27

 

Kyp und Ganner hielten die Lichtschwerter in beiden Händen und traten auf den Raum zu, in dem Wurth Skidder angeblich festgehalten wurde. Da es in dem dunklen und feuchten Gang keine Wachen gab, begann Kyp schon daran zu zweifeln, doch nachdem sein Lichtschwert das Portal des Raums überredet hatte, sich zu öffnen, entdeckte er Skidder. Und sofort begriff er, was der Gefangene – Roa – gemeint hatte, als er sagte, dass Skidder möglicherweise nicht mehr der Alte sein würde.

Nackt lag er mit dem Gesicht nach oben auf dem Boden, hatte die Beine angezogen und die Arme über dem Kopf ausgestreckt. Um ihn herum und offensichtlich für die knorpeligen Gewächse verantwortlich, die ihn an Knien, Fußsohlen, Schultern, Ellbogen und Handgelenken an den Boden fesselten, befand sich etwa ein Dutzend krebsähnlicher Geschöpfe, von denen einigen die Flucht gelang, ehe Kyp und Ganner sie mit den Lichtschwertern erreichten. Die Übrigen, die laut kreischten, wurden zerschmettert, ihre Beine und Zangen verteilten sich überall im Raum.

Kyp kniete, schob Wurth vorsichtig die Hand unter den Nacken und hob den Kopf sanft an. Skidder stöhnte vor Schmerzen, schlug jedoch die Augen auf.

»Dich habe ich hier am allerwenigsten erwartet«, krächzte er.

Kyp schenkte ihm ein Lächeln. »Hast du gedacht, wir würden dich die Sache allein machen lassen?«

Skidder leckte sich die Lippen, um sie zu befeuchten. »Wie habt ihr mich gefunden?«

»Die Hutts haben uns durch einen ihrer Schmuggler eine Nachricht zukommen lassen.«

Skidder zog verwirrt die Augenbrauen zusammen. »Ich dachte, die hätten sich unserem Gegner angeschlossen.«

»Anscheinend haben sie es sich anders überlegt.«

»Gut zu hören«, sagte Skidder erleichtert. Er blickte Ganner an, dann fügte er hinzu. »Ich habe euch gefühlt, als ihr das Schiff vor dem Sprung angegriffen habt.« …

»Das war bei Kalarba«, erklärte Ganner.

»Wo sind wir jetzt?«

»Bei Fondor.«

Skidder warf ihnen einen entsetzten Blick zu. »Warum…«

»Fondor war die ganze Zeit ihr Ziel«, berichtete Kyp. »Die Flotte wurde vollkommen überrascht.«

Skidder schloss die Augen und nickte. »Ich habe versucht, unseren Bestimmungsort herauszufinden – den Bestimmungsort des Yammosk.«

Kyp presste kurz die Lippen aufeinander, ehe er antwortete. »Wir haben das Schiff beschädigt, ehe es den Planeten erreichen konnte, allerdings sind die Yuuzhan Vong auch ohne den Kriegskoordinator in der Übermacht.«

»Hier sind Gefangene an Bord«, sagte Skidder, als wäre ihm das gerade wieder eingefallen. »Der Plan war, den Yammosk an unsere Gedankenmuster zu gewöhnen…«

»Wir haben sie gefunden«, unterbrach Ganner ihn. »Deak und einige der anderen sind bei ihnen. Jetzt müssen wir dich irgendwie befreien.«

Wurth lachte knapp und verbittert. »Chine-kal hat mir versprochen, mich zu brechen, und es ist ihm gelungen.«

»Chine-kal?«

»Der Kommandant des Schiffes.« Skidder verzog das Gesicht und stöhnte vor Schmerz.

Kyp verbarg seine Hoffnungslosigkeit und untersuchte die Korallenfesseln, mit denen Wurth auf dem nachgiebigen Boden fixiert war. »Unsere Lichtschwerter sollten damit fertig werden«, sagte er, doch Wurth schüttelte heftig den Kopf.

