23. Kapitel

 

»Wir suchen eine Friseurin.«

»So, wie du aussiehst, suchst du wohl schon seit einer ganzen Weile.«

Ohne eine Miene zu verziehen, stemmte der Balosar die Hände in die Hüften und wippte in Erwartung einer schlagfertigen Entgegnung auf seinen Fußballen vor und zurück.

»Ich glaube, er will uns behilflich sein«, meinte Poste nach einem abschätzenden Blick auf den Humanoiden. »Versuch einfach, ihm nicht noch so eine Steilvorlage zu liefern.«

Jadak nickte zweifelnd. »Die Friseurin, die wir suchen, ist ein Spezialistin …«

»Eine Spezialistin wird da nicht reichen. Du brauchst schon eine richtige Expertin.«

Mit zuckenden Fühlern erfasste der Balosar Jadaks Stimmung. Als er nur Frustration, aber keinen Ärger wahrnahm, grinste er.

»Versuch es noch mal«, sagte Poste. »Komm einfach direkt zur Sache.«

»Ihr Name ist Zenn Bien.«

Das Grinsen des Balosar wurde zu einem offenen Lächeln. »Warum hast du das nicht gleich gesagt?« Er bedeutete ihnen, links um die nächste Ecke zu gehen. »Es ist nur vier Blocks entfernt.«

Jadak blickte dem buntgekleideten Humanoiden nach, als er davonstapfte. Neu-Balosar schien jeden Witzbold der Galaxis angelockt zu haben. Während sich auf Holess jeder sklavisch an die Gesetze hielt, herrschte hier keinerlei Ordnung. Ein Holoschild am Raumhafen begrüßte Neuankömmlinge mit dem Schriftzug: SOLANGE NATASI DAALA STAATSCHEFIN BLEIBT, IST SOWIESO ALLES POODOO!

Dies war der letzte Ort, an dem Jadak nach einem der früheren Besitzer der Sternengesandten – oder der Zweiten Chance – gesucht hätte, doch Rej Taunt hatte ihm und Poste versichert, dass Zenn Bien hier lebte. Also hatten Taunts Handlanger sie hier abgesetzt, ehe sie mit der Colicoiden-Fracht zu ihrem geheimnisvollen Zielort weitergeflogen waren. Rej hatte außerdem darauf hingewiesen, dass Zenn Bien das Schiff zwar nie wirklich besessen hatte, sie aber vermutlich die einzige Person war, die ihnen sagen konnte, was damit geschehen war. Jadak hatte sich nichts weiter dabei gedacht, dass der YT einmal einen weiblichen Piloten gehabt hatte, aber die Tatsache, dass sie eine Sullustanerin war, hatte ihn dann doch überrascht.

»Jemand muss einen kleineren Pilotensitz eingebaut haben«, hatte Poste gemeint.

Noch größer war jedoch Jadaks Verwirrung darüber, dass sein Rivale bei dieser Jagd nach dem rätselhaften Schatz der Republikanische Gruppe ein mächtiger menschlicher Anwalt namens Lestra Oxic war. Im HoloNet gab es Millionen Beiträge über Oxic, doch bereits der erste, den Jadak aufgerufen hatte, hatte ihm alles verraten, was er wissen wollte. Oxics Gesicht gehörte zu einer der Berühmtheiten, die er auf den Holobildern in Sompas Büro im Aurora-Heilinstitut gesehen hatte. Der Anwalt genoss seit den Klonkriegen einen ausgezeichneten Ruf und großen Respekt, und er hatte Kontakte zu denselben Mitgliedern der Republikanischen Gruppe gehabt, von denen Jadak seine Befehle entgegengenommen hatten. Einer dieser Senatoren musste Oxic von dem Schatz erzählt haben – und wohl auch von Jadak, denn er bezweifelte nicht, dass Lestra unter dem Tarnmantel der Kern-Leben die Kosten seiner langjähriger Behandlung übernommen hatte. Was Oxic jedoch nicht zu wissen schien, war, dass der eigentliche Schlüssel zum Fundort des Schatzes nicht Jadak, sondern der YT-1300 selbst war.

Dass er sich nun wieder an den Kennsatz erinnerte, den die Senatoren ihm als Gedächtnisstütze genannt hatten, hatte ihn leider keinen Schritt weitergebracht. Während des Sprungs von Holess hatte er die meiste Zeit über Postes Datapad gebrütet und versucht, den Satz zu entziffern, indem er die Worte »Das Ansehen der Republik in der Galaxis wiederherstellen« eingegeben und dann die wenigen, simplen Dechiffriermethoden, die er kannte, und einige Dutzende weitere, auf die er im HoloNet gestoßen war, daran ausprobiert hatte. Er konnte nun ausschließen, dass es ein Anagramm war, doch es gab noch immer mehr als genug Möglichkeiten, an denen er sich die Zähne ausbiss.

Die Senatoren Des’sein und Largetto hatten gesagt, dass die antarianische Rangerin, der sie auf Toprawa den YT übergeben sollten, Jadak erwartete und dass der Satz ihr als Merkhilfe dienen würde. Sie musste also von vorneherein gewusst haben, was von ihr erwartet wurde, falls und wenn die Zeit gekommen wäre, den Schatz wieder in Empfang zu nehmen.

Die Gedächtnisstütze sollte ihr aufzeigen, wie sie es tun musste.

Es steckte also mehr hinter den Modifikationen, die der Jedi an der Sternengesandten vorgenommen hatte. Gab es vielleicht einen Zusammenhang zwischen dem, was er an Bord des Raumfrachters getrieben hatte, und dieser Gedächtnisstütze, oder hatte der Eingriff des Jedi nur sichergestellt, dass die Gesandte ihre Aufgabe auch ausführen konnte? Was hatte Senatorin Largetto gemeint, als sie sagte, dass das Schiff sich um den Rest kümmern würde?

Vermutlich musste die Antwort auf diese Frage warten, bis er die Gesandte fand.

Als sie sich dem Guten Schnitt – so hieß Zenn Biens Salon – näherten, kamen sie an einem halben Dutzend Cafés vorbei, wo Ryll-Spice, Balo-Pilze und eine ganze Reihe anderer, rauscherzeugender Pflanzen angeboten wurden, die auf den meisten anderen Welten illegal waren. Auf den Gehwegen drängten sich Touristen, die sich mindestens ebenso farbenfroh kleideten wie die einheimischen Humanoiden. Viele von ihnen trugen auch kleine Knöpfe im Ohr, die es ihnen erlaubten, die Unterschallfrequenzen zu hören, in denen die Balosaren sich normalerweise unterhielten.

