31. Kapitel
Als sie schließlich die Einstiegsrampe hinuntereilten, hatte der Wind zugenommen, und die Luft war erfüllt vom schrillen Wehklagen wacher Insekten und dem Grollen ferner Vulkaneruptionen und von Donnergrollen. Schlacke, Asche und dicke Regentropfen umwirbelten sie, als sie ihre Köpfe einzogen und zum Land der Plattform hetzten. Tausende widerlich riechender Dweebit-Käfer wuselten am Rande der stacheligen Vegetation herum, und über ihnen schwirrten Funkenbienen umher.
Von den Stürmen gebeutelt, jedoch durch Korrekturstöße der Höhendüsen in Position behalten, sank der Falke in den erleuchteten Umriss hinab. Jadak eilte zum vorderen Rand der Plattform herum, brachte sich in Sicht des Cockpits in Position und begann, mit den Armen zu winken, um Han nach unten zu dirigieren.
Besorgnis stieg in Leia auf wie eine Springflut. Sie hatte vollstes Vertrauen in Hans Fähigkeit, das Schiff sicher zu landen, doch die Umstände verschlechterten sich zusehends. Das Bauwerk selbst erbebte unter ihr.
»Dreipeo!« Als sich der Droide zu ihr umdrehte, wies sie auf eine, wie es schien, sicherere Stelle am äußersten Rand der Plattform. »Bring Amelia dort rüber!«
Der Sturm verschluckte C-3POs Erwiderung, doch er gehorchte, fasste Allana bei der Hand und führte sie davon.
Dem Falken fehlten gerade noch fünf Meter bis zum Aufsetzen, als die Bremsdüsen an Backbord erloschen und diese Seite des Schiffs runter auf die Plattform krachte. Aus dem Innern des Bauwerks ertönte das Geräusch von alten Maschinen, die schleifend den Dienst aufnahmen. Gewaltige Teile glitten in Position, Zahnräder drehten sich, und der Turbolift fing an, in das Bauwerk hinabzusinken, um das plötzlich schiefe Schiff und alle außerhalb davon mitzunehmen. Die Repulsorlifts des Falken hielten die Steuerbordseite des Schiffs noch immer in der Luft, einige Meter über dem Deck des Turbolifts, als der Lift plötzlich mit einem heftigen Ruck in die andere Richtung kippte.
Leia rutschte auf die Kante zu, als sie spürte, wie jemand ihren ausgestreckten Arm packte. Als sie aufschaute, sah sie Poste, flach auf dem Rücken, der eine Hand um einen Illuminator gekrampft hatte und mit der anderen schraubstockgleich ihr Handgelenk umklammert hielt. Im selben Augenblick hörte Leia Allana schreien und riss ihren Kopf gerade rechtzeitig herum, um zu sehen, wie das Mädchen und C-3PO über die Kante des geneigten Turbolifts stürzten und in dem Blattwerk landeten, das sich an den Innenwänden der Pyramide gebildet hatte.
»Omi!«, rief Allana.
Leia öffnete sich der Macht und mühte sich in die Hocke. Noch immer von Postes Hand gehalten blickte sie über die Kante des Decks nach unten. C-3PO, der rückwärts in die Vegetation gefallen war, hatte es geschafft, inmitten des Geästs Halt zu finden. Dadurch, dass sie auf ihm gelandet war, war Allana das Schicksal erspart geblieben, von den Dornen durchbohrt zu werden, doch der Griff, mit dem sie sich an dem Droiden festklammerte, war schwach.
Verteilte Illuminatoren schienen durch das Blattwerk, doch ihr Licht war nicht kräftig genug, um die Dunkelheit unter dem Turbolift zu durchdringen. Der Boden konnte Hunderte Meter weiter unten sein.
»Schling deine Arme um Dreipeos Hals!«, sagte Leia. »Dreipeo, lass sie ja nicht fallen! Halte dich einfach fest! Ich komme zu euch.«
Doch noch, während sie das sagte, erkannte sie, dass sie nicht zu ihnen gelangen konnte. Machtstärke verlieh einem keine übermenschlichen Fähigkeiten, die verdiente man sich durch Übung, und die Distanz zu Allana war schlichtweg größer, als sie sicher mit einem Sprung überwinden konnte. Sie durchlebte denselben Mangel an Glauben, den sie vor drei Jahren auf Coruscant erlebt hatte, als sie versucht hatte, den Falken während einer schwierigen Landung zusammenzuhalten.