»Dazu habt ihr keine Zeit. Ihr müsst runter vom Schiff.«

»Ich lasse dich nicht allein, Wurth.« Kyp sah seinem Kameraden tief in die Augen. »Wir finden schon eine Möglichkeit. Die Macht…«

»Sieh mich an, Kyp«, unterbrach ihn Skidder. »Schau mich durch die Macht an. Ich bin so gut wie tot, Kyp. Du kannst mir nicht helfen.«

Zwar öffnete Kyp den Mund zu einer Antwort, doch entwich ihm nur ein resignierter Seufzer.

Skidder lächelte mit den Augen. »Ich bin darauf vorbereitet, Kyp. Ich bin bereit zu sterben. Aber ihr müsst noch zwei Dinge tun, ehe ihr das Schiff verlasst.«

Kyp nickte und brachte das Ohr dichter an den Mund seines Freundes.

»Randa und Chine-kal«, stieß Wurth mit letzter Kraft hervor. »Findet sie.«

 

Han war allein im Cockpit des Falken und hielt mit einer Hand den Steuerknüppel und mit der anderen den Servo, der den oberen Vierlingslaser lenkte. Mit einem Stakkato von Schüssen blies er zwei Korallenskipper weg, die auf ihn zukamen. Hinter dem Falken hielt ein dritter wie ein Geschoss auf die Werft zu, doch ehe Han den Geschützturm drehen konnte, wurde das feindliche Schiff von einem der verbeulten X-Flügler pulverisiert, die zu Kyps Dutzend gehörten.

»Guter Schuss«, bestätigte Han in das Mikro seines Headsets.

»Danke, Falke«, antwortete die Pilotin. »Du klopfst sie weich, und ich haue sie weg.«

»In Ordnung«, erwiderte Han.

Er steuerte den Falken auf die randwärtige Seite der leeren Werft, auf der die Flüchtlinge abgesetzt worden waren. Unten bereiteten Droma, der zweite Jägerpilot und einige der Piraten die Bergung der Flüchtlinge vor. Da die Flotte der Yuuzhan Vong immer weiter vordrang, hatte die Tholatin-Crew es plötzlich eilig, die Operation abzuschließen, damit man möglichst bald in den freien Raum starten konnte.

In den Cockpit-Lautsprechern knisterte es, und auf dem Kom-Bildschirm erschien ein körniges Bild von Droma.

»Han, wir gehen an Bord der Trevee, aber ungefähr fünfzig Leute werden noch vermisst. Offensichtlich verstecken sie sich irgendwo, um der Entdeckung zu entgehen.«

Hinter Droma drängten sich grinsend einige der anderen Ryn, inklusive der beiden, die Droma zuvor als Gaph und Melisma vorgestellt hatte. Melisma wiegte ein Baby in den Armen.

»Vor Plasma kann man sich nicht verstecken«, brüllte Han ins Mikro.

Droma nickte. »Wir suchen weiter.«

»Verschwende keine Zeit. Es sieht so aus, als hätte ein Geleitschiff des Trägers plötzlich Interesse an uns.«

Daraufhin nickte Droma und unterbrach die Verbindung.

Der Falke drehte sich in Richtung Werft, und nun glitt auch die Trevee vor das Sichtfenster. Der Hyperantrieb des Frachters war beschädigt, doch die Sublichttriebwerke müssten ausreichen, um das Schiff von der feindlichen Flotte fortzubringen – vorausgesetzt, man startete rechtzeitig.

Noch während Han das dachte, sah er an Backbord das Geleitschiff des Trägers, der die Werft aus seinen Projektilgeschützen beschießen wollte, die sich in den Kratern an der Steuerbordseite des Bugs befanden.

Han wendete den Falken in Richtung des Eindringlings und bedachte ihn mit Dauerfeuer, doch das Geleitschiff hatte die unbedingte Absicht, die Werft zu zerstören, und wollte sich nicht von einem einsamen Angreifer abhalten lassen. Genau in diesem Moment erschien jedoch ein X-Flügler auf der Szene und lenkte die Aufmerksamkeit mit zwei gut platzierten Protonentorpedos auf sich.

