15. Kapitel

 

Cix Trouvee war ein eingefleischter, unverbesserlicher Glücksspieler, ebenso wie sein Vater vor ihm – oft behauptete er, seine Spielsucht wäre eine Hommage an seinen alten Herrn. Bereits in jungen Jahren hatte er all die Tricks und Kniffe erlernt, und mit achtzehn war er von seiner wohlhabenden Heimatwelt Corulag aufgebrochen, um als professioneller Spieler Karriere zu machen. Während sein Vater nur auf Swooprennen gewettet hatte, war Cix offen für alles, und als er schließlich sein mittleres Alter erreichte, gab es nichts, worauf er nicht bereit gewesen wäre, Geld zu setzen: Podrennen, Chin-Bret-Spiele, Laro-Runden, Pazaak, Punkt 5 und Sabacc, das Drehen des Jubelrades, ein Becher voller Würfel, das Wetter, die Populationsentwicklung oder der Kurswert von Salthia-Bohnen. Unmengen von Credits wanderten durch seine Hände und rannen ihm zwischen den Fingern hindurch. Er gab das Geld ebenso schnell aus, wie er es gewann – für Wein, Frauen, luxuriöse Hotelsuiten, Anzüge aus Schimmerseide und Chromaleder. Oft überstiegen die Ausgaben seine Einkünfte, und er zog eine Spur aus unbeglichenen Schulden, zerstörten Freundschaften und gebrochenen Herzen hinter sich her.

Für eine kurze Zeit gab es eine Konstante in seinem Leben: einen eigensinnigen YT-1300-Raumfrachter, dem jemand den Namen Millennium Falke gegeben hatte und den jemand anderes mit einem Hyperantrieb der Klasse eins, einem Dejarik-Hologrammtisch und einer auf seinem Rücken angebrachten Laserkanone ausgestattet hatte. Doch wenn man der Besitzer eines fünfundfünfzig Jahre alten Raumschiffs war, das inzwischen aus ebenso vielen Ersatz- wie Originalteilen bestand, dann brauchte man flinke Hände, und die hatte Cix nun einmal nicht – es sei denn, es ging darum, Karten auszuteilen, Gewinne einzustreichen oder seinen Namen auf Schuldscheine zu kritzeln. Er liebte den Falken, aber das Schiff trieb ihn immer mehr in den Ruin. An einem Tag musste der Hyperantrieb ersetzt werden, am nächsten das Droidenhirn, und dann waren da noch die hundert kleinen Teile, die festgezogen, fixiert, repariert oder ausgewechselt werden wollten. Dennoch hatte er nie ernsthaft darüber nachgedacht, den Raumfrachter zu verkaufen oder ihn gegen ein gebräuchlicheres Schiff einzutauschen, zumindest nicht, bis der Falke ganz unerwartet den Geist aufgab und er deswegen ein Outlander-Match mit extrem hohen Einsätzen auf Coruscant versäumte. Da wurde Cix klar, dass er dringend einen großen Gewinn einfahren musste, denn andernfalls könnte er den Lebensstil, an den er sich so gewöhnt hatte, nicht weiter finanzieren. Zudem wollte er das Credit-Grab, in das der Millennium Falke sich verwandelt hatte, endlich generalüberholen lassen. Als ein Rodianer ihn darauf aufmerksam machte, dass die Hutts ein einmaliges Turnier auf die Beine stellten, war Cix darum sofort festentschlossen mitzumachen, obwohl er noch nicht einmal die Details kannte.

Erst geraume Zeit später hatte er den Rodianer schließlich gefragt: »Was wird denn gespielt?«

»Es ist ein Wettbewerb«, betonte der Rodianer. »Zwischen imperialen Truppen und einem Haufen von Möchtegernrebellen. Das Ganze findet in einem Standardmonat auf Yag’Dhul statt.«

Wie die Hutts von der bevorstehenden Schlacht erfahren hatten, sollte Cix nie erfahren. Doch wenn es stimmte, was der Rodianer und einige andere eingeweihte Glücksspieler sagten, hatte das Imperium Informationen darüber erhalten, dass die Aufständischen bei Yag’Dhul eine Raumstation bauten, und daraufhin beschlossen, die Einrichtung zum ersten Ziel ihres neuesten Sternenzerstörers, der Desolator, zu machen. Die Rebellen wussten jedoch von diesen Plänen und hofften, die Desolator zu schlagen und der kurzen Liste ihrer Siege einen weiteren hinzuzufügen.

