2.

 

Commissario Toscanelli war wütend. Er litt unter dem Spott seiner Kollegen, die in der Kajüte des kleinen Motorbootes standen und sich vor Lachen schüttelten. Aber er hatte nicht die Kraft, sich zu wehren. Mit aschfahlem Gesicht hing er über der Reling und übergab sich. Und das schon seit einer halben Stunde. Er fühlte sich so elend, dass er sich wieder einmal schwor, sich versetzen zu lassen. Seit sechs Monaten ging das schon so. Seit er aus seiner Heimatstadt Mailand hierher versetzt worden war, kämpfte er mit dieser elenden Übelkeit, die ihn schon überkam, wenn er auch nur ein Boot betrat. Und das musste er eigentlich jeden Tag. Denn Dienst in Venedig hieß Dienst auf dem Wasser. Selbst in seiner Freizeit kam er an dem ihm längst verhassten Meer und den Booten nicht vorbei. In der Lagunenstadt führten alle Wege übers Wasser: Kanäle, Buchten, selbst das offene Meer gehörte zu seinem Dienstbereich.

Als Leiter des Kommissariats für Kapitalverbrechen hatte ihm seine Neigung, sich übergeben zu müssen, mittlerweile den wenig schmeichelhaften und in mancherlei Hinsicht zweideutigen Beinamen »der Großkotzige« eingebracht. Ein Spottname, den inzwischen jeder Carabinieri in Venedig kannte – und bedauerlicherweise auch einige Leute der Unterwelt. Es war ihm durchaus bewusst, dass einige seiner Kollegen mit diesem Namen nicht nur seine Seekrankheit meinten. Sie hatten nicht gerade ein Faible für Beamten aus anderen Regionen Italiens. Dabei machte es ihm nichts aus, dass sie ihn nicht mochten, weil er kein Venezianer war. Auch nicht, dass er wegen seiner perfekten Laufbahn und des für seine gerade mal 3 8 Jahre auffällig hohen Dienstranges permanent von Neidern aufgezogen wurde. Er selbst wiederum empfand die Venezianer als sehr arrogant.

Die neue Politik des Innenministeriums im Kampf gegen die Mafia, gegen Korruption und das organisierte Verbrechen setzte vermehrt Polizisten aus anderen Regionen in den Städten ein, und sie zeigte bereits erste Erfolge. Mafiöse Strukturen bauten in Italien von jeher auf familiären Bindungen auf. Korruption fand dort einen optimalen Nährboden, wo jeder jeden kannte und man sich zudem noch familiär verpflichtet fühlte, sich gegenseitig Gefallen zu erweisen. Dieses System zu unterhöhlen, war Ziel des neuen Innenministers. Und deshalb war er, Franco Toscanelli, von Mailand nach Venedig versetzt worden.

Seiner Laufbahn, dessen war er sich sicher, würde das zum Vorteil gereichen. Seinem körperlichen Wohlbefinden war diese Versetzung allerdings extrem abträglich. Er übergab sich fast jeden Tag mindestens ein Mal. Essen war längst ein Reizthema für ihn geworden. Seit seiner Ankunft hatte er bereits vier Kilo abgenommen. Seine Frau hatte ihn, sehr zu seinem Verdruss, erst gestern wieder schnippisch gefragt, welches Fischfutter sie zum Essen einkaufen solle. Was sie heute zum Frühstück aufgetischt hatte, verteilte er soeben wieder in der Lagune.

Das Polizeiboot sprang wie ein flacher, von Hand geworfener Kieselstein über die Wellen. Das Blaulicht hob sich bizarr gegen den wolkenverhangenen Morgenhimmel ab. Es war ein ruhiger Frühdienst gewesen bis zu diesem Anruf, der ihn zu einer Fahrt hinaus in die Lagune zwang, wo der Wellengang erfahrungsgemäß noch viel schlimmer als in den Kanälen der Stadt war.

 

Ein Gewitter zog vom Meer her auf. Windböen verursachten weiße Gischtkämme. Ein Blick zu dem aufziehenden Unwetter ließ ihn Schlimmes ahnen.

»Ich werde elendig krepieren, mir die Seele aus dem Leib kotzen und im Gesicht bald so grün sein wie die Galle, die ich speie«, keuchte er gegen den Fahrtwind.

Sein Funkgerät blinkte auf. Er wischte sich mit einem Taschentuch den Mund ab und stöhnte: »Pronto… Commissario Toscanelli…! Dove? Non, non, das muss ein Irrtum sein! Wir sind doch schon auf dem Wege nach Burano. Was? Nach Murano? Nein, ich sagte doch, wir sind auf dem Weg nach Burano – mit B –, zu der Leiche im Kloster! Wie bitte? Murano, sagen Sie? Ach, das ist doch Unsinn, bestimmt eine phonetische Verwechslung. Die meinen Burano. Ja, ein Mönch in Burano! Äh, wie meinen Sie das? Ein toter Mönch in Murano? Noch ein toter Mönch?«

Commissario Toscanelli war verwirrt. Erst hatte sie der Abt eines Klosters informiert, dass dort ein Mann umgebracht worden war. Und angeblich gab es nun noch einen toten Mönch, in Murano. Nach einem kurzen Disput mit dem jungen Polizisten, der das Boot steuerte und ebenso von einem Missverständnis ausging, heulte der Dieselmotor des Einsatzschiffes auf. Das Boot flog über die Wellenkämme. Commissario Toscanelli hatte entschieden, zunächst zu dem Kloster zu fahren und dann zurück nach Murano. So weit auseinander lagen beide Orte nicht. Vielleicht zehn, fünfzehn, höchstens aber zwanzig Minuten mit dem Boot. Zuvor mussten sie allerdings noch einen Kollegen in Treporti abholen, was einen Umweg bedeutete.

»Tot sind sie sowieso alle beide«, murmelte er und verspürte ein höchst eigentümliches Gefühl in der Bauchgegend, das nichts mehr mit seiner Seekrankheit zu tun hatte. Zwei tote Mönche an einem Tag. Was für ein ungewöhnlicher Zufall! Vielleicht war es auch kein Zufall.

Nebelbänke verhüllten die kleine Insel gegenüber Treporti, aus dem sich einzelne Gebäude schemenhaft gegen den bedrohlich wirkenden Himmel abhoben. Die Insel mit dem Kloster sah aus wie ein kitschiges Postkartenidyll: Zypressen überthronten mehrere anheimelnde Bruchsteingebäude mit roten Ziegeldächern, und der weiß getünchte Kirchturm ragte wie ein mystischer Wegweiser in den dunklen Himmel.

Sein venezianischer Assistent, der junge Pietro Taricani, trat zu ihm an den Bug des Schiffes. »Sieht so aus, als könne man hier geruhsamen Urlaub machen: weit weg von der quirligen Stadt, von der Lagune umspült und nur mit dem Boot erreichbar. Wer hier lebt, will seine Ruhe haben.«

»Waren Sie schon mal hier?«, fragte Commissario Toscanelli und bemühte sich, nicht mehr seekrank zu wirken.

