Siebenundvierzig

Paul hatte die Geschehnisse auf der großen Kiesfläche aufmerksam von seinem Beobachtungsposten auf einem der heruntergekommenen Gebäude mit einem Fernglas beobachtet.

Da war ein großer Mann, zu dem kurze Zeit später Thompson hinzustieß. Paul tätigte einen Anruf mit seinem Handy und beschrieb seinem Gesprächspartner den Mann so gut es ihm möglich war. Der identifizierte den großen Mann als Todd.

Todd hatte Prince getötet. So lautete die nächste Information zu der Person.

Diese hallte lange in Pauls Kopf nach. Er betrachtete Todd lange, studierte jedes markante Merkmal. So lange, bis er sich absolut sicher war, dass er sein Gesicht niemals vergessen würde.

»Ich komme und hole euch alle.« erneuerte er den Schwur im Flüsterton, den er sich am Abend zuvor selbst gegeben hatte.

Er beobachtete wie Captain Thompson und Todd an den vermutlichen Leiter der Untersuchung des ausgebrannten Wagens herantraten und der ihnen die Leiche zeigte. Bei dem Anblick der entsetzten Gesichtsausdrücke seiner beiden Polizisten, umspielte ein Lächeln der Genugtuung Pauls Lippen. Nachdem die beiden anschließend in Thompsons Wagen davonbrausten, stieg Paul wieder über die Feuerleiter vom Dach herunter, über welche er zuvor dort hinauf gelangt war.

Gemütlich tuckerte er mit einem Wagen, den Scott ihm besorgt hatte, durch die morgendlichen Straßen der Stadt zurück zum Fog.

 

***

 

Das Hinterzimmer der Bar war zu so etwas wie ihrem inoffiziellen Hauptquartier geworden, von dem aus sie ihren Plan verfolgen wollten.

Ihren Plan. Bei dem Gedanken musste Paul beinahe lauthals loslachen. Hätte ihm vor wenigen Tagen jemand prophezeit, dass er einmal mit Coleman zusammenarbeiten würde, hätte er der verwirrten Seele auf dem schnellsten Weg entsprechende Pharmazeutika empfohlen.

Coleman erfreute sich entgegen der Annahme von Robert, Todd und Captain Thompson bester Gesundheit und war weder ein Opfer der Mafia geworden, noch wies er Spuren einer Brandleiche auf. Ebenfalls verfügte er noch über beide Hände und alle Zähne, die Paul beim Eintreten in das Hinterzimmer angrinsten.

»Sie haben es geschluckt oder? Ich sagte doch, dass der Typ noch zu etwas nutze ist.« stellte Coleman für Pauls Geschmack ein wenig zu selbstgefällig fest. Mit „der Typ“ meinte der Detective den jungen Edoardo, den Alessio bei seinem Besuch in der Leichenhalle vor wenigen Tagen beiläufig identifiziert hatte.

In der letzten Nacht waren sie gemeinsam in Pauls alte Wirkungsstätte eingestiegen, was sich bei einem unbewachten Gebäude zu dem Paul noch den Schlüssel besaß, nicht als sonderlich schwer gestaltete. Vor Ort richteten sie die Leiche von Edoardo zu, wie sie am Morgen darauf im Wagen vorgefunden wurde. Den Brandschaden fügte Scott der präparierten Leiche letztendlich zu, nachdem er sie vor der Halle in Empfang genommen hatte. Mit ihr auf dem Beifahrersitz fuhr er zum späteren Fundort. Dort bugsierte er sie auf den Fahrersitz des Polizeiwagens und entfachte anschließend das Inferno, welches durch einen Kanister Benzin begünstigt wurde.

Beinahe eine Stunde brannte der Wagen lichterloh, die Scott seelenruhig danebenstand und den richtigen Moment abwartete, an dem er Colemans Dienstausweis unter dem Sitz deponieren konnte. Zum Abschluss feuerte er ein Magazin aus der Dienstwaffe des Detectives auf die Fahrertür ab.

Zufrieden hatte er sein Werk betrachtet, dann war er zur nächsten Bushaltestelle getrottet und nahm die erste Möglichkeit zurück zur Bar wahr.

