10
Der riesige Frachter Starmaster von der Größe eines Sternzerstörers der Sieges-Klasse hing über Ryloth, der Heimatwelt der Twi’lek. Ein Schwarm von weiteren Schiffen umgab ihn, von denen manche so glatt waren wie Meeresbewohner, andere so eckig und kantig wie der Frachter selbst. Im Schatten des großen Schiffes schwebte eine ubrikkianische Luxusyacht. Einer Andockbucht des Frachters näherte sich zudem aus der begrenzt bewohnbaren Dämmerungszone von Ryloth ein halbkreisförmiges Schiff.
In einem Raum im vorderen Teil des Frachters überwachten zwei Rodianer die heranfliegende Sichel auf einem Bildschirm und schalteten schließlich auf die Innenansicht der Andockbucht, als das kleine Schiff außer Sicht geriet.
»Ist das sein Schiff?«, fragte der Twi’lek, der hinter ihnen hin und her schritt, als es in das Magnetfeld der Bucht eindrang und landete. Wie fast alle anderen an Bord der Starmaster trugen die drei Overalls.
»Sein Schiff«, spottete einer der Rodianer. »Er besitzt ein Dutzend Schiffe. Warten wir ab, wer aussteigt.«
Vier Menschen, drei Männer und eine Frau, erschienen auf der ausfahrbaren Bordrampe. Die beiden ersten Männer, die sich geschmeidig und ökonomisch bewegten, hätten Brüder sein können, obwohl das Gesicht des Größeren durch scheußliche Narben verstümmelt war, während sich das des anderen dünn und kantig präsentierte. Die Frau, dunkelhaarig und gertenschlank, bewegte sich vorsichtig; ihr Schritt verriet Wachsamkeit, und ihre Augen glänzten aufmerksam. Der letzte Mann trug eine selbstzufriedene Gleichgültigkeit zur Schau. Im Kontrast zu den schienbeinhohen Raumfahrerstiefeln und den langen Mänteln, die seine Helfershelfer bevorzugten, hatte er sich in Seide und Leder gekleidet.
»Das ist er«, sagte der andere Rodianer und zeigte auf den letzten Mann, wobei er mit dem langen Finger samt Saugnapf an der Spitze auf den Bildschirm tippte. »Das ist Karrde.«
Der Twi’lek schob seine dicken, tätowierten Kopftentakel über die Schultern, beugte sich zwischen den Rodianern vor und sah sich den Mann genau an. »Sind Sie sicher?«
Derjenige, der den Besucher identifiziert hatte, zuckte mit der kurzen Schnauze. »Wenn er es nicht persönlich ist, dann sein Zwillingsbruder oder ein Klon.«
Der Twi’lek richtete sich auf. »Ich gebe dem Boss Bescheid.«
Er eilte durch einen Gang zu einem großen Frachtraum, in dem hektische Aktivität herrschte. Überall wurden Metallfrachtkisten gestapelt, die gerade vom Kala’uun-Raumhafen auf Ryloth heraufgebracht worden waren. Zweibeinige Lastenheber, die von maskierten Twi’lek-Vormännern beaufsichtigt wurden, sortierten die Kisten zur weiteren Beförderung oder zum Entladen, während ASP-Droiden sie mit Adressen versahen und scanbare Etiketten anbrachten. Trotz der kräftigen Abluftventilatoren über den Köpfen hing dunkler Staub im Raum und wirbelte durch die recycelte Luft.
Mit einer Hand vor dem Mund suchte sich der Twi’lek den Weg durch das Labyrinth aus Stapeln und erreichte schließlich ein Laboratorium, das durch Permaglas-Fensterwände vom Frachtraum abgeteilt war. Zwei Menschen mit Schutzbrillen, Atemmasken und Schutzanzügen begutachteten die Qualität eines feinen schwarzen Pulvers aus einer offenen Frachtkiste mit dem Firmenzeichen der Galactic Exotics, die laut Aufschrift essbare Pilze enthalten sollte. Der Stämmigere der beiden nahm seine Maske und die Brille ab. In seinem nichts sagenden Gesicht fielen allenfalls die hervortretenden Augen auf.
