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ER WACHT auf und erschrickt ein wenig, als er bemerkt, wie hell es draußen bereits ist. Das Sonnenlicht presst sich durch die Ritzen der Vorhänge, als wäre der Tag schon weit fortgeschritten. Er greift hastig nach der Uhr und ist etwas beruhigter, als er sieht, dass es noch wenige Minuten bis sieben Uhr sind, eigentlich hatte er sich vorgenommen, viel früher aufzustehen und oben auf dem Dach ein Bad zu nehmen.
An das Bad denkt er jetzt nicht mehr, er bleibt vielmehr noch etwas liegen und trinkt aus der dickbauchigen Mineralwasserflasche, die er sich direkt neben das Bett gestellt hat. Seit er auf dieser Insel angekommen ist, hat sich sein Durst enorm verstärkt, es mag an der Höhenluft liegen, vielleicht aber auch daran, dass er sich hier die Zeit nimmt, mehr auf sich selbst und seine Regungen zu achten. Starken Durst mag er in München auch dann und wann haben, er bemerkt ihn aber nicht, während es ihn hier laufend zu irgendwelchen Quellen, Gewässern und Brunnen treibt.
Er hat lange gearbeitet, erst weit nach Mitternacht ist er ins Bett gegangen. Er ist sofort eingeschlafen, hat aber anscheinend unaufhörlich geträumt, jedenfalls kommt ihm das jetzt so vor, denn er kann sich relativ präzise an lange Traumstrecken erinnern. Er war unterwegs, ja, so war es, er war wieder einmal auf einer nicht enden wollenden Tour, auf der er hier und da Menschen begegnete, die er von früher kannte. All diese Menschen hatten aber nicht mehr direkt mit ihm zu tun, sie näherten sich ihm auch nicht mehr, beobachteten ihn aber genau, wenn er in ihre Nähe geriet. Mit der Zeit hatte er das Gefühl, dass sie etwas über ihn wussten oder etwas vor ihm geheim hielten, er konnte sie aber nicht fragen, nein, aus irgendwelchen Gründen war das vollkommen unmöglich. Und so legte er eine Station nach der andern zurück, ohne weiterzukommen, er lief einer Spur oder einem Rätsel hinterher, das er selbst nicht genau kannte, es war zum Verzweifeln.
Solche Traumstrecken hatten sich in der Nacht wiederholt, immer wieder war er auf Tour geschickt worden, und jedes Mal, wenn er aufgewacht war, hatte er sich vorgenommen, im nächsten Traum endlich die richtigen Fragen zu stellen und das Rätsel entschiedener anzugehen. Das gelang aber nicht, natürlich nicht, und so hatte sich bei ihm allmählich eine gewisse Erschöpfung eingestellt, die ihn im Morgengrauen gepackt und endlich traumlos hatte schlafen lassen.
Er wälzt sich aus dem Bett und steht langsam auf, er stößt mit dem linken Fuß gegen die dickbauchige Mineralwasserflasche und greift nach ihr. Mit der Flasche in der linken Hand geht er durch den Raum, er öffnet die Vorhänge und schaut dann hinaus.
Der Anblick der Umgebung erschlägt ihn beinahe, so sonnenklar und aufgeräumt liegt die weite Landschaft jetzt vor ihm. Die bis zu den bergigen Spitzen hinaufreichenden Bergwälder sind vom Sonnenlicht durchtränkt, als wären es goldene Erntefelder, und die Wiesen im Tal erscheinen wie glattgrüne Spiegel, in denen sich das Sonnenlicht bricht.
Er setzt die Flasche an den Mund und trinkt erneut. Als er bemerkt, was er tut, ärgert er sich. Das elende Genuckele vieler Fußballtrainer, die während eines Spiels ununterbrochen an ihren Wasserflaschen saugen, hat ihn immer abgestoßen, und erst recht mochte er jene Torhüter nicht, die nach Spielende mit der Wasserflasche in der Hand über den Rasen trabten, als bräuchten sie, um neunzig Minuten Herumstehen abzuarbeiten, unbedingt eine Ladung geschmackloses Wasser.