Im Gegensatz zu dem anderen Planeten, der unter dem Namen Balosar bekannt war – einer verschmutzten Welt im Kern, die gegen Ende der republikanischen Ära zur Anlaufstelle für Kriminelle und Killerstick-Süchtige verkommen war –, war Neu-Balosar unverdorben und vermutlich der toleranteste und sicherste Planet im gesamten Sektor. Das war teilweise den schläfrig machenden Substanzen geschuldet, die Touristen aus der ganzen Galaxis anzogen, doch auch die Jugendkultur von Balosar spielte dabei eine Rolle. Viele der jungen Leute, die hierherkamen, waren Künstler, deren Träume von Erfolg irgendwann gemütlicher Gleichgültigkeit wichen – warum sich die Mühe machen, etwas zu erschaffen, wo doch das angenehme Klima, die billigen, köstlichen Nahrungsmittel, die zahllosen Möglichkeiten der Zerstreuung und der beständige Rhythmus der Unterschallmusik alles boten, was man sich vom Leben nur erhoffen konnte?

»Auf Nar Shaddaa gibt es eine Geschichte über einen Hutt-Verbrecherlord, der auf Neu-Balosar eine Killerstick-Fabrik eröffnen wollte«, erzählte Poste, während sie durch die Menge schritten. »Der Hutt glaubte, die Balosaren wären perfekte Arbeiter, weil sie immun gegen die Giftstoffe sind. Was aber passierte, war Folgendes: Die Balosaren aßen all die Balo-Pilze, die er ihnen lieferte, ohne auch nur einen einzigen Tropfen Killerstick-Extrakts daraus zu destillieren.«

Wenn der Planet ein Schmelztiegel aller möglichen intelligenten Spezies war, dann stellte der Gute Schnitt wohl so etwas wie das Schmelztiegelchen der kleinsten galaktischen Spezies dar. Als er über die Schwelle trat, sah Jadak sich mehreren Chadra-Fan, zwei Ugnaughts, drei Squibs und einem ganzen Höhlenclan von Sullustanern gegenüber. In Stühlen verschiedenster Größen saßen haarige Wesen und ließen sich den Pelz bürsten, die Haare einölen, die Krallen feilen und lackieren, die Bärte einwachsen und die Mähnen schneiden und zurechtkämmen. In einem der Stühle saß sogar ein Wookiee, der erste, den Jadak seit … nun, seit zweiundsechzig Jahren sah. Der Gute Schnitt war eines von Neu-Balosars betriebsamsten Geschäften und bot alles an Haarverschönerung, was man sich nur vorstellen konnte. Fussel und Haare hingen so dicht in der Luft wie Pollen an einem Frühlingstag auf Taanab.

Jadak fragte, ob er mit Zenn Bien sprechen dürfte, dann setzten er und Poste sich und warteten. Ein Bimm brachte ihnen Tassen mit dampfendem Kräutertee, und ein Jawa stellte einen Korb mit Plätzchen auf den Tisch zwischen ihnen. Ein paar Minuten später tauchte dann die sullustanische Besitzerin des Salons auf. Die Art, wie ihre Wangenlappen herunterhingen, verriet ihr Alter – Jadak schätzte sie auf fünfundsiebzig Standardjahre –, doch davon abgesehen wirkte sie recht agil. Sie hatte scharfe Augen, eine rosafarbene Haut, dazu eine Tätowierung auf der Stirn und eine modische Haube auf dem Kopf, unter der glänzende Zöpfe hervorquollen.

»Rej Taunt hat gesagt, dass mich jemand besuchen würde. Ich nehme an, er meinte Sie«, begann sie in abgehacktem Basic.

Jadak stellte sich und Poste mit denselben falschen Namen vor, die er auch dem Gangsterboss auf Carcel genannt hatte.

»Hat er Ihnen gesagt, dass die Zweite Chance nie mir gehört hat?«

»Das hat er.«

»Er meinte, Sie würden das Schiff aus nostalgischen Gründen suchen.«

Jadak nickte. »So könnte man es ausdrücken. Mein Vater war vor Taunt der Besitzer der Zweiten Chance

Ihre runden Ohren zuckten, dann seufzte sie und kletterte gegenüber von Poste auf einen Stuhl. Ihre Füße baumelten in der Luft. »Vielleicht sollte ich Ihnen die ganze Geschichte erzählen.«

»Ich hoffe, sie hat ein fröhliches Ende«, sagte Poste.

Bien blickte ihn an. »Sie hat ein Ende, aber mehr kann ich nicht versprechen.«

Zenn Bien, deren Name so viel bedeutete wie »Sanfte Brise«, erkannte erst, nachdem sie Sullust verlassen hatte, dass nicht alle Wesen gleich waren. Als Mitglied einer zweibeinigen, menschenähnlichen Spezies wurde ihr ein wenig mehr Respekt entgegengebracht als den insektoiden und echsenartigen Spezies der Galaxis, aber weil sie zu einer kleinwüchsigen menschenähnlichen Art gehörte, blickten all die anderen Humanoiden, von Falleen und Bith bis hin zu Duros und Gotal, auf sie hinab – im wortwörtlichen wie im übertragenen Sinne. Die Tatsache, dass jede Spezies mit ihren eigenen, einmaligen Talenten und Fähigkeiten gesegnet war, interessierte niemanden – nur die Größe zählte. Doch trotz all der Diskriminierung, die sie erlebte, kehrte sie nicht wieder nach Sullust zurück, obwohl man sie dort nicht ausgrenzen und für völlig normal halten würde. Die Galaxis bot einfach zu viele Welten und zu viele Abenteuer, die es zu entdecken und zu erleben galt, ganz gleich, ob man nun 1,30 oder 2,50 Meter groß war.

Tuerto war eine Welt, die bereits vor ihr zahlreiche furchtlose Sullustaner angelockt hatte, doch leider machten die Einheimischen kleinen Wesen das Leben unnötig schwer. Es war fast unmöglich, einen Job zu finden, und die Anonymität war ein ständiger Begleiter. Doch wenn man von Natur aus technisch begabt war, im Dunkeln sehen konnte und eine Karte nur eine Sekunde ansehen musste, um sich alle Details einzuprägen, dann eröffneten sich einem zwangsläufig Gelegenheiten, oftmals der illegalen Art. Es dauerte nicht lange, bis Zenn Bien eine davon wahrnahm.

Nachdem sie das erste Schiff gestohlen hatte, dem noch viele, viele weitere folgen sollten, redete sie sich ein, dass Schiffsdiebstahl längst nicht so schlimm war wie eine Schiffsentführung, denn bei einer Entführung war so gut wie immer Gewalt im Spiel, und nicht selten wurden die Besitzer verletzt, weil sie ihr Eigentum verteidigen wollten. Das konnte bei einem Schiffsdiebstahl nicht passieren. Davon abgesehen wurden die Opfer eines Diebstahls in der Regel von ihrer Versicherung für den Verlust entschädigt. Manchen Leuten tat man sogar regelrecht einen Gefallen, indem man sie von einem Schiff erlöste, das sie sich eigentlich gar nicht leisten konnten.

