28. KAPITEL

 

Jean-Luc wachte mit einem Ruck auf und hustete, als etwas Fremdartiges seine Kehle hinunterrann. Jemand hielt sein Kinn fest und hatte seinen Mund aufgezwungen. Er schob die Hand von sich.

»Es hat funktioniert!«, rief eine Frauenstimme.

Er versuchte, sich aufzusetzen, aber eine Welle des Schwindels zwang ihn zurück in die Kissen. Starke Hände fingen ihn auf. Sein Sichtfeld wurde von einem grünen Schimmer überzogen. Ein ekliger Geschmack lag auf seiner Zunge. Mon Dieu, Gift. Er versuchte wie wild, aus dem Bett zu kommen, aber sein Körper reagierte nicht.

»Ist schon gut, Jean-Luc.« Die starke Hand löste sich von seiner Schulter. »Es braucht einen Augenblick, sich an alles zu gewöhnen.«

Es war Ians Stimme, die Jean-Luc hörte, auch wenn das Gesicht des Schotten immer noch hinter einem grünen Nebel lag. »Was hast du getan?«

»Ich hab dir was von der Wachbleibformel gegeben.« Ian zeigte ihm eine Flasche mit einer grünen Flüssigkeit. »Die Sonne ist noch nicht untergegangen.«

Es war noch Tag? Jean-Lucs Blick erhellte sich, und er merkte, dass Fidelia in der Tür zu seinem Schlafzimmer stand. Sie hielt Bethany, auf deren Gesicht Tränen glänzten. Sein Herz begann zu rasen. Seine schlimmste Angst - etwas war schiefgegangen, während er machtlos in seinem Todesschlaf gefangen gewesen war.

»Was ist passiert?« Dieses Mal gehorchte sein Körper dem Befehl, sich zu bewegen. Er setzte sich ruckartig an den Bettrand und bemerkte, dass er noch nackt war. »Dreh die Kleine weg.«

Fidelia drückte Bethany an sich und vergrub das Gesicht des kleinen Mädchens in ihrer Bluse. Jean-Luc sauste zu seinem begehbaren Kleiderschrank.

»Sag mir, was passiert ist«, rief er, während er den Verband von seinem Arm riss. Die Schusswunde war nicht mehr zu sehen. Mit Vampirgeschwindigkeit zog er sich ein Hemd und ein Paar Hosen an.

»Ich habe Ian geweckt«, gestand Fidelia. »Ich wusste, dass er die Formel in seiner Handtasche hat...«

»Sporran«, murmelte Ian.

»Und ich habe ihm etwas in den Hals gegossen«, fuhr Fidelia fort. Ich dachte, es kann nichts schaden, weißt du. Er war ja schon tot. Und als er aufgewacht ist, sind wir hergekommen, um dich zu wecken.«

»Wo ist Heather?« Jean-Luc zog sich hastig ein paar Socken und schwarze Stiefel an. Sein Atem stockte, als sie nicht antworteten. Er rannte zurück. »Wo ist Heather?«

Bethany begann zu weinen.

Fidelias schmerzerfülltes Gesicht war kaum zu ertragen. »Billy hat sie mitgenommen. Ich glaube, er steht unter Louies Kontrolle.«

Alles war noch schlimmer, als er befürchtet hatte. Lieber Gott, nein. Seine schlimmste Angst. Aber wenigstens war es noch Tag. Lui würde immer noch tot sein, also war Heather im Augenblick noch sicher. Er nahm seinen Gürtel mit der Lederscheide und legte ihn sich um die Hüften. »Wie lange ist das her?«

»Etwa zehn Minuten.« Fidelia schüttelte den Kopf. »Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich wollte ihnen in deinem Wagen folgen, aber ich hatte die Schlüssel nicht, und ich konnte Bethany auch nicht hier allein lassen, und Ian lag tot auf dem Boden...«

»Du hast das Richtige getan.« Jean-Luc wählte seine beste Klinge und schob sie in die Scheide. »Wo ist Phil?«

»Billy hat ihn angeschossen und in den Kofferraum seines Wagens gesteckt.«

»In Ordnung.« Jean-Luc schloss sich Fidelia auf dem Flur an. »Ian, wenn du noch etwas von der Formel hast, weck Phineas und Robby.«

»Aye.« Ian sauste in das Zimmer der Wachen.

