Der futuristisch anmutende Flughafen von Addis Abeba erstrahlte im Licht tausender Scheinwerfer. Alles roch nach einem neuen, modernen, kosmopolitischen Afrika. Aber nur wenige Fahrminuten vom Flughafen entfernt lauerte die bedrückende Realität.
Jahzaras Vater hatte ihnen einen Wagen mit Chauffeur zum Flughafen geschickt. Der kleine Fahrer trug eine Uniform mit goldenen Bordüren und fuhr grauenhaft langsam. Das verleitete die Heerscharen der Krüppel, Entstellten, Obdachlosen und Bettler, den Wagen bei jedem Halt zu umzingeln. Verstümmelte Finger von Leprakranken pressten sich gegen die Autoscheiben. Einbeinige auf Holzkrücken begannen, mit Staubwedeln die Windschutzscheibe des Luxuswagens zu putzen. Peter fühlte sich sehr unwohl.
Jahzara sah das Entsetzen in seinen Augen. »Der Krieg! Wir haben zu lange Krieg gehabt in unserem Land. Fast dreißig Jahre. Und dann auch noch die verheerenden Dürrkatastrophen in den letzten Jahren.«
Peter starrte durch die Windschutzscheibe. Er versuchte, das Elend entlang der Straßen und ihre Worte zu ignorieren. Es gelang ihm nicht. »Eure Kriege hier in Äthiopien sind mit die absurdesten Afrikas überhaupt!«
Jahzara erstarrte. Ihre Reaktion kam schnell, ohne jeglichen Sanftmut. »Lieber Peter, die meisten Kriege Afrikas in den zurückliegenden fünfzig Jahren sind Spätfolgen der imperialistischen Kolonialpolitik europäischer Staaten. Der weiße Mann hat Afrika ins Chaos gestürzt!«
Peter ärgerte sich. Warum hatte er seinen Mund nicht gehalten? Nun war der Konflikt schneller da als geahnt. »Jahzara«, versuchte er die Stimmung zu retten, »du solltest wissen, dass ich eher die Positionen der Afrikaner teile, als dass ich die Kolonialisierung Afrikas durch die Europäer rechtfertigen würde. Ich weigere mich schlichtweg, Unrecht zu relativieren. Aber ich sträube mich auch, aus historisch auferlegten Schuldkomplexen heraus zu schweigen.«
»Was heißt hier relativieren, Peter? Fakt ist doch, dass die Kolonialmächte Afrika willkürlich unter sich aufgeteilt hatten. Das fing schon mit den Portugiesen, mit Heinrich dem Seefahrer an! Wenn Afrika sich dagegen auflehnte, war Völkermord die Antwort. Die damaligen Kolonialgrenzen sind die Ursache der meisten Kriege und Grenzstreitigkeiten im Afrika der Neuzeit. That’s it!«
Peter versuchte, die Provokation zu ignorieren. »Jahzara, hier in Addis Abeba wurde vor fast fünfzig Jahren die Organisation für Afrikanische Einheit gegründet. Damals wurde beschlossen, die von den Kolonialmächten gezogenen Grenzen als normative Kraft des Faktischen zu akzeptieren.«
»Und was, bitte, hat das mit dem zu tun, was ich eben gesagt habe?«, unterbrach Jahzara ihn. Sie schien sehr aufgebracht. Peter versuchte, sachlich zu bleiben. »Jahzara, seit Bestehen der OAU hat es in Afrika so viele Grenzkonflikte wie nie zuvor gegeben. Abgesehen von der Tatsache, dass dieser Kontinent vor dem Eintreffen der Weißen keineswegs ein Paradies auf Erden war, in dem es keine Kriege gab, so wie das heute gerne dargestellt wird, ist die OAU eine Organisation von Schwätzern, mehr nicht. Niemand hält sich an die einst so hochgesteckten Ziele. Und besonders absurd ist der Konflikt zwischen deiner Heimat Äthiopien und Eritrea. Viele Menschen sind deshalb gestorben. Euer Rüstungsetat ist aberwitzig hoch – während überall im Land Menschen hungern! Schau dich mal um! Schau mal aus dieser Luxuslimousine raus auf die Straße! Da ist die traurige Realität angesiedelt! Ich liebe Afrika, und das weißt du. Doch auf diesem Kontinent sind zu viele Knarren in den Händen von Idioten! Das macht mich traurig und wütend. Aber bitte, lass uns später darüber reden. Ich denke, wir haben hier andere Dinge vor. Über Politik streiten wir nur.«
Er wusste, dass er mit den letzten beiden versöhnlichen Sätzen nicht viel Erfolg haben würde. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis er Jahzara von damals erzählen musste.