Er trinkt die Flasche leer und wirft sie dann sofort in den Papierkorb, Schluss mit diesen Albernheiten, er wird heute keinen Tropfen Wasser mehr trinken, das schwört er sich. Stattdessen wird er sich die Getränke des vorerst letzten Tages in diesem Hotel genau überlegen, und er wird sie in Abstimmung mit jener Frau zu bringen versuchen, die vielleicht heute in das Gartenhaus am Fichtenwäldchen einziehen wird.
Sein Blick richtet sich jetzt auf das kleine Haus, das noch etwas im Schatten liegt, ihm fällt sofort auf, dass die Tür offen steht und die Fenster leicht gekippt sind. Irrt er sich oder leuchten in den Fenstern nicht auch Blumen? Hat sie das Haus also längst – und vielleicht sogar während der Nacht – in Besitz genommen?
Er geht zu dem kleinen Tisch neben seinem Bett und schaut auf seinem Handy nach einer Nachricht. Er liest: the artist is present 3: zum Frühstück im Gartenhaus. Er liest die Nachricht zweimal, dann spricht er sie laut vor sich hin, nein, er braucht nicht mehr weiter nachzudenken und sich etwas dazu zu überlegen, diese Nachricht ist eindeutig, und sie lockt ihn hinüber, in das gestern noch leer stehende Haus.
Mit einem Mal sind all seine Bewegungen rascher und zielstrebiger. Er eilt hinüber ins Bad und schaut in den Spiegel. Sieht man ihm die Freude an, sieht man ihm an, dass er sich kaum beherrschen kann? Seit endlosen Zeiten hat ihn kein Mensch mehr zu einem Frühstück eingeladen, ja, er kann sich nicht daran erinnern, dass ihn überhaupt jemand zu irgendetwas eingeladen hätte. Und umgekehrt? Nein, umgekehrt auch nicht, der einzige Mensch, den er dann und wann eingeladen hat, war Katharina, sonst aber hat es niemanden gegeben, mit dem er gerne ein paar Stunden verbracht hätte.
Er beugt den Kopf in das Waschbecken und lässt einen starken, kalten Strahl auf seinen Hinterkopf schießen, er möchte hellwach sein, wenn er ihr begegnet, ja, er muss sich jetzt auf diese erste nähere Begegnung vorbereiten. Er reibt sich mit beiden Händen durchs Gesicht und schaut erneut in den Spiegel, er sollte sich rasieren, ja, sofort. Er trägt etwas Rasierschaum auf und beginnt, sich zu rasieren, auch im Badezimmer hat sich das helle Sonnenlicht inzwischen überall verteilt, es ist, als tanzte er in all seiner Nervosität und Ungeduld auf einem erhitzten Parkett. Duschen? Natürlich, nach der Rasur eilt er in das abgetrennte Duschkabinett und beginnt mit einer fast heißen Dusche, deren Wärme er dann allmählich verringert, bis das Wasser auch hier eiskalt ist. Er pfeift etwas vor sich hin, die Klarinettensoli des gestrigen Tages steigen jetzt in seiner Erinnerung auf, wie seltsam, dass er sich wieder diesem Spiel zugewandt und es ihm so viel Vergnügen gemacht hat! Ob er ihr einmal etwas vorspielen sollte? Noch heute? Gleich jetzt? Er trocknet sich mit einem großen Badetuch gründlich ab und schüttelt den Kopf. Nein, er tut schon so, als wären sie ein Paar, das nun damit beginnt, sich seine Passionen vorzustellen. »Magst Du Keith Jarrett?« – »Aber ja, ich liebe ihn.« – »Und Miles Davis? Den musst Du dann ja auch mögen, Du musst!« – »Aber ja, natürlich, Du hast es genau getroffen …«
So ein Geschwätz hat er früher oft in seinem Freundeskreis hören müssen, und er hat es immer gehasst. Fast alles, was man so daherredet, wenn man sich kaum kennt, ist leicht verderbliche Ware. Ein hilfloses Plappern, das rasch viel zerstören kann. Aber es muss ja nicht sein, nein, absolut nicht, es muss nicht sein, denkt er entschieden und ist plötzlich beinahe stolz darauf, dass Jule und er es bisher geschafft haben, sich ohne direkte Worte zu verständigen. Ob sich das durchhalten lässt? Auch jetzt gleich, während des Frühstücks?