Alles war perfekt. Die Kugel war ins Rollen gebracht worden. Es lag an ihnen, sie in der geplanten Spur zu halten.

 

***

 

»Sag deinem Boss, dass wir ihn sprechen wollen!« brüllte Thompson in die Gegensprechanlage, die an einem einsamen Pfeiler neben der Auffahrtsstraße angebracht war. Vor ihnen befand sich ein aufwendig verziertes Eisentor, das über Funk geöffnet und verschlossen werden konnte. Thompson hätte es am liebsten auf der Stelle niederwalzen lassen. Er hasste es. Und er hasste denjenigen, der es bediente. Sie beide versperrten ihm bereits seit über einer Viertelstunde dickköpfig den Weg zu Giovannis Anwesen.

Oh ja, er hasste sie abgrundtief.

»Vielleicht solltest du es ein wenig höflicher ausdrücken.« teilte Todd seine Meinung mit und trommelte nervös mit den Fingern auf das Armaturenbrett vor sich.

»Ich bringe diesem Spaghettifresser genauso viel Respekt entgegen, wie er verdient.« fegte Thompson seine Beifahrer an. Schreiend fuhr er fort, sodass der Mann am anderen Ende der Gegensprechanlage ihn genauso gut ohne diese verstehen konnte. »Und wenn dieser Bastard nicht bald das beschissene Tor zur Drogenfestung öffnet, dann lasse ich sie stürmen, wie die Froschfresser es damals mit der Bastille vorgemacht haben!«

Eine spannungsgeladene Pause entstand, in der Thompson mit wütendem Schnauben die Lautsprecher der Anlage fixierte. Todd schüttelte ungläubig den Kopf. Er gab es auf diesem Mann Vernunft einreden zu wollen.

Seine Gedanken schweiften zu Paul, der mit ihrem Geld bald an einem warmen Strand liegen würde. Hätten sie die Sache von Beginn an selbst in die Hand genommen und nicht diesen Deppen von Coleman zur Bank vorausgeschickt.

Möge der unnütze Hund in der Hölle schmoren.

»Womit kann ich ihnen behilflich sein?« unterbrach eine Stimme aus der Gegensprechanlage fragend die Stille und beförderte Todd zurück in die Realität.

»Welcher von euch Spaghettifressern ist jetzt am Mikrofon? Zur Hölle, könnt ihr euch nicht mit einem verschissenen Namen melden?« schimpfte Thompson und lehnte sich dabei angriffslustig aus dem Fenster des Wagens. Der Regen war stärker geworden und prasselte dem Captain in das wutverzerrte Gesicht. Eine Kamera, die sie zuvor nicht bemerkt hatten, surrte über Thompsons Kopf und richtete sich auf sein Gesicht aus. Sie sendete ein klares Bild auf einen Monitor im Haus. Dort blickte Giovanni mit wachsender Belustigung auf die Echtzeitübertragung.

»Sie haben gewissermaßen an meine Tür geklopft. Daher sollte ihnen eigentlich klar sein, dass hier Giovanni Estraga spricht. Und ich muss sagen, dass mir weder ihr Ton, noch ihre Drohungen einen Grund geben, sie auf mein Grundstück zu lassen.«

Thompson und Todd sahen sich erschrocken an. In der Theorie über den Plan zu reden, war einfach gewesen. Jetzt mit dem leibhaftigen Mafiaboss zu reden, war eine ganz andere Sache. Vor allem dank Thompsons unüberlegter Ausdrucksweise.

»Bitte entschuldigen sie Herr Estraga. Wir wollten sie keinesfalls beleidigen.« beeilte Thompson sich mit einer Entschuldigung seines Verhaltens, sobald er die erste Überraschung abschütteln konnte.

»Was wollt ihr hier?« verlangte Giovanni knapp zu wissen.

»Bitte entschuldigen sie,« begann Thompson nervös »ich denke das sollten wir ihnen persönlich sagen Herr Estraga.«

»Ich könnte mir kein Thema vorstellen, das ich mit ihnen persönlich besprechen möchte. Einen schönen Tag noch die Herren. Fangen sie lieber ein paar böse Jungs, anstatt die Zeit eines ehrlichen Steuerzahlers zu verschwenden.«

»Es geht um das Geld, das der Fette hat.« brach es so schnell aus Thompson hervor, dass er sich erst im Nachhinein seiner Worte bewusst wurde. Angespannt kaute er auf seiner Unterlippe. Unsicher warteten Todd und er auf eine Erwiderung, doch keine menschliche Stimme unterbrach das Knacken der Boxen.

