Eine richtige Frau

Ich koche oft, ich koche gern, ich koche angeblich recht gut, und da ich schon lange koche, habe ich auch eine gewisse Fertigkeit in diesem Metier entwickelt. Ich gerate also nicht in Endfertigungspanik, wenn ich vier Gänge auftragen will, und werde weder hektisch noch konfus, wenn ich zehn Personen bewirten muss.

Ich beginne nicht einmal zu rotieren, wenn sich statt vier angesagter Gäste acht starke Esser einstellen, und ich habe schon genießbare Kompromisse auf den Tisch gestellt, wenn offenbar wurde, dass ein Gast mein „Huhn à la Picasso“ verschmähen musste, weil er gegen Paradeiser allergisch war und ein zweiter selbige Speise nicht ausstehen konnte.

Schwierig wird Kochen dann für mich, wenn ich mit mir längere Zeit allein bin und, der ewigen Butterbrote und Kekse überdrüssig geworden, nach einer gekochten Speise Sehnsucht habe. Ich kann mir nichts kochen!

Äußert irgendein Mensch – es muss gar kein geliebter sein – den Wunsch nach Palatschinken, bin ich jederzeit bereit, sie zu erzeugen, und beteuere, dass das wirklich keine Mühe mache und im Nu ganz leicht herzustellen sei.

Bin ich mit mir allein, überlege ich, ob ich mir Spiegeleier oder Eierspeise machen solle, und entscheide mich für Spiegeleier, weil ich mir da das Verquirlen erspare; dabei kann ich Spiegeleier nicht leiden!

Dass ich für mich nicht kochen mag, hat wahrscheinlich den Grund, dass ich allein nicht essen kann. Es gehört für mich zu den ganz trostlosen Dingen im Leben, einsam vor einem vollen Teller zu sitzen.

Ohne Esspartner starre ich auf das zarteste Filet wie ein Kind, zu dem man gesagt hat: „Du stehst nicht auf, bevor der Teller leer ist“, in den Spinat starrt. Ohne dass ich jemanden frage: „Schmeckt’s?“, ohne dass jemand sagt: „Herrlich!“ bin ich verloren!

Vor der absoluten Nulldiät schützt mich in solcher Lebenslage nur eine Zeitung. In diese starre ich dann und führe dabei die Gabel zum Mund und kaue und schlucke und nehme nicht wahr, ob ich Filet oder Eier in mich hineinstopfe.

Unlängst trug ich meiner Mutter dieses Problem vor, und sie sprach: „Na klar! Wer wird sich denn mit sich selber so viel Mühe machen? Eine richtige Frau ist halt keine Egoistin, die auf sich selber schaut!“

Da wurde mir allerhand etwas klarer. Wie wir so – von Generation zu Generation – unser frauliches Pensum erlernen, ist doch deprimierend. Oder?

Liebe macht blind - manche bleiben es
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