Das Hotel DeLeopold lag unmittelbar an der Schnellstraße zwischen Flughafen und Innenstadt. Der Fahrer setzte ihn dort ab. Jahzara stieg gemeinsam mit ihm aus, schwieg aber, als sie sich mit einem oberflächlichen Wangenkuss verabschiedeten. Sie selbst würde bei einer Verwandten in einem Vorort von Addis Abeba nächtigen. Morgen würden sie gemeinsam zurück zum Flughafen fahren, um nach Bahir Dar an den Tanasee zu fliegen.
Die beiden jungen Rezeptionistinnen lachten ihn herzlich an. Ihre strahlend weißen Zähne bildeten einen skurrilen Kontrast zu ihren schmuddeligen Uniformen. Sie wussten von keiner Zimmerreservierung für ihn. Mit zehn Dollar animierte er sie, sich zu erinnern. Ein unrühmliches Gefühl beschlich Peter. Das war das korrupte Afrika, das er hasste. In der im Zebralook dekorierten Bar im Erdgeschoss wollte er in Ruhe noch etwas trinken, konnte es jedoch nicht, weil außer ihm kein Gast da war, dafür aber zehn Huren. Keine von ihnen war unter sechzehn – vermutlich. Allerdings auch keine über achtzehn. Ganz sicher. Sie waren unverschämt aufdringlich und hauchten ihm im Duett »We love you« zu. Ein beklemmendes Gefühl überkam ihn. Die Tristesse dieses Hotels, dieser Millionenstadt erschütterte ihn. Frustriert schlich er in sein Zimmer. Das Bettlaken zeigte Spuren von den Diensten der Huren und ihrer Freier. Der Warmwasserboiler im Bad schien aus einer russischen Kolchose zu Beginn des letzten Jahrhunderts zu stammen. Teppichboden und Möbel ebenfalls. Er fühlte sich müde. Ein letztes Mal schaute er aus dem Fenster. Unten am Schlagbaum strahlten dutzende Scheinwerfer gen Himmel. Ein Mann stand im Schatten eines Frangipani-Baumes und unterhielt sich mit einem der Wachmänner.
»Jetzt fängst du aber an zu spinnen«, murmelte Peter vor sich hin und lachte halbherzig. Für einen Moment lang hatte er geglaubt, der Mann dort unten vor dem Hotel habe Ähnlichkeit mit dem Araber. Doch das konnte kaum sein. Nicht hier in Addis Abeba, so weit weg von Venedig.
Als er nach einer unruhigen Nacht gegen sechs Uhr morgens aufstand, stieg die Morgensonne über den Bergkämmen des Hochtals auf, und es schien, als würde es ein guter Tag für eine Reise zum Tanasee werden, an die Quellen des Weißen Nils und zu dem alten Kloster.
Sahib al Saif, Statthalter des Schwertes, ärgerte sich über die Unzuverlässigkeit des Angestellten der Autovermietung. Zwei Stunden hatte er vergeblich auf den reservierten Wagen gewartet, um nun zu erfahren, dass sein Wagen gestern Abend versehentlich im Papyrus-Hotel abgestellt worden war. Nervös schaute er auf die Uhr. Es war bereits neun. Um kurz nach elf würde das Flugzeug aus Addis landen. Der Flughafen war zwar nicht allzu weit entfernt von Bahir Dar, aber ihm wäre es lieber gewesen, wenn er vor der Ankunft der beiden das Terrain zwischen Flughafen und Stadt hätte sondieren können. Am Flughafen selbst sah er kaum eine Möglichkeit, aktiv zu werden. In Äthiopien wurden die Flughäfen strengstens bewacht. Auch hier war er weiträumig abgesperrt, und überall patrouillierten bewaffnete Soldaten. Nichts klappte wie geplant!