Ihr Blut gefror.
Waren sie so weit gekommen, bloß um ein weiteres Familienmitglied zu verlieren?
Hans Hände flogen mit der Exaktheit eines Konzertpianisten über die Instrumentenkonsole. Die vorderen linken Repulsorlifts des Falken, die unregelmäßig funktionierten, hatten die Mandibel von dem schrägen Turbolift abheben lassen, sodass das Schiff jetzt beinahe parallel dazu schwebte. Doch zu landen kam nicht in Frage, da dann die große Gefahr bestand, dass der Falke geradewegs über die Kante rutschen würde.
Hinter Vegetation verborgen, die in das Bauwerk gekrochen war, waren Reihen von Lichtern aufgeflammt, die an den Innenwänden angebracht waren, um ihren Anteil zur Helligkeit beizutragen, die die Betriebslichter und Scheinwerfer des Falken boten. Trotzdem konnte Han nicht mehr als zwanzig Meter nach vorn schauen. Einen Moment zuvor waren Leia, Allana, C-3PO und Poste an Backbord zu sehen gewesen, doch jetzt waren sie außer Sicht, und Han sorgte sich, dass sie genauso von den Füßen geschleudert worden waren wie Jadak. Nachdem er zuvor mit den Armen um sich geschlagen hatte wie ein Mann, der zu fliegen versuchte, lag er jetzt flach ausgestreckt auf dem schrägen Deck. Bloß seine Fingerspitzen und seine gekrümmten Zehen hielten ihn an Ort und Stelle.
Nach der Art und Weise zu urteilen, wie der Lift zur Seite gekippt war, vermutete Han, dass er aus irgendeinem Grund genau dazu entworfen worden war, was bedeutete, dass der Schaft, der die Vorrichtung bewegte, unter dem Deck aller Wahrscheinlichkeit nach mit einem komplett kippbaren Gelenk verbunden war. Er wägte seine Möglichkeiten ab, aber nur flüchtig. Falls er sich irrte, war das Steuerbord-Fahrwerk des Falken drauf und dran, einiges einstecken zu müssen. Doch wenn er recht hatte, konnte er die Sache in Ordnung bringen.
Er nahm einen tiefen Atemzug, um sich zu beruhigen. Dann justierte er behutsam die Repulsorlift-Kontrollen und sorgte dafür, dass das Schiff hart auf den Steuerbord-Landestreten aufsetzte. Sofort richtete sich die Plattform waagerecht aus, doch dabei schlug die herabhängende Mandibel des Falken auf, was die bereits beschädigten Manövrierdüsen komplett lahmlegte.
Wieder krachte das Schiff auf seine Backbordseite, und das Turboliftdeck kippte in dieselbe Richtung.
Jadak war gerade wieder auf die Füße gekommen, als die Backbordmandibel des Falken nach unten zu sacken begann. Auf genau so eine Eventualität vorbereitet lief er auf das Schiff zu und machte sich die Kippbewegung des Lifts zunutze, um sich auf die stumpfe Nase des vorderen Sichtfensters katapultieren zu lassen, wo er dann hing, als habe das Cockpit ihn in den Bauch gerammt.
Hans Miene war eine Mischung aus Erstaunen, Zorn und Bewunderung.
»Können Sie die Mandibel-Zugangsluke vom Cockpit aus öffnen?«, rief Jadak, eine Wange gegen den Transparistahl gedrückt.
Han kletterte förmlich über die Instrumententafel, um ihn besser hören zu können.
»Wiederhol das!«
»Öffnen Sie die Zugangsluke! Dann versuche ich, die Düsen in Ordnung zu bringen!«
Han nickte, kehrte in den Pilotensessel zurück und legte einige Schalter um, die am hinteren Schott angebracht waren. Jadak wartete auf Hans Okay, ehe er sich wieder auf den schrägen Turbolift fallen und sich unter den Bauch des Schiffs rutschen ließ. Er fing seinen Schwung ab, indem er die vorderen Landestreben packte, kletterte auf die Mandibel hinauf, bahnte sich seinen Weg zu der entriegelten Luke und verschwand im Innern.