Nach einigen Sekunden, die den beiden wie Stunden vorkamen, schob sich das Eisentor vor ihnen zur Seite und gab den Weg zu Giovannis pompösen Anwesen frei. Der Captain warf Todd einen flüchtigen Blick zu. Sein Beifahrer zuckte unbeholfen mit den Schultern.

Jetzt müssen wir da wohl durch.

Thompson setzte den Wagen in Bewegung und manövrierte ihn vor den Haupteingang des Hauses. Sechs bewaffnete Männer erwarteten sie dort. Sobald der Motor erstarb, forderten sie Thompson und Todd wortlos dazu auf das Fahrzeug zu verlassen. Sie folgten dieser Anweisung, was den beiden Gästen eine Durchsuchung auf Wanzen und andere Abhörgeräte im strömenden Regen einbrachte. Zusätzlich wurden ihnen ihre Dienstwaffen abgenommen. Dann geleiteten die sechs grimmigen Männer sie durch die Haustüre.

 

***

 

»Du sagst, dass Todd und Thompson alleine waren?«

»Ja. Dieser Todd war zuerst da. Dann kam Thompson etwa eine halbe Stunde später mit seinem Wagen angefahren.«

»Denkst du, dass sie den anderen etwas gesagt haben?«

»Während sie dort waren, haben sie nicht telefoniert. Und warum sollten sie es nicht sofort mit den anderen besprechen?«

»Vielleicht, weil sie sich sicher sein wollen.«

»Glaube ich nicht.«

»Ich auch nicht. Denn so gut ich das beurteilen kann, sind Thompson und Todd das treibende Organ in dieser Sache. Ich bezweifle stark, dass sie den anderen von meinem möglichen Ableben berichtet haben. Die Gefahr, dass einer kalte Füße bekommt und etwas Dummes anstellt ist einfach zu groß.«

Paul blickte Coleman mit zusammengekniffenen Augen an. Es war verständlich, dass er ihm noch nicht über den Weg traute. Was blieb ihm andererseits für eine Wahl.

»Wie genau hast du dir vorgestellt, dass es von diesem Punkt an weitergeht?«

»Dieser Clive,« begann Steve, wurde jedoch von Scott bei dessen Eintreten in das Hinterzimmer unterbrochen. Der nickte ihnen zur Begrüßung knapp zu. Bevor er die Türe hinter sich schloss, warf er einen prüfenden Blick über seine Schulter, ob ihn jemand beobachtete. Allerdings befanden sich zu dieser frühen Stunde ausschließlich die Hartgesottenen am Tresen. Die waren entweder noch, oder schon wieder auf dem Barhocker eingetrudelt und schenkten neben ihren Drinks niemandem Beachtung.

»Ist heute Morgen alles so gelaufen wie gedacht?« erkundigte sich der Barkeeper bei Paul. Er gab sich zwei Aspirin in ein Wasserglas, die sich unter dem Rühren seines Fingers sprudelnd auflösten. Mit einem großen Schluck verschwand der gesamte Inhalt im Mund des Hünen. Daraufhin presste Scott die Augen zusammen und schüttelte angewidert den Kopf.

Erwartungsvoll fixierte er Paul.

»Ja. Ich denke, dass sie die Geschichte geschluckt haben.«

Jedes Mal, wenn dieser Zuspruch über seine Lippen wanderte, glaubte er ein klein wenig mehr daran. Scott nahm die Nachricht mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck entgegen. Paul war sich bislang nicht sicher gewesen, ob der Hüne überhaupt dazu fähig war.

»Die sind blind vor Gier. Sie würden es nicht einmal hinterfragen, wenn wir euch als Einhorn verkleiden und quer durch den Loop spazieren lassen.«

Alle drei lachten aufgesetzt. Nichtsdestotrotz lockerte es die angespannte Stimmung ein wenig auf.