Er wird es versuchen, von sich aus wird er keine Anstrengungen unternehmen, mit ihr die ersten Worte zu wechseln. Und sie? Vielleicht wird es sie drängen, ihm von sich zu erzählen, oder vielleicht möchte sie ihm einige Fragen stellen? Vielleicht spürt sie aber auch, dass sich das aufschieben lässt und dass der besondere Reiz ihrer Begegnung darin bestehen könnte, viel zu erraten und zu entziffern. Ihn jedenfalls reizt der stumme Austausch, denn er lässt den Empfindungen Raum und ihm auch genügend Zeit, vieles für sich zu durchdenken. Das Gesprochene dagegen hat oft ein zu hohes Tempo, und die Worte, rasch hingeworfen oder in den Wind gestreut, räumen alles weg, was sich ihnen in den Weg stellt. Vielleicht ist er ja ein Schriftsteller geworden, weil er die Gewalt über die Worte behalten oder sie so einsetzen will, dass sie ihre dominierende Macht verlieren und zu so etwas wie Musik werden.
Was soll er anziehen? Verdammt, er hat in diesen Modedingen nicht die geringste Erfahrung, es fällt ihm nichts dazu ein, im Grunde bräuchte er an jedem Morgen einen kleinen Karl Lagerfeld, der ihm die entsprechenden Ratschläge ins Ohr nuscheln würde: »Mann Gottes, das ist doch nicht so schwer! Ein weißes Hemd mit kleinem Stehkragen ist nie falsch. Überlegen Sie sich, wo sich die Schwachstellen Ihres Körpers befinden, und dann überlegen Sie, wie Sie diese Stellen geschickt kaschieren.«
Er lacht vor sich hin, das Lachen tut ihm gut, es entspannt ihn ein wenig, obwohl er in Sachen Kleidungsfragen kein Stück vorankommt. Er atmet tief durch, dann wählt er die Nummer der Rezeption und erkundigt sich, ob die junge Lea gerade Dienst tut, denn Lea versteht ihn und erzählt auch nicht gleich jedem Besten, was er sie gefragt hat. Sie ist im Dienst, und so wünscht er ihr einen guten Morgen und erkundigt sich ganz beiläufig nach dem Wetter. Wie warm es heute denn werde? Und was man an einem solchen Tag anziehen solle?
Lea verkündet, dass es ein sehr warmer Spätsommertag werden wird, wolkenlos, mit leuchtender Gebirgsbläue, vor lauter Vorfreude und Übermut kichert sie ein wenig, so dass er gleich vermutet, dass sie am Abend eine Verabredung hat. Ja, denkt er, das wird es sein, sie spricht so geschmeidig, und ihr Ton ist etwas zu hoch, sie hat den Arbeitstag schon verdrängt und ist innerlich längst auf die Vergnügungswelle des Abends aufgesprungen.
– Dann werde ich heute mal ein weißes Hemd und eine hellblaue Hose tragen, sagt er noch zum Schluss.
– Ich würde es genau umgekehrt machen, antwortet sie. Ein hellblaues Hemd und eine weiße Hose, mir würde das besser gefallen, aber ich will Ihnen nicht dreinreden.
Er bedankt und verabschiedet sich, dann eilt er zum Schrank und sucht nach einem hellblauen Hemd und einer weißen Hose, zum Glück hat er so etwas auch wahrhaftig dabei.
Er zieht sich an und überlegt, ob er irgendetwas mitnehmen sollte. Blumen?! Um Gottes willen! Die Klarinette? Auf gar keinen Fall! Aber was sonst?
Er schaut in der Minibar nach und entdeckt zwei kleine Flaschen Sekt, gut gekühlt. Er steckt sie in eine kleine Umhängetasche, das passt genau. Dann verlässt er den Raum und macht sich auf den Weg hinunter in das Foyer.