Leia und Poste hatten nicht einmal den Versuch unternommen, aufzustehen, doch sie hatten sich das kurzzeitige Auspendeln des Decks in die Waagerechte zunutze gemacht, um hastig zu den Lampen zu krabbeln, die den untertassenförmigen Leib des YTs umrandeten. Leia hatte einen perfekten Blickwinkel auf Allana und C-3PO, der das Mädchen jetzt mit einem Arm festhielt.
Tief in der Macht ließ Leia Poste Ausdauer und Allana Kraft und Han Unterstützung zuteilwerden, dessen Angst um Leias und Allanas Sicherheit an seiner Fähigkeit nagte, das Schiff zu stabilisieren. Genau wie Leia war er verzweifelt bemüht, allen Schaden von Allana abzuwenden. Doch tief unter seiner Pein vergraben dachte er an Jacen.
Bat Jacen um Hilfe.
Zum ersten Mal begriff Leia das ganze Ausmaß von Hans Kummer und Leid. Und sie machte sich die Quelle von Hans Aufgewühltheit zunutze.
»Hör mir zu, Kleines«, rief sie Allana zu. »Dein Vater verstand die Wesen, die diese Welt transformiert haben. Lange vor deiner Geburt waren wir im Krieg mit ihnen, doch dein Vater war eine Kraft des Friedens, und seine Fähigkeiten waren denen jedes anderen Jedi überlegen. Er wollte, dass du in einer Galaxis ohne Krieg aufwächst. Er wollte dich um jeden Preis beschützen. Ich will, dass du tief in dich hineinhorchst und nach ihm suchst. So schmerzhaft das auch ist, du musst deinen Vater finden. Schick deine Gefühle nach ihm aus. Nutze die Macht!«
Han versuchte, sich davon abzubringen, sich um Leia und Allana zu sorgen, jedoch vergeblich. War jede seiner Aktionen Sekunden zuvor noch ein Werk wahren Pilotengenies, fummelten seine Hände jetzt an den Repulsorlift- und Manövrierdüsenkontrollen herum. Ein weiteres Absacken wie gerade eben konnte den Falken über die Kante befördern, um vermutlich alle mit sich in die Tiefe zu reißen.
Jadak befand sich noch immer im Innern des Wartungsnische der Backbord-Mandibel, doch was für Reparaturarbeiten er auch immer durchführte, sie zeigten bislang noch keinerlei Wirkung.
Leia … Allana … Jacen …
Und das war alles, was nötig war.
Jadaks Improvisation hatte zu Resultaten geführt, auf die Han nicht vorbereitet war. Die fehlerhaften Lifts und Düsen erwachten mit genügend Kraft wieder zum Leben, um die Steuerbordseite des Falken nach unten auf das Turboliftdeck kippen zu lassen. Auch das Deck kippte, so weit und so heftig, dass es über die Waagerechte hinaus wippte, um Jadak beinahe aus der Wartungsnische zu schleudern. Als Han sich von seiner Unachtsamkeit erholt hatte, riss er das Schiff nach Backbord, um Jadak zurück in die Mandibel zu befördern, während es ihm gleichzeitig erfolgreich gelang, den Turbolift wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Dann setzte Han mit dem Falken rasch auf dem jetzt waagerechten Deck auf, das seinen Abstieg in das Innere der Pyramide sanft fortsetzte.
Han beugte sich so weit aus dem Sichtfenster, wie er konnte, und verfolgte, wie Jadak aus der Wartungszugangsluke kletterte, um sich seinen Weg zur Spitze der Mandibel zu bahnen. Er hakte seine Hände um die Scheinwerferhalterung und ließ sich über die Kante nach unten sinken und aufs Deck fallen.
Han suchte den Bereich vor dem Schiff nach Leia, Allana, C-3PO oder Poste ab, entdeckte jedoch keine Spur von ihnen.
Leia und Poste, die sich an zwei Illuminatoren festklammerten, wurden durch einen plötzlichen Ruck des Liftdecks vor einem Sturz in den Abgrund gerettet, der sie beinahe über den wankenden Falken hinwegkatapultierte. Das Deck war jetzt eben und begann, sich gleichmäßig abwärts zu bewegen. Doch jetzt befanden sich Allana und C-3PO, die noch immer in der stacheligen Vegetation verheddert waren, mit einem Mal über dem Schiff.