Bis zur Schlacht von Yavin sollten noch fünf Jahre vergehen, für das Imperium waren die Rebellen zu dieser Zeit mehr ein Ärgernis denn eine echte Bedrohung. Die meisten Aktionen der unzufriedenen Milizvereinigungen beschränkten sich auf Störmanöver kleiner, weit verstreuter Gruppen und Überfälle auf Lieferkonvois und imperiale Einrichtungen. Sollte den Widerständlern wirklich schon ein großer Sieg gelungen sein, so wurde das im imperial kontrollierten HoloNet verschwiegen, aber auf Nar Shaddaa erzählte man sich, dass es eine aufkeimende Rebellenvereinigung gab, die beständig in Größe und Stärke wuchs. Der Untergrund brodelte vor Gerüchten über baldige Angriffe auf Ylesia und erfolgreiche Überfälle in der Anhäufung Schwarzer Löcher, die als der Schlund bekannt war – dort sollte das Imperium gerade einem riesigen Kriegsschiff, an dem es schon seit fünfzehn Jahren baute, den letzten Feinschliff verpassen.

Die Wette hätte nicht klarer definiert sein können.

Ganz offensichtlich glaubten die Hutts nicht, dass die Rebellen die Desolator vernichten konnten, aber sie wollten sich auch nicht in ungenauen Begrifflichkeiten wie Sieg oder Niederlage verstricken. Darum konnte man nur auf die Zahl der imperialen und Rebellenjäger wetten, die während der Schlacht vernichtet würden.

Die Hutts waren unparteiisch, wollten sich aber sowohl an den Gewinnern als auch an den Verlierern bereichern und hatten daher bei fünfundvierzig Sternenjägern einen Grenzwert gesetzt. Wie die schlussendliche Zahl erreicht wurde – ob es sich dabei nun größtenteils um imperiale oder aufständische Opfer handelte oder ob das Verhältnis beinahe ausgewogen war – spielte keine Rollte. Bei gleichen Chancen hatten die Wettenden nur die Wahl, ob sie auf mehr als fünfundvierzig Schiffe setzen wollten oder auf weniger. Im Idealfall würden die Hutts eine gleichgroße Zahl von Wetten auf beiden Seiten verzeichnen. Falls nicht, würden sie diesen Grenzwert vermutlich noch kurzfristig nach oben oder unten korrigieren, um ihren Profit zu sichern.

Cix fand es unmoralisch, auf eine Schlacht zu wetten, aber das hielt ihn nicht davon ab, ein paar Informationen einzuholen. Dabei ging es ihm auch darum, einen Grund zu finden, warum er doch an dem Spiel der Hutts teilnehmen sollte. Er hörte sich im Untergrund um, redete mit so vielen seiner alten Kontakte wie möglich: Schmuggler, Waffenschieber, Informationshändler, Wesen, von denen er vermutete, dass sie Mitglieder der Rebellen waren oder zumindest mit ihnen sympathisierten, Wirte, Musiker und Kellnerinnen in schäbigen Cantinas und Tapcafés, außerdem mit den imperialen Offizieren, die in ebendiesen Spelunken ein wenig zu tief ins Glas geschaut hatten. Falls die Yag’Dhul-Wette zum größten Gewinn seines Lebens werden sollte, brauchte er so viele Informationen, wie er nur kriegen konnte, denn die Hutts hätten die Quoten nicht so festgelegt, wenn sie nicht selbst schon ihre Hausaufgaben gemacht hätten.

Die Desolator war ein typisches Beispiel der neuen imperialen Modelle: ein sechzehnhundert Meter langes Schlachtschiff, bestückt mit unzähligen Laserkanonen und einem Großaufgebot an Bodentruppen, Kriegsmaschinen und TIE-Jägern. Die TIEs waren die Nachfolger der alten V-Flügler, und wenn man sie fliegen sah, erinnerte das weniger an die Manöver einer Formation, sondern vielmehr an einen Schwarm. Oft hatten ihre Siege vor allem mit zahlenmäßiger Überlegenheit zu tun, denn obschon mit einem Paar mächtiger Laserkanonen ausgestattet, fehlten diesen finsteren, schwarz-grauen Sternenjägern doch ein Hyperantrieb, Lebenserhaltungssysteme und defensive Schilde. Erwähnte man einem erfahrenen Kampfpiloten gegenüber das Wort TIE, erntete man in neun von zehn Fällen ein abfälliges Schnauben. Viele von ihnen behaupteten, dass man TIEs ebenso leicht vernichten konnte wie Käfer, wenn man nur wusste, wie man sie ins Visier bekam.