Seit sich das Pärchen versteckt hielt, flossen die Informationen aus Kairo sehr dürftig. Das Einzige, was feststand, war die Ankunftszeit des Deutschen und der Äthiopierin. Von wem sie am Flughafen abgeholt und wen sie wo treffen würden, war völlig offen. Ohne Mietwagen musste er seine Pläne ohnehin ändern. Er sah keine Möglichkeit, die beiden vom Flughafen weg zu observieren. Missmutig bat er die Rezeptionistin, ihm ein Taxi für eine Fahrt zum Papyrus-Hotel zu bestellen. Die junge Frau schaute ihn verärgert an, weil er wenige Stunden zuvor entschieden hatte, sein Zimmer frühzeitig zu kündigen. Begründet hatte er das mit den fehlenden Moskitonetzen. Aber in Wirklichkeit hatte er keine andere Wahl gehabt, als das Hotel zu wechseln. Aus unerfindlichen Gründen hatte Jahzaras Vater sehr kurzfristig die bestehende Hotelreservierung geändert. Statt im Papyrus-Hotel würden sie nun im Tana wohnen, was ihm die beiden Derwische glücklicherweise mitten in der Nacht noch per Telefon mitgeteilt hatten. Woher die beiden Sufis das so schnell erfahren hatten, ließ die Vermutung zu, dass der Al-Sakina-Orden auch hier in Äthiopien exzellente Kontakte hatte. Wie auch immer: Jahzara, der Deutsche und ihr Vater würden hier nächtigen. Die Wahrscheinlichkeit, sich im Hotel über den Weg zu laufen, war ihm zu groß. Blöde Zufälle hatte es in dieser Sache schon zu viele gegeben. Entsprechend hatte er im Papyrus-Hotel ein Zimmer reserviert und einen Mietwagen ins Tana-Hotel bestellt. Der aber war versehentlich ins Papyrus geliefert worden.
Er ging hinaus auf die Rampe vor dem Hotel. Misstrauisch taxierte er sein Umfeld. Auf dem Parkplatz standen nur vier Fahrzeuge. Drei davon schienen unverdächtig. Dann erstarrte er. Der dunkelblaue Toyota Land Cruiser! Sahib al Saif sah den Wagen und wusste sofort, dass hier etwas nicht stimmte. Wer stets im Bewusstsein lebt, beobachtet oder gesucht zu werden, betrachtet alle Geschehnisse mit Argwohn. Angst vor gegnerischen Geheimdienstleuten und Polizisten in Zivil schärft im Laufe der Zeit den Verstand und den Blick. Manchmal waren es nur Kleinigkeiten, die über Leben und Tod, zwischen Festnahme und Freiheit entschieden.
Sahib al Saif überlegte angestrengt. Anfänger, dachte er sich. Die Äthiopier operierten noch immer wie Anfänger. Solche fünftürigen Land Cruiser, nagelneu, mit Rammschutz, getönten Scheiben und Wechselkennzeichen, hatte er schon in Addis vor diversen Ministerien gesehen. Am Flughafen der Hauptstadt auch. All diese Fahrzeuge wiesen ein gemeinsames verräterisches Merkmal auf: zwei weiße Plastikknöpfe auf den Kennzeichen. Darunter verbargen sich Druckknopfverschlüsse, die den schnellen Wechsel der Kennzeichen ermöglichten, was bei geheimdienstlichen Einsätzen vonnöten sein konnte.
Sahib al Saif atmete schneller. War es Zufall, dass dieses Fahrzeug hier auf dem Parkplatz des Hotels stand, in dem er bis heute gewohnt hatte – und in dem ab heute seine Zielpersonen nächtigen würden? Äthiopien, das wusste er, war ein repressiver Staat. Der Staatschef ließ sein Volk überwachen. Die Opposition wurde unterdrückt, Andersdenkende wurden von der Geheimpolizei verfolgt und Regimekritiker verschwanden gelegentlich auf Nimmerwiedersehen. Es konnte also Zufall sein, dass dieser Wagen dort stand. Aber wo waren die Insassen? Hatte er, als er die Hure umgebracht hatte, verräterische Spuren hinterlassen? War die Polizei hinter ihm her?