Sofort zog Han hart nach Backbord und steuerte den Falken durch einen Hagel flammender Geschosse, um den Jäger zu unterstützen, doch kam er nicht mehr rechtzeitig. Ein Plasmageschoss von dem Geleitschiff erwischte den X-Flügler, während der seinen Angriff gerade abbrach. Die Laser an den Flügelspitzen und die Stabilisatoren schmolzen wie Kerzenwachs dahin, und der Pilot verlor die Kontrolle über sein Schiff. So vollführte der Jäger noch einige wilde Rollen und explodierte in einem Feuerball.

Han kniff voller Hass die Augen zusammen. Er riss den Falken herum, hielt auf das Geleitschiff zu und ließ die Laser aufblitzen. Yorikkoralle löste sich in großen Stücken von dem Schiff, und eine riesige Stichflamme schoss in den Raum. Das Schiff wälzte sich wie ein verwundetes Tier auf die Seite. Zur gleichen Zeit erwachte der Bildschirm des Kom zum Leben.

»Wir sind unterwegs«, sagte Droma. »Suchen uns ein Stück freien Himmels.«

Han ging in einen aufwärts gerichteten Looping über und steuerte dann nach Steuerbord, bis er die Trevee und den anderen Sternjäger entdeckte, die gerade von der bedrohten Werft ablegten. Das sterbende Geleitschiff entdeckte sie ebenfalls. Es schickte den Fliehenden einige Geschosse hinterher, reservierte den Großteil der Ladung jedoch für die Werft. Durchlöchert von den Projektilen löste sich diese langsam in ihre Einzelteile auf, dann explodierte sie in einem Flammenmeer, das dem beschleunigenden Transportschiff das Heck verkohlte. Endlich verschwand auch das Geleitschiff in einem grellen Blitz.

 

»Sie haben mein Wort, dafür stehe ich den Rest meines Lebens in Ihrer Schuld«, brüllte Randa in Basic, während er Kyp und Ganner durch das Traubenschiff folgte. Das Klatschen seines muskulösen Schwanzes hallte laut durch die Gänge.

»Danken Sie Skidder, Randa«, sagte Kyp über die Schulter. »Wäre es nach mir gegangen, hätte ich Sie bei Ihren toten Speichelleckern gelassen.«

»Dann werde ich meine Schuld zu Ehren von Skidder zurückzahlen«, erwiderte Randa ungerührt. »Sie werden schon sehen.«

Sie bogen um eine Ecke des Ganges und standen plötzlich einer Phalanx von Yuuzhan Vong gegenüber, auf die Randa sich stürzte und ein halbes Dutzend der Krieger platt walzte, ehe die übrigen auch nur einen Hieb gegen die zum größten Teil undurchdringliche Haut des Hutts führen konnten. Kyp und Ganner schlossen sich der ungestümen Offensive an und fällten ihre Gegner mit präzisen Stichen in die verwundbaren Stellen der Rüstung.

Die drei kämpften sich in Richtung eines riesigen Schlundes voran, aus dem ein Gestank heranzog, der sogar den des Hutts bei weitem übertraf. Inmitten der riesigen Kammer stand im Kreis von Dienern, die ganz offensichtlich wenig Erfahrung mit ihren Coufees hatten, ein Kommandant der Yuuzhan Vong, dem von den Höckern an den Schultern ein langer Mantel hing und der einen Villip-Kommunikator in den Händen hielt. Hinter ihm hockte in einem kreisrunden Tank mit stinkender Flüssigkeit ein reifender Yammosk. Er hatte die Tentakel in die Höhe gereckt, in dem weit aufgerissenen Maul glänzten riesige Zähne, und die enormen schwarzen Augen waren auf die Eindringlinge gerichtet.

Erneut stürzte sich Randa vorwärts, machte einige der Diener platt und schlug dem Kommandanten mit dem Schwanz den Villip aus den Händen. Die Diener versuchten sich zu verteidigen, leider vergeblich, und schließlich befahl der Kommandant ihnen, die Waffen zu senken.

»Ich gratuliere Ihnen, dass Sie so weit vorgedrungen sind«, sagte er, nachdem ihm zwei der Diener wieder auf die Beine geholfen hatten.