Leia lief zum Rand des Turbolifts und streckte Allana ihre Arme entgegen.
Doch wen sie vor sich sah, war Jacen – nicht mit ihren leiblichen Augen, sondern mit ihrem geistigen Auge. Jacen, der in seiner Tochter weiterlebte. Leia wurde warm ums Herz, und ihr rannen Tränen aus den Augen.
Das exotische Blattwerk wölbte sich von der Innenwand des Bauwerks fort. Es war, als würde es sich nach Leia und dem Falken ausstrecken. Gleichzeitig befreiten sich Allana und C-3PO von den Dornen und wandelten förmlich durch die Luft zum vorderen Bereich des Decks, von der Macht dorthin getragen. Leia lief zu ihrer Enkeltochter und schlang ihre Arme um sie.
Allanas Stimme war schwach und zaghaft, als sie sprach. »Eigentlich hätte ich das gar nicht können dürfen, oder?«
»Falsch«, sagte Leia, die sich Tränen von den Wangen wischte. »Genau dazu wurdest du geboren.«
Mit Poste, Jadak und C-3PO im Schlepptau bogen Leia und Allana gerade um die Steuerbord-Mandibel, als Han die Einstiegsrampe hinabgeeilt kam, mit großen Augen und vor Besorgnis halb offenem Mund. Als er sie sah, veränderte sich seine gesamte Miene. Er stürmte vor, um sie zu drücken, und diese Umarmung behielten sie den Rest der Zeit bei, die der Turbolift abstieg.
Zusätzliche Lampen flammten auf, um die Luft mit Elektrostatik zu erfüllen und die höhlenartige Landebucht in unheimliches Licht zu tauchen. Das Wehklagen empfindungsfähiger Käfer war fern, doch über ihnen schwirrten Funkenbienen, und in dem stacheligen Gestrüpp, das sich in das Bauwerk eingeschlichen hatte, wimmelte es nur so vor larvenähnlichen Insekten und Molchen von der Farbe von Arterienblut. Schlimmer jedoch war, dass der uralte Boden in Übereinstimmung mit Tandun III selbst wackelte.
Han, der bereits einen Fluchtplan ersann, schaute zu der Öffnung im Dach empor. »Hier unten können wir nicht bleiben. Dieses ganze Bauwerk könnte zusammenbrechen.«
»Wir schauen uns nur mal schnell um«, sagte Jadak.
Allana hörte lange genug auf, an ihren Fingernägeln zu kauen, um Han mit einem eifrigen Nicken zu bedenken.
Die sechs verließen den Aufzug und marschierten auf einen gewölbeartigen Durchgang zu, der den Zugang zu einer noch heller erleuchteten Kammer markierte. C-3PO, der Letzte in der Reihe, verlangsamte seine Schritte, legte seinen Kopf auf die Seite, wie als Reaktion auf etwas, dass seine Audiorezeptoren aufgefangen hatten, und beeilte sich dann, um wieder zu den anderen aufzuschließen.
»Das kenne ich«, sagte Leia laut genug, um sich über das donnerartige Widerhallen in der ausgedehnten Kammer hinweg Gehör zu verschaffen. »Das war das Emblem der Republik.«
Das schimmernde, drei Meter hohe und drei Meter breite Emblem hing an Klammern, die in die uralten Steinblöcke der Wand eingelassen waren. Es stellte ein achtstrahliges Sternensymbol inmitten eines Kreises dar, dessen Umriss aus einer gestrichelten Linie bestand. Abgesehen von einem Stapel leerer Lagerkisten war das das Einzige im Raum.
Leia streckte die Hand aus, um das phosphoreszierende Metall zu berühren. »Genauso ein Emblem wie das hier hing im Gerichtsgebäude auf Alderaan – bis zu Palpatines Proklamation …«
»Aber das hier ist ein anderes«, sagte eine Stimme hinter ihnen.