Die Aufständischen hingegen begnügten sich mit Z-95-Kopfjägern, die sie mit stärkerer Bewaffnung und Hyperantrieben ausgestattet hatten. Der Kopfjäger war nur leicht gepanzert und außerdem schwer zu steuern, aber er war verlässlich. Wichtiger war jedoch, dass die Mehrheit der Rebellenpiloten Zeit auf der Imperialen Akademie oder bei der Flotte selbst verbracht hatte, ehe sie die Seite wechselten, und auch von den Übrigen erzählte man, dass sie hochmotiviert waren. Die meisten imperialen Piloten hingegen waren eingezogen worden und sahen nun keinen Ausweg mehr aus dem Militärdienst.

Cix wusste nicht, ob er dem Gerücht über den Sieg der Miliz im Schlund Glauben schenken sollte, aber die Tatsache, dass das Imperium seine Schiffsproduktion hochgefahren hatte, war ein Zeichen dafür, dass man diese Gruppen ernst nahm. Bei Yag’Dhul hatten die Aufständischen zudem das Äquivalent eines Heimvorteils, und sie wussten, dass ein Angriff bevorstand.

Mehr und mehr Leute erfuhren von der Hutt-Wette, und Cix hörte, dass die berüchtigten Baath-Brüder von Coruscant ebenfalls Wetten auf den Ausgang der Schlacht annahmen. In der festen Überzeugung, dass das Imperium siegen würde, hatten sie keine feste Summe wie die fünfundvierzig Sternenjäger der Hutts angesetzt, sondern ließen darauf wetten, wie viele Schiffe die Rebellen mehr verlieren würden als die Imperialen, wobei immer in Zehnerschritten vorgegangen wurde. Cix’ Bauchgefühl sagte ihm, dass er auf einen halbwegs eindeutigen Sieg der Favoriten setzen sollte. Um einen Gewinn einzustreichen, musste die Gesamtzahl der zerstörten Rebellenjäger die der abgeschossenen Imperiumsmaschinen also um mehr als zehn übertreffen. Doch er wollte Gewissheit.

Er heuerte einen illegalen Hacker an und ließ ihn die gesammelten Fakten und Statistiken – genug, um eine ganze Datenkarte zu füllen – in den Speicher eines Protokolldroiden laden, der einst programmiert worden war, die Handicaps bei Sportarten festzulegen, und schon oft die Ergebnisse von Swooprennen vorausberechnet hatte.

»Es gibt viele Variablen, die Sie nicht mit einbezogen haben«, erklärte der Droide Cix dienstbeflissen.

»Zum Beispiel?«

»Wer ist der Kommandant des imperialen Sternenzerstörers?«

»Ich habe versucht, das herauszufinden.«

»Wer ist der Kommandant der Aufständischen bei Yag’Dhul?«

»Das ließ sich auch nicht in Erfahrung bringen.«

»Glücklicherweise haben Sie das Datum der Schlacht angegeben. So konnte ich die potenzielle Beeinflussung durch die Gezeitenkräfte der drei Monde von Yag’Dhul berechnen. Aber Sie haben mir keine Daten über die Hyperraumstartkoordinaten des Sternenzerstörers zur Verfügung gestellt.«

»Sehe ich so aus, als hätte ich Kontakte im imperialen Oberkommando?«

»Unter diesen Umständen kann ich keine qualifizierte Vorhersage abgeben.«

»Dann werde ich mich eben mit deiner besten Schätzung zufriedengeben.«

Der Droide nannte sie ihm.

Nun, da er sich in seiner Vermutung bestärkt sah, begann Cix damit, sich Credits zu leihen. Er wollte eine so große Summe wetten, dass er lange Zeit von dem Gewinn leben könnte – auch, nachdem er die Provision, die die Baath-Brüder auf die Wette aufschlugen, und die Zinsen, die seine Geldgeber für ihre Kredite verlangten, bezahlt hatte. Der Gedanke, dass er die Wette verlieren könnte, kam ihm kein einziges Mal.