»Nein, noch nie. Ich weiß nur, dass auf dieser winzigen Insel einige wenige Mönche vom Franziskanerorden leben. Es ist schwierig, zur Insel zu gelangen. Das Wasser der Lagune ist hier ziemlich niedrig. Überall sind kleine Sandbänke und sumpfige Schilfgrasinseln. Zu Fuß erreicht man die Insel nicht und mit einem zu großen Boot auch nicht. Und bei Ebbe geht gar nichts mehr. Die Leitstelle hat deswegen empfohlen, dass wir nach Burano fahren und dann die mit Holzpfosten markierte Fahrrinne benutzen sollen. Dieses Kloster ist eine Festung.«

»Ist das da drüben Burano?«, wollte Commissario Toscanelli wissen und wies auf einen extrem schiefen Kirchturm östlich der Klosterinsel hin.

»Ja, das ist Burano. Der Kirchturm ist fast genauso schief wie der Turm von Pisa. All diese Orte hier draußen auf den Inseln sind auf Sand gebaut. Kein Wunder, dass so hohe Gebäude wie der Kirchturm im Laufe der Jahre in Schräglage geraten.«

»Sieht nett aus, dieses Burano«, sinnierte der Commissario, während das Boot in einem weiten Bogen die Klosterinsel umrundete und schließlich an den blau-gelb-grün getünchten Häusern des Ortes vorbei langsam auf das Kloster zusteuerte. Sie fuhren in dem seichten Wasser extrem langsam, stets an den mit Nebellampen bestückten Markierungspfosten entlang. Noch immer waren von dem Kloster nur die Ziegeldächer und der schlanke Kirchturm zu sehen. Plötzlich riss der Nebel auf. Am Ende der schmalen Fahrrinne, die auf ein Bruchsteingebäude zuführte, waren zwei Männer in braunen Kutten zu sehen. Der ältere Mönch hatte eine Halbglatze und einen gestutzten Kinnbart und schien ziemlich aufgeregt zu sein. Der andere war noch sehr jung und leichenblass. Beide warteten mit vor der Brust gefalteten Händen am Pier und starrten Commissario Toscanelli entgegen.

»Guten Tag, Pater«, grüßte er den Älteren und nickte in Andeutung seines Respekts dem Jüngeren zu. »Ich bin Commissario Franco Toscanelli. Das hier ist mein Assistent, Pietro Taricani. Ich bedaure zutiefst, diesen malerischen Ort aus so einem unangenehmen Anlass zum ersten Mal zu besuchen.«

Der Mönch mit dem Kinnbart, von dem er vermutete, dass es der Prior des Klosters war, verbeugte seinen Oberkörper dezent. »Schrecklich! Es ist furchtbar, Commissario! Ein Mord in diesen altehrwürdigen Gemäuern des heiligen Franz von Assisi! Wir sind zutiefst entsetzt! Ach so, ja, ich bin der Prior des Klosters. Entschuldigen Sie bitte, dass ich vergaß, mich vorzustellen. Was für ein grauenhaftes Verbrechen! Noch grauenvoller ist, dass die Leiche die ganze Nacht über hier hat liegen bleiben müssen. Bei Ebbe und dichtem Nebel, so wie in der letzten Nacht, sind wir nun mal nicht erreichbar. Eine schreckliche Nacht war es! Kein Auge habe ich zugemacht! Nicht mal das Telefon hat funktioniert. Und dann auch noch der spurlos verschwundene Bruder Elias. Wir alle sind mit unseren Nerven am Ende«, stammelte er, während er zielstrebig über den Kiesweg auf eine Tür des Hauptgebäudes zueilte.

Nach wenigen Minuten befand sich der Commissario im Betsaal des heiligen Franziskus. Ein schlichter Altar mit einer Statue der Jungfrau Maria dominierte den Raum. Über einer Nische in der rechten Bruchsteinmauer stand in großen Buchstaben: »Hic Est Locus Ubi Oravit Seraphicus Francisco«. Der Nebenraum ließ sich nur durch einen schmalen Zugang betreten. Ein vergittertes Fenster war neben der Tür in die Mauer eingelassen. Davor stand eine kleine Holzbank, von der aus die Gläubigen beim Beten durch die Gitter hindurch die Statue des Heiligen betrachten konnten.

Beim Anblick des toten Mannes, der dort mit dem Rücken gegen die Statue gelehnt lag, spürte der Commissario erneut Übelkeit aufkommen. Der Geruch des Erbrochenen auf dem Hemd der Leiche intensivierte sein Unwohlsein. Mit schnellem Blick erfasste er die Lage. Die bereits vor vielen Stunden eingetretene Leichenstarre ließ eine halbwegs zuverlässige Einschätzung des Todeszeitpunktes nicht mehr zu. Zehn Stunden waren sicherlich bereits vergangen. Der Tote, ein kleiner, untersetzter Mann zwischen 70 und 80 Jahren in ziviler Kleidung, war offensichtlich mit dem Seil, das mehrfach um seinen Hals geschlungen und an der Holzstatue festgezurrt war, stranguliert worden. Sein Hals wies mehrere hässliche Hämatome auf. Im Mund des Opfers steckte ein Papierknäuel.

Commissario Toscanelli wandte sich an die beiden Pater: »Wieso heißt dieses Kloster eigentlich San Francesco del Deserto?«

Der Prior brachte kein Wort hervor.

»Man sagt, der heilige Franziskus habe auf seiner Rückreise aus den Wüsten des Orients hier auf der Insel angelegt«, antwortete stattdessen der junge Mönch, der sich zwischenzeitlich als Pater Giovanni vorgestellt hatte. Er hatte eine eigenartige, fast knabenhafte Stimme. Und er war sehr nervös. Seine Augen flackerten unruhig hin und her. »Der Allmächtige ließ, so weiß es die Legende zu berichten, die Schwalben der Insel zu ihm sprechen und ihm auferlegen, hier ein Haus Gottes zu bauen«, flüsterte er.

»Und wer ist der Tote?«

»Es… es ist Bruder, äh… es war Monsieur Charles Bahri. Gott sei seiner armen Seele gnädig«, stotterte nun der Prior. »Er ist erst vorgestern eingetroffen. Ein Gast des Hauses, der hier die Erfahrung des Gebetes und der inneren Einkehr suchte. Er hat uns früher schon gelegentlich besucht. Sie müssen wissen, Commissario, dass wir den Gläubigen, die eine Erfahrung in unserer Religionsgemeinschaft machen wollen und die Nähe zu Gott suchen, hier im Kloster unsere Gastfreundschaft anbieten.«

Commissario Toscanelli wunderte sich, warum der Prior ihm mehr sagte, als er ihn gefragt hatte. »Warum haben Sie ihn eben Bruder genannt?«

Dem Prior schien diese Frage peinlich zu sein. Verlegen hüstelte er und schielte zu dem jungen Mönch. »Nun ja, wie soll ich es erklären? Er gehörte früher dem Orden der Franziskaner an. Vor vielen Jahren. Aber er ist noch immer ein gern gesehener Gast.«

Der Commissario merkte verwundert auf. Aus dem Augenwinkel heraus sah er den verunsicherten Augenaufschlag des Priors. »Und warum hat er den Orden verlassen? Tat er es freiwillig – oder hat er gehen müssen?«

Der Prior starrte Hilfe suchend zur Statue der Madonna auf dem Altar. Obwohl es in den alten Gemäuern recht kühl war an diesem Morgen, standen Schweißperlen auf seiner Stirn. »Nun ja, das ist nicht so einfach. Das liegt schon alles weit zurück. Ich weiß nicht genau, was damals geschehen ist. Es war eine Entscheidung, die unsere Glaubensbrüder in Rom getroffen haben.«

Noch nie in seinem Leben hatte Commissario Toscanelli einen Priester oder Mönch befragen oder gar vernehmen müssen. Irgendwie war es ihm unangenehm. Außerdem spürte er, dass der Prior sich schwertat, zu antworten. Er hielt es sogar für möglich, dass der Prior log oder ihm Informationen vorenthielt. Auch die Tatsache, dass der Mord bereits am Tag zuvor geschehen war, die Mönche aber angaben, dass ihr Telefon über Nacht nicht funktioniert hätte, irritierte ihn. Wer weiß, dachte er, was in dieser Nacht alles geschehen war? Ob der Tatort unverändert geblieben war, ließ sich nicht mehr klären. Und sicherlich hatten sich die Mönche längst abgesprochen, was sie bei der Befragung sagen würden. Das würde die Aufklärung des Verbrechens erschweren.