Han hatte seinen Blaster gezogen, noch bevor er seine Drehung vollendete. Leia hielt ihr Lichtschwert in Händen, deren glühende Klinge sich vor ihr in die Höhe schob. Lestra Oxic und seine Assistentin Koi Quire kamen auf sie zu, umgeben von einem Quartett bewaffneter Leibwächter, von denen zwei die Schiffsdiebe von Vaced waren.
»Lestra!«, sagte Leia. »Sie haben uns mit einem Peilsender versehen.«
»Tatsächlich, meine Liebe, war das der Besitzer des Verleihs auf Vaced. Er hat den Diebstahl seines Hackerdroiden bereits den Behörden gemeldet.«
»Dann sind Sie also hier, um zu sehen, ob wir einen Anwalt brauchen«, sagte Jadak.
Oxic bedeutete seinen Handlangern, ihre Waffen ins Halfter zu stecken, und verneigte sich vor Jadak. »Es ist mir ein Vergnügen, Sie endlich kennenzulernen, Captain, nach all diesen Jahren.«
»Erwarten Sie nicht von mir, dass ich dasselbe sage.«
Oxics Augenbrauen bildeten Bögen. »Nicht? Nun, vielleicht ändern Sie Ihre Meinung, sobald Sie die ganze Geschichte kennen.«
Jadak sah Koi Quire an. »Was ist passiert? Wird in der Versicherungsbranche nicht genug gezahlt?«
»Ich freue mich auch, Sie wiederzusehen«, sagte Quire mit einem kleinen Lächeln. »Steht Ihr Angebot noch, mich herumzuführen?«
»Möglicherweise.«
Leia deaktivierte ihr Lichtschwert und hakte es an ihren Gürtel. »Schauen wir mal, ob sie uns alle dazu bringen können, unsere Meinung zu ändern, Lestra.«
Oxic grinste und deutete auf das Emblem. »Ihr habt hier ein Stück Geschichte vor euch, das achtzig Standardjahre lang niemand zu Gesicht bekommen hat. Prinzessin Leia hat recht damit, darin das Emblem der Republik zu erkennen, aber dieses hier …« Er trat darauf zu und hob ehrfürchtig einen Arm, um es zu berühren. »… dieses hier zierte einst das Podium der Senatsrotunde. Aus purem Aurodium, Orchalum und Coruscanthium gegossen und mit einem halben Dutzend gleichermaßen wertvoller Metalle und Legierungen verziert, war dies hier als das Zeichen der Einheit bekannt. Doch nach sieben Jahren der Herrschaft des damaligen Obersten Kanzlers Palpatine wurde es während einer dringend nötigen Renovierung der Rotunde gestohlen und durch eine Kopie ersetzt.«
Oxic warf Jadak einen Blick zu. »Gestohlen, Captain Jadak, von Mitgliedern der Republikanischen Gruppe, die es hierher transportieren ließen, um es sicher einzulagern, bis zu dem Zeitpunkt, da es gebraucht werden würde, um …«
»… das Ansehen der Republik in der Galaxis wiederherzustellen.«
Oxic grinste breit. »Präzise, Captain. Ein Symbol, dazu bestimmt, jene wachzurütteln und wiederzuerwecken, die zugelassen haben, dass sie unter die Knute des Imperators gerieten.« Er hielt kurz inne. »Nun, wir alle wissen, dass sogar die gesündesten Setzlinge nicht immer Früchte tragen. Dass das Ersatzemblem bloß eine Kopie ist, wurde im Zuge der Restaurationsarbeiten entdeckt, die nach General Grievous’ Angriff auf Coruscant nötig wurden. Es wurde nie ein Versuch unternommen, das Original wieder aufzuspüren. Den Imperator scherte das Ganze nicht, und zu diesem Zeitpunkt war auch der Großteil des Senats bereits über den Punkt hinaus, wo die Senatoren überhaupt noch irgendetwas scherte. Doch die Sammler von Republikana-Kunstwerken haben seitdem die Galaxis danach durchkämmt.« Er schwang wieder herum, um das Emblem zu studieren. »Und hier ist es zu guter Letzt.«
Oxic verstummte, während ein kräftiges Beben den Raum erzittern ließ. Han schob zwar seinen Blaster ins Halfter, zog Leia und Allana jedoch dicht zu sich.