Yag’Dhul war die Heimatwelt einer Spezies humanoider Wesen mit Exoskelett, die als Givin bekannt waren und während der Klonkriege ihre mathematischen Fähigkeiten in den Dienst der Konföderation Unabhängiger Systeme gestellt hatten. Nahe der Kreuzung von Rimma-Handelsroute und Corellianischer Handelsstraße gelegen war der Planet ein oft benutzter Rückfallpunkt, der in den vergangenen Jahrtausenden immer wieder zum Schauplatz von Kämpfen geworden war. Besonders häufig war das während bestimmter Jahreszeiten geschehen, wenn die drei Monde, die auch die Meere und die Atmosphäre von Yag’Dhul in Aufruhr versetzten, zusammenwirkten. Dadurch verlängerte sich die Zeitspanne, die Schiffe benötigten, um sich nach dem Sprung aus dem Hyperraum auf neue Koordinaten auszurichten und wieder Lichtgeschwindigkeit aufzunehmen. Diese gefährlichen Gezeitenkräfte hatten die Schiffe verwundbar für die Überfälle der Piraten gemacht, die von ihrer Basis auf dem äußersten der Yag’Dhul-Monde aus den Sektor unsicher machten. Kurz nach dem Ende der Klonkriege waren die Piraten jedoch getötet oder vertrieben worden. Ihre Basis hatte man zunächst zu einer Zwischenstation für Reisende umgewandelt, ehe schließlich ein Sporthotel daraus wurde, ein beliebtes Ziel für Glücksspieler und die Zuschauer der Yag’Dhul-Raumschiffrennen. Die örtliche Miliz hatte diesen Rennen zwar ein Ende gemacht, als mit den Bauarbeiten an der Raumstation begonnen wurde, aber das Hotel, dessen Inhaber und Betreiber eine Gruppe von Givin war, war geöffnet geblieben, und nun kamen dort die Spieler zusammen, die auf die Yag’Dhul-Schlacht gewettet hatten.

Ein droidengesteuertes Schiff im stationären Orbit zwischen den beiden inneren Monden übertrug die Bilder des Kampfes auf einen gewaltigen Holoschirm im Spielsalon des Hotels. Eine lautstarke Menge von Wettenden der verschiedensten Spezies hatte sich davor versammelt, und sie kippten einen Drink nach dem anderen hinunter, während sie spontane Wetten darüber abschlossen, ob die Raumstation selbst die Schlacht überleben würde. Das ferngesteuerte Schiff fing den Moment ein, als die Desolator in einem als Überraschungsangriff auf imperiumsfeindliche Truppen geplanten Manöver aus dem Hyperraum auftauchte, ebenso wie den schnellen Gegenschlag der Rebellen, der die Imperialen nicht nur überraschte, sondern auch binnen weniger Minuten die Zahl der vernichteten TIE-Jäger auf zwanzig hochschraubte. Cix war froh, dass er sich nicht auf die Mehr-oder-weniger-als-fünfundvierzig-Sternenjäger-Wette eingelassen hatte, begann nun aber, einen imperialen Konter herbeizusehnen, damit die Aufständischen nicht zu viele TIEs vernichteten.

Er kaute auf seinen Fingernägeln herum und studierte die aktualisierten Zahlen auf dem Bildschirm, wobei er das Dröhnen aufgeregter Stimmen ausblendete, das den Spielsalon erfüllte. Die Rebellen hatten dreizehn Abschüsse erzielt, die Imperialen fünf. Doch immer neue TIE-Schwärme schossen aus den Hangars der Desolator, und der Sternenzerstörer, der durch seine Kampfschilde geschützt war, richtete nun seine Turbolasergeschütze auf die Gruppen von Kopfjägern und ARC-170ern aus.

Cix’ Augen hingen wie gebannt an der Anzeige. Die Imperialen hatten nun die Oberhand, und die Nummer der von ihnen zerstörten Rebellenschiffe schnellte in den zweistelligen Bereich. Doch sie würden sich noch viel mehr anstrengen müssen, wollte Cix seine Wette gewinnen.

Die tollkühnen Rebellenpiloten gingen Gefechten mit einzelnen TIEs aus dem Weg und griffen stattdessen tatsächlich die Desolator an. Sie schleuderten dem Schiff alles entgegen, was ihr begrenztes Arsenal zu bieten hatte, und einer nach dem anderen vergingen sie in kurzlebigen Bällen brodelnden Feuers.

Die Zuschauer schrien wild durcheinander, und nun wurde offensichtlich, wer bei den Baath-Brüdern auf die Zehnerspanne gewettet und wer sein Geld bei den Hutts gesetzt hatte – die Zahl der Abschüsse näherte sich bereits dem Grenzwert von fünfundvierzig, und noch machte keine der beiden Parteien Anstalten aufzugeben.

Plötzlich überlagerte lautes Rauschen die Holobilder, dann wurden die Schirme ganz dunkel. Die Aufständischen hatten zu diesem Zeitpunkt neunzehn Abschüsse, die Imperialen achtundzwanzig. Die Wettenden brachen in ohrenbetäubendes Gebrüll aus, und viele von ihnen kletterten auf die Tische und reckten den Givin-Besitzern des Hotels wütend die geballten Fäuste entgegen.