Entsprechend erleichtert war er, als sein Taxi vorfuhr. Der Racheengel hievte sein Gepäck eigenhändig in den Kofferraum und stieg im Fond ein. Der Fahrer, ein dümmlich arrogant grinsender Fettwanst mit unglaublich schwarzem Gesicht, lachte ihn an. Bevor er etwas fragen konnte, wies Sahib al Saif ihn an: »Ich warte noch auf einen Freund von mir. Fahren sie mich da drüben in den Schatten des Baumes. Wir werden dort auf ihn warten.«
Knapp eine halbe Stunde später wusste Sahib al Saif, dass ihn seine Intuition wieder einmal nicht getäuscht hatte. Zwei Männer kamen aus dem Hotel und gingen die Rampe hinunter auf den verdächtigen Geländewagen zu. Ihre Gesichter verbargen sich hinter riesigen Sonnenbrillen. Der eine war ein Hüne mit kantigem Kopf und Glatze, der andere bewegte sich auffallend geduckt und strahlte Aggressivität aus. Sein Taxifahrer drehte sich um und deutete auf die beiden: »Very dangerous people! Geheimpolizei! Man geht ihnen besser aus dem Weg.« Der Fettwanst verdrehte seine Augen und murmelte leise: »Seit heute Nacht wimmelt es überall in der Stadt vor Geheimdienstleuten. Die suchen jemanden.«
Sahib al Saif fiel es schwer, ruhig zu bleiben. Also doch! Irgendetwas lief hier ab. Dieser Auftrag machte ihn zunehmend nervös. Überall schienen unsichtbare Mächte mit im Spiel zu sein. Nichts lief so wie geplant. Der kurzfristige Hotelwechsel seiner Zielpersonen war schon wieder so etwas gewesen. Und nun auch noch Bullen im Hotel. Und zu allem Überfluss die Sache mit seinem Mietwagen. Statt am Flughafen zu stehen und zu beobachten, wer die beiden dort abholte und mit welchem Wagen sie fahren würden, saß er hier vor seinem Hotel wie die Maus in der Falle. Sollte er die ganze Aktion abbrechen, sich in Sicherheit bringen – nach Kairo abhauen? Zum ersten Mal, seit er für Al Sakina arbeitete, schien ein Auftrag nicht realisierbar zu sein.
Nein, schoss es ihm durch den Kopf. Den Auftrag abzubrechen, wäre unklug und durch nichts zu rechtfertigen. Dann wäre er aus dem Spiel raus. Für immer. Es war klüger, das Hotel zu wechseln und dann mit dem Leihwagen hierher zurückzufahren, um an der Auffahrt zum Tana-Hotel auf die Zielpersonen zu warten. Zumindest würde er so sehen, welche Fahrzeuge sie hätten und wie viele Leute noch dabei waren.
Wütend über die sich ständig ändernde Ausgangslage herrschte er den Taxifahrer an: »Mein Freund scheint nicht zu kommen. Fahr mich zum Papyrus-Hotel.« Er zog das Jackett seines Priestergewandes aus. »Ganz schön heiß heute«, murmelte er und riss sich die weiße Halsmanschette ab. Es erschien ihm sinnvoller, auf der Fahrt nicht als Priester erkannt zu werden. Er blickte auf seine Armbanduhr. Das Flugzeug war vermutlich schon gelandet. Er musste sich beeilen.
Tekle Hayman versank vor Ehrfurcht beinahe im Boden. Der General der Antiterroreliteeinheit, der da soeben als Oberkellner des Hotels verkleidet Anweisungen an seine Leute gab, war zwar der arroganteste Offizier, den er jemals getroffen hatte. Aber er war ein Profi. Der kleinwüchsige General schritt in seiner etwas zu engen Kellnermontur durch den Garten des Hotels und ließ seine ebenfalls als Hotelangestellte verkleideten Leute zur Tarnung ein Frühstücksbüfett unter einem Baum aufbauen. Niemand konnte ahnen, dass sich unter den Servierwagen, Tischdecken und Obstplatten Waffen verbargen. Tekle Hayman war beeindruckt. Niemand schien zu bemerken, dass da soeben zehn Spezialisten Vorbereitungen für die Erstürmung eines Hotelzimmers trafen. Zwanzig weitere Männer des Generals hatten das Hotel umstellt. Sogar auf dem Flachdach des Zimmertraktes, in dem sich der Mörder aufhielt, saßen drei als Handwerker getarnte Elitemänner. Ein als Gärtner verkleideter Scharfschütze bestieg einen Baum in der Nähe des Balkons.