»Ist es nicht etwas ungewöhnlich, dass ein Glaubensbruder, der – freiwillig oder auch unfreiwillig – den Orden verlassen hat, gelegentlich zu Exerzitien ins Kloster zurückkehrt?«

Der Prior schluckte verunsichert. Bevor er antworten konnte, wechselte Commissario Toscanelli das Thema. Er ahnte, dass es da Dinge gab, über die der Prior entweder nicht sprechen wollte oder nicht durfte. »Wie viele Mönche befinden sich eigentlich hier in San Francesco del Deserto«, fragte er.

»Sechs Brüder. Nur noch sechs. Leider können sich immer weniger junge Menschen für ein gottergebenes Leben entscheiden«, versuchte der Prior unbedarft zu wirken. Es gelang ihm jedoch nicht.

Der Commissario blieb beharrlich: »Und alle sechs waren zum Zeitpunkt des Mordes, also gestern am späten Nachmittag, hier im Kloster – und sind es noch immer? War sonst noch jemand zum Tatzeitpunkt, also schätzen wir mal so zwischen fünf und sieben Uhr gestern, hier?«

Der Prior antwortete unerwartet schnell. »Eine Besuchergruppe war da. Sie kamen kurz vor fünf mit dem Taxiboot. Und sie sind gegen halb sieben wieder abgereist. Es waren friedfertige, gottesfürchtige Menschen aus Frankreich, Mitbrüder aus einem Kloster in der Bretagne, die sich in Venedig zu einem Kongress aufhalten.«

Commissario Toscanelli riss erstaunt die Augen auf. »Franziskanermönche?«

»Ja, es waren Mitbrüder unseres Ordens. Derzeit findet in Venedig ein ökumenischer Konvent verschiedener Orden statt. Hunderte von Mitbrüdern aus aller Welt halten sich in der Stadt auf. Viele von ihnen nutzen in diesen Tagen die Gelegenheit, hier auf der Insel dem heiligen Franz von Assisi zu huldigen. Er hat diesen Orden und dieses Kloster gegründet!«

»Und wie viele Mitbrüder waren zur Tatzeit letztendlich hier?«

»Dreizehn, Commissario. Es war die letzte Gruppe des Tages. Insgesamt waren es fünf Gruppen.«

Der Commissario zwang sich, Ruhe zu bewahren: »Pater, bei allem Respekt, verzeihen Sie mir bitte meine weltlichen und für Sie sicherlich unangenehmen Fragen. Aber hier geht es um die Aufklärung eines Verbrechens! Wenn ich das richtig verstanden habe, befanden sich zur Tatzeit also dreizehn Franziskanermönche im Kloster beziehungsweise auf der Insel. Dreizehn, richtig? Und dazu noch Ihre fünf Mitbrüder – und Sie?«

»Ja, so war es wohl.«

Der Commissario spürte die Verunsicherung des Priors. Nochmals warf er einen Blick in die Nische, in der die Leiche lag. Hinter der etwa ein Meter hohen Statue des heiligen Franziskus registrierte er in der linken Mauer eine Tür, die durch ein mächtiges Eisengitter verschlossen war. Die Scharniere befanden sich auf der Innenseite der Nische, sodass die Tür von der anderen Seite aus geöffnet werden musste.

»Wohin führt diese Gittertür?«, fragte er und sah, wie der Mönch zitterte, während er antwortete: »Sie… sie führt in die privaten Gemächer dieses Klosters.«

»Das heißt, jeder der hier lebenden Mönche hat von den privaten Räumlichkeiten aus Zugang zu dieser Nische?«

Der Prior wurde noch nervöser. »Commissario, Sie glauben doch nicht etwa, dass einer der hier lebenden Brüder…?« Der Mönch vermied es, den Gedanken auszusprechen. Stattdessen bekreuzigte er sich.

»Ich glaube derzeit noch gar nichts«, versuchte Commissario Toscanelli die auch ihm peinliche Situation zu entschärfen. »Ich resümiere lediglich. Vor uns liegt ein Toter. Alles spricht dafür, dass der Mann ermordet wurde. Zur Tatzeit, also gestern am späten Nachmittag, hatte eine Besuchergruppe Zugang zu dieser Nische und das waren gemäß Ihrer Aussage alles Mönche. Und: Durch diese Gittertür in der Nische hat man ebenfalls Zugang zum Tatort! Hinter dieser Gittertür leben die Mönche dieses Klosters. Das sind Fakten, an denen nicht zu rütteln ist.«

Commissario Toscanelli drehte sich zur Seite und schaute den auffällig schweigsamen, dafür aber sichtlich nervösen jungen Mönch an. Auf dessen Nasenrücken waren die typischen Druckstellen eines Brillenträgers zu sehen. Aber Pater Giovanni trug keine Brille. Verunsichert steckte der junge Pater seine rechte Hand in die Tasche der Kutte. Durch das Tuch hindurch war zu sehen, dass er etwas umklammerte. Der Commissario dachte kurz daran, den jungen Mönch sofort zur Rede zu stellen, denn er hatte gleich zu Beginn des Gesprächs entdeckt, dass am linken Zeigefinger des Mönches winzige rote Flecken, wahrscheinlich Blut, zu sehen waren. Und auf dem Fußboden neben dem Toten lagen winzige Glassplitter, die vielleicht von der Brille des Mönches stammten. Das ließ den Verdacht begründet erscheinen, dass es zwischen dem Opfer und diesem jungen Mönch zu einem Handgemenge oder gar zum Kampf gekommen war. Möglicherweise verbarg der Mönch seine Brille in der Tasche seiner Kutte. Commissario Toscanelli entschied, den jungen Mönch später zu befragen.

»Über die Besuchergruppe vom gestrigen Tag werden wir noch reden müssen, Pater. Aber alle Brüder des Klosters stehen mir wohl für meine Fragen zur Verfügung, oder?«

Der Mönch mit dem Kinnbart räusperte sich betroffen. »Ja, äh… nein, Commissario. Einer fehlt! Bruder Elias ist verschwunden!«

Commissario Toscanelli sah, wie sich Schamröte über das Gesicht des blässlichen Priors legte, als dieser erklärte: »Bruder Elias hatte gestern die Aufgabe, während des ganzen Tages unsere Mitbrüder drüben in Burano am Landungssteg zu empfangen und sie zu dem Taxiboot für die Fahrt zur Insel zu geleiten. Sie müssen wissen, Bruder Elias spricht viele Sprachen. Aber er ist seit gestern Nachmittag spurlos verschwunden.«

 

Eine halbe Stunde später, Nebelschwaden zogen noch immer über die Lagune von Venedig, fand Commissario Toscanelli das bestätigt, was er intuitiv geahnt hatte. Kaum hatte das Polizeiboot am Landungssteg der Linie 41 im Hafen von Murano angelegt und der ihn begleitende Prior die mit einer Plane zugedeckte Wasserleiche gesehen, stand fest, dass es sich bei dem zweiten Toten um den Mönch Elias aus dem Kloster handelte. Wenngleich die Beamten der Spurensicherung mit ihren ersten Untersuchungen noch nicht fertig waren, so schien doch ziemlich sicher, was geschehen war.