»Du musst sie retten«, flüsterte Fidelia.

»Das werde ich.« Er legte eine Hand auf ihre Schulter. »Du hast alles richtig gemacht.«

Fidelia ließ den Kopf hängen. »Ich habe es versaut. Ich habe auf Billy geschossen, aber ihn verfehlt.«

»Ich will meine Mama«, wimmerte Bethany.

»Ich bringe sie nach Hause, Chérie. Alles wird gut.« Wenn er das nur selbst glauben könnte.

Bethany schlang ihre Arme um seinen Hals. Als er merkte, dass sie nicht loslassen würde, setzte er sie auf seine rechte Hüfte, gegenüber der Schwertscheide.

»Kommt.« Er ging durch den Flur in die Küche des Kellers. »Billy hat sie vor zehn Minuten mitgenommen, sagst du?«

»Ja.« Fidelia folgte ihm.

»Wie lange noch bis Sonnenuntergang?« Er ging in die Küche. Sie war klein, bestand nur aus einem Kühlschrank, einer Mikrowelle, einer Spülmaschine und einem Schrank voller Gläser.

»Ich weiß es nicht.« Fidelia blieb im Türrahmen stehen. »In etwa fünf Minuten, glaube ich.«

»Dann hat Billy sich fünfzehn Minuten gegeben, um sie zu Lui zu bringen.« Jean-Luc nahm vier Flaschen mit synthetischem Blut aus dem Kühlschrank. »Luis Versteck könnte ganz in der Nähe sein.« Er setzte Bethany auf die Anrichte, damit er die Flaschen aufschrauben konnte.

»Wahrscheinlich.« Fidelia nahm eine der Flaschen, um ihm zu helfen.

Er stellte alle vier Flaschen in die Mikrowelle und schaltete sie an. »Hast du gesehen, in welche Richtung Billy gefahren ist?«

»Ich hab’s gesehen!« Bethany hob ihre Hand. »Er ist die Auffahrt runtergefahren.«

»Sehr gut.« Jean-Luc strich ihr über die engelsgleichen Locken.

»Sie sind auf den Highway nach Süden abgebogen«, sagte Fidelia. »Letzte Nacht habe ich von einer alten, steinernen Kirche geträumt. Ich glaube, dahin hat er sie gebracht.«

»Wo genau befand sie sich?« Jean-Luc nahm eine Flasche aus der Mikrowelle und stürzte das warme Blut hinunter.

»Auf dem Land.« Sie lehnte sich gegen den Türrahmen und legte die Stirn in Falten. »Das wäre in südlicher Richtung.« Sie richtete sich plötzlich auf. »Es gibt eine alte spanische Mission, ein Stück den Highway runter. Nur etwa zehn Minuten von hier.«

Robby, Ian und Phineas versammelten sich vor der Tür. Sie waren alle angezogen und voll bewaffnet.

»Wir haben einen Ort.« Jean-Luc gab jedem von ihnen eine Flasche. »Eine spanische Mission, zehn Meilen südlich.«

»Gut.« Robby wendete sich an Phineas. »Du bleibst hier bei den Frauen.«

»Oh, komm schon, Alter.« Phineas verzog das Gesicht. »Ich will echte Action.«

»Und die bekommst du vielleicht, wenn Lui hierher zurückkehrt, um sich noch weitere Opfer zu suchen«, murmelte Robby. »Mehr Action, als du vertragen kannst.«

»Ich krieg das schon hin.« Phineas nickte. »Lass mich einfach an den Schwächling ran. Es wird ihm leidtun, sich mit mir angelegt zu haben.«

»Phineas.« Robby sah ihn streng an. »Wenn er hierherkommt, schickst du als Erstes eine mentale Nachricht an uns.

