10. KAPITEL

 

»Oh. Sie haben es geschafft.« Heather rügte sich stumm dafür, so atemlos zu klingen. »Ich... haben Sie Hunger?«

»Ich habe schon gegessen.« Er wendete sich an Robby, der seinen Kilt gegen schwarze Jeans ausgetauscht hatte. »Wir kommen zurecht.«

»Dann sehe ich mir mal die Umgebung an. Guten Abend, Mrs. Westfield.« Er neigte seinen Kopf und entfernte sich.

Heather bemerkte, wie sich Robbys T-Shirt über seinen breiten Rücken spannte. Dort war jedenfalls keine Waffe versteckt. »Keine Schwerter?«, flüsterte sie.

»Er hat einen Dolch an seinem Schenkel«, flüsterte Jean-Luc zurück. »Und ich habe dies.« Er klopfte mit einem Mahagonigehstock auf den Boden. »Darin ist ein Degen verborgen.«

Heather betrachtete den verzierten Messinggriff. »Sieht antik aus.« Genau wie sein Besitzer?

Jean-Luc lies seinen Blick über die Menschenmenge schweifen. »Ich bin zu gut angezogen.«

Heather lächelte. Seine grauen Stoffhosen waren elegant, und sein blaues Stoffhemd passte zu seinen Augen. »Ich finde, Sie sehen gut aus.«

»Miss?«, unterbrach sie der Verkäufer. »Sie sind dran.«

»Oh.« Sie war zu abgelenkt gewesen, um zu merken, dass sie die Nächste in der Reihe war. »Eine rosa Zuckerwatte.« Sie warf einen Blick zu Jean-Luc, während sie in ihrer Tasche nach Geld suchte. »Es sei denn, Sie möchten auch eine?«

»Nein. Gestatten Sie.« Er zog einen Fünfdollarschein aus seiner Brieftasche und gab ihn dem Verkäufer.

»Danke.« Heather runzelte die Stirn, als sie den Holzstab mit gesponnenem Zucker entgegennahm. Sie war sich nicht sicher, ob es ihr gefiel, dass er bezahlte.

Jean-Luc winkte ab, als der Verkäufer versuchte, ihm sein Wechselgeld zu geben, und lächelte sie an. »Das ist für neue Spielgeräte, non}«

»Richtig.« Sie lächelte zurück. Er war großzügig, weil es für die Grundschule war. Sie sollte nicht mehr hineinlesen als das.

»Ist das Ihr neuer Freund, Heather?«, dröhnte die Stimme des Coachs.

Heather zuckte zusammen. »Ignorieren Sie ihn.«

Im Vergleich zu dem Coach war Jean-Luc noch begehrenswerter. »Wer ist dieser Mann? Was ist das für ein Gerät?«

»Das ist eine Tauchstation.«

»Ah, ich verstehe.« Jean-Luc nickte. »Wenn er nicht untergeht, ist er eine Hexe.«

»Nein, er ist bloß ein Ekel. Das ist ein Spiel.« Eine Hexe? Das klang mittelalterlich. Noch ein Punkt für die Unsterblich-Theorie. Heather deutete auf die Bank, auf der ihre Tochter und Fidelia saßen. »Sie warten auf uns.«

»Hey, Mrs. W«, begrüßte sie der Quarterback der Abschlussklasse.

»Hi, Tyler.« Sie griff nach Jean-Lucs Arm, aber er bewegte sich nicht.

»Wow.« Tylers Freundin betrachtete Jean-Luc und streckte dann beide Daumen nach oben. »Guter Fang, Mrs. Westfield.«

»Danke«, murmelte Heather und zog an Jean-Lucs Arm. Diese Stadt war einfach viel zu klein.

Jean-Luc beugte sich zu ihr. »Kennen Sie all diese Menschen?«

»Das sind Schüler von mir. Ich bin ihre Geschichtslehrerin. Und in dieser Stadt kennt sowieso jeder jeden.«

»Heather!«, brüllte der Coach. »Wo haben Sie diesen verweichlichten Stadtjungen aufgegabelt?«

Jean-Luc versteifte sich. »Soll ich damit gemeint sein?«

»Ignorieren Sie ihn«, bat Heather. »Das tue ich auch. Die ganze Zeit.«

Jean-Luc betrachtete den Coach und drehte sich dann mit einem misstrauischen Blick zu Heather um. »Jeder Mann in dieser Stadt begehrt Sie.«

Sie lachte. »Ja, klar. Die alten Männer im Seniorenheim bekommen jedes Mal einen Herzinfarkt, wenn ich vorbeigehe.«

»Das kann ich mir vorstellen.« Sein Blick wanderte über ihren Körper.