Kyp drehte das Lichtschwert und streckte die Klinge vor sich aus. »Gehen Sie aus dem Weg, und wir bringen auch den Rest hinter uns.«

Chine-kal drehte sich leicht und sah den Yammosk an. »Natürlich. Das Leben eines Yammosk für das Leben eines Jedi. Das scheint mir nur gerecht.«

Zu Kyps Linker schleuderte Ganner sein Lichtschwert dem Kriegskoordinator ins linke Auge. Als die schwefelgelbe Energieklinge ihr Ziel traf, schrie der Yammosk laut und schlug wild mit den Tentakeln um sich, wodurch er Wellen erzeugte, die die Flüssigkeit über die Yorikkorallenwand des Beckens treten und sich überall auf dem Boden verteilen ließ. Nach und nach erschlafften die Tentakel, und das Wesen sank in seinem Tank zusammen. Als Ganner sein Lichtschwert zurückrief, war es bereits tot.

Chine-kals Trauer währte nur einen Moment. »Gut ausgeführt, Jedi. Aber damit haben Sie uns alle zum Tode verurteilt.«

Das Schiff wurde heftig erschüttert.

»Der Yammosk steuert das Schiff«, erklärte Randa. »Die Dovin Basale werden nun ebenfalls sterben.«

Chine-kal grinste schwach. »Hier kommt niemand lebendig heraus.«

Kyp erwiderte das Grinsen. »Das wäre nicht das erste Mal, dass Sie eine Situation falsch einschätzen, Kommandant.« Er betrachtete die Diener, ehe er Chine-kal wieder ansah. »Jedem von Ihnen steht es frei, uns zu begleiten.« Anscheinend wollte sich keiner rühren, also zuckte Kyp nur mit den Schultern. »Dann machen Sie, was Sie wollen.«

Von Ganner und Randa begleitet, kehrte er in den Gang zurück. Die nächste Todeszuckung warf sie gegen ein Schott. Kyp fand die Balance wieder und rannte in die Richtung los, aus der sie gekommen waren. Randa hielt ihn zurück.

»Ich kenne einen direkteren Weg.«

Sie hatten gerade das benachbarte Modul betreten, als Kyps Komlink einen Ton von sich gab.

»Wie sieht’s bei dir aus, Kyp?«

Er erkannte Han sofort an der Stimme. »Wir sind auf dem Weg nach draußen. Das Schiff zerstört sich selbst.«

»Eine Gruppe von Kriegsschiffen der Yuuzhan Vong ist unterwegs zu euch. Wir haben keine große Chance, sie aufzuhalten.«

»Dann riskiert es nicht.«

»Irgendwie wusste ich, dass du das sagen würdest. Wo sind die Gefangenen?«

»Sie werden gerade zu dem Modul gebracht, durch das wir eingedrungen sind.«

»Wie viele?«

»Ungefähr hundert.«

Solo murmelte etwas vor sich hin. »Die Trevee kann sich nicht mehr verteidigen. Wir müssen sie alle an Bord des Falken bringen.«

»Kannst du mit dem Falken nahe genug heranfliegen, um einen Senkkasten herunterzulassen?«

Han schnaubte. »Das ist das kleinste Problem.«

»Im zentralen Modul gibt es eine Luftschleuse, nur wirst du die von außen vermutlich nicht erkennen können. Achte auf unser Leuchtsignal. Ansonsten sage ich Deak oder jemandem, er soll dich hinführen.«

»Mach dir keine Sorgen, die finde ich schon.«

»Irgendwie wusste ich, dass du das sagen würdest«, meinte Kyp. »Übrigens, hast du genug Platz für einen Hutt?«

Solo lachte überrascht. »Für einen Hutt? Na, klar, je mehr, desto lieber.«

»Na, außerdem soll ich dir von einem der Gefangenen Grüße überbringen.«

»Von wem?«

»Von Roa.«

 

»Schieß schon!«, zischte Sal-Solo durch die zusammengebissenen Zähne. »Schieß!«

»Für die Mrlssi«, fügte eine eher flehende Stimme hinzu.

»Zur Rettung der Neuen Republik«, verlangte der Captain.

»Nein, mein Junge, nein«, sagten Ebrihim und Q9.

So viele Stimmen im Kontrollraum, die ihn beeinflussen wollten; so viele in seinem Kopf! Er hörte die aufrichtigen Worte seines Vaters und seiner Mutter, die drängende Stimme von Jacen und die verständnisvolle von Jaina, den Rat von Onkel Luke…

Aber er ignorierte sie alle und sah Jacen an. »Sag du es mir«, verlangte er.