Keines der Schiffe, die Zenn Bien während der ersten beiden Jahre in diesem Geschäft stahl, stahl sie für sich selbst. In neunzig Prozent aller Fälle handelte es sich um Auftragsdiebstähle. Ihre Auftraggeber waren Verbrecherfamilien, die wiederum Bestellungen von Wesen aufnahmen, die ein Schiff einer bestimmten Klasse benötigten oder von einer ganz speziellen Raumyacht besessen waren. Nur selten sah sie ein Schiff wieder, nachdem sie ihren Teil des Geschäfts erfüllt hatte – also die Sicherheitssysteme zu überbrücken, die Ortungs- und Diebstahlschutzgeräte zu deaktivieren und den Antrieb kurzzuschließen. Die meisten Schiffe wurden zu weit entfernten Welten geflogen, wo man ihre Registrierung änderte und ihre Telesponder austauschte, ehe sie einem neuen Besitzer übergeben wurden und ein neues Leben begannen.

Quip Fargil war einer der wenigen Menschen auf Tuerto, den Zenn Bien nicht nur einen Auftraggeber, sondern auch einen Freund nannte. Er liebte Schiffe, und das meiste, was er über sie wusste, hatte er von Zenn gelernt. Zweimal hatte er sie bereits angeheuert, um Raumfrachter zu stehlen, damit er sie weiterverkaufen konnte, und als er sich mit einem dritten Auftrag an sie wandte, war sie versucht abzulehnen. Doch Quips größtes Talent war seine Überzeugungskraft.

»Ein fünfzig Jahre alter YT-dreizehnhundert«, sagte er. »Das Imperium hat ihn irgendwann mal beschlagnahmt, und er steht jetzt schon so lange auf dem Abschlepphof herum, dass es niemandem auffallen wird, wenn er nicht mehr da ist.«

»Was willst du denn mit einem fünfzig Jahre alten Raumfrachter?«

»Wir springen damit in den Tungra-Sektor, dann nehmen wir ihn auseinander und verkaufen die Einzelteile.«

»Raumfrachterteile?«

»Es ist ein YT-dreizehnhundert, Zenn. Für solche Teile bekommt man im Äußeren Rand ein kleines Vermögen.«

Sie lachte über die Vermessenheit seines Plans. »Weißt du überhaupt, wie viel Kraftstoff du für eine solche Reise benötigst?«

Auch darauf hatte er eine Antwort. »Wir werden unterwegs einen Zwischenstopp bei Sriluur einlegen. Ich kenne dort jemanden, der uns den Tank zum Selbstkostenpreis auffüllt – ganz ohne imperiale Steuer. Er wird dann den Rest des Weges bis Tungra mit uns fliegen und die Zerlegung des Schiffs überwachen. Einige Schrotthändler stehen bereits Schlange.«

»Und wie viel springt für mich dabei raus?«

»Zehntausend dafür, dass du das Schiff vom Abschlepphof holst, und noch mal fünfzehn dafür, dass du den Raumfrachter nach Sriluur und dann weiter nach Tungra fliegst. Obendrauf gibt’s noch fünfzehn Prozent des Gewinns, der nach Abzug aller Kosten übrig bleibt.«

Wie bei so vielen Sullustanern hatte auch ihre Sehstärke bereits stark nachgelassen, und sie würde sich lieber einer teuren Hornhautoperation unterziehen, als den Rest ihres Lebens eine Spektralbrille zu tragen.

»Wo liegt dieser Abschlepphof?«

»Quasi gleich nebenan. Im Nilash-System. Ich habe dort auch eine Kontaktperson, die dafür sorgen wird, dass alles reibungslos abläuft.«

»Ein Imperialer?«

»Weißt du, wie viel man da als Unteroffizier verdient? Da kann man sich ebenso gut gleich bei den Sturmtruppen melden.«

»Seine Bezahlung fällt dann also unter die Kosten, von denen du sprachst.«

»Genau.«

»Und dein Freund auf Sriluur?«

»Der ist mit einer Gewinnbeteiligung zufrieden.«

Zenn Bien ließ sich einen Tag mit ihrer Entscheidung Zeit, dann sagte sie Quip, dass sie es tun würde.

Bewacht von einer Einheit alternder Sturmtruppler unter dem Kommando gelangweilter Offiziere öffnete die imperiale Verwahrungseinrichtung im Nilash-System regelmäßig ihre Tore für Interessenten, die an der Versteigerung der abgeschleppten Schiffe teilnahmen – das Angebot reichte von Piratenkreuzern bis hin zu Sklaventransportern. Bei diesen Auktionen konnte man ein gutes Geschäft machen, doch man musste vorsichtig sein, denn die Imperialen waren dafür bekannt, dass sie alle Teile, die sie brauchen konnten, aus den Schiffen ausbauten und durch abgenutzte Komponenten ersetzten, ehe sie sie verkauften. Gemeinsam mit ein paar Dutzend anderer Reisender flogen Zenn Bien und Quip an Bord einer Fähre ins Nilash-System. Ein imperiales Patrouillenschiff brachte sie anschließend von Nilash III zu der riesigen Orbitalbasis.

Zenn Bien konnte sich nichts Deprimierenderes vorstellen, als in dieser Verwahrungsanlage Dienst zu tun.

Sie wurden befragt, abgetastet und gescannt, ehe man sie in den Besichtigungsbereich vorließ, wo Quips Kontaktperson, ein junger, schwarzhaariger Unteroffizier an sie herantrat. Er verlangte, noch einmal ihre Dokumente überprüfen zu dürfen, und während er die Reiseerlaubnis inspizierte, drückte er Zenn Bien unauffällig eine Flimisplastkarte in die Hand.

Bien warf einen kurzen Blick darauf, prägte sich alles ein und gab sie dann ebenso unauffällig wieder zurück.

»Das war’s schon?«, fragte der Imperiale.

»Wollen Sie mich testen?«

Er lachte. »Wir könnten ein paar von deiner Sorte gut gebrauchen.«

»Sullustaner lassen sich nicht so leicht klonen wie Menschen.«

»Da bin ich mir sicher.« Er hielt ihnen ihre Papiere hin. »Tut so, als würdet ihr euch die Schiffe ansehen, die heute versteigert werden. In genau einer halben Stunde werde ich auf der anderen Seite der Steuerbordluke warten.« Er deutete mit dem Kinn. »Die Überwachungskameras werden für ein paar Minuten deaktiviert sein. Wenn ich die Beleuchtung herunterdrehe, ist das für euch das Signal, durch die Luke zu kommen. Der YT kann nur mit einem Patrouillenboot erreicht werden. Bist du schon mal mit so einem geflogen?«

»Wie schwer kann das schon sein?«, meinte Zenn Bien.