Der tote Mönch war bis auf seine Unterhose unbekleidet. An seiner rechten Schläfe war eine faustgroße Wunde zu sehen. Alles deutete darauf hin, dass der Mönch erst bewusstlos geschlagen und dann ins Wasser gestürzt worden war. Mit der Flut war sein Körper dann offensichtlich vom Kloster stadteinwärts bis in die Höhe von Murano getrieben, wo ein Fischer die Leiche heute Früh entdeckt hatte. Eine Frau vom Fischmarkt hatte den Toten als Mönch vom nahen Kloster erkannt und die Polizei angerufen.

Knapp acht Kilometer, so schätzte Commissario Toscanelli, waren es vom Kloster bis nach Murano. Wahrscheinlich war die Leiche in der Nacht in der Lagune umhergetrieben. Der Körper des dicklichen Bruder Elias war bereits aufgedunsen. So nackt wie er war, lag das Motiv des Mordes auf der Hand: Jemand hatte die Kutte des Mönches gebraucht. Wahrscheinlich, um sich im Kloster San Francesco del Deserto unbemerkt bewegen zu können.

»Zwei Tote, zudem noch zwei Mönche, innerhalb so kurzer Zeit, das hatte ich auch noch nicht«, resümierte Commissario Toscanelli während der Rückfahrt nach Venedig und gab seinem Assistenten einen Auftrag: »Pietro, ich möchte so schnell wie möglich die beiden Autopsieberichte haben. Und die Spurensicherung soll sich auch beeilen. Mist, dass seit dem Mord im Kloster so viel Zeit vergangen ist. Ich finde es zudem höchst seltsam, dass ausgerechnet heute Nacht angeblich das Telefon im Kloster nicht funktioniert hat. Wer weiß, ob unsere ehrwürdigen Brüder den Tatort nicht ein wenig aufgeräumt haben. Die haben vielleicht eine etwas andere Vorstellung von Recht und Gerechtigkeit als wir. Irgendetwas verheimlichen die uns! Pietro, stellen Sie zwei Beamte ab, die auf die Mönche im Kloster aufpassen. Ich will nicht, dass noch einer von denen ins Wasser fällt oder sonst wie auf wundersame Weise verschwindet. Außerdem möchte ich mit allen morgen im Lauf des Vormittags sprechen. Und noch was, Pietro, sprechen Sie möglichst bald mit dem Fahrer des Bootes, mit dem die dreizehn Mönche gestern von Burano auf die Klosterinsel gekommen sind. Ich will genau wissen, wann sie im Kloster angekommen und wieder abgefahren sind. Da dieses Inselkloster wie eine Festung gebaut ist, kann eigentlich nur ein Mönch der Mörder von Charles Bahri und von Bruder Elias gewesen sein.«

 

Wenige Stunden später stürmte Pietro in Commissario Toscanellis Büro. Der junge Mann war sichtlich aufgeregt.

»Also, die erste Sensation! Der ehemalige Mönch Charles Bahri ist nicht ermordet worden!«

»Was?«, entfuhr es dem Commissario. »Nicht ermordet? Aber der war tot, stranguliert! Das war doch mehr als eindeutig!«

»Ja, es sah so aus. Aber die Gerichtsmediziner sind zu einem völlig anderen Schluss gekommen. Die Obduktionsergebnisse lassen keine Zweifel zu. Charles Bahri ist zwar an der Statue des heiligen Franz von Assisi gefesselt worden, am Hals – und zwar ganz offensichtlich mit jener Kordel, die der tote Mönch Elias für seine Kutte benutzt hatte. Das haben erste DNA-Tests ergeben. Aber er ist nicht umgebracht worden.«

Commissario Toscanelli starrte seinen jungen Kollegen ungläubig an: »Pietro, Sie wollen mir doch nicht etwa erzählen, dass Bruder Elias, also die Wasserleiche, diesen Charles Bahri gefesselt hat, oder?«

»Nein, das hat er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht getan«, lachte Pietro. »Fakt aber ist, dass der tote Charles Bahri auf der Flucht vor seinem Verfolger etwas heruntergeschluckt hat. Und zwar ein ziemlich großes Stück Papier. Nachdem er mit dem Strick um den Hals an die Statue gefesselt worden war, hat man ihn offensichtlich durch Schläge zum Sprechen bringen wollen. Die Verletzungen in seinem Gesicht sprechen für diese These. Doch dann hat der Angreifer von seinem Opfer abgelassen. Vielleicht ist er gestört worden. Möglicherweise von der letzten Besuchergruppe, die durchs Kloster geführt wurde.«

»Aber wie, zum Teufel, ist der arme Kerl dann gestorben?« Commissario Toscanelli war aufgewühlt. Die ganze Angelegenheit wurde immer verworrener.

»Er ist erstickt, Chef. Ganz einfach erstickt! Und zwar an dem, was er heruntergeschluckt hatte: ein zusammengeknülltes Blatt Papier. Der Täter hatte ihm einen Knebel aus einem Stück Stoff in den Mund gesteckt, wahrscheinlich, um ihn daran zu hindern, zu schreien – «

»Warum habe ich dann keinen Knebel gesehen?«, unterbrach der Commissario. »Ich habe mir den Toten genau angeschaut. Das Papier im Mund habe ich gesehen, aber keinen Knebel!«

»Si, si…«, fuhr Pietro fort, »wahrscheinlich war der Würgereiz bei dem Opfer so intensiv, dass es beim Hochwürgen des Papierknäuels den Knebel aus dem Mund herausgedrückt hat. Jedenfalls lag der Knebel mit dem Speichel des Toten und Resten des Erbrochenen in der Betnische.«

»Mensch, Pietro, machen Sie mich nicht verrückt. Ich habe doch Augen im Kopf. Da war nichts! Weder neben noch vor dem Toten. Wo soll dieser Knebel denn hin verschwunden sein? Haben die Mönche -?«

»Nein, nein! Es ist ganz einfach, Commissario! Auf dem Boden der Betnische ist ein mit einem Eisengitter gesichertes Loch, vielleicht 30 Zentimeter breit und knapp einen halben Meter lang. Darunter haben Archäologen die antiken Fundamente des Klosters freigelegt und für Besucher sichtbar gemacht. Der Knebel lag in dieser Öffnung! Das Opfer hat sich wahrscheinlich wegen des verschluckten Papiers übergeben müssen. Unter dem Druck des Erbrochenen ist der Knebel dann aus dem Mund raus- und in das Loch im Boden gefallen. Erstickt ist der arme Kerl. An dem Papier und an seinem Erbrochenen. Er muss Höllenqualen gelitten haben in seinem Todeskampf. Seine Fingernägel sind alle abgebrochen, weil er sich in den Fugen der Steinplatten auf dem Boden festgekrallt hat. Grausig! Der alte Mann ist langsam und qualvoll krepiert. Hat bestimmt eine Viertelstunde gedauert, wie die Gerichtsmediziner sagen. Der ist an dem gestorben, was er dem Täter vorenthalten wollte, und es deshalb verschluckte.«