Tekle Hayman versuchte, seine Nervosität zu unterdrücken. Wenn das mal alles gut ginge! Nach seinen Informationen würde der Verdächtige bald das Hotel verlassen. Er hatte ein Boot für die Fahrt zu einem Kloster gebucht. Seines Erachtens gäbe es an der Bootsanlegestelle viel bessere Möglichkeiten, risikolos zuzugreifen. Doch der General hatte ihn nicht einmal nach seiner Einschätzung der Lage gefragt.
Offensichtlich war für diesen Einsatz von höchster Stelle der Befehl »Shoot on sight« gegeben worden. Ein Schuss – und das Problem war erledigt. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Pater Benedikt hatte kaum geschlafen. Die ganze Nacht hindurch hatten ihn laut surrende Mücken malträtiert. Moskitonetze gab es im Zimmer nicht. Entsprechend war die Nacht ein Martyrium gewesen. Im Halbschlaf hatte er versucht, die Plagegeister zu vertreiben. Vergeblich. Dann war er auf die Idee gekommen, sein Bettlaken wie ein Zelt über sich zu spannen. Erst im Morgengrauen war er in einen an Ohmacht grenzenden Tiefschlaf gefallen.
Die Detonation zerriss ihm fast das Trommelfell. Ein harter Gegenstand traf seinen Kopf. Er schrie auf. Schlaftrunken, schmerzerfüllt, orientierungslos und von grenzenloser Angst gepeinigt, sprang er aus dem Bett. Er kannte diese Geräusche, diesen Gestank von Tränengas und Qualm aus Jerusalem und Gaza. Das waren Bomben, Granaten! Damals, in den Hochzeiten der Antifada, hatte dieser Gestank wochenlang über Palästina gelegen. Sein Kopf dröhnte. Blut rann über sein Gesicht. Er hatte Todesangst. Dichter Nebel im Zimmer nahm ihm jegliche Sicht. Dennoch glaubte er einen Lichtschein am Fenster zu sehen. Raus! Auf den Balkon! Plötzlich war es Furcht erregend still. Die Detonation hatte ihn taub werden lassen. Aber da waren Schatten – Männer und Waffen. Er hastete vorwärts zur rettenden Balkontür. Die Schatten waren dicht hinter ihm. Er prallte mit seinem Schienbein gegen ein Möbelstück, strauchelte, ruderte mit den Armen in der Luft, suchte nach Halt. Ein stechender Schmerz in seiner linken Schulter wirbelte ihn um die eigene Achse. Er wusste zwar nicht, wie sich ein Geschoss anfühlt, wenn es durch Fleisch und Blut dringt, aber er ahnte, dass ihn eine Kugel getroffen hatte. Glassplitter des Fensters prasselten ihm ins Gesicht. Er schrie. Eine unsichtbare, mächtige Hand schleuderte ihn mehrere Meter weit gegen eine Zimmerwand. Er sackte in sich zusammen, hörte und fühlte nichts mehr. Die Schatten bekamen plötzlich Konturen von Menschen mit hasserfüllten schwarzen Fratzen. Dann waren sie über, neben und vor ihm. Eine schwarze Faust zischte aus den Nebelschwaden hervor gegen seinen Kopf. Dann glaubte er tot zu sein.
Peter konnte sich während der gesamten Fahrt vom Flughafen nach Bahir Dar des Gefühls nicht erwehren, dass es zwischen Jahzara und ihrem Vater Misstöne gab. Seyoum Jan-Zela hatte sie schon am Gepäckband empfangen. Peter kannte das aus anderen afrikanischen Ländern. Menschen mit Privilegien schöpften in Afrika ihre Position aus, wo immer es möglich war. Wer Beziehungen hatte, wurde an den Zoll- wie auch an der Einwanderungsbehörde vorbei nach draußen geschleust. Ohne Kontrollen. Die Beamten am Flughafen schienen zu wissen, dass Jahzaras Vater früher Botschafter Äthiopiens gewesen war. Sie wurden überall durchgewinkt. Bereits nach zehn Minuten saßen sie in dem unmittelbar vor dem Eingang stehenden Geländewagen. Das blaue Regierungskennzeichen mit den Buchstaben ETH ließen ihn ahnen, dass Jahzaras Vater auch in Bahir Dar einen Sonderstatus genoss.