Wir teleportieren uns dann sofort hierher.«

»Verstanden.« Phineas stürzte hastig seine Flasche Blut hinunter. Er wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab. »Ich beschütze die Frauen mit meinem Leben.«

»Und ich habe meine Waffen«, fügte Fidelia hinzu. »Wir kommen zurecht.«

»Lasst uns gehen.« Jean-Luc stellte die leeren Flaschen in die Spüle und nahm Bethany noch einmal in die Arme.

Sie gingen den Flur entlang und die Treppe hinauf ins Erdgeschoss.

»Wir nehmen den Wagen.« Jean-Luc blieb neben dem Sicherheitsbüro stehen.

»Wir könnten genauso schnell hinrennen«, wendete Ian ein.

»Jean-Luc hat recht.« Robby öffnete die Tür und nahm den Schlüssel vom Haken. »Wir müssen unsere Kräfte sparen.«

»Kannst du für uns nach der Sonne sehen?«, bat Jean-Luc Fidelia.

»Klar.« Fidelia rannte ans Fenster neben der Eingangstür. »Immer noch am Himmel«, murmelte Ian. »Das spüre ich.«

Fidelia spähte durch die Fensterläden. »Nur noch ein dünner Rest am Horizont.«

»Gut.« Jean-Luc gab Bethany an Phineas weiter. »Er passt auf dich auf, bis ich deine Mutter wiedergebracht habe.« Bethany nickte.

Jean-Luc trat einen Schritt zurück und zog sein Schwert. Er wärmte sich mit einigen Angriffsschritten und Hieben auf. Sein Herz schlug schnell, aber nicht der Anstrengung wegen. Er konnte sich selbst nicht gestatten, daran zu denken, wie viel Angst Heather ausstehen musste. Allein der Gedanke brachte ihn der Verzweiflung nahe. Wenigstens war Lui kranker Bastard genug, um sich Zeit mit ihr zu lassen. Die Wachbleibformel hatte ihnen einige wichtige Minuten verschafft, in denen sie sich vorbereiten konnten, und diese Minuten konnten den entscheidenden Unterschied machen.

Robby kam mit einem weiteren Schwert in seiner rechten Hand aus dem Büro. »Wir müssen den Wagen nach Sprengstoff absuchen. Ich sehe unter das Fahrgestell. Ian, such du unter der Haube.«

»Aye.« Ian zog die Lederstriemen fest, die die Scheide mit seinem Claymore auf seinem Rücken hielten.

»Stimmt es«, fragte Robby, »dass der Sheriff Phil in seinen Kofferraum gesteckt hat?«

»Ja.« Fidelia sah weiter aus dem Fenster. »Ich bezweifle, dass Phil euch von großer Hilfe sein wird. Billy hat ihn ins Bein geschossen.«

Robby sah Ian an. »Heute Nacht ist Vollmond.«

Ian nickte. »Gut. Das bringt uns einen weiteren Vorteil.«

»Welchen Vorteil?« Jean-Luc schob sein Schwert in die Scheide.

»Die Sonne ist weg!« Fidelia stieß die Tür auf. »Los!«

»Die Schlüssel!« Jean-Luc fing sie auf und sauste mit Robby und Ian aus der Tür. Er setzte sich ans Steuer, und sobald beide ihm sagten, dass es sicher war, ließ er den Motor an. Sie sprangen ebenfalls in den Wagen, und er trat das Gaspedal durch. Sie bogen auf den Highway nach Süden ein, und er beschleunigte bis zum Anschlag.

Nach einigen Minuten hob Robby eine Hand. »Fahr rechts ran!«

»Warum?« Jean-Luc fuhr auf den Seitenstreifen und trat auf die Bremse.

»Hör doch«, flüsterte Robby.