War er verrückt? Sie trug ausgewaschene Jeansshorts, und die Nachmittagshitze hatte ihre Haut fast so pink wie ihr Tanktop werden lassen. Ihre Haare waren aus dem Pferdeschwanz gerutscht und lockten sich um ihre Stirn und ihren Nacken. Sie sah fertig aus, aber Jean-Luc sah sie an, also ob sie so verlockend wäre wie die Zuckerwatte, die sie in der Hand hielt.

»Hey, du! Stadtjunge!«, brüllte der Coach. »Ich wette, du kannst mich nicht untertauchen.«

Jean-Luc drehte sich zu der Tauchstation um und kniff die Augen zusammen.

»Warum besorgst du dir nicht ein paar Bälle, was?«, schrie der Coach.

Die Kinder kicherten.

»Alter, das hat gesessen«, murmelte Tyler.

In Jean-Lucs Gesicht zeichnete sich Zorn ab.

Heather zog an seinem Arm. »Gehen wir.«

»Er hat meine Ehre beleidigt«, verkündete Jean-Luc. »Ich sollte ihn zu einem Duell herausfordern.«

»Was?« Heather fragte sich, ob er das ernst meinte. Duellierte man sich in Frankreich immer noch? »Sie meinen Pistolen bei Sonnenaufgang?«

»Ich habe immer Schwerter bevorzugt.« Jean-Luc ging zur Tauchstation hinüber.

»Warten Sie!« Heather folgte ihm. »Das können Sie nicht ernst meinen.«

Er blieb stehen, und einer seiner Mundwinkel hob sich. »Keine Sorge, Chérie. Ich duelliere mich nicht mehr.«

»Oh. Na ja, dann ist ja gut.« Nicht mehr?

»Aber dieser Mann hat mich eindeutig herausgefordert, und ich muss meine Ehre auf irgendeine Art verteidigen.«

»Das ist einfach.« Heather deutete auf einen Stapel Bälle auf dem Tresen. »Sie kaufen einfach ein paar Bälle und tauchen ihn unter.«

Jean-Luc betrachtete den Tresen. »Das wäre einfacher, als ihn umzubringen.«

»Ja, das wäre es wohl.« Sie konnte nicht glauben, dass sie dieses Gespräch wirklich führte. Jean-Luc begann langsam zu lächeln, und seine Augen funkelten. Lieber Gott, veralberte er sie nur? Ihre Wangen wurden warm.

»Wohlan denn, ich werde ihn tauchen.« Jean-Luc legte einen Zehndollarschein auf den Tresen und bekam dafür zwei Bälle.

»Na, hast dir wohl endlich ein Paar Bälle besorgt, was?«, verspottete der Coach ihn. Er zog sein T-Shirt aus und warf es zur Seite. »Sehen Sie, Heather, ich bin noch ganz trocken.« Er spannte seine Arme an, um mit seinem gewaltigen Bizeps anzugeben.

Mit einem saftigen Knall traf Jean-Lucs erster Ball das Ziel und warf es ein gutes Stück zurück. Die Klappe, auf der der Coach gesessen hatte, gab nach und ließ ihn in das Fass voll Wasser darunter fallen.

Die Schüler jubelten. Der Coach planschte und prustete im Wasser. Das Wasser war etwa 1,50 tief, aber für die Größe des Coachs war das quasi das Nichtschwimmerbecken.

»Astrein.« Tyler klopfte Jean-Luc auf den Rücken.

»Total, echt«, stimmte einer der anderen Sportler zu.

»Alter, es ist wie - Karma, irgendwie«, sagte Tyler. »Der Coach lässt mich immer Runden laufen, bis ich kotze.«

Der Coach kletterte die Leiter hoch. Sein Bürstenhaarschnitt war platt gegen seinen kantigen Kopf gedrückt, und seine Badehose triefte. »Tolle Leistung, Zuckerarsch! Dann hast du eben einmal Glück gehabt.« Er drückte gegen die Sitzklappe, damit sie sicher einrastete, und setzte sich wieder darauf. »Das schaffst du nie im Leben nochm...«

Schon fiel der Coach wieder ins Wasser.