Commissario Toscanelli lief in seinem Büro auf und ab. Die neue Sachlage dokumentierte einerseits die hervorragende Arbeit der Gerichtsmediziner und der Kollegen von der Spurensuche. Andererseits ließ sie neue Fragen aufkommen. »Wer, zum Teufel, hat Charles Bahri geknebelt? Wie ist der Täter ins Kloster gekommen?«

»Wer es war, weiß ich noch nicht. Aber ich weiß, wer es nicht war! Nämlich der tote Mönch Elias!«

»Wer sagt das?«

»Meine Logik, Chef! Die Armbanduhr von Elias ist um 17.16 Uhr stehengeblieben.«

»Als man ihn ins Wasser warf, gestern Nachmittag.«

»Richtig! Aber die Gerichtsmediziner sagen, dass der Tod von Charles Bahri mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erst gegen Viertel nach sechs eingetreten ist. Da war Bruder Elias aber schon tot. Was den Schluss zulässt, dass einer der Besucher der Mörder gewesen war, also einer der Franziskanermönche – «

»Oder einer der fünf Klosterbrüder«, unterbrach Commissario Toscanelli seinen jungen Kollegen.

Der Assistent schaute seinen Vorgesetzten an und verdrehte die Augen. »Um Gottes willen! Diesen Verdacht sollten Sie vorerst lieber nicht an die große Glocke hängen, Commissario. Wir sind hier in Venedig. Nach Rom ist das die heiligste Stadt Italiens. Hier gibt es mehr Kirchen als Bars, mehr Klöster als Bordelle und mehr heilige Kirchenmänner als Zuhälter. Und jetzt auch noch der Konvent der Franziskaner! In Venedig wimmelt es derzeit vor Männern in braunen Mönchskutten. Allesamt Franziskaner! Als Polizist sollte man in Venedig nicht mal laut denken, dass ein Mönch jemanden umgebracht haben könnte. Sonst haben Sie gleich eine Privataudienz beim Polizeipräfekten. Und seien Sie sicher, Chef, der Erzbischof höchstpersönlich würde auch dabei sein.«

»Wir haben aber nun mal gleich zwei tote Mönche, Pietro! Einen richtigen und einen, der früher zu diesem Orden gehört hat. Das ist ein Fakt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das auch in den Zeitungen steht. Bis dahin sollten wir zumindest eine Ahnung haben, wer von diesen achtzehn Mönchen, die zur Tatzeit im Kloster waren, der Mörder war.«

»Es war keiner von diesen achtzehn!«

Die Worte seines Assistenten ließen den Commissario herumwirbeln. »Was? Wer sagt das? Kommen Sie, Pietro, lassen Sie sich nicht alle Details aus der Nase ziehen.«

»Der Täter war wahrscheinlich gar kein Mönch, kein richtiger Mönch! Es war keiner von den dreizehn, die mit dem Boot zum Kloster kamen. Und es war auch keiner der fünf Mönche vom Kloster. Keiner von diesen achtzehn war es. Es war der neunzehnte!«

Commissario Toscanelli war kurz davor, ungehalten zu werden. Die kryptischen Andeutungen seines Assistenten brachten ihn in Rage: »Pietro, hören Sie auf mit diesem Unsinn! Erzählen Sie, was Sie wissen – und zwar alles!«

»Venedig, Chef, ist zwar für Sie als Landratte aus Mailand ein Horror, weil hier nichts ohne Boote geht. Aber Venedig ist für uns hiesige Polizisten auch ein Paradies! Bei Ermittlungen haben wir einen unvorstellbaren Vorteil. Wer immer sich in dieser Stadt oder innerhalb der Lagune bewegt, kann das nicht ohne ein Boot. Alle Boote sind registriert, haben feste Anlegeplätze. Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere ist: Wer sich hier ohne eigenes Boot bewegt, benutzt entweder ein Wassertaxi oder die Vaporetti. Die Fahrten der Wassertaxis sind nachprüfbar. Die Vaporetti haben feste Fahrzeiten, feste Haltestellen, haben Personal, das beim Einstieg behilflich ist, haben Kontrolleure und Kapitäne. Und alle haben sie Augen und Ohren! Nichts, fast nichts, Chef, geschieht in dieser Stadt, ohne dass nicht ein Boot involviert ist! Überall hier sind Boote. Und Augen! Das hat manchmal auch sehr lustige Begleiterscheinungen. Da die Vaporetti nach einem festen Zeitplan fahren, trifft man auf ihnen irgendwie immer die gleichen Leute. Ich habe meine Freundin mal an einem Tag an vier verschiedenen Orten in der Stadt auf einem Wassertaxi getroffen. Drei Mal habe ich mich gefreut. Beim vierten Mal war es dann unangenehm, weil ich gerade eine andere Frau, eine alte Liebe von mir, im Arm hatte. Das zum Thema Zufall hier in Venedig.«

»Pietro, entweder ich entlasse Sie fristlos oder ich degradiere Sie zum Laufburschen, wenn Sie jetzt nicht sofort ausspucken, was Sie sonst noch wissen. Los! Aber jetzt bitte alle Fakten!« Der Commissario versuchte, seinen Worten durch eine finstere Miene Nachdruck zu verleihen. Aber es gelang ihm nicht. Er musste plötzlich grinsen. Er mochte und schätzte seinen jungen Assistenten. Er war ein cleverer Bursche, loyal und sehr umtriebig. »Nichts für ungut, Pietro! Erstklassige Arbeit, wirklich perfekt, ihre Ermittlungsansätze. Aber jetzt erzählen Sie!«

»Die dreizehn Franziskaner kamen, wie die anderen Besuchergruppen des gestrigen Tages auch, nachweislich alle zusammen auf einem Vaporetto aus Venedig nach Burano, wo sie zunächst eine kurze Besichtigungstour machten. Der Ort ist für seine farbenprächtigen Häuser, die romantischen Winkelchen und Kanäle und für seine vielen Mode- und Stoffgeschäfte bekannt. Als die Gruppe dann mit dem Wassertaxi Richtung Kloster San Francesco del Deserto ablegen wollte, das war am Nachmittag, gab es ein großes Durcheinander, weil der Besuchergruppe gesagt worden war, dass sie von einem Bruder Elias empfangen und begleitet werden würden. Der jedoch war nicht da. Stattdessen kam plötzlich ein Mönch in der Kleidung der Franziskaner herbeigeeilt. Laut Aussagen des Kapitäns war dieser Mönch angeblich taubstumm. Jedenfalls hat er so getan, als könne er nicht sprechen und hat in Gebärdensprache angedeutet, dass Bruder Elias verhindert sei und später nachkäme.«

»Wahnsinn! Grandios, Pietro. Hervorragend! Der neunzehnte war gar kein Mönch!«, platzte Commissario Toscanelli heraus.