»Steure das Patrouillenboot an den Andockring auf der Backbordseite des YT. Die Lebenserhaltungssysteme sind aktiviert, ihr müsst also nur warten, bis die Luftschleuse sich gedreht hat, dann seid ihr drin.«

»Gibt es irgendwelche Einbruch- oder Diebstahlschutzvorrichtungen?«, fragte Zenn Bien.

»Es gibt keinen Einbruchschutz, das ist alles, was ich euch sagen kann.«

»Wie sieht es mit Treibstoff aus? Quip sagte, das Schiff rostet hier schon seit Jahren vor sich hin.«

»Es hat genügend Treibstoff und Energie für den Sprung nach Sriluur.«

»Wie hast du das hinbekommen?«

»Es dauerte sechs Monate, bis alles vorbereitet war.«

Zenn Biens Blick wanderte von dem Imperialen zu Quip und dann hastig wieder zurück. »Ihr beide habt diesen Diebstahl schon so lange geplant?«

Beide Männer nickten.

»Das Imperium zahlt wohl wirklich sehr schlecht.«

»Das ist noch das geringste Problem«, meinte der Unteroffizier.

Die halbe Stunde verging wie im Flug. Zenn Bien und Quip schlenderten zu der Luke hinüber und warteten darauf, dass das Licht gedämpft wurde. Als die Beleuchtung sich verdunkelte, hasteten sie hindurch. Der Imperiale führte sie einen düsteren Korridor hinunter zu dem wartenden Patrouillenboot und wünschte ihnen Glück.

Der YT-1300, auf den Quip es abgesehen hatte, war gemeinsam mit mehreren Dutzend anderer Schiffe – viele davon ehemalige KUS-Kriegsschiffe – an einer Null-Schwerkraft-Andockstation außerhalb des Besichtigungsbereiches festgemacht. Patrouillen-Illuminatoren und Klonpiloten in alten V-Flüglern kreisten um die Verwahrungsanlage, doch sie brauchten für eine Umrundung der Station so lange, dass Zenn und Quip den YT unbemerkt und sicher erreichten, was sie zu einem großen Teil auch Biens Fähigkeit verdankten, im Dunklen zu sehen. Während sie sich dem Raumfrachter näherten, musterte Zenn ihn durch das kleine Cockpitfenster des Patrouillenbootes.

»Das ist kein normaler YT-dreizehnhundert. Es sieht eher aus wie ein Dreizehnhundert-p-Hybrid.«

»Ist das ein Problem?«

»Im Gegenteil. Dann haben wir mehr Teile, die wir verkaufen können.«

Sie legten am Andockring an, traten in die Luftschleuse und warteten, bis sie sich gedreht hatte, dann hasteten sie in den stockfinsteren Ringkorridor des Schiffes hinaus, wobei Quip sich an Zenn Biens Pilotenjacke festhielt. Die Sullustanerin blickte sich um, dann schüttelte sie überrascht den Kopf.

»Dieses Schiff ist wirklich unglaublich.«

Quip schob sich an ihr vorbei, stieß dabei mit dem Fuß gegen einen großen, runden Gegenstand und kippte an die Wand. Er zog eine tragbare Lampe hervor und leuchtete damit über den Boden.

»Ist das, was ich glaube, dass es ist?«, fragte er, während er sich den Fuß rieb.

Zenn Bien bückte sich, um die Kugel genauer zu betrachten. »Ein Buzz-Droide«, sagte sie verwirrt. Sie ging zur gegenüberliegenden Wand hinüber und presste die Handfläche auf den Aktivator für die Notbeleuchtung. Als die Lichter aufflackerten, folgte sie dem Ringkorridor weiter in Richtung Heck.

Quip stellte seinen schmerzenden Fuß wieder auf den Boden und humpelte hinter ihr her. »Wo gehst du denn hin? Das Cockpit liegt in der anderen Richtung.«

»Ich will sehen, welche Überraschungen dieses Schiff uns noch zu bieten hat.«

Sie streckte den Kopf in die Hauptkabine und betrachtete staunend die große Doppelkoje und die luxuriöse Ausstattung. Im Heck blieb sie einen Moment verwundert vor Sublicht- und Hyperantrieb stehen, dann ging sie steuerbord durch den Ringkorridor wieder nach vorne, wobei sie einen Blick in die kleinere Kabine warf und ungläubig lachte, als sie die großzügig eingerichtete Bordküche durchquerte.

»Wem hat dieses Schiff früher gehört?«, fragte sie Quip über die Schulter, bevor sie den Verbindungsgang zum Cockpit betrat.

»Nach dem, was ich gehört habe, hat das Imperium es einem Verbrecher von Nar Shaddaa abgenommen.«

Zenn Bien nickte. »Das erklärt einiges. Es wäre eine Schande, dieses Schiff auszuschlachten.«

»Es ist, wie du sagtest: Mehr Teile bedeuten mehr Credits.«

Im Cockpit kletterte Bien in den Pilotensitz hinauf, dann verstellte sie ihn so, dass sie an die Instrumente herankam. Quip schnallte sich erst fest, dann senkte er den Sessel des Kopiloten so, dass er mit ihr auf Augenhöhe war.

Die Menschheit braucht mehr Männer wie ihn, dachte Bien.

Sie warteten eine Stunde, und als der klongesteuerte V-Flügler seine Patrouille um die Anlage schließlich beendet hatte, deaktivierten sie die Magneten, die den YT an Ort und Stelle hielten. Nachdem er den Wust der KUS-Schiffe hinter sich gelassen hatte, zündeten sie kurz die Steuerdüsen.

»Die Düsen auf der Backbordseite funktionieren nicht richtig«, stellte Zenn Bien fest, als der Raumfrachter, von seinem eigenen Schwung getrieben, die Verwahrungsbasis hinter sich ließ.

»Darum können wir uns auf Sriluur kümmern.«

Bien wandte sich den Kontrollen zu. »Bereit?« Sie griff nach dem Schubregler, und der YT schoss in den Weltraum hinaus.

»Dreh den Kompensator hoch!«, ächzte Quip, der sich im Sitz festklammern musste.