Die Schüler drehten nun völlig durch und sprangen auf und ab. Zwei Cheerleader führten einige Sprünge vor.

»Alter, du bist Klasse!« Tyler hob seine Hand zum Einschlagen.

Jean-Luc hob ebenfalls seine Hand und sah etwas überrascht aus, als er abgeklatscht wurde.

»Wir haben schon ewig versucht, den Coach unterzutauchen«, erklärte Tylers Freundin ihm schreiend über den Lärm hinweg, »aber es ist so teuer, und uns war das Geld ausgegangen.«

»Ich verstehe.« Jean-Luc gab Tyler ein Bündel Zwanzigdollarscheine. »Ihr solltet alle weiterspielen.«

»Alter, du bist einfach astrein!« Tyler drehte sich zu den anderen Sportlern um und wedelte mit dem Geld. »Bälle für alle! Spendiert von Mrs. Ws neuem Freund!«

Heather zuckte zusammen. Spätestens jetzt würde die ganze Stadt daran glauben.

Die Schüler jubelten und nannten Jean-Luc den Coolsten in der ganzen Stadt. Sie stellten sich alle an, um Bälle zu kaufen.

Der Coach stierte Jean-Luc wütend an, während er zurück auf seine Klappe kletterte. »Du Bastard!«

»Ich glaube, meine Arbeit hier ist getan.« Lächelnd legte Jean-Luc Heathers Arm in seinen.

Endlich erblickten sie Fiona und Bethany. »Ihnen ist klar, dass Sie jetzt ein Held sind?«

Er nickte und lächelte immer noch. »Ist das ein Maibaum?«

Heather folgte seinem Blick. »Nein, ein Flaggenmast.«

»Ah, richtig. Es ist ja August. Ist es immer so heiß in Texas?«

»Im Sommer schon. Und der Sommer dauert etwa acht Monate.« Als sie Billy sah, der in ihre Richtung kam, musste Heather innerlich aufstöhnen. Er war in kompletter Uniform angetreten und trug seinen üblichen Zahnstocher im Mundwinkel.

Billy blieb vor ihr stehen und bedachte Jean-Luc mit einem abschätzigen Blick. »Heather, ich will allein mit dir sprechen.«

»Warum? Ich habe nichts falsch gemacht.«

Er runzelte die Stirn. »Du willst vor diesem Ausländer über deinen Exmann reden?«

Die Erinnerung daran, wie merkwürdig sich ihr Ex letzte Nacht benommen hatte, wurde wieder wach. »Was hat Cody angestellt?«

»Ich musste ihn gestern Nacht einsperren. Er hat wie ein Idiot vor sich hin gestammelt, dass er eine Schabe sei. Heute Morgen ging es ihm gut, also haben wir ihn gehen lassen. Er sagt, er kann sich an nichts erinnern.«

Heather nickte, und sie machte sich Vorwürfe. Wie konnte sie Bethany mit ihm allein lassen? »Danke, dass du es mir sagst.«

Billy warf seinen Zahnstocher auf den Boden. »Wahrscheinlich hat es ihn in den Wahnsinn getrieben, mit dir verheiratet zu sein.«

Autsch. Heather hatte kaum Zeit, über diesen Seitenhieb nachzudenken, als ihr klar wurde, dass es ein ernsteres Problem geben könnte. Jean-Luc trat vor sie, die Hände um seinen Stock zu Fäusten geschlossen.

Seine Stimme war sanft, aber tödlich. »Beleidigen Sie die Ehre dieser Frau nicht.«

Billy hakte seine Daumen in den Gürtel neben seinem Waffenhalfter. »Bedrohen Sie einen Polizeibeamten?«

»Das reicht.« Heather trat vor Jean-Luc und starrte Billy wütend an. »Wusstest du, dass Sasha in der Stadt war? Sie war gestern Nacht bei mir. Schade, dass du sie verpasst hast.«

Blässe trat in Billys Gesicht. »Sie ist hier? Sasha ist wieder da?«

Am liebsten hätte Heather ihm jetzt die Zähne eingetreten. »Sie ist heute Nachmittag nach San Antonio gefahren. Aber sie kommt wieder. In zwei Wochen nimmt sie an der Wohltätigkeitsschau in Jean-Lucs Laden teil.«

Billy nickte. »Toll. Ich werde auch da sein.«

»Entschuldige uns.« Heather zog an Jean-Lucs Arm, damit sie verschwanden. Sie hielt auf die Bank zu, auf der Fidelia und Bethany warteten. Emma hatte sich zu ihnen gesellt, und Bethany redete ohne Unterbrechung.