»Das Sendeschiff wurde zerstört!«, erklärte einer der Inhaber schließlich. Nachdem man ihn auf den neuesten Stand gebracht hatte, fügte er hinzu: »Die Desolator hat die verschlüsselte Übertragung von unserem Schiff abgefangen. Die Imperialen glauben, dass wir Informationen an die Miliz weiterleiten. Der Sternenzerstörer hat seinen Kurs geändert … Wir werden angegriffen!«

»Zu den Schiffen!«, brüllte jemand in der Menge, und schon sprangen zwanzig Wesen von ihren Stühlen auf und stürmten zu den Korridoren, die zu dem kleinen Raumhafen des Mondes führten. Chaos breitete sich aus, als die Wettenden hierhin und dorthin rannten, zusammenstießen, stolperten, ausrutschten, Getränke umschütteten und zu Boden stürzten. Cix watete in dieses Durcheinander hinein, bis er seinen Kopiloten entdeckt hatte, dann zwängten sie sich gemeinsam in einen der überfüllten Korridore und rannten zur Andockstelle des Falken – wobei Cix jeden, an dem er vorbeihastete, nach dem Stand der Schlacht fragte.

Die Imperialen hatten noch immer mehr Abschüsse, sagte ein Rodianer. Die Rebellen hatten ausgeglichen, meinte ein anderer. Die fünfundvierzig Sternenjäger der Hutts waren bereits übertroffen.

Die erste Salve der Desolator erschütterte die Mondbasis, als der Falke gerade für den Start warmlief. Ein halbes Dutzend Andockbuchten stürzte in sich zusammen, und das Tor in der Decke, das sich noch nicht ganz geöffnet hatte, erstarrte. Cix steuerte den YT durch tobende Flammen und Wolken schwarzen Qualms und raste in den Weltraum hinaus, obwohl weiterhin Blitze scharlachroter Energie auf den unglücksseligen Mond herabregneten. Links und rechts des Falken lösten Schiffe sich in feurigen Explosionen auf.

»Fahr die Deflektorschilde hoch!«, wies Cix seinen Kopiloten an. »Dann berechne einen Weg aus diesem Schlamassel!« Er stülpte sich mit einer Hand das Kom-Headset über und schaltete es mit der anderen ein. »Ich muss herausfinden, wie es steht!«

Das Schiff erzitterte. Beinahe hätte es sich auf den Rücken gelegt.

»Laserkanone«, meldete der Kopilot, als er wieder Zeit hatte zu sprechen. »Das Hotel der Givins ist Geschichte. Die Imperialen nehmen die abfliegenden Schiffe ins Visier!«

Cix hob den Blick von der Kommunikationsanlage und sah durch das Sichtfenster. Die Desolator befand sich ein paar Grad steuerbord und setzte all ihre vorderen Laserbatterien ein, um den Mond und alles in seiner Nähe in Staub zu verwandeln. Er zog das Schiff in eine Fassrolle und beschleunigte nach backbord. Nur knapp entgingen sie so einem weiteren Strom der Vernichtung.

»Auf dieser Seite des zweiten Mondes können wir nicht springen«, erklärte der Kopilot. »Wir müssen einen Weg um die Schlacht herum finden.«

»Oder durch sie hindurch«, meinte Cix. Er riss sich das Headset vom Kopf und schloss seine Hände um das Steuer. »Finde raus, wie es steht!«

Ein Ball explosiven Lichts blitzte in der Ferne auf und strahlte in das Cockpit.

»Die Raumstation«, meldete der Kopilot. »Das wird die Rebellen in die Flucht schlagen.«

Cix murmelte einen Fluch. »Ich wusste, ich hätte auf diese Wette eingehen sollen.«

»Eine Nachricht von der Trumpfkarte, auf einem Abflugvektor von Yag’Dhul. Die Miliz hat zwanzig imperiale Sternenjäger vernichtet und einunddreißig von ihren eigenen verloren. Die übrigen Kopfjäger springen gerade in den Hyperraum.«

Aus weiten Augen starrte Cix ihn an. Wenn man von der Zahl der imperialen Abschüsse zehn abzog, bedeutete das einen Stand von zwanzig zu einundzwanzig – und das bedeutete, dass er seine Wette gewonnen hatte. »Ist das das endgültige Ergebnis?«

»Das hat er nicht gesagt. Aber nachdem die Aufständischen die Flucht ergriffen haben …«

Cix jubelte vor Freude. Der Unterschied war größer als zehn, der Sieg sicher. »Jetzt müssen wir hier nur noch lebend rauskommen.« Er stupste den Schubregler an und ließ den Falken auf den zweiten Mond zurasen. Die Desolator lag nun weit entfernt auf ihrer Steuerbordseite, aber mehrere TIEs waren auf sie aufmerksam geworden und sausten hinter dem YT her.