Ein merkwürdiges Heulen war zu vernehmen, das aus südlicher Richtung kam. »Was ist das?«

»Konzentriert euch darauf und teleportiert euch sofort hin«, befahl Robby, und die Männer verschwanden im selben Moment.

Jean-Luc zog den Schlüssel aus der Zündung und konzentrierte sich auf das Geräusch. Um ihn herum wurde alles schwarz.

****

Das war kein gewöhnlicher Wolf. Heather hatte noch nie einen aus der Nähe gesehen, aber sie wusste, dass Wölfe keine rot glühenden Augen hatten. Und dieser musste auch größer sein als der Durchschnitt.

Billy hob seine Pistole und zielte.

»Warte.« Louie hob eine Hand. »Wir können das Biest später noch umbringen. Ich will sehen, ob es anfängt, sie anzufressen.«

Die Kiefer des Tieres sahen unglaublich kräftig aus. Und die Zähne - sehr scharf. Der Wolf bewegte sich auf sie zu. Sie drückte sich an die Wand in ihrem Rücken.

Er humpelte auf einem Hinterbein. Das Fell war mit etwas Dunklem und Glänzendem verklebt. Als der Wolf vorwärts hinkte, hinterließ er einen blutigen Pfotenabdruck auf dem Steinfußboden.

Heather sah ihm in die Augen. Das Glühen war verblasst, und das Rot wurde zu einem blassen Blau. Er blieb vor ihr stehen und neigte den Kopf zur Seite, als würde er sie eingehend betrachten. Vielleicht tat er das. Die Augen sahen intelligent aus. Und kamen ihr irgendwie bekannt vor.

Er kam näher, bis seine Schnauze über ihre angezogenen Knie ragte.

»Nein«, sagte sie atemlos und hob vorsichtig eine Hand, um ihn abzuwehren.

Der Wolf beugte sich aber nur ein Stück vor und leckte ihre Handfläche.

Mit einem erschreckten Keuchen schloss sie ihre Hand. Ihre Gedanken überschlugen sich. Das verwundete Bein. Das Geräusch von Metall, das zerrissen wurde. Das Schnüffeln nach Bomben. Das Gefühl, seine Augen zu kennen.

»Phil?«, flüsterte sie.

Der Wolf wimmerte.

»Oh mein Gott.« Sie musste kurz die Augen schließen, damit ihre heißen Tränen nicht fielen. Sie war nicht allein. Phil war hier, um sie zu beschützen.

Louie seufzte. »Was für eine enttäuschende Bestie. Billy, schieß.«

Willenlos hob Billy seine Pistole.

Phil wirbelte mit einem Knurren herum. Und griff an.

Billy drückte ab, aber nichts geschah. Er stolperte panisch rückwärts und drückte immer und immer wieder den Abzug.

Phil warf ihn um und biss in seinen Arm.

Heather verzog das Gesicht. Sie wollte nicht, dass Billy sterben musste.

Ein lautes Heulen hallte durch den Raum. Phil hielt Billy auf dem Boden fest und schien sich über seinen Sieg zu freuen. Er warf seinen riesigen Kopf zurück und heulte noch einmal.

»Verfluchte Kreatur!« Louie umkreiste den Altar und knöpfte seinen langen schwarzen Mantel auf. »Ich kümmere mich selbst darum.« Er zog seinen Mantel mit einer schwungvollen Bewegung aus und warf ihn auf den Tisch. Er landete auf Sasha.

Gerade in diesem Augenblick begannen zwei Figuren vor Heathers Augen Gestalt anzunehmen. Tränen der Erleichterung rannen über Heathers Wangen. Robby hielt sein Schwert bereits in der Hand. Ian zog seinen Claymore.

Eine dritte Gestalt tauchte auf.

»Jean-Luc!«, rief Heather.