Mit angehaltenem Atem zog Zenn Bien den Regler wieder nach hinten, dann tastete sie nach dem Trägheitskompensator und stellte ihn auf 99 Prozent. »Ich hätte nicht gedacht, dass das Schiff so schnell ist!«

Die Nilash-Verwahrungsanlage war nur noch eine weit entfernte Erinnerung. Zenn Bien schwenkte zum Rubicon-Navicomputer herum. Sie ließ ihn einen Kurs zur Sisar-Route berechnen, und einen Moment später verwandelten die Sterne sich auch schon in langgezogene Striche und der YT sprang in den Hyperraum.

Bien stieß den Atem aus und streckte Quip eine Hand hin. »Sieh dir das an – ich zittere!«

»He, das war doch ein Kinderspiel.«

Sie lachte. »Ich zittere nicht wegen des Diebstahls. Das kommt vom Fliegen.«

Sie landeten auf einem der entlegenen Wüstenraumhäfen von Sriluur, wo sie zwei Weequays bezahlten, um auf das Schiff aufzupassen, während sie sich mit Quips Kontaktperson trafen. Luufkin hieß er, und er war ein Verpine, mehr als doppelt so groß wie Zenn Bien. Der vierarmige, hermaphroditische Insektoide wartete in einem kleinen Tapcafé im Innern des Raumhafens auf sie, und als er Quip sah, begrüßte er ihn, als wäre er ein lange verlorener Freund.

»Alles ist vorbereitet«, erklärte Luufkin, wenngleich er mit dem Basic zu kämpfen hatte. »Ich habe Computerdokumentation für neue Registrierung und neuen Namen für Raumfrachter – Entzwei. Treibstoff bereit, Energiezellen werden voll aufgeladen. Brandy und Tabaksticks kommen auch an Bord.«

Als ihm Zenn Biens Verwirrung auffiel, sagte Quip: »Damit können wir die Offiziellen im Tungra-System bestechen.«

»Und um zu feiern mit Schrotthändlern, die kaufen Teile«, fügte Luufkin hinzu.

Quip lächelte. »Wir haben eigentlich jetzt schon Grund zum Feiern, bei dem Glück, das wir hatten.«

Kurzentschlossen eilte er an die Bar und bestellte Drinks. Luufkin wandte sich derweil Zenn Bien zu. »Du hast verlassen Sullust vor langer Zeit?«

Sie nickte. »Vor langer Zeit.«

»Quip erzählt uns, du kannst umgehen mit Maschinen. Warum nicht arbeiten für SoroSuub-Gesellschaft?«

Zenn Bien verzog das Gesicht. »SoroSuub ist einer der Gründe, warum ich Sullust verlassen habe. Es war falsch, dass sie während der Klonkriege die Konföderation unterstützt haben, und es ist falsch, dass sie jetzt das Imperium unterstützen. Aber die meisten Sullustaner wissen, dass es so nicht weitergehen kann. Die Dinge werden sich ändern.«

Die Verpinen waren selbst Experten auf dem Gebiet technischer Entwicklungen und hatten sogar ihr eigenes Gegenstück zu SoroSuub, das »Roche-Nest Entwurfs- und Bauunternehmen für mechanische Apparaturen zum Nutzen derjenigen, die die Maschinen des Nests benötigen«. Zu den Schiffen, die Roche entworfen und gebaut hatte, gehörte auch der Vorgänger des V-Flügel-Sternenjägers, den die Republik während der Klonkriege eingesetzt hatte und der in abgelegenen imperialen Einrichtungen wie der Nilash-Verwahrungsanlage heute noch Verwendung fand. Luufkin benahm sich wie jemand, der schon für das Nest gearbeitet hatte.

»Die Rebellen unterstützt du?«

Sie lachte. »Ich habe genug damit zu tun, mich selbst zu unterstützen.«

»Verstehe. Wenn Bauch leer, keine Zeit für Politik.«

Es dauerte fast einen ganzen lokalen Tag, um die Tanks zu füllen, den Brandy und den Tabak an Bord zu schaffen und die Computerprogramme zu installieren, die dem YT seine neue Identität geben würden. Alles, woran Zenn Bien während dieser Zeit denken konnte, war, sich wieder ans Steuer des Raumfrachters zu setzen. Sie würden den Großteil der Reise nach Tungra im Hyperraum verbringen, aber sicher würde sich die ein oder andere Gelegenheit ergeben, die Stärken der Entzwei zu testen.

»Lass den Rubicon eine Route durch den Yarith-Sektor berechnen«, sagte Quip, als alles bereit war und die drei im Cockpit Platz genommen hatten.

Zenn Bien drehte sich zu ihm herum. »Warum? Wir können doch einfach zur Handelsstraße springen.«

»Müssen im Yarith überprüfen, ob funktioniert Telesponder und Identifikationsprogramm, bevor weiterfliegen nach Tungra«, erklärte Luufkin.

Zenn Bien stellte keine weiteren Fragen. Mit einem gestohlenen Schiff aus einem imperialen Abschlepphof erwischt zu werden, würde ihnen zehn bis zwanzig Jahre auf Carcel oder in einem noch schlimmeren Gefängnis einbringen. Da war es doch besser, auf Nummer sicher zu gehen.

Ein paar Stunden von Lutrilla entfernt, als sie bereits darüber nachdachten, wie sie das Schiff auseinandernehmen konnten, erklang plötzlich das schrille Heulen des Annäherungsalarms, und der YT begann zu beben, als wäre er im Griff eines mächtigen Gravitationsfeldes gefangen.

»Das ist kein Masseschatten!«, schrie Zenn Bien mit einem Blick auf die Sternenkarte, während sie gleichzeitig versuchte, die Kontrolle über das Schiff wiederzugewinnen. »Wir sind genau auf Kurs!«

Doch ein Blick aus dem Cockpitfenster zeigte ihr etwas anderes. Sterne erschienen in den Fugen des Hyperraums, zunächst noch als langgezogene Streifen, dann nahmen sie wieder ihre normale Form an.

»Irgendetwas zieht uns in den Realraum!« Das Steuer bäumte sich in ihren Händen auf, und eines nach dem anderen stimmten die Systeme in den Chor der Alarmgeräusche ein.

»Fahr Energie runter, oder Schiff bricht auseinander!«, riet ihr Luufkin.

Quip nickte zustimmend, und Zenn Biens Hände huschten über das Armaturenpult. System um System wurde deaktiviert. Jenseits des geschwungenen Sichtfensters wirbelte die Sternenlandschaft wild umher, und als der YT sich wieder stabilisiert hatte, entdeckte Bien ein großes, imperiales Schiff, das im stationären Orbit über einem trostlosen Planeten hing. Es hatte die typische Dolchform eines Sternenzerstörers, war jedoch deutlich kleiner, weniger stark bewaffnet und zudem mit vier Sphären am Heck ausgestattet.

Die Freund-Feind-Erkennung des YT durchlief einen vollen Zyklus, ohne in einer der Datenbanken auf den Namen dieses Schiffes zu stoßen.