Der Kopilot stützte sich am Instrumentenpult ab, als Laserschüsse gegen die hinteren Deflektoren hämmerten. »Was hast du vor? Willst du uns zum letzten Abschuss in dieser Schlacht machen?«

»Genau das will ich nicht tun«, presste Cix zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Halt einfach nur die Finger vom Auslöser der Laserkanonen fern.«

»Schilde sind runter auf sechzig Prozent. Wir sollten uns nicht noch einmal treffen lassen.«

»Leichter gesagt als getan.«

Cix änderte den Kurs, rollte sich zwischen zwei heranrasenden TIE-Jägern hindurch und riss das Steuer erneut herum.

»Die Desolator wendet und richtet ihre hinteren Batterien aus.« Der Kopilot schluckte hart. »Wir werden es nicht schaffen!« Die helle Seite des zweiten Mondes war eine rasch größer werdende Sichel vor den Cockpitfenstern. »Nicht einmal der Falke ist so schnell.«

»Möchtest du darauf wetten?«

Cix richtete das Schiff auf und drückte den Schubregler bis zum Anschlag. Während Energieblitze über den Bug zuckten und an den beiden Mandibeln vorbeizischten, sprang der Falke mit atemberaubender Geschwindigkeit nach vorne. Irgendetwas löste sich von der Wand und fiel scheppernd aufs Deck.

»Die Desolator hat uns im Visier. Sie schießt …«

Cix zerrte am Steuer, folgte der kraterübersäten Wölbung des Mondes und lenkte sie hinaus ins helle Sternenlicht.

Jenseits des Hecks leuchteten links von ihnen zwei Feuerbälle auf.

»Was war das?«

»Zwei TIE-Jäger. Die Desolator hat ihre eigenen Jäger erwischt.«

Cix stieß den Atem aus. »Das war knapp. Zu knapp.« Er wollte sich schon wieder dem Navicomputer zuwenden, als sein Kopilot plötzlich einen Fluch zur Decke emporschickte.

»Die TIEs zählen!«

Cix starrte ihn mit offen stehendem Mund an. »Das kann nicht sein! Die Schlacht war vorbei!«

Der Kopilot lauschte einen langen Moment, und seine Augen wurden matt. »Ein Kopfjäger war noch nicht in den Hyperraum eingetreten, als die TIEs getroffen wurden. Laut den Regeln gilt die Schlacht erst als beendet, wenn der letzte Rebellenjäger gesprungen ist.«

Cix starrte ihn weiterhin an. »Die TIEs waren im Spiel? Die TIEs waren im Spiel

Sein Kopilot nickte. »Der erste Abschuss war noch im grünen Bereich, aber der zweite hat uns unter die Zehn gedrückt.« Er blinzelte. »Wir haben verloren.«

»Du ahnst gar nicht, wie viel«, sagte Cix leise.

»Nach Yag’Dhul hat jeder, der meinem Vater Geld geliehen hatte, nach ihm gesucht«, erzählte Doon Han, Leia und Allana. »Vater sah nur einen Ausweg: das jährliche Sabacc-Turnier in der Wolkenstadt. Als er dort im Yarith-Bespin-Hotel auftauchte, hatte er gerade noch genug, um die zehntausend Credits Einstiegsgebühr und den Einsatz für die ersten Partien zu bezahlen – er war zuversichtlich, dass er genug gewinnen würde, um bis zum Ende im Turnier zu bleiben.«

»Aber das hat wohl nicht geklappt«, meinte Han.

Doons Schwester nickte. »Am zweiten Tag war bereits mehr als die Hälfte der Spieler ausgeschieden. Vater schaffte es bis zum dritten Tag, aber nur mit knapper Not. In einer Runde stieg der Einsatz auf neunzigtausend Credits. Er hatte längst nicht genug Geld, um weiter im Spiel zu bleiben, aber er war sicher, dass niemand sein Blatt schlagen konnte.«

»Niemand außer Lando«, warf Han ein.

Doon nickte. »Eine Narrenreihe. Aber da hatte Vater den Falken natürlich schon gesetzt. Falls die Geschichten stimmen, haben Sie das Schiff auf ganz ähnliche Weise gewonnen.«

»Bei unserem Spiel hat Lando eine Karte zur Narrenreihe gefehlt«, erklärte Han.

»Wie hat Ihr Vater all seine Schulden begleichen können?«, fragte Allana.