Er geht zu Fuß, und er geht so rasch, dass er vor lauter Emphase wieder zu pfeifen beginnt. Als er, unten im Erdgeschoss angekommen, Lea erkennt, geht er zur Rezeption, wünscht ihr noch einmal einen guten Morgen und gibt ihr, über die Rezeptionstheke hinweg, einen Kuss auf die Wange. Die danebenstehenden Mädchen schauen etwas verblüfft, sagen aber nichts. Auch Lea sagt nichts, sondern lacht nur etwas verlegen. Als er das Foyer verlässt, hört er jedoch plötzlich das helle Lachen der Gruppe, wie einen feinen Sprühregen kleiner Geister, der ihm hinterherweht.
Er geht durch das Hotelrestaurant, in dem schon wieder die ersten Gäste-Trauben am Frühstücksbüffett aufgetaucht sind, hinaus ins Freie, die orangefarbenen Sonnenschirme auf der Freifläche draußen stehen noch zugeklappt da. Er lässt sie hinter sich und folgt einem breiten Fußweg, dann biegt er auf einen kleineren Pfad ab und erreicht das dunkle Wäldchen. Kurz vor dem Gartenhaus wird er langsamer. Wie wird sie reagieren, wenn er gleich in der Tür steht? Er ist aufgeregt, ja, er spürt ein Jucken am Hals, als würde sich dort eine rötende Stelle auftun. Er zählt Schritt für Schritt, noch drei, noch zwei, er fühlt sich unvorbereitet und hilflos, vielleicht hätte er sich doch noch einige Gedanken machen sollen, bevor er sich auf dieses Treffen einlässt. Ach was, eine so schöne Begegnung sollte etwas Spontanes behalten, langes Nachdenken könnte ihn am Ende auch hemmen.
Dann steht er in der offenen Tür und schaut in den Raum, den er auf den ersten Blick nicht mehr wiedererkennt. Ringsum, auf allen Fensterbrettern, stehen kleine Vasen mit bunten Herbstblumen. In der rechten Hälfte des Raums wartet ein kleiner, kreisrunder Tisch mit zwei Stühlen, den eine weiße, bis zum Boden reichende Tischdecke verhüllt. Auf dieser Decke ist für ein reiches, festliches Frühstück gedeckt.
In der linken Hälfte des Raums aber steht direkt vor einem Fenster ein Schreibtisch mit einem Stuhl. Auf der Tischplatte liegen einige anscheinend japanische Zeichnungen mit lauter Naturszenen, mit geradezu dramatisch aufgeblühten Pflanzen und stark vergrößert dargestellten Insekten. An diesen Tisch schließt sich in der hinteren, linken Ecke des Raumes ein alter Bauernschrank an. Er ist geschlossen, seine gesamte Vorderfront aber ist ebenfalls mit japanischen Tusche-Zeichnungen geschmückt, auf denen Raupen, Schmetterlinge und grüne Eidechsen sich in hohen Grasbüscheln tummeln.
Vor dem Schrank steht ein breiter, ausladender Korbsessel, der von einem großen, weißen Laken fast ganz verhüllt wird. Auf seiner Sitzfläche liegt ein einzelnes Buch, er erkennt es sofort, es ist das Tagebuch des japanischen Wander-Dichters, in dem er selbst bereits viel gelesen hat.
An der Längsseite des Raums aber, dem Eingang gegenüber, verläuft eine Regalleiste, auf der eine kleine Bibliothek aufgebaut ist. Er erkennt eine Reihe von Gartenbüchern und mehrere asiatische Titel, zur Linken und Rechten der Büchersammlung steht jeweils eine Schwarz-Weiß -Postkarte mit einem fotografischen Motiv, anscheinend handelt es sich um Darstellungen recht schlichter Zimmer weitgehend aus Holz, die eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Raum vor seinen Augen haben.
Er ist so erstaunt, dass er sich eine Weile nicht bewegt, sein Blick durchstreift den Raum immer wieder, dieses Schauen ist bereits ein großer Genuss, alles wirkt hergerichtet und aufgebaut wie zu einem intimen Fest. Erst als er bereits eine Weile auf der Türschwelle steht, wird ihm klar, dass er noch allein ist. Jule ist anscheinend unterwegs, vielleicht ist sie dabei, noch etwas für das Frühstück zu holen, es kann aber auch sein, dass sie einen kleinen Morgenspaziergang macht.