»Er ist gerade angekommen«, berichtete der Twi’lek. »Andockbucht 6738. Zwei Männer und eine Frau begleiten ihn. Im Augenblick sind sie in der Dekontamination und Kontrolle.«
»Bist du sicher, dass er es ist?«
»Ganz sicher. Zusätzlich führen wir eine Identitätskontrolle durch.«
Der Mann zog sich die Handschuhe aus, die bis zum Ellbogen reichten, schlüpfte aus dem Schutzanzug und setzte sich an einen Bildschirm. »Die Kamera und die Scanner sollen auf ihn gerichtet bleiben, damit ich mich selbst überzeugen kann.«
»Wirst du Borga informieren?«
Der Mann dachte darüber nach. »Mal sehen.«
Der Twi’lek ging den gleichen Weg zurück zu seinem Raum. Dort spähte er dem Rodianer über die Schulter, der dem Bildschirm am nächsten stand. Karrde und seine Begleiter standen praktisch schon vor der Tür.
»Die Identifikation von Karrde war positiv«, sagte der Rodianer, nachdem er die Scannerdaten betrachtet hatte. »Über die anderen haben wir keine Informationen, aber keiner trägt einen Blaster. Die Daten der Frau stimmen mit einer Shada D’ukal überein, die als Geschäftspartnerin von Karrde bekannt ist.« Der Rodianer sah den Twi’lek an. »Die ist tödlich, auch ohne Waffen.«
Der zweite Rodianer zog einen Blaster aus dem Holster an der Hüfte, überprüfte die Ladung und entsicherte ihn.
»Nicht notwendig«, meinte der Twi’lek. »Sie wären Narren, wenn sie hier irgendetwas Dummes versuchen würden.«
Daraufhin starrte der Rodianer ihn aus seinen runden schwarzen Augen an. »Du bezahlst mich dafür, dass ich auf alles vorbereitet bin.«
Der Twi’lek nickte, grinste schwach und entblößte dabei scharf gefeilte Zähne. »Klar, mein Irrtum.«
»Schaut mal«, unterbrach sie der andere Rodianer. »Er ist unterwegs zu uns.«
Der Twi’lek blickte auf den Bildschirm und sah gerade noch, wie Karrde in den optischen Scanner winkte, der im Schott oberhalb der Luke versteckt war.
»Ich kann mir immer noch nicht erklären, welches Interesse Karrde daran haben soll, sich mit uns abzugeben«, meinte der bewaffnete Rodianer. »Er handelt doch mit Informationen, nicht mit Gewürzen.«
Der Twi’lek strich sich über die vorstehende Stirn und trat zur Luke. »Es geht überhaupt nicht um Gewürz. Aber man erwartet von uns, ihn auszuhorchen, und das sollten wir jetzt tun.«
Er zielte mit einer Fernbedienung auf den Sensor der Luke, die daraufhin zur Seite glitt. Karrde und die anderen traten ein, dann blieben die beiden männlichen Begleiter stehen; Shada D’ukal trat zur Seite und behielt die Anwesenden im Blick.
»Willkommen, Talon Karrde«, sagte der Twi’lek in Basic. »Ich bin Rol’Waran.«
Karrde nickte. »Ist mir ein Vergnügen.« Er hielt es nicht für notwendig, seine Begleiter vorzustellen.
»Dein Stuhl«, brüllte Rol’Waran einen der Rodianer an, der sofort aufstand und zur Seite trat. Der Twi’lek wartete, bis Karrde es sich bequem gemacht hatte. »Man hat mir gesagt, Sie haben die Absicht, Ware zu kaufen.«
»Acht Blöcke.«
Rol’Waran riss die für gewöhnlich schmalen Augen auf. »Eine beachtliche Menge. Da mir jedoch Ihre früheren und gegenwärtigen Aktivitäten nicht unbekannt sind, würden Sie mir bitte erklären, woher Ihr plötzliches Interesse an unserer Ware rührt?«
Karrde lachte unschuldig. »Wenn Sie Angst vor einer Falle oder vor etwas Ähnlichem haben…«
»Nichts davon«, beeilte sich Rol’Waran zu antworten. »Schließlich sind wir nur die kleinen Figuren in dem großen Spiel. Aber man hat mir zu verstehen gegeben, dass Sie Ihre illegalen Geschäfte nicht mehr fortführen, sondern sich eher… der Diplomatie zugewandt haben.«
Karrde schlug die Beine übereinander. »Die Invasion der Yuuzhan Vong hat meine Position als Verbindungsmann zwischen Bastion und Coruscant überflüssig gemacht.«
»Soll heißen, er ist arbeitslos«, meinte der kleinere der beiden Männer hinter ihm.
»Ja«, sagte Rol’Waran und streichelte nachdenklich seinen linken Lekku. »Die Yuuzhan Vong haben uns ebenfalls gewisse Änderungen aufgezwungen.«
»Davon habe ich aber nichts gehört«, erwiderte der gleiche Mann.
»Was haben Sie denn gehört?«, fragte Rol’Waran.