Doon lächelte das Mädchen an. »Weißt du, es ist schon seltsam, aber nachdem mein Vater den Millennium Falken verloren hatte, hat sich plötzlich alles zum Guten für ihn gewendet. Er konnte ein paar Leute überzeugen, ihm die Einsätze für das ein oder andere Spiel zu leihen, und von da an hatte er den Rest seines Lebens eine Glückssträhne.«

»Er hat oft Scherze darüber gemacht, dass der Verlust des Falken das Beste war, was ihm überhaupt passieren konnte.«

»Die beiden glücklichsten Tage im Leben eines Schiffsbesitzers«, meinte Doons Schwester. »Der Tag, an dem er es kauft, und der Tag, an dem er es wieder loswird.«

Han spürte Leias Augen auf sich, aber er wollte sich diesem Blick nicht stellen.

»Das Ergebnis dieser Glückssträhne können Sie hier sehen«, sagte Doon und machte eine ausladende Handbewegung, die auf das geschmackvoll eingerichtete Büro verwies. »Die Leute bei TraumPlanet waren froh, dass sie ihn als Partner gewinnen konnten.«

Han dachte über das Gehörte nach. »Dann war es also nicht Cix, der das Schiff Millennium Falke genannt hat?«

»Nein«, antwortete der jüngere Bruder. »Das hätte er bestimmt erwähnt.«

»Hat er nie erzählt, wie er zum Falken kam oder woher er stammte?«

»Ja«, meinte Allana. »Das würden wir alle gern wissen.«

Doon überlegte einen Moment. »Ich bin mir sicher, dass er es erwähnt hat, aber ich kann mich nicht mehr an die Einzelheiten erinnern.« Er blickte seine Geschwister an. Beide schüttelten den Kopf. »Es gibt aber jemanden, der es wissen sollte«, schob Doon schließlich nach. Er berührte einen Knopf auf dem Komlink, das in die Tischfläche eingelassen war. »Ist Waglin da?«, fragte er, als eine Stimme sich meldete.

»Ja, Sir.«

»Sagen Sie ihm, wir brauchen ihn im Büro.«

»Wer ist denn Waglin?«, wollte Allana wissen.

Doon grinste. »Er war der Kopilot meines Vaters.«

Landos Gesicht füllte den Bildschirm im Hauptabteil, als der Falke zwei Standardtage später von Oseon VII fortbrauste. »Cix hat mir nie die ganze Geschichte erzählt«, erklärte er Han und Leia. »Jetzt fühle ich mich wieder schuldig, weil ich ihm den Falken abgenommen habe.«

»Das musst du nicht«, meinte Han. »Ohne das Schiff erging es ihm sehr viel besser. Wie auch immer, hättest du ihm den Falken nicht abgenommen, hätte ich ihn dir nicht abnehmen können.« Er grinste in die Kamera.

Lando schenkte ihm einen vielsagenden, finsteren Blick. »Hast du erfahren, wer vor Cix der Besitzer des Falken war?«

»Ja«, sagte Han unsicher. »Von seinem Kopiloten. Ein Weequay. Er muss mindestens schon hundertfünfzig Jahre alt sein. Hat so viele Falten wie das Lava-Labyrinth.«

»Was hat er ausgerechnet auf Oseon Sieben zu suchen?«

»Er hat all die Jahre über für Cix gearbeitet«, erklärte Leia. »Er gehört dort mittlerweile zum Inventar, und Cix’ Kinder behandeln ihn wie ein Mitglied der Familie.«

»War er dabei, als Cix den Falken erstanden hat?«

»Nein, sie begegneten einander erst viel später«, berichtete Han. »Aber er kannte die Geschichte.«

»Er hat den Falken einem Zirkus abgekauft«, fügte Leia hinzu.

»Dem Molpol-Zirkus.«

Lando strich sich über den Schnurrbart. »Weißt du was, wenn ich recht darüber nachdenke, habe ich glaube ich tatsächlich schon einmal gehört, dass der Falke früher zu einem Zirkus gehörte.«

Han nickte. »Mir kam die Geschichte auch bekannt vor.«

»Habt ihr den Namen seines früheren Besitzers?«

»Vistal Purn«, sagte Han.

»Er arbeitet nicht länger beim Zirkus«, erklärte Leia. »Heute organisiert er Tiershows.«

Lando lachte. »Da hat sich ja nicht viel für ihn verändert. Wisst ihr, wo er sich herumtreibt?«

»Er leitet gerade eine Show auf Taris.«

»Wirklich?«, brummte Lando leise. »Tendra, Chance und ich waren erst vor Kurzem dort – vor ungefähr zwei Monaten.«

»Geschäftlich oder privat?«, wollte Han wissen.