Jacen antwortete ruhig und still, fast so, als hätte er sich die Worte schon lange zurechtgelegt. »Du bist mein Bruder, und du bist ein Jedi, Anakin. Du darfst das nicht tun.«

Anakin holte tief Luft und nahm die Hand von dem Auslöser. Die Anspannung im Raum löste sich in einem kollektiven enttäuschten Seufzer auf. Die Techniker knurrten, die Mrlssi ließen die Köpfe hängen. Das Nächste, was Anakin mitbekam, war, wie ihn jemand zur Seite stieß und sich auf den Stuhl setzte.

»Dann schieße ich eben«, rief Thrackan Sal-Solo wütend und schloss die Hand um den Auslöser.

 

Angeführt von der Yald erschien der Kampfverband von Commenor außerhalb des Orbits von Fondors äußerstem Mond. Ihm folgten die Schlachtdrachen und Kreuzer der hapanischen Flotte, die sich bereitmachten, die Armada der Yuuzhan Vong anzugreifen.

Commodore Brand hatte Leia gestattet, sich zu ihm auf die Brücke zu gesellen, wo sie hinter seinem Kommandantenstuhl stand und durch das Rundum-Sichtfenster zu den hapanischen Kriegsschiffen sah. Um Fondor herum leuchteten Explosionen in der Nacht auf, wenn ein Schiff oder eine Werft vom Feind getroffen wurde.

»Das Flottenkommando meldet Verluste in Höhe von fünfzig Prozent«, berichtete ein Unteroffizier von seinem Arbeitsplatz. »Einigen der Werften gelingt es, sich gegen die Selbstmordattacken der Korallenskipper zu wehren, doch die Flotte war bislang nicht in der Lage, wirklich erfolgreiche Maßnahmen gegen das Bombardement der feindlichen Kriegsschiffe zu ergreifen.«

Brand drehte sich mit seinem Stuhl und betrachtete verschiedene Risikoschätzungen und vertikale Plantafeln. »Die Hapaner werden ihnen schon einen ordentlichen Schrecken einjagen«, versicherte er mit einer so lauten Stimme, dass man sie überall auf der Brücke vernehmen konnte.

Leia verbarg ihre zitternden Hände unter ihrem Mantel und richtete den Blick vom Sichtfenster auf die Plantafeln. Mit der Macht suchte sie nach Anakin und Jacen. Was zuvor ihre Beunruhigung nur vergrößert hatte, erfüllte sie jetzt mit Erleichterung. Eine übersinnliche Ruhe hüllte sie ein, und die Vorahnungen, die sie seit Hapes bedrückt hatten, lösten sich plötzlich in Nichts auf.

Allerdings war diese Gelassenheit äußerst flüchtig. Fast im gleichen Augenblick überflutete etwas Grausames und Unkontrollierbares ihr Bewusstsein. Erneut griff sie nach Anakin und Jacen, und sofort begriff sie, dass ihre Sorge um die beiden nur eine tiefere, wenn auch weniger personifizierte Angst eingedämmt hatte, die nun plötzlich durchbrach.

Abermals sah sie durch das Sichtfenster zur hapanischen Flotte, die sich in Kampfgruppen teilte und sich bereits den ersten Feindschiffen näherte.

»Feuer frei für Sie, wenn Sie bereit sind«, hörte sie Brand zu Prinz Isolder sagen, jedoch wie aus großer Ferne.