»Hast du dich wegen Clive umgehört, Scott?«

»Ich habe eben den Anruf bekommen Es ist alles bereit.«

Einen kurzen Moment lang sahen sich alle drei entschlossen an.

»Dann wollen wir mal.« gab Paul kühl den Startschuss. Mühsam wuchtete er seinen Körper aus dem Stuhl und griff nach einem von zwei schwarzen Stoffbeuteln, die Coleman in Pauls Abwesenheit vorbereitet hatte. Scott hob eine Hand, was Paul in der Bewegung innehalten ließ.

»Ich denke es ist unnötig zu erwähnen, dass es dann kein Zurück mehr gibt.« mahnte Scott beide.

»Das gibt es schon lange nicht mehr.« erwiderte Paul nüchtern. Wortlos zog Scott die Tür zur Bar auf und sie verließen zusammen das Hinterzimmer. Paul und Coleman folgten dem Barmann mit jeweils mit einer Stofftasche in der Hand. Durch den restlichen Rauchnebel der letzten Nacht traten sie hinaus auf die Straße. Dort wurden sie von einem Transporter Van mit abgedunkelten Scheiben erwartet, der neben dem Gehsteig parkte.

»Rein mit euch.« lautete Scotts Anweisung. An den bereits am Steuer sitzenden Fahrer gewandt sprach er weiter. »Halte dich an die Verkehrsvorschriften. Ihr wollt nicht auffallen.«

Coleman bedankte sich bei Scott. Der winkte ab und bedeutete ihm und Paul ungeduldig, endlich in den abgedunkelten Ladebereich des Fahrzeugs einzusteigen. Sobald sie darin Platz genommen hatten und die blecherne Tür hinter ihnen scheppernd geschlossen wurde, fädelte der Fahrer in den trägen Verkehr am Samstagmorgen ein.

Scott sah ihnen mit gemischten Gefühlen hinterher. Er hatte seine Schuldigkeit getan. Er und Coleman waren quitt. Dass er ihn jemals wiedersehen würde, bezweifelte Scott. Das war schade. Irgendwie war ihm der Trunkenbold über die Zeit ans Herz gewachsen.

Paul und Coleman befanden sich im Ladebereich, der von der Fahrerkabine durch eine Blechwand abgetrennt wurde. Der Regen prasselte während der Fahrt hörbar gegen das Dach und folgte dabei seinem einzigartigen Trommelrhythmus. Keiner der beiden sprach ein Wort.

 

***

 

Die Eskorte führte Thompson und Todd in eine Art Meetingraum, wie man sie aus großen Firmen kannte. Er verfügte über einen großen Flachbildfernseher mit Webcam-Aufsatz am oberen Rand und zwei Telefonspinnen für Konferenzschaltungen, welche auf einem Tisch aus dunklem, massivem Holz standen. Der Tisch war überdimensional lang. Seine Bestuhlung bot insgesamt Platz für fünfzehn Personen. Sieben auf jeder Seite, ein Platz am Stirnende. Die beiden wurden von starken Händen mehr oder weniger auf zwei Plätze gepresst, als dass sie sich setzten, doch sie nahmen die Behandlung ohne einen Laut von sich zu geben in Kauf. Schweigend bezogen die sechs Männer Stellung hinter ihnen.

Todd warf dem Captain mehrfach einen nervösen Blick zu. Thompson zischte ihn genervt an, dass er sich gefälligst einkriegen solle. Im Gegensatz zu seiner imposanten und einschüchternden Erscheinung, war Todds Ego innerhalb der letzten Stunden auf einen kümmerlichen Überrest ihres Selbst zusammengeschrumpft. Er konnte erahnen, auf welch einem schmalen Grat zwischen Leben und Tod sie gerade wanderten.

Es blieb Todd allerdings keine Zeit, um seine Gedanken weiterzuspinnen, ob sie vielleicht falsch handelten. Denn mit einem kräftigen Ruck riss jemand die Tür zu dem Raum auf und ein Mann, dessen Gesicht Todd aus den Nachrichten und ihren Akten kannte, trat ein. Er marschierte forschen Schrittes zu einem Stuhl, der ihnen auf der anderen Seite des Tisches gegenüberlag.