»Ein bisschen von beidem. Wir haben mit der Regierung von Taris einen Vertrag über eine Schiffsladung YVH-Droiden abgeschlossen und waren dann noch ein wenig einkaufen.«

»Wozu braucht Taris Jägerdroiden?«, fragte Leia.

»Eine gut bewaffnete Verbrecherorganisation hat sich dort breitgemacht. Das Geschäft wurde von Staatschefin Daala persönlich abgesegnet. Worauf ich aber hinauswollte, ist, dass wir eine merkwürdige Begegnung hatten, als wir dort waren.« Er zögerte kurz. »Mit Seff Hellin.«

Leia blinzelte überrascht. »Wir kennen Seff.« Sie wandte sich an Han. »Er war der Älteste in der Gruppe der Jedi, die von Yavin Vier in die Zuflucht gebracht wurden. Damals war er vielleicht vierzehn.«

Han kratzte sich am Kopf. »Ein großer Knabe mit lockigem Haar?«

Leia nickte. »Seine Mutter ist Corellianerin.«

»In Ordnung, jetzt erinnere ich mich an ihn.«

Leia schob sich vor die Kamera. »Was ist passiert, Lando?«

»Er hat mich in dem Hotel besucht, wo wir übernachteten, und fragte nach den Einzelheiten des YVH-Vertrags.«

»Was hast du ihm gesagt?«

»Dass ihn das nichts angeht. Da wollte er wissen, was ich davon halte, dass Daala eine Art Leibgarde aus Mandalorianern hat.«

»Warum sollte es Seff interessieren, was du denkst?«, wunderte sich Han.

»Keine Ahnung. Aber ich glaube, ich weiß, was er eigentlich wissen wollte.«

»Nämlich?«

»Ob Tendrando Pläne für die Herstellung eines mandalorianischen Jägerdroiden hat.«

Leia und Han blickten einander kurz an. »Bist du dir da sicher, Lando?«

Er zuckte mit den Schultern. »Nicht hundertprozentig. Aber so klang es zumindest.«

Han drehte sich zu seiner Frau herum. »Glaubst du, er ist noch immer auf Taris?«

»Ich weiß es nicht. Aber es könnte sein, dass Luke ihn wegen dieses neuen Verbrechersyndikates dort hingeschickt hat.«

»Wie dem auch sei«, unterbrach sie Lando. »Ich dachte, ihr solltet das wissen. Vergiss nicht, mir Bescheid zu geben, wenn du etwas Neues über den Falken herausgefunden hast, Kumpel.«

»Ich werde daran denken«, sagte Han.

In einem Zimmer hoch oben im Oseon-Turm beobachtete Waglin, wie der Millennium Falke aus der privaten Andockbucht in den Himmel emporstieg. Dort fädelte der hundert Jahre alte Raumfrachter sich in den abfliegenden Verkehr ein, dann schoss er auf einer Säule blauer Energie in die Höhe und verschwand.

»Sie sind jetzt unterwegs nach Taris«, sagte der Weequay in sein Komlink. »Ich beobachte sie mit meinen eigenen Augen.« Er hielt inne, um der Person am anderen Ende der Verbindung zuzuhören. »Sie haben recht. Wer würde sich mit Han Solo und einer Jedi anlegen wollen? Aber Solo hat viele einflussreiche Freunde, und ich dachte mir, Sie könnten ihn vielleicht benutzen, um zu bekommen, wonach sie suchen. Außerdem ist Solo längst nicht mehr der Teufelskerl, der er mal war. Heute zieht er seinen Blaster nicht mehr so schnell.«

Wieder lauschte er den Worten des anderen.

»Das ist natürlich Ihre Entscheidung. Aber Sie haben recht, er bräuchte schon einen guten Grund, um Ihnen zu helfen. Ich wollte nur ein wenig nett sein und Sie wissen lassen, dass er in Ihre Richtung unterwegs ist. Oh, und eines noch. Sie haben ein kleines Mädchen bei sich. Irgendeine Kriegswaise, die sie vor ein paar Jahren adoptiert haben.«

Waglin hörte der Stimme aus dem Komlink zu. »In Ordnung. Aber, dass wir uns verstehen – ich habe Ihnen nicht von dem Mädchen erzählt, in Ordnung? Wir alten Hasen müssen doch zusammenhalten. Ich habe einen Job und einen Ruf zu verlieren.«

Das Wesen am anderen Ende der Verbindung sprach mehrere Sekunden lang.

»Ja, das könnte funktionieren. Viel Glück, und lassen Sie mich bei Gelegenheit wissen, wie es ausgegangen ist!«