»Ich bin dem Emblem bereits seit fast fünfzig Jahren auf der Spur«, sagte Oxic, beinahe wie zu sich selbst. »Das ist der Grund dafür, warum man Sie in der Einrichtung auf Nar Shaddaa nicht sterben ließ, in der Sie nach Ihrer Kollision damals medizinisch versorgt wurden, Captain Jadak.« Er warf einen Blick über die Schulter. »Dafür, dass Sie mich hierhergeführt haben, haben Sie gewiss Anspruch auf einen Finderlohn. Doch lassen Sie uns den Tatsachen ins Auge sehen: Sie wussten nie, wonach genau Sie eigentlich suchen – ob es sich um Reichtümer handelt, die Ihre kühnsten Träume übersteigen, oder ob Sie bloß einem Traum nachjagen –, und was noch wichtiger ist: Wie sich gezeigt hat, war der Millennium Falke der wahre Schlüssel, um diese spezielle Schatztruhe zu entriegeln.
Aus diesem Grunde beanspruche ich das Emblem für mich. Ich wusste von Anfang an, was für einen Schatz ich suche. Und meine Aufwendungen in puncto Zeit, Energie und Credits übersteigen die Gesamtsumme dessen, was der Rest von euch hierzu beigetragen hat, bei Weitem.«
Oxic zog eine kleine, zylindrische Sonde aus seiner Jackentasche. Er brachte den zwiebelartigen Scanner des Testgeräts an dem Teil des Emblems ein, der am leichtesten zugänglich war, und studierte die Anzeige. »Was die Edelmetalle wert sind, ist kaum von Belang«, sagte er. »Hier geht es um das Stück selbst, das in Kürze der Höhepunkt meiner Sammlung sein wird. Sehr zum Neid aller, die es gesucht haben …«
Die Augen auf den kleinen Anzeigeschirm des Geräts geheftet, unterbrach er sich selbst. »Das kann nicht stimmen«, sagte er mit zittriger Stimme. Grober als zuvor setzte er den Scanner an einem anderen Bereich des Emblems an. »Das kann nicht stimmen!« Seine Hände zitterten jetzt, und diese Bewegung hatte nichts mit den Erdstößen von Tandun III zu tun, die sowohl in ihrer Dauer als auch in ihrer Schwere zunahmen.
»Das kann nicht stimmen!« Oxic schlug nach dem Emblem, als habe sich das Testgerät in ein Messer verwandelt. Dann taumelte er mit gegen den Kopf gepressten Händen rückwärts, während Koi Quire und der nautolanische Schiffsdieb zu ihm eilten, um zu verhindern, dass er zu Boden brach.
Ohne Leia anzusehen, sagte Han: »Habe ich dir jemals von dem einen Mal erzählt, als Chewbacca und ich in den Schatzkammern waren von …«
»Xim dem Despoten?«, vollendete sie den Satz für ihn. »Auf Dellalt? Diese kleine Geschichte hebe ich mir für Kapitel sieben meines Buches auf.«
Er sah sie stirnrunzelnd an. »Für welches Buch?«
»Das Schlitzohr, der Wookiee und ich. Der zweite Band meiner Memoiren.«
Hans Kiefer sackte noch ein bisschen tiefer. »Wer ist hier ein Schlitzohr?«
Oxic warf das Testgerät zu Boden, schüttelte den Griff des Nautolaner ab und richtete sich zu seiner vollen, beeindruckenden Größe auf. »Das ist eine Fälschung! Eine Kopie!« Zur Wand schlurfend stützte er sich mit einem Arm ab und begann zu schluchzen. »Nicht einmal das Metall wert, aus dem es gegossen wurde!«
Der Boden erbebte von Neuem, stärker jetzt.
Oxic riss sich zusammen und schwang herum, um Koi Quire anzusehen. Seine rotgeränderten Augen loderten. »Bekanntermaßen hat die Republikanische Gruppe nie kundgetan, eine Fälschung aus der Rotunde entwendet zu haben. Das deutet darauf hin, dass das echte Emblem der Alten Republik schon früher verschwunden sein muss – vielleicht in der Anfangsphase der Rotunden-Renovierung.« Er blickte Quire fest in die Augen. »Wie lautet der Name der Baufirma, die angeheuert wurde, um die Renovierung zu überwachen?«
»Die Naffiff-Brüder«, sagte sie.