Vor Scotts innerem Auge zogen die Anschuldigungen gegen den Mann in seiner Akte vorüber.

Mord. Brandstiftung. Folter. Hinrichtung. Vergewaltigung.

Man konnte sich eine beliebige Straftat aussuchen und würde in der Akte über diesen Mann garantiert fündig.

Giovanni Estraga musterte seine beiden Gäste mit einem gleichgültigen Blick. Ein unangenehmes Maß an Kälte schwang aus den Augen des Mafiabosses zu ihnen herüber. Unbewusst verschränkte Todd seine Arme zum Schutz vor seinem Bauch verschränkte.

Gemächlich ließ der Mafiaboss sich in seinem Sitz nieder. Er erweckte keineswegs den Eindruck, dass er wütend über ihren Besuch sei. Aber auch Freude drückte sich im Normalfall auf eine andere Weise aus.

Seine eisblauen Augen zuckten zwischen Thompson und Todd hin und her. Eine Haushälterin servierte ihm einen dampfenden Kaffee. Ihre Uniform erinnerte an den Beginn eines schlechten Fetischpornos. Sie war knapp und durchsichtig und wollte nicht zu der ansonsten edlen Aufmachung des Anwesens passen. Schüchtern erkundigte sie sich nach weiteren Wünschen ihres Meisters, woraufhin Giovanni sie mit einer eindeutigen Geste aus dem Zimmer scheuchte.

Der maßgeschneiderte Anzug des Mafioso musste in Parfum getränkt worden sein, denn Todd stieg der Duft unangenehm penetrant in die Nase. Aus dem Augenwinkel heraus konnte er Thompson beobachten, wie er seine Nase rümpfte und anschließend von einem hartnäckigen Hustreiz befallen wurde.

»Wollt ihr etwas trinken?« bot Giovanni ihnen mit rauer Stimme seine Gastfreundlichkeit an. Thompson winkte ab. Todd verneinte ebenfalls mit einem hastigen Kopfschütteln. Warum hatte er seine Haushälterin gerade hinausgescheucht, wenn er ihnen wirklich etwas hätte anbieten wollen?

»Na dann.« nahm er ihre Entscheidung in missbilligendem Tonfall entgegen. Genüsslich lehnte er sich in seinem Sitz zurück. Seine Arme ruhten gelassen auf den gepolsterten Lehnen. Es gab keine Zweifel, wer hier das Sagen hatte. Der König hatte dem gemeinen Pöbel eine Audienz gewährt.

»Sprecht.«

»Ich komme direkt zur Sache.« kam Thompson der Aufforderung nach. Er räusperte sich zunächst, um sich seiner Stimme gewiss zu sein. »Wir haben heute Morgen die Leiche eines unserer Kollegen gefunden. Die Art, wie er ums Leben kam und die Verbindung zu einem Gewissen Mordfall, bei dem es um eine gewaltige Menge Geld geht, haben uns hier hergeführt.«

»Ich dachte, dass du direkt zur Sache kommen möchtest?«

»Bitte entschuldigen sie.« beeilte sich Thompson zu sagen. Bevor er weitersprechen konnte, fiel ihm Giovanni abermals ins Wort.

»Willst du mir etwa sagen, dass ich diesen Typ umgebracht habe? Dass ich irgendwelches Geld gestohlen habe? Sieh dich um Bulle. Erwecke ich den Anschein, als bräuchte ich Geld?« donnerte Giovanni aufbrausend. Ein paar der Männer hinter Todd und Thompson lachten leise.

Das charakteristische Klicken beim Entsichern einer Waffe erklang in mehrfacher Ausführung. Da beruhigte sich Giovanni wieder. Beschwichtigend hob eine Hand, während er den letzten kleinen Teufel in sich niederrang. Die Waffen wurden augenblicklich wieder gesichert.

»Das ist eine schwere Anschuldigung. Ich hoffe, sie können diese mit Tatsachen belegen und werfen nicht einfach wild damit um sich.«

»Sie missverstehen mich Herr Estraga.« Thompson wählte seine Worte mit Bedacht. »Wir sind ganz und gar inoffiziell zu ihnen gekommen. Wir möchten niemanden beschuldigen.«

Giovanni ließ sich viel Zeit vor seinen nächsten Worten. Langsam verlagerte er sein Gewicht in dem Sessel und blickte seine beiden Gegenüber abschätzend an.