»Gott sei Dank«, keuchte Jean-Luc bei ihrem Anblick, zog dann seinen Degen und entdeckte Louie neben dem Altar. Er schritt auf ihn zu. »Lass es uns endlich beenden.«

Louie verzog spöttisch das Gesicht. »Einverstanden.« Er verschwand.

»Nein!«

Louie tauchte plötzlich neben Heather wieder auf. Seine linke Hand packte ihren Arm. Lieber Gott, er wollte sich mit ihr teleportieren!

Ein Dolch flog durch die Luft und schnitt in Louies Arm, ehe er zu Boden fiel. Der schrie auf und ließ sie los.

Heather packte den Dolch und rollte sich dann aus dem Weg. Er musste von Robby oder Ian gekommen sein. Sie sägte an den Seilen, mit denen ihre Fußgelenke gefesselt waren.

Eine warme Nase stupste an ihre Schulter, und sie zuckte zusammen. »Oh, du bist es.« Phil setzte sich neben sie. Ihre persönliche Leibwache war wieder da. »Guter Junge.«

»Ein Schwert, Robby!«, brüllte Jean-Luc. Er ließ seinen Degen fallen und beförderte ihn mit einem Fußtritt in Heathers Richtung. Dann fing er das Schwert, das Robby ihm zuwarf.

Heather krabbelte zu dem Degen, erstarrte aber, als sie sah, wie Jean-Luc und Louie sich umkreisten. Oh Gott, das war es jetzt. Der letzte große Kampf. Louie hatte ein riesiges Breitschwert. Kein Wunder, dass Jean-Luc seinen Degen eingetauscht hatte.

Der erste Angriff kam von Louie. Sein Hieb zischte an Jean-Lucs Bauch vorbei.

»Daneben.« Jean-Luc sprang und schwebte unter die Decke.

Louie erhob sich ebenfalls in die Luft, um sich ihm zu stellen. Jean-Luc schlug sein Schwert mit so viel Kraft gegen seinen Widersacher, dass Louie sich in der Luft nach hinten überschlug. Er prallte gegen einen Dachbalken und fiel zu Boden.

Jean-Luc landete aufrecht neben Louies ausgestrecktem Körper. Er hob sein Schwert zum letzten, tödlichen Hieb, aber dann rollte Louie sich plötzlich auf die Seite und stieß sein Schwert nach oben.

Jean-Luc sprang zurück. Sein Hemd war aufgeschnitten, und eine dünne rote Linie überzog seine blasse Haut. Die Spitze von Louies Schwert hatte ein Zeichen hinterlassen.

»Du bist bemitleidenswert. Ich bin es leid, mit dir zu spielen.« Louies Stimme war voller Verachtung.

Jean-Luc griff nun an. Die Schwerter prallten immer und immer wieder zusammen. Heather sah nach Robby und Ian. Sie würden doch wohl nicht zulassen, dass Louie gewann. Ian schwebte in der Nähe, den Claymore gezogen und zum Angriff bereit. Robby hatte das Schwert von seinem Rücken gezogen. Er ging hinüber zu Billy und legte ihm eine Hand auf die Stirn.

Heathers Blick huschte von einem zum anderen. Ihre Ohren rauschten vom ständigen Scheppern der zusammenprallenden Schwerter. Jean-Luc und Louie waren beide außer Atem.

Billy erstarrte am ganzen Körper und riss sich von Robby los. Er sah sich um und drückte seinen verwundeten Arm an die Brust. Sein Blick fiel auf Heather. »Was habe ich getan? Es tut mir so leid.«

»Heather, beweg dich!«, brüllte Jean-Luc ihr zu.

Bewegen, wohin? Dann merkte sie, was er vorhatte. Jean-Luc trieb Louie auf sie und Phil zu. Sie krabbelte aus dem Weg, dann packte Robby sie.

Jean-Luc zwang Louie weiter zum Rückzug, während Phil ruhig und still dasaß. Als Louie nur noch ein kurzes Stück von Phil entfernt war, stieß der Wolf ein unglaublich lautes Heulen aus.