»Sie sind böse auf den Sheriff. Nicht nur wegen seiner Beleidigung«, flüsterte Jean-Luc verständnisvoll.

»Das ist eine lange Geschichte«, grollte Heather.

Jean-Luc blieb stehen. »Ich mag Ihre Geschichten.«

Als sie ihm in die himmelblauen Augen schaute, war ihr Ärger verschwunden. »Es ist eine alte Wunde. Ich sollte mich davon nicht mehr berühren lassen.«

»Sie haben es selbst gesagt. Emotionale Wunden verheilen am langsamsten.«

Er erinnerte sich tatsächlich an Dinge, die sie gesagt hatte. Unglaublich. »Meine Mutter wollte, dass ich mit Billy Schluss mache, weil er sich bei der Polizei beworben hatte. Als ich es getan habe, hat er gesagt, er hat sich sowieso nur mit mir abgegeben, damit er in Sashas Nähe sein konnte.«

»Dieser Bastard.« Jean-Luc drehte sich um, um Billy wütend hinterher zu starren. »Dennoch glaube ich, dass er sich mehr aus Ihnen macht, als Sie annehmen. Er ist offensichtlich wütend, wenn er Sie in meiner Gesellschaft antrifft.«

»Vielleicht, aber ich bin nur zweite Wahl. Wenn er glaubt, dass Sasha zu haben ist, vergisst er mich sofort.« Heather führte Jean-Luc zu ihrer Tochter.

Bethany war gerade dabei, zu erklären, wie sie ihren neuen Bären bekommen hatte. »Das ist ein Babybär, aber ich wollte eigentlich den großen gelben Bären. Tante Fee sagt, das Spiel war Betrug, und niemand kann den großen gelben Bären gewinnen.«

»Das stimmt, Liebling.« Fidelia nickte. »Deine Mutter hat ihr Bestes getan.«

Mit einem Seufzen gab Heather ihrer Tochter die Zuckerwatte. »Hier, Liebling.«

»Lecker!« Bethany grinste und begann, sich die rosafarbene Watte in den Mund zu stopfen.

Der gelbe Bär und war nun hoffentlich vergessen. »Danke, dass du gekommen bist, Emma.«

»Ich helfe gern.« Sie warf einen Blick auf Jean-Luc. »Gab es ein Problem mit dem Sheriff?«

Jean-Luc trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. »Es gibt ein... Ungezieferproblem.«

Emma hob eine Braue. »Die Schabe?«

»Ich mache mir solche Sorgen deswegen.« Heather deutete mit dem Kopf auf Bethany. »Ich weiß nicht, ob es jetzt noch sicher für sie ist, bei ihm zu sein.«

»Ich glaube, es geht alles in Ordnung.« Emma bedachte Jean-Luc mit einem eindringlichen Blick. »Vielleicht könntest du ihr darin Mut machen?«

Wusste er etwas? Heather sah zwischen Emma und Jean-Luc hin und her. Etwas Unausgesprochenes ging zwischen den beiden vor sich.

Jean-Luc rieb sich die Stirn. »Heather, könnte ich einen Augenblick allein mit Ihnen sprechen?«

»Tolle Idee!« Fidelia zeigte auf den Fluss. »Warum geht ihr beiden nicht spazieren? Wir kommen hier schon klar.« Sie zwinkerte Heather zu.

Wütend starrte Heather zurück. Könnte Fidelia nicht noch offensichtlicher sein? »Ich muss Bethany in zehn Minuten zum Pavillon bringen, für ihre Aufführung.«

»Darum kümmern wir uns«, verkündete Emma. »Geht ihr zwei ruhig.«

Es war eine Verschwörung. Jean-Luc nahm sie am Ellenbogen und führte sie ans dunkle Ende des Parks. Ohne die Menschenmenge und die hellen Lichter fühlte die Luft sich etwas kühler an. Das Gemurmel der Menschenmenge wurde abgelöst durch das Zirpen der Heuschrecken.