Langsam betritt er das Zimmer und bemerkt erst jetzt die Musik, die im Innern besser zu hören ist. Es ist eine altjapanische Musik: eine Bambusflöte, eine Zither, eine Trommel – die meditativen Klänge verleihen dem Raum eine gewisse Leichtigkeit und nehmen dem vielen Holz etwas von seiner dumpfen Kraft.
Er durchstreift den Raum, er geht zunächst nach links und schaut sich die japanischen Zeichnungen an, die er aber nicht in die Hände zu nehmen wagt. Sie wirken so, als hätte sie der Maler oder Zeichner gerade hier abgelegt, ja, sie ähneln dünnen, losen Blättern, die der Wind gerade etwas verstreut hat. Überhaupt hat das ganze Zimmer jetzt etwas vom Arbeitszimmer einer Künstlerin oder eines Künstlers, die einzelnen Dinge sind auf sehr feine Weise aufeinander abgestimmt und bilden dadurch eine Atmosphäre der Konzentration und des Studiums. Durch die leise, nachhallende Musik ist aber auch etwas Schwebendes, Fernes im Raum, etwas, das der nüchternen Brutatmosphäre von bloßen Arbeitszimmern mit einem starken Gegen-Akzent begegnet.
Er schaut sich auch die Bücher und Postkarten an, er geht langsam an dieser Reihe vorbei, dann erreicht er den kleinen Esstisch mit den beiden Stühlen.
Das Frühstücksgeschirr besteht aus dünnem Porzellan mit blauen japanischen Motiven, auf den Esstellern erkennt er kleine Szenen mit jungen Frauen auf einer Holzterrasse, im Hintergrund breiten sich die schneebedeckten Spitzen eines breit in eine Hügellandschaft hingelagerten Berges aus. Auch die Innenwände der Tassen sind mit blauen japanischen Motiven verziert, dazu passen die kleinen Unterteller mit winzigen Graslandschaften, ebenfalls in Blau.
Und weiter: Kleine Messer, Gabeln und Löffel mit Elfenbein-Handgriffen. Eine silberne Kaffeekanne, eine etwas größere silberne Teekanne. Zwei schwere Wassergläser. In der Mitte des Tisches ein altweißer, runder Teller mit einer großen Portion frischer Landbutter. Zwei kleine Schalen mit gegrillten, groben Landwürsten. Eine silberne Schale mit einem hellweißen Tuch, das so zusammengeschlagen ist, dass die fast verdeckten, schweren, an den Rändern dunkelbraunen Toastscheiben noch ihre Wärme behalten. Ein weißer Topf mit dunkler Orangenmarmelade, daneben ein Halbmond aus ebenfalls weißem Porzellan, der mit einem Käse-Halbmond fast bis an den Rand gefüllt ist. Eine weitere silberne Schale mit Scheiben frischen Landbrots. Und eine kleine Blumenvase, ein runder, schwerer Ballon, in dem eine einzelne Rispe mit Orchideenblüten steckt.
Die Komposition ist so gelungen, dass er lange nicht wegschauen kann. Das Blau der japanischen Motive kontrastiert mit dem Alt- und Hellweiß der Teller und Schalen. Er macht ein paar Schritte zurück, dreht sich um und geht nach draußen, richtig, es ist das besondere Blau dieses Himmels, das diese Motive einfangen, und es ist das intensive Weiß seiner kleinen, ziehenden Wolken, das die Teller und Schalen festhalten. Wie eigenartig, dass nun auch er hellblau und weiß gekleidet ist, fast ist es ihm ein wenig peinlich, dass er so sehr in diese Bilder passt.
Wo aber ist sie? Er hat eine Ahnung, und so geht er ein paar Schritte über eine Wiese zurück auf das Hotel zu und erreicht die Bank, von der aus er vorgestern eine ihm unbekannte Schwimmerin beobachtet hat. Er blickt hinunter auf den Pool. Im glänzenden Blau bewegt sich eine Schwimmerin. Er nickt, er weiß jetzt schon besser, wer diese Schwimmerin ist.