Louie zuckte zusammen und sah sich um. In dieser Sekunde rammte Jean-Luc ihm sein Schwert ins Herz. Louie wurde erst vollkommen grau und fiel dann zu einem Haufen Staub auf dem Boden zusammen.

Jean-Luc trat einen Schritt zurück und ließ sein Schwert sinken. Er schloss die Augen, und sein Schwert fiel scheppernd auf den Boden. »Es ist vollbracht«, flüsterte er. Dann drehte er sich zu Heather um. »Wir sind frei.«

Mit einem befreiten Aufschrei rannte sie zu ihm und schlang ihm die Arme um den Hals. Er zog sie fest an sich.

»Es ist vorbei«, flüstert Heather. »Es ist vorbei.«

Er küsste ihre Stirn. »Du bist jetzt frei. Du kannst dein altes Leben zurückhaben, wenn du es willst.«

Sie nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände. »Ich will mein neues Leben mit dir.«

»Das lässt sich ebenfalls einrichten.« Er drückte sie fest an sich. »Das war meine schlimmste Angst. Aufzuwachen und zu erfahren, dass du dich in Gefahr befindest.«

»Jetzt ist alles gut«, flüsterte sie. »Du hast ihn umgebracht. Louie wird dich nie wieder quälen.«

»Gut gemacht, Jean-Luc.« Auch Robby war die Erleichterung anzusehen.

Er sah sich in der Kapelle um. »Geht es allen gut?«

Sasha stöhnte. Sie versuchte, sich aufzusetzen, aber sie fiel zurück auf den Tisch.

»Sasha!« Billy rannte zu ihr. »Gott sei Dank, dir geht es gut.«

»Billy.« Sie streckte eine Hand nach ihm aus. »Ich wollte nie jemandem wehtun. Glaub mir das bitte.«

»Ich glaube dir.« Billy nahm ihre Hand. »Er hatte mich auch in seinem Bann. Es war schrecklich. Ich habe dagegen angekämpft, aber ich konnte nichts tun.« Er küsste zärtlich ihre Hand.

»Er erinnert sich an alles«, flüsterte Robby. »Ich habe den Bann gebrochen, den Louie auf ihn gelegt hatte, aber ich habe seine Erinnerungen nicht gelöscht.«

Jean-Luc nickte. »Das ist wahrscheinlich am besten so. Es wäre schwer, sich für alles, was passiert ist, eine Erklärung auszudenken.«

»Sasha hat zu viel Blut verloren«, flüsterte Heather.

»Wir bestellen Dr. Lee noch einmal zu einem Hausbesuch«, sagte Jean-Luc. »Er kann ihr eine Bluttransfusion legen.«

»Dann wird sie nicht zum Vampir?«, fragte Heather.

»Nay«, antwortete Robby. »Sie wird wieder. Er hat ihr nicht alles Blut ausgesaugt. Ich hoffe nur, dass Dr. Lee Phil die Kugel entfernen kann.«

Jean-Luc sah nach dem Werwolf. »Warum habt ihr mir nichts von ihm erzählt?«

»Firmengeheimnis.«

»Wie viele wie ihn gibt es noch?«, fragte Heather.

Robbys Mundwinkel zuckten. »Wenn ich es dir sage, ist es kein Geheimnis mehr.«

»Er hat Billy gebissen«, berichtete Heather.

»Mist«, flüsterte Ian. Er sah Billy besorgt an.

»Oh nein«, sagte Heather atemlos. »Ist es ansteckend?«

Robby nickte. »Aye.«

Armer Billy. Sie blickte zum Altar. Billy saß auf dem Tisch und hielt Sasha im Arm. Immerhin hatte er endlich das Mädchen bekommen, das er wollte. Hoffentlich machte es Sasha nichts aus, einen Freund zu haben, der sich regelmäßig ein Fell wachsen ließ.