»Richtig! Es waren dreizehn Mönche, die zur Insel fuhren – und ein Mörder in der Kutte von Bruder Elias, der zu diesem Zeitpunkt bereits tot im Wasser trieb!«

»Und Sie wissen natürlich schon, wer der Mörder war? Kommen Sie, Pietro, spannen Sie mich nicht auf die Folter!«

»Noch nicht ganz, Commissario. Nicht ganz! Aber fast! Wir haben den Wassertaxifahrer von Burano ausgemacht. Es ist ein ziemlich versoffener Typ. Aber er ist der Einzige in Burano, der ein Taxiboot besitzt. Wir haben ihn in der Bar Primavera, am Park direkt gegenüber der Anlegestelle der Linie 1, ausfindig gemacht, ziemlich betrunken. Es war zwar recht konfus, was der Kerl gelallt hat. Wenigstens hat er sich noch daran erinnern können, dass er sich gewundert habe, wieso Bruder Elias nicht gekommen und stattdessen plötzlich ein ihm unbekannter Mönch aufgetaucht sei. Der kannte Bruder Elias nämlich seit Jahren! Da aber den ganzen Tag über so viele ihm fremde Mönche in Burano angekommen und mit ihm zum Kloster gefahren seien, habe er nicht weiter darüber nachgedacht. Erst als er am Abend wieder in der Bar bei Signora Donatelli saß und mit ihr über die vielen Mönche an diesem Tag sprach, begann er, sich Gedanken zu machen, dass da etwas nicht stimmte. Denn der angeblich taubstumme Mönch hatte einen auffallend braunen Teint und sah fast wie ein Araber aus. Und der Mann hatte ein Pflaster auf der Stirn.«

Commissario Toscanelli verharrte regungslos vor dem Fenster und starrte auf den kleinen Kanal vor dem Polizeipräsidium. Ohne sich umzudrehen, sprach er zu seinem Assistenten: »Pietro, Sie sind ein Ass! Und weil Sie so perfekt und wir hier in Venedig sind, wo bekanntlich auch Mörder mit dem Boot anreisen müssen, werden Sie mir jetzt sicherlich gleich auch noch sagen wollen, mit welchem Vaporetto der vermeintliche Täter nach Burano kam – und von dort wieder wegfuhr, richtig?«

»Richtig! Ich sehe schon, Chef, Sie beginnen bereits, die Vorteile Venedigs schätzen zu lernen. Also, der vermeintliche Mörder von Bruder Elias und wahrscheinlich auch der Täter, der für den Tod von Charles Bahri verantwortlich ist, stammt aus dem Ausland. Er ist um die vierzig und auffallend braungebrannt. Ein Südländer, vielleicht auch ein Mann arabischen Ursprungs. Er trug zur Tatzeit Jeans und ein blaues, kurzärmliges Hemd. Das zumindest ist die Personenbeschreibung von Signora Donatelli, der Barbesitzerin. Sie beobachtete gestern einen Mann mit dieser Beschreibung, wie er gegen vier Uhr nachmittags mit der Linie T am Landungssteg von Burano ankam. Um diese Uhrzeit ist nicht viel los in der kleinen Bar, die nur wenige Meter vom Landungssteg entfernt liegt. Die meisten Touristen fahren zu der Zeit schon wieder zurück nach Venedig. Die Signora plauderte draußen vor der Bar an ihrem Eisstand mit ihren Enkeln und beobachtete dabei, wie das Boot mit dem Fremden anlegte. Der Mann – sie sagt, er habe Englisch gesprochen und ein Pflaster auf der Stirn gehabt – stieg aus dem aus Venedig kommenden Schiff aus und erkundigte sich bei ihr, wie man nach San Francesco del Deserto gelange. Sie schickte ihn daraufhin zu Pater Elias, der auf einer Bank am Wasser saß und auf das nächste Schiff mit Franziskanermönchen aus Venedig wartete. Und, jetzt kommt der Hammer, Commissario: Derselbe Mann fuhr nach Aussagen der Fahrscheinkontrolleurin Francesca Sacchetti um 19.43 Uhr mit ihr auf der Linie 1 nach Venedig zurück, wobei er sich noch bei ihr erkundigte, wie er am besten zur Piazza Roma komme.«

»Wie viele Hotels gibt es dort in der Nähe?« Die Frage des Commissario hallte wie ein Peitschenschlag durch das Zimmer.

»Sieben Hotels in unmittelbarer Nähe, vierzehn im näheren Umkreis«, triumphierte der Assistent und fügte stolz hinzu, »die Kollegen sind schon ausgeschwärmt. Die Fahndung nach einem braungebrannten, etwa vierzigjährigen, arabisch aussehenden Mann in Jeans und einem blauen Hemd läuft bereits.«

Commissario Toscanelli kombinierte blitzschnell: »Entweder hat der Verdächtige dort in der Nähe der Piazza Roma in einem Hotel geschlafen, was bedeuteten würde, dass er jetzt vielleicht noch da ist. Oder er ist am Bahnhof an der Piazza Roma in einen Zug gestiegen oder in einen Bus oder mit einem Taxi zum Flughafen gefahren. Dann ist er weg.« Hektisch fingerte er nach seiner Dienstwaffe in der Schreibtischschublade und wollte gerade die Bürotür öffnen, als er abrupt stehen blieb: »Sagen Sie, Pietro, was ist das eigentlich für ein Blatt Papier, an dem dieser Charles Bahri erstickt ist? Stand da was drauf?«

Der junge Polizist schien auf diese Frage gewartet zu haben. »Es war eine Seite aus einem alten Buch. Durch den Speichel und das Erbrochene des Toten ist zwar nicht mehr allzu viel zu erkennen, aber es scheint so etwas wie eine Landkarte zu sein. Allerdings sagten mir die Gerichtsmediziner, es sei ziemlich wirres Zeug, was darauf abgebildet sei, mit sehr komischen Buchstaben und in verschiedenen Sprachen. Morgen erfahren wir mehr darüber. Jetzt, so denke ich, sollten wir schleunigst nach unserem Mann, dem vermeintlichen Mörder, suchen. Wir haben ja eine sehr gute Täterbeschreibung.«

 

Abdul Qadir Dschila, Sufi und damit Derwisch des Ordens Al Sakina, fühlte sich unwohl.

Die Fahrt zur Amr-Ibn-al-As-Moschee im Süden der Stadt hatte ihm bei der unerträglichen Hitze dieses Morgens sehr zu schaffen gemacht. Kairo lag unter einer Dunstglocke aus Abgasen und roten Sandpartikeln, die ein Wüstensturm in der Nacht zuvor über die Stadt am Nil geweht hatte. Das Atmen fiel ihm schwer. In Masr el-edima, dem Viertel der koptischen Christen, hatte er fast eine Stunde lang in einem Stau gestanden. Er war froh, endlich die Moschee erreicht zu haben. Schwer keuchend musste er im Schatten des Brunnens inmitten des Innenhofs rasten. Unter dessen Kuppel war es angenehm kühl. Eine Windböe wirbelte seinen weißen Vollbart hoch und ließ sein Gewand flattern.