Oxic ballte seine Hände zu Fäusten. »Sils Naffiff, ja … jetzt über alle Vorstellungen hinaus wohlhabend. Er könnte dafür gesorgt haben, dass die Kopie angefertigt wurde, noch bevor die Renovierungsarbeiten begannen!« Seine Augen fanden Jadak. »Oder wurde das echte Emblem möglicherweise von der Person gestohlen, der Sie die Sternengesandte überbringen sollten?«
»Das war eine antarianische Rangerin«, sagte Jadak.
»Ja, ja, ich weiß. Aber ich würde es auch diesen Leuten zutrauen, einen Schatz zu plündern!«
»Sie täten besser daran, sich darauf irgendwo anders einen Reim zu machen, Anwalt«, sagte Han.
Das bislang kräftigste Erdbeben schüttelte den Raum, riss Oxic und Quire von den Füßen und rüttelten die Halterungen des Emblems aus der Wand. Jadak half Quire gerade auf, als es zu Boden kippte und in unzählige Stücke zersprang.
»Ein angemessenes Ende dafür!«, sagte Oxic angewidert, ehe er zu Jadak und Poste herumwirbelte. »Was würden Sie beide davon halten, sich mit uns zusammenzutun, um die Suche fortzusetzen? Ich würde Sie gut bezahlen. Und Jadak … was gäbe es sonst für Sie zu tun?«
Jadak warf Quire einen raschen Blick zu, die lächelte. »Ich bin dabei«, sagte er.
»Ich auch«, sagte Poste.
»Ich will auch mitmachen«, setzte Allana zu sagen an, doch Leia unterbrach sie.
»Denk nicht einmal daran, Kindchen. Ich fürchte, du wirst bei uns bleiben müssen.«
Die Gruppe eilte hastig zur Landebucht, wo das Licht eine andere Qualität angenommen hatte. Han schaute auf, um eine Horde Yuuzhan-Vong-Grichas zu erspähen, die versuchten, den Aufzugschacht zu versiegeln.
»Der Falke wird da niemals durchpassen«, sagte Oxic. »In meiner Yacht ist genug Platz für Sie alle, Captain Solo.«
Han warf einen Blick auf die schnittige Raumyacht, die dem Falken nach unten gefolgt war, ehe er Oxic ansah. »Und das Schiff hierlassen?«
»Ist Ihnen jemals in den Sinn gekommen, dass der Falke dazu bestimmt sein könnte, hier eingeschlossen zu werden? Dass die letzte Mission des Schiffs damit abgeschlossen wäre? Dass es sein Schicksal erfüllt hätte?«
Hans Schweigen war nur von kurzer Dauer. »Der Falke hat sein Schicksal erst dann erfüllt, wenn ich es sage!«
Oxic nickte respektvoll. »Wie Sie wollen. Prinzessin Leia, Amelia, Ce-Dreipeo … Ich hoffe, wir sehen uns unter angenehmeren Umständen wieder.«
Han streckte Jadak seine Hand hin. »Eure Rucksäcke sind noch an Bord des Falken.«
»Ich nehme an, wir kommen ohne sie zurecht.«
»Halte dich aus Schwierigkeiten raus, Captain«, sagte Han.
»Sie auch, Captain.«
»Und fang an, erwachsen zu werden, in Ordnung?«, fragte Han, als Jadak und Poste auf Oxics Schiff zumarschierten. »Fang an, dich deinem Alter entsprechend zu benehmen.«
»Unter einer Bedingung.«
»Unter welcher?«
»Dass Sie einwilligen, sich gut um mein Schiff zu kümmern.«
Die Solos eilten die Einstiegsrampe des Falken hinauf, während sie C-3PO ermahnten, sich zu beeilen. Im Ringkorridor kam Han schliddernd zum Stehen und wirbelte zu Leia herum. »Du und Dreipeo, ihr werdet das Schiff nach oben bringen müssen, und zwar schnell!«
Ihre Augen studierten sein Gesicht.
»Ich gehe nach oben. Dieses Baby hat nicht umsonst Vierlingslaser.«
Leia nahm ihre Unterlippe zwischen ihre Zähne und nickte.
