Mit anderer Leute Problemen leben

Angeblich glauben nur 8 % der Bevölkerung, ein Mensch habe mit seinen Problemen ganz allein fertigzuwerden, und leben auch danach.

Die restlichen 92 % vertrauen sich, wenn sie Probleme haben, ihren Mitmenschen an. Freunde, Familienangehörige und Berufskollegen sind es, bei denen man Kummer und Sorgen, Ängste und Bedrängnisse ablädt und sich Rat holt, so man nicht professionelle Hilfe zur Lösung seiner Konflikte beansprucht und sich einen Therapeuten oder Analytiker leistet.

Und dann gibt es noch die Leute, die weder auf Freunde, Kollegen oder Familienmitglieder bauen und auch – sei es aus Geldmangel oder Vorurteil – die fachmännische Hilfe scheuen.

Diese Leute gehen im Kummerfalle in die Bar, zum Friseur, oder sie setzen sich in ein Taxi.

An der Bar, egal, ob beim Barkeeper oder der Bardame, sollen es hauptsächlich die Männer sein, die sich ausweinen, beim Friseur oder der Friseurin erzählen vorwiegend die Frauen ihr Leid, in Taxis klagen angeblich Vertreter beiderlei Geschlechts gleichermaßen häufig.

Ob die Hilfeleistung, die in Taxis, Bars oder Coiffeur-Salons gegeben wird, nur aus „Ja, ja“ und „Es ist ein Jammer“ besteht oder aus brauchbaren, lebensklugen Ratschlägen, hängt nicht von der Art des Problems ab, das da vorgetragen wird, sondern auch von der Bereitschaft der kopfwaschenden, servierenden oder lenkenden Menschen, auf anderer Leute Probleme einzugehen. Aber sowohl die „Ja, ja“-Murmler als auch die „Da müssen Sie sofort“-Rater müssen, wenn sie nach Arbeitsschluss heimkommen, den Kopf voll Traurigkeit, Ungerechtigkeit, Tristesse und Schicksalsschlag haben.

Man sage nicht: Ach, das geht bei einem Ohr hinein und beim anderen heraus! Da bleibt allerhand zwischen den Ohren hängen, auch wenn sich der, der zuhören muss, redlich Mühe gibt, alles zu vergessen.

Und wenn ich mir jetzt noch vorstelle, dass eine Friseurin mit einem Barkeeper verheiratet ist und der Schwiegervater, der Taxi fährt, bei ihnen wohnt, wird mir weh ums Herz.

So eine Familie hätte – auf Kassakosten! – zweimal wöchentlich Anspruch auf einen Humoristen, der Hausbesuche macht.

Liebe macht blind - manche bleiben es
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