Für einen Moment gab er sich wehmütigen Gedanken hin. Was für ein geschichtsträchtiger Ort für ein solches Treffen! Die nach dem einstigen Heerführer benannte Amr-Ibn-el-As-Moschee war die älteste auf afrikanischem Boden. Legenden wussten sogar zu berichten, dass der Brunnen, in dessen Schatten er gerade ruhte, vom Wasser der heiligen Moschee in Mekka gespeist wurde. Und eine der acht Säulen des Brunnens war angeblich vom Kalifen Omar mit einem einzigen Peitschenschlag vom heiligen Mekka hierher befördert worden. Hier in al Fustat hatte vor 1400 Jahren die Eroberung Ägyptens durch moslemische Heere und damit der Siegeszug des Islams über Nordafrika bis hin nach Spanien begonnen. Von hier aus, der heutigen Altstadt Kairos, hatten islamische Heerführer die südlich von Ägypten gelegenen Christenreiche von Aksum und Lalibela überrannt und dort Christen, Juden und Ungläubige dem Wunsche Allahs gemäß bekehrt – oder getötet. Afrika, Heimat ungläubiger Schwarzer und widerspenstiger Christen, Bollwerk des Satans USA fiel nach und nach. Der große islamische Gottesstaat am Horn von Afrika war nur mehr eine Frage der Zeit. Ja, die Moschee Amr Ibn el-As war wahrlich ein guter Ort, um sich mit Hasan al-Basri zu treffen.

»Es-Sabr gamil…«, murmelte er leise ein arabisches Sprichwort vor sich hin. Ja, Geduld war wirklich schön, wenn man im rechten Glauben lebte. Geduld hatten er und seine Glaubensbrüder vom Al-Sakina-Orden sicherlich. Am rechten Glauben mangelte es ihm und seinen Brüdern auch nicht. Allerdings war ihnen das Glück derzeit nicht wirklich hold. Doch der Allmächtige würde ihnen Kraft geben.

Ausgeruht und voller Elan richtete sich Abdul Qadir Dschila auf und ging über den Innenhof zur Moschee. Der Ruf des Muezzins ließ ihn erkennen, dass er pünktlich war. Zu seiner Freude saß Hasan al-Basri bereits auf einem Gebetsteppich rechts neben der Minbar an der Qibla-Wand. Hier, unter der Kanzel, dessen war er sich sicher, würden sie ungestört über die neuesten Entwicklungen sprechen können. Kein Abtrünniger, kein Spitzel der ägyptischen Regierung und schon gar keine zionistischen Spione würden sich an diesen Ort trauen. Dieses Bewusstsein beruhigte ihn. Denn sein Gespräch mit Hasan al-Basri war brisant. Die Angelegenheit mit diesem Charles Bahri drohte aus dem Ruder zu laufen. Sahib al Saif, der Mann, den alle im Orden »Statthalter des Schwertes« nannten, hatte ihn informiert, dass es ihm weder im Haus des Christen am Roten Meer noch in dem Kloster gelungen sei, an die Dokumente zu gelangen. Dummerweise war der ehemalige Mönch inzwischen tot. Wie das passieren konnte, wusste er zwar noch nicht, aber Sahib al Saif würde gleich Bericht erstatten. Dann galt es, einen neuen Plan zu schmieden, denn wie es aussah, besaßen nun dieser Deutsche und eine Frau die wichtigen Dokumente. Hoffentlich, dachte Abdul Qadir Dschila und ging auf seinen Glaubensbruder zu, hat Hasan al-Basri von seinen Informanten beim ägyptischen Geheimdienst mittlerweile weitere Informationen erhalten. Sein Freund und Ordensbruder saß in Gedanken versunken auf dem Gebetsteppich.

»Salam aleikum, Hasan.«

»Wa aleikum al salam!«

»Izzayyak? Ahlan wa sahlan, Bruder!«

»Ahlan bik! Al hamdullilah – sei ebenfalls willkommen! Lob sei dem Herrn.«

Abdul Qadir Dschila setzte sich auf den Gebetsteppich neben Hasan al-Basri.

Hasan al-Basri trug wie immer eine Nickelbrille. Der gestutzte Kinnbart akzentuierte sein schmales, weit nach vorn stehendes Kinn. Er machte ein sorgenvolles Gesicht. »Na, Abdul? Kif Halak – wie ist die Lage?«

»Nun ja, was soll ich sagen, Hasan? Der Allmächtige scheint uns mit mancherlei Prüfungen zu strafen! Was sich der Statthalter des Schwertes da geleistet hat, könnte unseren Plan zunichtemachen.«

»Ach, Abdul, du weißt doch, was im Koran geschrieben steht: ›Dann schickte Allah auf Seinen Gesandten und auf die Gläubigen innere Ruhe herab und ließ unsichtbare Kräfte herabkommen! Er ist es, der innere Ruhe in die Herzen der Gläubigen legte, damit sie noch mehr Glauben gewinnen.‹ So steht es geschrieben. Also, sei nicht so pessimistisch. Unsere Wege sind von Ihm gewollte Pfade der Fügung. Die Dinge sind zwar komplizierter geworden, aber du wirst sehen. Am Ende werden wir in Besitz nehmen, was den muslimischen Völkern seit Jahrtausenden gehört. Aron ha’brit, wie die Juden es nennen, wird zu uns zurückkehren, und es wird der Beginn einer neuen Zeit sein. Dann werden die Juden die Wahrhaftigkeit des Imam Mahdi erkennen und die Aufrichtigen unter ihnen werden sich ihm anschließen. Sie wird göttliche Gegenwart ausstrahlen und Quelle des Friedens sein. So sagt es der Koran. Und so wird es sein. Weil Er es in seiner Allmacht und Weisheit so fügen wird! Übrigens, Abdul, ich habe heute Morgen ein sehr aufschlussreiches Gespräch mit Abdallah geführt. Du weißt schon, unser enger Vertrauter und Glaubensbruder im Außenministerium. Er zeigte sich wie immer sehr hilfreich.«

Abdul Qadir Dschila blickte misstrauisch um sich, bevor er leise fragte: »Hast du Informationen über den Deutschen und diese Frau erhalten?«

»Ja, habe ich. Unser Freund im ägyptischen Außenministerium hat exzellente Kontakte zu Glaubensbrüdern bei Interpol. Ich habe von ihm Fotos und weitere Informationen erhalten. Was immer dieser Deutsche und diese Christin fortan tun werden, wir erfahren es frühzeitig! Glücklicherweise hat dieser Narr von Mönch immer so unglaublich unvorsichtig am Telefon geplappert und seinen Vertrauten Faxe geschickt, ohne auch nur auf die Idee zu kommen, dass er abgehört wird. Dieser Deutsche ist wohl ein Freund von Bahri. Er ist nun im Besitz der Karte und anderer Dokumente. Ob er schon weiß, wohin ihn diese Dokumente führen werden, ist mir allerdings noch nicht bekannt. Aber schon ab morgen werden wir mithören, wenn er über sein Handy telefoniert. Über diese Frau wissen wir allerdings noch nicht sehr viel. Doch auch das wird sich bald ändern – «

Hasan al-Basri wollte gerade weitersprechen, als sein Blick auf einen Mann in einem weißen Gewand fiel, der zielstrebig durch die Moschee auf sie zuschritt. »Da kommt Sahib al Saif, der Statthalter des Schwertes«, murmelte er leise. »Lass uns später weiterreden. Der Einfältige muss nicht mehr wissen als unbedingt notwendig. Allah hat ihm den Verstand eines Lamms, die Kraft eines Büffels und den Mut eines Löwen gegeben. Die Schlichtheit eines Fellachen müssen wir mit Nachsicht würdigen. Er muss nicht unbedingt verstehen, was er tut. In seiner grenzenlosen Ergebenheit zu Allah und seiner Treue zu Al Sakina wird er befolgen, was wir ihm auftragen.«