»Rede weiter.«

»Wir wissen, wessen Geld der Fette hat.« begann Thompson vorsichtig. »Und wir hätten gerne unseren Teil des Kuchens. Genauso, wie es uns von seinem eigentlichen Besitzer zugesichert wurde.«

Kein verräterisches Zucken, keine erstaunte Geste. Nichts gab Aufschluss darüber, dass der Mafioso wusste, wovon der Captain gerade gesprochen hatte.

»Herr Estraga, wir denken, dass sie den Mann schützen, der das Geld hat.«

»Warum sollte ich euch denn dann sagen, dass ich ihn habe? Was ich selbstverständlich nicht habe. Und warum sollte ich euch einen Teil des Geldes abgeben? Das ich leider nicht habe. Von wem auch immer ihr denkt, dass dieses mysteriöse Geld ist. Mir fehlt keines.«

»Sehen sie Herr Estraga, darf ich sie Giovanni nennen?«

»Nein.«

»Sehen sie Herr Estraga. Wir sind eine Investition in die Zukunft. Dieser fette Bastard bringt sie nicht weiter.«

»Eine Investition in die Zukunft?« wiederholte Giovanni die Worte des Captains spöttisch.

»Wir sind überaus loyal gegenüber unseren Geldgebern.« ignorierte Thompson die Häme.

»Das ist gut zu wissen. Leider beschäftige ich bereits viele loyale Angestellte. Danke.«

»Wir bekommen unseren Anteil. Mit ihrer Hilfe, oder ohne sie.«

Giovanni musste abermals seine Hand erheben, nachdem mehrere der sechs Männer bereits ihre Waffen auf Thompsons Hinterkopf gerichtet hielten.

»Sind sie gerade von Anschuldigungen zu Bedrohungen umgestiegen. Captain?« fragte Giovanni mit einem bedrohlich wirkenden Lächeln auf den Lippen. Den Titel spie er aus, als handle es sich dabei um ein besonders abstoßendes Insekt.

Thompson kam keine passende Erwiderung auf diese Frage in den Sinn. Zumindest keine nach der sie den Raum noch lebend und nicht in ihre Einzelteile zerlegt verlassen würden.

»Passen sie beide jetzt gut auf,« begann Giovanni, beugte sich dabei nach vorne und stützte die Ellenbogen auf dem Tisch ab. »Ich weiß genau wovon sie reden. Zumindest was das Geld angeht. Von ihrer Leiche habe ich keine Ahnung.«

Die Augenbrauen der beiden Polizisten wanderten bei dieser unverhofften Offenheit nach oben.

»Ich habe das Geld nicht. Ich weiß von wem ihr redet und dass er irgendwo dort draußen ist. Wo genau, das bleibt bisher auch mir ein Geheimnis.« Thompson wollte gerade zu einer Frage ansetzen, Giovanni sprach jedoch unbeirrt weiter. »Ihr dürft jetzt gehen.«

Sein ausgestreckter Finger deutete in Richtung Tür. Es war unverkennbar, dass diese Unterhaltung beendet war.

Thompson und Todd wurden von fünf der sechs Männer zurück zu ihrem Wagen begleitet. Keiner der beiden traute sich ein Wort des Einspruchs zu äußern, obwohl sie noch viele unausgesprochene Fragen an den Mafiaboss gehabt hätten. Giovanni beobachtete durch ein großes Fenster im Meetingraum, wie sie in ihrem Wagen sein Grundstück wieder verließen.

»Wissen wir wer sie sind?« wandte er sich an den zurück gebliebenen Mann der Eskorte.

»Ja Boss.«

»Kommt dieses Krüppelohr in mein Haus und droht mir. Maledetto figlio di puttana. Ruf Alessio an. Sag ihm, ich will die Köpfe dieser beiden unverschämten Wichser auf meinem Tisch.«

Der Befehl wurde mit einem Nicken von dem Mann entgegen genommen. Keine Minute später war Alessio instruiert.

Thompson und Todd waren fortan offizielles Freiwild.

Das Konto
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