Sie strich sich einige vorwitzige Locken hinter die Ohren. »Am Ende des Weges ist eine Bank, von der aus man auf den Fluss sehen kann.«

»Ich kann sie sehen. Sie ist besetzt.«

»Wirklich?« So sehr sie sich auch anstrengte, sie konnte die Bank nicht entdecken. Vielleicht sollte sie ihre Augen untersuchen lassen. »Sie können wirklich gut sehen.«

»Ja.« Er führte sie den Pfad hinab, um zwischen zwei Reihen Pekanbäumen entlangzugehen. »Wenn ich richtig verstanden habe, dann sind Sie in Sorge, ob Ihre Tochter noch sicher ist, wenn sie Zeit bei ihrem Vater verbringt.«

»Richtig. Das sieht Cody gar nicht ähnlich. Er war immer so... normal, ich meine, auf eine total vorhersehbare, langweilige Art. Der Kerl hat einen Plan, der zehn Schritte beinhaltet, für alles und durchbricht nie die gewohnte Routine.«

»Zehn Schritte?« Jean-Luc klang amüsiert. »Was, wenn man etwas in neun Schritten erledigen kann?«

»Dann geht die Welt unter.« Heather lachte. »Im Ernst, er hat zehn Schritte, um seine Schuhe zu putzen, zehn Schritte, einen Fisch auszunehmen, zehn Schritte, den Hof zu fegen. Die einzige Ausnahme war im Bett.« Ups! Das hätte ihr nicht herausrutschen dürfen. Es war viel zu leicht, mit Jean-Luc zu reden.

»Aber natürlich. Dafür braucht es mehr als zehn Schritte.«

Natürlich ging er darauf ein. Besser den Mund halten.

»Wie viele Schritte hat er gebraucht?«

Sie sah sich um, auch wenn sie nicht viel erkennen konnte. »Ich glaube, wir werden dieses Jahr eine gute Pekanernte haben.«

Er blieb stehen. Seine Hand schloss sich fester um ihren Ellenbogen, damit auch sie stehen blieb. »Wie viele Schritte, um Sie zu lieben?«

Heather atmete aus. »Drei. Und ich würde lieber nicht darüber reden.«

»Drei? Wie ist das möglich?«

Sie knirschte mit den Zähnen. »Ich habe mich von ihm scheiden lassen, wissen Sie.«

»Das hat doch nichts mit Liebe zu tun.« Jean-Lucs Stimme wurde tief vor Ärger. »Das ist... eine Abscheulichkeit.«

Sie trat einen Schritt zurück. »Es ist vorbei. Regen Sie sich deswegen nicht auf.«

»Aber er hatte offensichtlich nicht die Absicht, ihnen Vergnügen zu bereiten, und darum geht es doch bei der körperlichen Liebe. Ein Mann kann nicht befriedigt sein, wenn seine Frau es nicht auch ist.«

Heather lockerte die Haare in ihrem Nacken. Die Temperatur musste um etwa fünf Grad gestiegen sein.

»Liebe machen sollte hunderte von Schritten brauchen«, verkündete Jean-Luc. »Sogar ein Kuss braucht wenigstens zehn Schritte.«

Heather schnaubte. »Das glaube ich kaum. Lippen zusammen, Lippen auseinander. Das sind ganze zwei Schritte.«

»Keine Zunge?«

»Oh, richtig. Sie sind Franzose. Okay, Lippen zusammen, Zunge einführen, Lippen auseinander. Drei Schritte.«

Er seufzte. »Sie sind noch nie richtig geküsst worden.«

»Entschuldigen Sie mal. Ich küsse seit zwölf Jahren.«

»Ich küsse schon viel länger.«

Sie verschränkte ihre Arme. »Ja, das habe ich mir schon fast gedacht.«

Er trat einen Schritt auf sie zu. »Zehn Schritte für einen anständigen Kuss.«

»Und einen unanständigen?« Sie stöhnte innerlich auf. Klugscheißer. Jetzt hatte sie sich den Ärger selbst zuzuschreiben.

Seine Zähne blitzten, als er sie anlächelte. »Es gibt nur eine Art, das herauszufinden.« Er legte seinen Stock auf den Boden und ging näher auf sie zu. »Wir müssen es einfach ausprobieren.«