Sahib al Saif versuchte, so demütig wie möglich zu wirken. Ihm war klar, dass diese beiden Sufis in dem Dünkel lebten, besonders weise zu sein und in ihm lediglich einen dumpfköpfigen Bauern und Befehlsempfänger sahen. Sollten sie nur! Ihm war es egal, was die beiden Derwische dachten. Bisher waren sie mit seinen Diensten zufrieden gewesen. Wenn der Orden besonders heikle Dinge zu regeln hatte, wandte man sich stets an ihn. Seit seiner Zeit bei der Armee eilte ihm der Ruf voraus, exzellent mit Waffen und Sprengstoff umgehen zu können, loyal und zuverlässig zu sein. Da sein Sohn vom israelischen Mossad als vermeintlicher Terrorist liquidiert worden war und er seitdem einen grenzenlosen Hass gegen Christen und Zionisten in sich trug, stuften die Leute von Al Sakina ihn als besonders vertrauenswürdig ein. Sie zahlten gut. Was sie letztendlich als Ziel vor Augen hatten, war ihm bis heute nicht klar. Ihm war es eigentlich auch gleichgültig, solange sich seine Arbeit gegen Zionisten, Christen und Verbündete des Satans USA richtete. Allerdings kannte er sehr wohl jene Passage Sure 48, die sich auf den Namen des Al-Sakina-Ordens bezog. Dort stand geschrieben: »Er ist es, der Sakina in die Herzen der Gläubigen legte, damit sie noch mehr Glauben gewinnen. Allah gehören die Heerscharen der Himmel und der Erde. Als die Ungläubigen in ihren Herzen blinden Eifer trugen, den blinden Eifer der Unwissenheit, da senkte Allah Seine Sakina auf Seine Gesandten und die Gläubigen und machte ihnen ständiges Gottesbewusstsein zur Pflicht; denn sie waren dessen am würdigsten und verdienten es am meisten.«

In früheren Gesprächen hatte er zudem erfahren, dass sich der Orden auf Muhammad ibn Hasan, bei Muslimen bekannt als Imam Mahdi, begründete. Nach Vorstellung der Schiiten lebte dieser letzte der zwölf Imame noch immer in der Verborgenheit und wird vor dem Ende der Welt erscheinen. Zu seinen Erscheinungsmerkmalen, so sagt man, wird ein legendäres Schwert namens Dhul-Fiqar gehören, das der Prophet Mohammed ihm geschenkt hat. Und genau das war sein Tarnname, wenn er für den Orden Al Sakina tätig wurde: Dhul-Fiqar – die Doppelschneide. Synonym für die Trennlinie von Wahrheit und Falschheit.

Mit gesenktem Blick verbeugte er sich vor den beiden alten Männern und murmelte ein demütiges »La fatá illa Ali, la saif illa Zulfiqar – es gibt keinen Helden außer Ali und kein Schwert außer Dhul-Fiqar.«

Die beiden Sufis forderten ihn auf, Platz zu nehmen. Der mit der Brille flüsterte: »Was, beim Allmächtigen, ist geschehen? Warum musste der alte Mann sterben, bevor du die Dokumente sichergestellt hattest?«

Sahib al Saif versuchte, reuevoll zu klingen: »Er hatte die Karte hinuntergeschluckt. Mehr hatte er nicht dabei. Gerade als ich ihn zwingen wollte, die Karte auszuspucken, kam, eine Gruppe von Mönchen in die Kirche. Ich – «

»Schweig«, zischte nun der andere. »Erspar uns diese Details! Du hast versagt. Das sind wir von dir nicht gewöhnt. Aber wir werden Nachsicht walten lassen. Du bist ein treuer Diener Allahs. Du wirst noch eine Chance haben. Dafür wirst du mehr tun müssen als geplant. Andere besitzen inzwischen die Dokumente, die uns zu dem Zeichen führen werden, das den Beginn einer neuen Zeit einläuten wird. Damit du verstehst, wie bedeutsam deine Mission für die Moslems dieser Welt ist, du daher strengste Verschwiegenheit wahren und mit all deiner Kraft und Weisheit vorgehen musst, haben wir beschlossen, dich in ein Geheimnis einzuweihen. Das Gesetz unseres Ordens sagt, dass jeder mit einer Fatwa belegt werden wird, der ein solches Geheimnis nicht wahrt. Du weißt, was das bedeutet!«

Hasan al-Basri hielt inne, wandte sich seinem Ordensbruder zu und sagte: »Abdul Qadir Dschila wird dich jetzt mit Dingen vertraut machen, die nur einigen wenigen Auserwählten bekannt sind. Dein Schweigen setzen wir als selbstverständlich voraus.«

Der genannte Sufi wiegte sein Haupt und begann, bedächtig zu sprechen: »Wie du weißt, lebt der Imam Mahdi, der Fürst der Zeit und der letzte der zwölf Imame, in der Verborgenheit. Er nimmt jedoch an Versammlungen der Gläubigen teil, ohne dass die Menschen dies erkennen. Nur Allah weiß, wie lange seine Verborgenheit noch andauern wird. Adschal-alla-hu-faradschahun – möge Allah die Befreiung seiner Bindung an die Verborgenheit beschleunigen. Seine Wiederkunft wird, so steht es geschrieben, angekündigt werden durch Zeichen des Allmächtigen. Einige sind bereits eingetroffen oder sie zeichnen sich ab. Dazu gehörte eine Sonnenfinsternis in der Hälfte des Fastenmonats Ramadan und eine Mondfinsternis am Endes des Ramadan; die Ägypter werden ihren Herrscher töten; ein schwarzer Wind, der des Todes, wird sich in Bagdad erheben; Syrien wird zerstört werden und drei Flaggen werden über Syrien uneins sein. Zu den Zeichen der Wiederkunft des Imams Mahdi gehört aber auch ein mystischer Gegenstand, der göttliche Gegenwart ausstrahlt und eine Quelle des Seelenfriedens, der Sakina, ist. Die Juden nennen es Aron ha’brit. Sie, wie auch die Christen, trachten danach! Dieser Gegenstand war lange Zeit verschollen. Es heißt, er sei einst bei der Besetzung Jerusalems durch Nebukadnezar zerstört worden. Wir gehen davon aus, dass es Menschen – Ungläubige, Christen und Juden – gibt, die wissen, wo diese Aron ha’brit verborgen ist. Charles Bahri, der nun tot ist, besaß Dokumente, die uns zu diesem heiligsten aller heiligen Zeichen hätte führen können. Leider besitzen andere Ungläubige jetzt diese Unterlagen. Du hast die ehrenvolle Aufgabe, ebendiese Dokumente für uns, für das Heil aller Muslime dieser Welt, zu beschaffen. Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln! Du wirst noch heute Informationen erhalten über die Menschen, die im Besitz der Dokumente sind und die danach trachten, des heiligen Zeichens der Wiederkehr des Imams Mahdi habhaft zu werden. Du, der Statthalter des Schwertes, musst dir im Klaren darüber sein, dass du, wenn nötig, als Märtyrer sterben musst, um die Muslime der Welt in den Besitz dieses Gegenstandes zu bringen. Dein Weg wird dich dabei nach Äthiopien führen. Alah yisallimak – Allah möge dich unversehrt halten.«