»Ich weiß«, sagte Han, als C-3PO den Korridor betrat. »Die Sache wird eng. Dreht das Schiff um hundertachtzig Grad herum und bringt den Bug nach oben. Den Rest erledige ich. Verstanden, Dreipeo?«
»Verstanden, Captain Solo.«
Han lächelte. »Und achtet darauf, dass der Falke nichts abbekommt.«
»Nicht einen Kratzer«, sagte Leia, als Han sich in den Leiterschacht duckte.
Bis Han sich in dem hochlehnigen Sessel angeschnallt und seine Hände um die Zwillingsfeuerknüppel geschlossen hatte, hatte Leia die Repulsorlifts schnellgestartet. Draußen wogten die Wände des Bauwerks, und auf der Außenhülle des Falken sammelten sich Bruchstücke vom Dach der Landeplattform. Nicht mehr lange, und das ganze Dach würde einstürzen, um das Schiff unter sich zu begraben. Han verfolgte, wie Oxics schicke Yacht eine punktgenaue Drehung vollführte und durch die schmaler werdende Öffnung in die Höhe stieg.
»Ab nach oben, vernahm Han Leias Stimme durch den Ohrhörer seines Interkom-Headsets.
Der Falke schwebte vom Turboliftdeck empor, drehte und neigte sich. Die Manövrierdüsen am Bug sprangen an, die Mandibeln glitten höher, und Han wartete.
Die Vierlingslaser ratterten, und ein Hagel purpurner Blitze bereitete den Dachbaubemühungen der Lavakreaturen ein jähes Ende.
»Jetzt, Leia!«
Riesige Knäuel Vegetation schälten sich von den Wänden ab, und große Steine fielen herab, um von der Panzerung des Schiffs abzuprallen. Mit einem Bart aus Yuuzhan-Vong-Dornenbäumen versehen schoss der Falke nach oben und aus dem uralten Bauwerk hinaus, ehe er auf einer Säule blendender Energie in den aufgewühlten Himmel emporstieg.
Oxics Yacht drehte gerade nach Steuerbord bei, um einem Hagel fliegender Felsbrocken zu entgehen, als der Falke sie überholte und mit maximaler Geschwindigkeit gen Weltall raste. Mittlerweile war Han ins Cockpit gestürmt und hatte sich neben Allana auf dem Navigationssessel angeschnallt. In den Todeskrämpfen von Tandun III gefangen bockte der Falke wie eine Murmel in einem Saftmixer.
»Ihr Platz, Captain Solo«, sagte C-3PO und erhob sich.
Han klopfte ihm auf die Schulter. »Bleib sitzen, Goldjunge. Du verdienst es, ausnahmsweise mal vorne mitzufliegen.«
»Werden wir davonkommen?«, fragte Allana, ohne sichtbare Anspannung.
»Natürlich werden wir das«, sagte Han und streichelte ihr Haar. »Genau wie in dieser HoloNet-Serie.«
Teilnahmslose Sterne tauchten blinzelnd vor ihnen auf, die ihren Glanz verloren, je höher der Falke aufstieg. Als sie eine sichere Entfernung zwischen sich und den Planeten gebracht hatten, zog Leia das Schiff in eine weite Wende, sodass sie sich Tandun III gegenübersahen, während der Planet zerbrach wie ein Ei, aus dem eine Kreatur zu schlüpfen drohte, die aus purem Feuer bestand.
Dann löste sich der Planet mit verstörender Lautlosigkeit einfach auf. Einen flüchtigen Moment lang blitzte er auf wie ein Stern, bevor er gewaltige Felsbrocken seiner selbst in die Leere schleuderte. Beinahe wie aus eigener Willenskraft glitt der Falke höher, als die Schockwelle in die Nacht hinauswirbelte.
An der Instrumententafel flammte ein Kontrolllämpchen auf, und Leia warf einen Blick auf die Anzeigen.
»Die Landedüsen und Repulsoren an Backbord sind ausgefallen.«
Han stand auf, um mit der Faust gegen die Kontrolltafel über Allanas Kopf zu hämmern, und das Kontrolllämpchen erlosch flackernd.
»Wieder online«, sagte Leia und lächelte über ihre Schulter.
Han seufzte. »Diese Landedüse sollte ich wohl doch mal reparieren lassen.«