Seyoum war auf den ersten Blick ein sehr netter Mann, mit exzellenten Umgangsformen und einem jovialen Lächeln. Seine kurzen Kraushaare waren hellgrau und verliehen ihm – in Einklang mit seiner eleganten, schlanken Erscheinung und dem hellen Anzug – die Aura eines afrikanischen Gentlemans. Er lachte viel, gab sich betont herzlich und hatte ihn wie einen alten Bekannten begrüßt.
Nur wenige Fahrminuten später wusste Peter jedoch, dass dieses Lachen das eines weltgewandten, erfahrenen Diplomaten war, dessen wahre Gedanken sich hinter einer Maske verbargen. Dieser Mann, vermutete Peter, mochte ihn nicht. Mit Jahzara hatten der etwa 55-jährige Seyoum nur wenige Worte gewechselt. Ihre Begrüßung war auffallend kurz und emotionslos gewesen. Entsprechend angespannt war die Stimmung, als sie die Auffahrt zum Tana-Hotel entlangfuhren.
Plötzlich wandte sich Seyoum um. Seine Augen fixierten ein Fahrzeug, das auf dem Parkplatz stand. Es war ein Geländewagen mit getönten Scheiben. Er wirkte sehr ernst und schien angestrengt nachzudenken.
Peter wunderte sich, dass auf dem Parkplatz kein weiteres Fahrzeug stand. Nirgendwo waren Touristen zu sehen. Seltsam! Das Hotel wirkte eigentümlich verlassen. Nur einige Gärtner lungerten herum. Sie gossen im Zeitlupentempo Blumenbeete. Jahzaras Vater parkte den Wagen unter einem Baum. Peter stieg aus und ging zum Heck des Fahrzeugs. Jahzara blieb neben der Beifahrertür stehen.
Die Explosion war ohrenbetäubend und kam aus dem Gebäudetrakt links neben der Rezeption. Holzsplitter und Metallteile der Brüstung flogen durch die Luft. Männer schrien. Schüsse fielen. Seyoum duckte sich und rannte wie ein fronterfahrener Soldat gebückt um das Auto herum auf Jahzara zu. Er stürzte sich auf seine Tochter und riss sie zu Boden. Noch mehr Männer schrien. Die Gärtner warfen ihre Wasserschläuche zur Seite. Plötzlich hatten sie Waffen in der Hand und rannten auf das Hotel zu. Ein schmächtiger Afrikaner mit riesigen Augen lief auf ihren Wagen zu. Er hielt eine Maschinenpistole in seinen Händen. Aus dem Augenwinkel heraus sah Peter, wie Seyoum sich über seine Tochter beugte. Jahzara war leichenblass, ihre Augen hatten einen Ausdruck voller Panik. Der Mann mit der Maschinenpistole hechtete in einem riesigen Satz auf Seyoum zu, rollte sich ab und kniete sich schützend, die Waffe im Anschlag, vor ihn und Jahzara.
Dem Staub der Explosion folgten Rauchschwaden, die aus einem der Zimmer des Gästetraktes kamen. Befehle hallten durch den Garten. Überall waren Hotelangestellte mit Waffen in den Händen.
Peter lag auf dem Boden neben dem Wagen. Entgeistert starrte er zum Hotel. Eine Gruppe von bewaffneten Männern zerrte soeben einen fast unbekleideten Mann mit heller Haut und sehr unmodernen Unterhosen aus dem Gebäude. Der Weiße blutete an der linken Schulter. Man hatte ihm eine Kapuze über den Kopf gezogen und zerrte ihn brutal über den Innenhof zu einem wartenden Kübelwagen ohne Scheiben.
Wenige Minuten später war der Spuk zu Ende. Letzte Rauchschwaden zogen durch den Garten Richtung Tanasee. Ein Zivilist kam aus dem Hotel. Er trug mehrere schwarze Kleidungsstücke in der Hand.
Jahzara lag noch immer auf dem Boden. Sie wandte ihren Kopf zu ihm, und Peter konnte sehen, dass auch sie erkannt hatte, was der Zivilist in der Hand hielt: die Kleidung eines Priesters.