Der Mann zog die Oberlippe kraus. »Dass Gewürz eine sichere Sache bleibt.«
Karrde räusperte sich. »Was er sagen will, ist: Ihre Ware war stets ein geschätzter Artikel, und jetzt, da noch mehr Mäuler zu füttern sind…«
»Harte Zeiten bringen den Wunsch nach Flucht mit sich«, unterbrach ihn sein Begleiter. »Sollen doch alle den Kopf in den Sand stecken.«
Rol’Waran starrte Karrde mit seinen pinkfarbenen Augen an. »Sie wollten also mit uns ins Geschäft kommen.«
»Wenn der Transport arrangiert werden kann.«
Rol’Waran lächelte schief. »Das würde allerdings den Preis erhöhen. Welches Ziel hatten Sie sich vorgestellt.«
»Zunächst einmal Tynna.«
Angespannte Stille breitete sich im Raum aus, während sich Rol’Waran und die Rodianer verstohlen ansahen. »Tynna ist im Augenblick extrem problematisch«, antwortete Rol’Waran endlich. »Ich könnte eine Lieferung nach Rodia organisieren, vielleicht auch nach Kalarba, aber dort müssten Sie es selbst abholen.«
»Wie wäre es mit Kothlis oder Bothawui?«, fragte Karrde.
Rol’Waran schüttelte den Kopf. »Momentan nicht.«
Karrde seufzte verärgert. »Wenn Sie es nach Rodia bringen wollen, könnten Sie es nicht noch ein Stück weiter nach Corellia verfrachten? Das ist die gleiche Richtung.«
Rol’Waran legte den Kopf schief. »Da, fürchte ich, hätten wir wieder ein Problem.«
»Worin besteht das Problem?«, fragte Karrdes Begleiter mit dem Narbengesicht. »Wir haben Ihnen doch gesagt, Sie können das Gewürz unter den neuen Bedingungen quasi straffrei transportieren.«
Nun blickte Rol’Waran von einem zum anderen. »Neue Bedingungen?«
Er wollte gerade noch etwas hinzufügen, da öffnete sich die Luke und gab den Blick auf den stämmigen Mann aus dem Labor frei, der die ganze Tür ausfüllte. Karrdes Begleiter reagierten sofort, doch Karrde stellte sich rasch zwischen sie und den grinsenden Neuankömmling.
»Crev Bombaasa«, sagte er ehrlich überrascht. »Du bist aber ein ganzes Stück von zu Hause entfernt.«
»Das gilt für dich genauso, Talon.« Bombaasa sah Shada an. »Und die stets bezaubernde Shada D’ukal. Was die Entfernung von zu Hause angeht, so kann ich nur sagen, selbst das Leben im Pembric-System wird manchmal langweilig.«
Mit einem kurzen Nicken winkte Bombaasa Rol’Waran und die Rodrianer hinaus, dann setzte er sich auf den Stuhl an der Konsole und deaktivierte die Überwachungssysteme des Raums.
»Wenn ich mich richtig erinnere«, sagte er zu Karrde, »haben sich unsere Wege zum letzten Mal im ThrusterBurn-Bistrocaf in Erwithat gekreuzt. Auf der Suche nach Jorj Car’das haben du und Shada einen sicheren Flug in den Kathol-Sektor gebraucht, den ich dir besorgt habe, weil ich deiner früheren Partnerin Mara Jade noch einen Gefallen schuldig war. Ich erwähne das nur, um gleich klarzustellen, dass ich uns, falls du einen Gefallen von mir erwartest – wie zum Beispiel die Lieferung unserer Ware in die von dir genannten Sternsysteme –, als quitt betrachte.«
Er sah Kyp Durron und Ganner Rhysode an, dann lächelte er Karrde an. »Weswegen bist du also hier, Talon? Und erzähl mir nicht, du würdest ernsthaft in den Gewürzhandel einsteigen wollen?«
Karrde sah ihm in die Augen. »Ich weiß deine Offenheit zu schätzen, Crev. Fakt ist aber nun mal, dass die Yuuzhan Vong die Spielregeln geändert haben, nach denen wir alle unsere Geschäfte betreiben. Die meisten Spieler sind noch dabei, aber die Karten wurden neu gemischt. Im Rand kämpfen frühere Imperiale Seite an Seite mit den Streitkräften der Neuen Republik. Langjährige Gegner legen ihren Zwist bei, um ein gemeinsames Ziel zu verfolgen. Sogar die Hutts wurden gezwungen, auf einen Teil ihres Raumes zu verzichten, um sich aus dem Kriegsgeschehen heraushalten zu können.«
Erneut betrachtete Bombaasa die Jedi. »Ja, das einzig Gute an diesem bevorstehenden Krieg ist, dass Kyp Durron etwas Besseres zu tun hat, als Schmuggler zu jagen.« Er bedachte Karrdes Begleiter kurz mit einem wissenden Blick, dann seufzte er. »Ich hätte gedacht, damit eine heitere Reaktion hervorzurufen, doch anscheinend gibt es keine Zeit für ein Lächeln.«
»Lachen Sie, so viel Sie wollen«, erwiderte Kyp.