»Abfangkreuzer«, sagte Luufkin schließlich. »Prototyp von Sienar-Flottensysteme. Sphären sind Gravitationsfeldgeneratoren.«

»Ja, die Imperialen haben ein neues Spielzeug in ihrem Arsenal«, meinte Quip.

Die Lautsprecher im Cockpit knackten.

»YT-Raumfrachter, halten Sie Ihren derzeitigen Kurs bei und identifizieren Sie sich.«

Luufkin nickte. »Jetzt sich zeigt, ob funktioniert neue Registrierung.«

»Imperialer Kontrollkreuzer«, sagte Quip in sein Headset. »Hier ist die Entzwei von Sriluur. Sind unterwegs zur Corellianischen Handelsstraße.«

Einen Moment verging, bevor die Stimme sich wieder meldete. »Entzwei, hat Ihnen niemand mitgeteilt, dass das Yarith-System Sperrgebiet ist, als Sie Ihren Sprung angemeldet haben?«

»Niemand vom Raumhafen Sriluur hat uns darüber informiert.«

»Was haben Sie geladen?«

»Wir sind leer, imperialer Kontrollkreuzer. Pilot, Kopilot und Navigator, mehr ist nicht an Bord.«

»Behalten Sie die Koordinaten drei sieben Strich sieben bei und bereiten Sie sich auf eine Inspektion vor.«

Zenn Bien begann, die Systeme wieder hochzufahren, dann hielt sie inne. »Die Steuerdüsen sind hin. Es war wohl zu viel für sie, als wir in den Realraum zurückgeschleudert wurden.«

»Informier den Kreuzer«, sagte Luufkin und beugte sich angespannt nach vorne.

Die Antwort der Imperialen ließ eine Weile auf sich warten.

»Entzwei, ein Scan hat bestätigt, dass Sie keine Fracht an Bord haben und unbewaffnet sind. Wir holen Sie mit dem Traktorstrahl rein.«

Zenn Bien lehnte sich zurück. »Das ist das erste Mal, dass mir so etwas passiert.«

Luufkin sank ebenfalls in seinem Sitz zurück. »Keine Sorge. Imperiale nur Menschen.«

Doch einige von ihnen waren nicht geboren, sondern gezüchtet worden. Daran musste Bien denken, als eine Einheit Sturmtruppen im Hangar des Abfangkreuzers aufmarschierte, während die Zangenkräne den YT in einen elektromagnetischen Haltegriff nahmen. Kaum, dass man sie, Quip und Luufkin aus dem Schiff geführt hatte, stiegen mehrere Sturmtruppler die Rampe hinauf, um ihre Routineinspektion durchzuführen. Bald tauchten sie wieder auf und zeigten an, dass alles in Ordnung war. Ein menschlicher Offizier in grauer Uniform trat vor sie. Er beäugte Zenn Bien und Luufkin voller Abscheu und wandte sich dann an Quip.

»Sie haben die Erlaubnis, Ihre Reise fortzusetzen, Captain Fargil. Nächstes Mal haben Sie vielleicht nicht mehr so viel Glück. Geben Sie besser acht.«

»Ich werde daran denken, Sir. Wir haben aber ein kleines Problem, fürchte ich. Ihre Gravitationsfeldgeneratoren haben unsere Steuerdüsen beschädigt. Wir müssen sie erst reparieren, bevor wir weiterfliegen können.«

»Was, hier? Das ist doch wohl nicht Ihr Ernst?«

Quip senkte seine Stimme ein wenig. »Sir, als ich sagte, das Schiff wäre leer, vergaß ich zu erwähnen, dass wir mehrere Kisten Brandy und hochwertigen Tabak an Bord haben. Um Ihnen für Ihre Gastfreundschaft zu danken, würden wir Ihnen und dem Kommandanten gerne diese Fracht als Geschenk überreichen.«

Der Offizier zog eine Augenbraue nach oben. »Wie lange werden Sie für die Reparaturen benötigen?«

»Auf keinen Fall länger als einen Tag Ortszeit.«

»Sie haben zwölf Stunden, dann will ich Sie und Ihre … Besatzung von meinem Schiff haben.«

Er bedeutete den Sturmtruppen, ihre Habachtstellung aufzugeben, und winkte vier der Soldaten zu sich. »Captain Fargil hier wird einige Kisten ausladen. Bringen Sie sie unverzüglich in meine Kabine.«

Mit diesen Worten machte er auf dem Absatz kehrt und marschierte gefolgt von den anderen Sturmtruppen davon.

Zenn Bien sah ihm nach, dann richtete sie ihren Blick auf Quip. »Ich weiß nicht, ob das nun mutig oder einfach nur verrückt war, aber es hat funktioniert. Gut gemacht!«

Normalerweise war Quip schnell mit einem Lächeln bei der Hand, doch nun schien er ganz auf ihre Aufgabe konzentriert. »Zeig den Sturmtruppen den Weg zu den Kisten. Wir haben eine Menge Arbeit vor uns.«

Die Soldaten verschwendeten keine Zeit. Sie luden sechs Kisten mit Brandy und Tabak auf einen Repulsorschlitten und verschwanden dann damit in den Eingeweiden des Schiffes. Zenn Bien hatte in einer der Kabinen ein Fach mit Werkzeugen entdeckt und wollte sie gerade zur Wartungsbucht im Hauptabteil tragen, als Quip aus der Steuerbordseite des Ringkorridors rief: »Eins nach dem andern. Hilf uns erst einmal hiermit.« Er und Luufkin hievten gerade eine der Deckplatten vom Boden, als Bien neben sie trat.

»Der Zugang ist doch im Hauptabteil«, begann sie, aber Luufkin unterbrach sie scharf.

»Hilf uns heben!«

Ohne ein weiteres Wort ging sie neben ihnen in die Hocke. Die Bodenplatten verfügten über gut getarnte Griffe und waren nicht halb so schwer, wie Zenn Bien erwartet hätte. Ihre Überraschung wurde noch größer, als drei Jawas, zwei Chadra-Fan und vier Squibs aus den Geheimabteilen unter dem Deck heraufkletterten. Jede der nagetierartigen Kreaturen trug einen Ausrüstungsgürtel und eine Atemmaske, und in ihren Händen hielten sie Werkzeugkästen und Kanister, in denen sich normalerweise Betäubungsgas befand.

»Sie sind auf Sriluur an Bord gekommen«, war alles, was Quip als Erklärung vorbrachte.