Im gleichen Moment erleuchtete ein Blitz aus strahlender Energie den Raum der Umgebung. Von der randwärtigen Seite des äußersten Mondes von Fondor oder vielleicht sogar aus dem Hyperraum selbst ergoss sich eine Flut von Sternenfeuer in einer Breite von tausend Kilometern. Diese Flut konzentrierte sich zu einem ungeheuerlichen Strahl geballter Zerstörungskraft und schoss mitten durch die hapanische Flotte, die sich gerade zum Angriff formierte, vernichtete alle Schiffe, die ihr in den Weg kamen, atomisierte einige in Sekundenbruchteilen und durchlöcherte andere mit Speeren aus sengendem Licht. Waffen, Aufbauten und Antennen vaporisierten in dem flammenden Strahl zu Staubkörnchen, Schiffe explodierten und verschwanden in blendenden Feuerkugeln, in denen Masse in Energie umgesetzt wurde. Sogar jene Schiffe, die nur der Rand des Strahls berührte, wurden heftig aus der Bahn geworfen und kollidierten miteinander. Die Zwillingsuntertassen der Schlachtdrachen wurden auseinander gerissen und lösten sich in ihre Einzelteile auf, die Schlachtkreuzer brachen wie trockene Zweige. Ganze Gruppen von Jägern verschwanden ohne eine Spur.

Leia war sprachlos. Bislang hatte nichts im Arsenal der Yuuzhan Vong auf eine dermaßen ernorme Zerstörungskraft hingedeutet. Einen Augenblick lang glaubte sie, erneut eine Vision zu haben, doch bald wurde ihr klar, dass diese Gewalt Realität war.

Ihre Bestürzung nahm noch zu, als der Strahl sich nicht auflöste, nachdem er unter der hapanischen Flotte gewütet hatte. Dieser Speer aus wütender Energie drang tiefer in den Raum von Fondor ein, streifte den vorletzten Mond und vernichtete einen Teil des mit Kratern übersäten Planetoiden wie ein chirurgischer Laser, der einen Tumor ausbrennt. Dann schoss er durch das Herz der feindlichen Armada, tilgte Massen von Korallenskippern aus dem Raum und pulverisierte einige der größten Kriegsschiffe. Daraufhin setzte der Strahl seinen Weg an Fondor vorbei fort, wobei er die nördliche Hemisphäre versengte, um anschließend vielleicht einige weiter entfernte Ziele zu zerstören.

Auf der Brücke waren alle Systeme ausgefallen, und für eine Weile – sogar während die Bildschirme und Konsolen mit Notstrom flackernd wieder zum Leben erwachten – waren die Anwesenden zu bestürzt, um zu sprechen, geschweige denn um das zu begreifen, was sich gerade vor ihren Augen abgespielt hatte.

»Das war ein Repulsorstrahl«, stellte schließlich ein Techniker ungläubig fest. »Und der ist aus dem Hyperraum gekommen.«

»Centerpoint«, sagte Leia schockiert.

Brand und andere wandten sich zu ihr um.

Sie blickte den Commodore an. »Jemand hat ihn von der Centerpoint-Station abgefeuert.«

 

Han schloss Roa in die Arme, als er durch die Luftschleuse in den Andockarm an der Backbordseite des Falken trat.

»Fasgo ist tot«, sagte Roa, nachdem Han ihn losgelassen hatte.

Entsetzt schüttelte Han den Kopf. »Der hatte das Zeug, ein guter Freund zu werden.«

»Wie ich schon auf dem Jubelrad gesagt habe, das Glück lächelt dir zu und legt dich rein… dann lächelt es dir wieder zu.«

Han begutachtete seinen Freund von oben bis unten und brachte ein Grinsen zustande. »Du siehst gar nicht so schlecht aus.«

»Na, ja, ich werde jedenfalls wieder auf die Beine kommen. Hat mein Schiff die Sache überlebt?«

»Wartet bei Bilbringi auf dich.«

Roa seufzte, drehte sich um und half einer Ryn durch die Luftschleuse. »Han, ich möchte dich gerne vorstellen…«

»Sie sind nicht zufällig mit jemandem namens Droma verwandt?«, unterbrach Han ihn.

Die Ryn wirkte überrascht. »Ich habe einen Bruder, der Droma heißt.«

Nun grinste Han breit. »Sie werden ihn bald wieder sehen.«

Roa kratzte sich am Kopf. »Anscheinend habe ich eine Menge verpasst.«

»Das kannst du wohl sagen.«

Das Traubenschiff löste sich bereits in seine einzelnen Module auf. Von der Furcht getrieben, er könne gezwungen sein, zu früh von dem bebenden Schiff abzukoppeln, beeilte sich Han, die letzten geretteten Flüchtlinge an Bord zu holen. Schließlich waren alle auf dem Falken, und der vordere Frachtraum, die Schlafräume, die Kombüse und die anderen Nutzräume waren bis zum Bersten gefüllt. Han hoffte nur, die Luftversorgung des Falken würde durchhalten, bis sie einen Sprung nach Mrlsst oder zu einer anderen Welt im Tapani-Sektor hinter sich gebracht hatten. Selbst wenn es mit der Belüftung keine Probleme gab, würden sie bei der Landung ein ausgehungerter, dehydrierter Haufen sein.