»Ich erkläre es ihm später«, sagte Robby. »Ian, teleportiere die beiden ins Haus. Und ruf Dr. Lee an.«

»In Ordnung.« Ian ging zu dem verwundeten Paar, und bald darauf verschwanden alle drei.

Endlich konnte Heather sich um Jean-Lucs Wunde kümmern. »Du musst dich auch von Dr. Lee untersuchen lassen.«

Davon wollte ihr Held natürlich nichts wissen. »Es ist nur ein Kratzer.«

Sie schnaufte. »Der Kratzer hat mir fast einen Herzstillstand verursacht. Du musst aufhören, jede Nacht verletzt zu werden.«

Jean-Luc grinste. »Du bist niedlich, wenn du mich herumkommandierst.« Dann zog er sie an sich und flüsterte ihr ins Ohr: »Wir müssen uns ein paar neue Positionen überlegen, die meine Verletzung nicht belasten.«

Lachend blinzelte sie ihm zu.

Robby schlenderte zum Tisch und blies die Kerzen aus. »Ich teleportiere mich mit Phil zurück, und dann sind wir hier fertig.« Er sah hinauf zur Empore. »Ist da oben irgendwas? Ich dachte, ich hätte etwas gehört.«

»Wahrscheinlich eine winzige texanische Maus.« Jean-Luc legte seinen Kopf an Heathers Schulter.

»Ich bin eine Schabe!«

»Cody! Den hatte ich ganz vergessen.«

Jean-Luc runzelte die Stirn. »Ich bin versucht, ihn einfach hierzulassen.«

»Nein«, widersprach Heather. »Er war wirklich ganz hilfreich. Billy hatte keine Patronen mehr, weil er so oft auf ihn geschossen hat. Auf eine merkwürdige Art hat er Phil das Leben gerettet.«

»In Ordnung. Dann ziehe ich meinen Bann zurück.« Jean-Luc ging hinüber zur Empore und schwebte hinauf. »Schabe.«

»Ja, Meister!«

Jean-Luc schwebte einige Minuten in der Luft. Dann sank er zurück auf den Boden. »Fertig.«

»Was zum Teufel...«, brüllte Cody. »Wie bin ich hierhergekommen?«

Unbeeindruckt von Codys Brüllen nahm Jean-Luc seine Geliebte in die Arme. »Ich kenne ein kleines Mädchen, das sich sehr freuen wird, dich zu sehen.«

Heathers Augen füllten sich mit Tränen. »Danke.«

Cody stieg die Treppe hinab. »Was zum Teufel ist hier los?«

»Ich glaube, Sie finden den Wagen des Sheriffs draußen«, teilte Robby ihm mit. »Ich schlage vor, dass Sie damit zurück in die Stadt fahren.«

Cody bemerkte den riesigen Wolf und stolperte rückwärts zur Tür. »Ihr seid doch alle verrückt!« Dann rannte er aus der Kapelle.

Robby lachte. »Komm, Phil. Lass mich dich nach Hause bringen.« Er stockte. »Och, du kleines Biest.«

Heather verzog das Gesicht. Phil hatte ein Bein gehoben und begoss den Staubhaufen, der einst Louie gewesen war. »Oh, igitt.« Wie konnte sie Phil je wieder in die Augen sehen?

Phil beendete sein Geschäft und setzte sich auf die Hinterbeine. Er sah sie mit einem Wolfsgrinsen an und ließ seine lange Zunge heraushängen.

Mit einem Lachen legte Robby einen Arm um das pelzige Biest. Die zwei verschwanden.

»Wir sind dran.« Jean-Luc strich mit den Händen über Heathers Rücken. »Erinnerst du dich daran, wie es geht? Du musst dich an mir festhalten.«

»Ich weiß es noch.« Sie schlang ihre Arme um seinen Hals.

Sein Mund zuckte. »Und dann musst du mich küssen.«

»Selbstverständlich.« Sie presste ihre Lippen auf seine und ließ die Welt um sich herum verschwinden.