Zenn Bien starrte die Wesen an, die alle ungefähr so groß waren wie sie. »Irgendetwas sagt mir, du hast sie nicht nur für eventuelle Reparaturarbeiten mitgenommen.«

»Nein«, sagte Luufkin. »Sie gekommen, um Teile aus Hyperantrieb des Kreuzers zu stehlen.«

Wütend, empört und vor allem gekränkt darüber, dass man sie benutzt hatte, nahm Zenn Bien wieder die Werkzeuge auf, die sie gefunden hatte, und verschwand in der Wartungsbucht, um die Düsensteuerung zu reparieren. Doch schon bald erkannte sie, dass der Antrieb so manipuliert worden war – vermutlich von den kleinen Mechanikern aus den Bodenabteilen –, dass er automatisch ausfiel, sobald das Schiff aus dem Hyperraum gerissen wurde. Das System wieder in Gang zu bringen würde keine zwei Stunden dauern. Sie breitete gerade die Werkzeuge vor sich aus, als Quip sich neben ihr in die Wartungsbucht zwängte.

»Es tut mir leid, aber ich konnte es dir nicht sagen.«

»Das klingt fast so, als müsstest du dich an Befehle halten«, sagte sie, ohne ihn anzusehen.

»Das muss ich auch.«

Sie senkte den Hydroschraubenschlüssel und drehte sich nun doch zu ihm herum. »Das ist also nicht nur ein weiterer Diebstahl?«

Er schüttelte den Kopf. »Wir stehlen die Hyperantriebsteile, um sie in diesen Raumfrachter einzubauen.«

»Ich verstehe nicht. Nehmen wir ihn denn nicht auseinander? War das nie Teil des Plans?«

»Ich fürchte, nein.«

»Warum brauchst du dann …« Zenn Biens Worte verhallten, als sie erkannte, was hier vor sich ging. »Du hast dich den Aufständischen angeschlossen.«

»Ich bin seit über einem Jahr dabei.«

»Der Unteroffizier auf Nilash? Und Luufkin?«

»Durch sie kam ich überhaupt erst zur Rebellion.«

»Was ist mit den Jawas und den anderen?«

»Die werden bezahlt. Genauso, wie du bezahlt wirst.« Er zögerte kurz. »Wenn du uns hilfst, ist noch ein dicker Bonus drin.«

»Von was für einer Art Hilfe sprechen wir hier?«

Quip zog ein Stück Flimsiplast aus seiner Brusttasche und faltete es auseinander. »Ein Schaubild des Abfangkreuzers.«

Zunächst wollte Zenn Bien sich die Karte gar nicht erst ansehen, doch letzten Endes überlegte sie es sich doch anders. »Alles gespeichert«, sagte sie dann.

Quip grinste. »Weißt du, wir könnten Leute wie dich wirklich gebrauchen.«

»Das ist eine einmalige Sache«, erklärte sie fest.

Mit einer Atemmaske über dem Kopf führte sie die Jawas, Squibs und Chadra-Fan durch ein Labyrinth schmaler, niedriger Korridore, die sich zwischen der gepanzerten Hülle und dem bewohnbaren Kern des Schiffes erstreckten. Luufkin, der eine andere Mission zu erfüllen hatte, kroch auf dem Bauch hinter ihnen her.

Es war manchmal eben doch von Vorteil, klein zu sein.

Im Bug des Kreuzers verließen sie das Netzwerk der Gänge in den Zwischenwänden und arbeiteten sich zum Gehäuse des Hyperantriebs vor. Sicherheitskräfte waren keine zu sehen, nur ein einsamer Wartungsdroide, der sich um den Antrieb kümmerte. Zenn Bien war überrascht, dass das Imperium die Schwächen im Aufbau des Schiffes so völlig ignorierte. Selbst schuld, dachte sie, als die Gruppe der kleinen Mechaniker an die Arbeit ging, wobei sie sich mit leisem Quietschen und Quäken unterhielten.

Sie transportierten die Teile auf demselben Weg zum YT zurück, den sie gekommen waren, und verstauten sie im innersten Frachtraum des Schiffes. Nachdem sie ein paarmal zum Hyperantrieb und wieder zurück gegangen waren und sie sicher sein konnte, dass die anderen den Weg nun ebenfalls kannten, blieb Zenn Bien auf der Entzwei zurück, um gemeinsam mit Quip die Steuerdüsen zu reparieren. Im Verlauf der nächsten drei Stunden begannen die Antriebskomponenten sich in dem Frachtraum aufzutürmen: ein Isu-Sim-SSPO5-Hyperantriebsmotivator, Rendili-Transpazitoren, Paralicht-Relais, ein Null-Quantenfeldstabilisator …

»Nur, damit du Bescheid weißt«, sagte Quip. »Das ist alles für eine gute Sache.«

»Ich schließe mich der Rebellion nicht an, Quip.«

»Wir stehen trotzdem in deiner Schuld.«

»Spar dir das Dankeschön auf, bis wir unser Ziel erreicht haben – wo immer das wirklich sein mag.«

Nachdem sie die Reparaturen beendet hatten, kehrten sie ins Hauptabteil zurück, wo Luufkin gerade die letzte der Bodenplatten über die geheimen Stauräume schob.

»Alles fertig«, sagte der Verpine.

Zu dritt stapften sie die Rampe des YT hinunter, gerade als der imperiale Offizier wieder im Hangar auftauchte, im Schlepp eine Eskorte aus Sturmtruppen.

»Captain Fargil, ich bin mir sicher, die Reparaturarbeiten, die noch ausstehen, können auch im All erledigt werden oder bis zu ihrer nächsten Landung warten.«

»Sie haben uns doch zwölf lokale Stunden gegeben.«

»Seien Sie lieber froh, dass ich Sie nicht schon früher von meinem Schiff geworfen haben«, knurrte der Offizier.

»Das sind wir natürlich«, sagte Quip. »Die gröbsten Probleme sind ohnehin bereits behoben.«

»Dann machen Sie Ihren Raumfrachter startklar. Um null sechshundert rücken wir von dieser Position ab.«

Verwirrung huschte über Quips Gesicht. »Sie rücken ab?«

»Ich glaube nicht, dass meine Befehle Sie etwas angehen, Captain.« Die Augen des Offiziers verengten sich plötzlich zu misstrauischen Schlitzen. »Ich beginne, mich allmählich zu wundern, ob ich Sie vielleicht falsch eingeschätzt habe.«

»Ich dachte nur, Sie wären in einem statischen Orbit, das ist alles.«

Ein Hupen erklang aus den Tiefen des Kreuzers.

»Runter von meinem Schiff, Captain«, befahl der Imperiale. »Und nehmen Sie Ihren Verpinen und ihre Sullustanerin mit.«

Sie eilten die Rampe wieder hinauf, und Quip blieb nur kurz stehen, um mit den Knöcheln auf die Deckplatten zu klopfen. »Haltet euch fest! Wir starten jetzt!«

Zenn Bien eilte auf direktem Weg ins Cockpit und startete den Repulsorantrieb.