Nachdem die Luke geschlossen war, drängten sich Han, Roa und zwei der Ryn ins Cockpit. Han drückte sich in den Pilotensitz und manövrierte den Falken von dem Yuuzhan-Vong-Schiff fort. Durch das Sichtfenster beobachtete er, wie die Überlebenden von Kyps Dutzend durch das Loch in dem beschädigten Modul in den Raum starteten.

Roa half ihm, die Vierlingslaser in Gang zu bringen, während Han den Falken über die obere Kante des kreisrunden Moduls steuerte und erwartete, es mit feindlichen Kriegsschiffen zu tun zu bekommen, die dem Yammosk zu Hilfe eilten. Stattdessen begrüßte ihn ein Anblick, der ihm einen fröhlichen Schrei entlockte.

»Hapanische Schlachtdrachen!«, sagte er und blickte Roa an. »Jetzt geht die Sache endlich voran.«

Er wollte gerade hinzufügen, dass vermutlich Leia das Verdienst gebührte, die Unterstützung der Hapaner gewonnen zu haben, als ihn ein grelles weißes Licht blendete. Der Falke wurde zweitausend Kilometer weit in den Raum geschleudert.

Die Yuuzhan Vong hatten die Sonne von Fondor zur Explosion gebracht, dachte Han. Sie hatten das gesamte System ausgelöscht.

Als er wieder klar sehen konnte, stellte Han fest, dass drei Viertel der hapanischen Flotte und dazu die halbe Armada der Yuuzhan Vong verschwunden waren.

 

Auf seinem Helix-Flaggschiff erlangte Nas Choka genug von seiner Fassung zurück, damit man ihm die Bestürzung nicht anmerkte, als er Malik Carr und Nom Anor ungläubig anschaute. Vor dem Hintergrund eines stark beschädigten Mondes zeigte das Villip-Feld die verkohlten Rümpfe und Skelette einer Unzahl von Schiffen des Feindes und der Yuuzhan Vong.

»Sie haben den größten Teil ihrer Verstärkung vernichtet, um die Hälfte unserer Flotte zu zerstören«, stellte der Oberste Kommandant fest. »Ist solche Grausamkeit normal?«

Nom Anor schüttelte den Kopf, sowohl zur Antwort als auch, um ihn wieder klar zu bekommen. »Ein Irrtum. Es muss sich um einen Irrtum handeln. Ihre Ehrfurcht vor dem Leben war immer ihre Schwäche.«

»Dann haben wir vielleicht das Primitive in ihnen geweckt«, meinte Malik Carr mit heiserer Stimme.

Ein Herold erschien. Der Villip in seinen zitternden Händen hatte die angespannten Züge von Chine-kal.

»Der Yammosk wurde getötet«, keuchte Chine-kal aus dem Kommunikator. »Und das Schiff stirbt. Die Hutts haben unsere Position den Jedi verraten. Der Jedi, den wir auf Gyndine gefangen genommen haben, wird mit uns sterben, aber zwei seiner Verbündeten und Randa Besadii Diori – die Mörder unseres Yammosk – konnten entkommen. Wir…«

Der Villip verstummte unvermittelt, dann nahm er seine gesichtlose Form an. Chine-kal war tot.

Nas Choka wandte sich entrüstet ab. »Rufen Sie alle Korallenskipper zurück, die noch im Einsatz sind«, befahl er seinem Subaltern-Offizier. »Auf dem Rückflug sollen sie so große Zerstörung anrichten wie möglich. Alle Kriegsschiffkommandanten bereiten ihre Schiffe für den Abflug vor. Wir haben ausgeführt, was wir uns vorgenommen hatten. Jetzt haben wir eine Rechnung mit den Hutts zu begleichen.«