Von der „Auf-und-davon-Stimmung“

Wer über Jahrzehnte hin einen Haushalt betreibt, den überkommt schon manchmal der Drang, alles „liegen und stehen“ zu lassen und sich „auf und davon“ zu machen.

Ein zum liebevoll bereiteten Nachtmahl nicht heimkommender Gemahl kann Anlass zu diesem Drang sein. Auch eine muntere Kinderschar, die Kleisterpapier erzeugt und in diese Tätigkeit die Polstergarnitur integriert, verhilft einem zu diesem egoistischen Streben.

Manchmal sind es auch nur Kleinigkeiten, die in die „Auf-und-davon-Stimmung“ versetzen. Der Anblick eines von drei sorglosen Personen benutzten Bades, zum Beispiel.

Hausfrauen, die sich gerade in einem seelischen Tief befinden, neigen nach diesem Anblick dazu, die Kleininserate ihrer Zeitung nach freien Garçonnièren zu durchsuchen, anstatt verknautschte Cremetuben geradezudrücken, feuchte Handtücher aufzuheben und munter singend den Schmutzrand von der Wanne zu entfernen.

Bei mir tritt der Drang, den Haushalt auf- und abzugeben, immer dann besonders stark auf, wenn Handwerker im Haus sind. Und unter diesen sind es die Maurer, die mich eher zum Flüchten als zum Standhalten bringen.

Damit sei nichts gegen Maurer gesagt, die eine ehrsame Berufsgruppe sind. Ich fürchte auch nicht den Schutt und Staub und die Mörtelspritzer, die sie nach getaner Arbeit auf Wänden und Böden hinterlassen.

Getrost wasche ich einen Fußboden siebenmal und weiß, dass er bloß in nassem Zustand sauber glänzt, um gleich wieder trübgrau aufzutrocknen. Nach der zwölften Waschung, sage ich mir, wird er schon wieder!

Was mich verzweifelt macht, ist die Sachlage, dass der Haushalt, auch während die Maurer mauern, weiterbetrieben werden muss.

Und in welcher der auf dem Gang abgestellten Kisten mit vermischter Haushaltsware sind nun die Kaffeefilter? Und in welchem plastikumwickelten Kasten ist die Hose, nach der die Tochter schreit? Und wo sind die Deckel verborgen, auf dass ich das brodelnde Süppchen vor spritzendem Mörtel schützen kann? Und warum eigentlich bin ich das einzige Familienmitglied, das darauf Antwort wissen soll?

Die Antwort ist die: Ein partnerschaftlicher Haushalt ist anscheinend nur eine Sache für sonnige Durchschnittstage. In herben Zeiten des Maurerbefalls aber legen sämtliche Familienmitglieder ihre mühsam erworbenen Pflichten eiligst wieder zurück und geben sie an die „Hausfrau und Mutter“ ab. Und das finde ich so unfair!

Liebe macht blind - manche bleiben es
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