Quip warf sich neben ihr in den Kopilotensitz. »Falls sie entdecken, dass …«

Das ferne Hupen wurde von heulenden Alarmsirenen übertönt. Der Abfangkreuzer erbebte um den YT, und vom Bug her hallte ein reißendes Quietschen herauf. Eine Stimme bellte aus den Lautsprechern.

»Entzwei, halten Sie Ihre Position!«

»Wir haben Befehl, sofort zu starten«, sagte Quip in sein Headset.

»Dieser Befehl wurde aufgehoben. Halten Sie Ihre gegenwärtige Position bei …«

Quip schaltete die Lautsprecher ab. »Los, Zenn! Bring uns hier raus!«

Bien riss den YT hoch und herum und raste durch das Kraftfeld des Hangars. Hinter ihr taumelte Luufkin ins Cockpit, alle vier Arme ausgestreckt, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.

»Gravitationsfeldgeneratoren sind ausgeschaltet, aber müssen uns beeilen, um zu entgehen Traktorstrahl!«

Zenn Bien blickte durch das Cockpitfenster zu dem Abfangkreuzer zurück. »Ich mache mir größere Sorgen um diese Turbolaser.«

Die Worte waren kaum über ihre Lippen gekommen, da spien die Steuerbordbatterien auch schon eine Salve rotglühenden Feuers. Zenn Bien stellte den Trägheitskompensator auf die höchste Stufe und lenkte den YT in einen steilen Sturzflug, dann rollte sie ihn auf den Rücken und raste unter dem imperialen Schiff hindurch, ehe sie mit Höchstgeschwindigkeit an der Backbordseite des Kreuzers wieder nach oben raste.

»Sie versuchen, uns mit dem Traktorstrahl zu erwischen«, schrie Quip.

Zenn Bien konnte spüren, wie die Finger des Strahls sich um den YT schlossen.

Sie drehte den Raumfrachter herum und lenkte ihn in einer Rolle über den Rumpf des Abfangkreuzers hinweg, wobei sie sich zwischen den blau flackernden Energieblitzen hindurchschlängelte, die die Gravitationsfeldkugeln umzuckten. Ein gezacktes Netz aus Rissen entstand auf einer dieser Sphären, und einen Moment später zerbrach der Generator, als wäre es eine Eierschale. Flammen zuckten aus seinem Inneren in das All hinaus wie eine Sterneneruption. Der Kreuzer sackte zur Seite, drehte sich immer weiter, bis er mit dem Kiel nach oben im Orbit trieb und dem YT seinen verwundbaren Bauch entgegenreckte. Die Entzwei raste in einem wilden Spiralflug davon. Einen Moment später war sie verschwunden.

»Am nächsten Tag erreichten wir das Tungra-System, aber da fühlte es sich bereits an, als läge unsere Begegnung mit den Imperialen Ewigkeiten zurück«, erzählte Zenn Bien Jadak und Poste. »Unsere beabsichtigte Begegnung mit den Imperialen, sollte ich wohl sagen. Seit dem Moment, als sie von diesem neuen Prototypen erfahren hatten, war die Verpinen-Widerstandszelle entschlossen gewesen, ihn zu sabotieren. Quip, Luufkin und wir anderen verbrachten die nächsten beiden Standardwochen damit, die gestohlenen Teile in den YT einzubauen, den Zentralcomputer zu ersetzen und den Hyperantrieb zum Äquivalent eines der Klasse eins aufzurüsten. Damals muss die Entzwei eines der schnellsten zivilen Schiffe in der ganzen Galaxis gewesen sein.«

»Haben die Jawas und die anderen sich der Rebellenallianz angeschlossen?«, wollte Poste wissen.

»Nicht sofort. Tatsächlich schloss ich mich zunächst ihnen an.« Zenn Bien lachte und machte eine ausladende Handbewegung, die den gesamten Salon einschloss. »Mit einigen von ihnen arbeite ich heute noch zusammen.«

»Wart ihr so was wie freischaffende Elektroplünderer?«, fragte Jadak.

Zenn Bien nickte. »Zunächst schon. Wir schworen uns, in diesem Konflikt neutral zu bleiben und unsere einmaligen Talente jedem anzubieten, der sie brauchte – Schmuggler, Piraten, Verbrechersyndikate. Einmal nahmen wir sogar einen Auftrag von Rej Taunt an. Es sollte egal sein, für wen wir arbeiteten. Doch natürlich funktionierte das nicht lange. Das Imperium wurde von Tag zu Tag brutaler, SoroSuub übernahm die Kontrolle über ganz Sullust, die Piraten vom Zann-Konsortium setzten die Sullustaner als Sklaven ein … Als ich erfuhr, dass einige Mitglieder meines Volkes gegen den Vorsitzenden Siin Suub aufbegehrten, überzeugte ich meine Truppe, ihnen zu helfen, und bald schon erfüllten wir geheime Missionen für Sian Tevv und sogar für Nien Nunb. Kurz darauf – unmittelbar vor der Schlacht von Yavin – wurden wir offiziell zu Mitgliedern der Rebellenallianz. In den folgenden Jahren waren wir an der Zerstörung der Unbezwingbar und vieler weiterer imperialer Schiffe beteiligt.«

»Wie wird man vom Saboteur zum Friseur?«, fragte Jadak.

Zenn Bien zögerte einen Moment, ehe sie antwortete. »Wir hatten so viel Zerstörung angerichtet, da schien es nur passend, uns der Verschönerung der Galaxis zu widmen. Nach dem Ende des Krieges kamen wir gemeinsam nach Neu-Balosar, und die meisten von uns sind heute noch hier. Ich habe bei den Friseuren von Sullust mein Haarpflegediplom gemacht, mir ein paar Ehemänner genommen und einen eigenen Höhlenclan gegründet. Sie sehen, seit damals hat es das Leben ziemlich gut mit mir gemeint.«

Jadak dachte über ihre Geschichte nach. »Hat Quip den YT behalten?«

»Ja.«

»Haben Sie je erfahren, wozu die Rebellen ein Schiff dieses Kalibers brauchten?«

Zenn Bien schüttelte den Kopf, dann sagte sie: »Hören Sie, ich bin nur ungern der Überbringer schlechter Nachrichten, aber …«

»Wir werden es schon verkraften«, meinte Poste.

Sie blickte Jadak an. »Ich weiß zwar nicht, wozu die Allianz dieses Schiff brauchte, aber ich weiß, dass Ihr es nicht mehr finden werdet.«

Jadak versteifte sich. »Warum?«

»Weil es neun Jahre nach der Schlacht von Yavin bei Bilbringi zerstört wurde.«