»Ich kann tatsächlich lachen, so viel ich will«, entgegnete Bombaasa monoton und fasste sich theatralisch an den Kopf. »Hat mich jemand der hier Anwesenden gezwungen, das zu sagen?«
Ganner legte Kyp beruhigend die Hand auf den Arm.
Bombaasa beobachtete die beiden Jedi und nickte anschließend Karrde zu. »Du hast Recht, Talon, die Grenzen sind neu gezogen worden. Nur, wo Leute wie du und ich ihren Platz finden, muss noch festgelegt werden.«
»Du sprichst für dich selbst, Crev. Ich weiß, wo ich stehe.«
Bombaasa holte Luft. »Ich bin ein praktischer Mann, Talon. Mir geht es vor allem ums Überleben – und zwar unter den bestmöglichen Bedingungen, die ich für mich arrangieren kann. Du sagst, deine Position stehe fest. Dann wirst du mir vermutlich auch verraten, was du vorhast.«
Karrde kniff die Augen zusammen. »Du willst nicht nach Tynna, Bothawui oder Corellia liefern.«
Bombaasa faltete die Hände über seinem vorstehenden Bauch. »So viel stimmt immerhin. Und ich beglückwünsche dich zu dem Scharfsinn, genau die Systeme ausgesucht zu haben, in denen wir gerade unsere Operationen ruhen lassen.«
»Die Yuuzhan Vong sind im Hutt-Raum«, fuhr Karrde fort. »Gyndine haben sie bereits angegriffen. Man könnte daher auf die Idee kommen, du würdest lediglich versuchen, Gebiete zu meiden, in denen es möglicherweise zu Konflikten kommen könnte.«
»Ich beglückwünsche dich erneut. Warum Lieferungen riskieren, indem man sie in umkämpften Raum schickt? Das könnte nämlich für die Überbringer der Fracht gefährlich werden.«
»Entweder bist du einfach nur vorsichtig, oder du hörst auf Befehle von den Hutts.«
Bombaasa blickte zur Decke. »Sagen wir einfach, die Hutts sind zurzeit in der günstigsten Position herauszufinden, welche Gebiete gefährdet sind.«
Karrde nickte. »Das habe ich mir schon gedacht. Und wie willst du dieses Gespräch vor Borga rechtfertigen.«
Sein Gegenüber zuckte lässig mit den Schultern. »Ich werde ihm einfach die Wahrheit berichten. Talon Karrde wollte Ware in gesperrte Gebiete liefern lassen, daher sind wir nicht ins Geschäft gekommen.« Er verzog das hängebackige Gesicht ironisch. »Borga hat eine Begegnung dieser Art längst erwartet.«
»Sie tanzt auf beiden Hochzeiten, nicht wahr?«
»Sie versucht vorauszusehen, wer am Ende die Nummer eins sein wird.«
Nun konnte Karrde sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Das werde ich dir nicht vergessen, Crev.«
Bombaasa legte seine dicken Hände aneinander. »Dann könntest du mich vielleicht bei deinen Freunden lobend erwähnen, nur damit die wissen, auf welcher Seite ich stehe.«
»Darauf kannst du dich verlassen«, versprach Karrde. »Eines Tages sind wir vielleicht darauf angewiesen zusammenzuarbeiten – Schmuggler, Informationsmakler, Piraten und Söldner –, und diese Unterhaltung scheint mir ein guter Anfang zu sein.«
Das Yammosk-Schiff Creche hing im stationären Orbit über dem Planeten Ando. In der grottenähnlichen Andockbucht hießen Kommandant Chine-kal und Moorsh, der Priester, Randa Besadii Diori an Bord willkommen. Zuerst verließ das Gefolge des jungen Hutts, bestellend aus Twi’leks und Rodianern, die hässliche, pantoffelförmige Raumyacht, die gerade aus Ando eingetroffen war. Ihnen folgten die walrossgesichtigen humanoiden Aqualishaner, die die Abteilung Leibwachen bildeten. Schließlich erschien, von seinem muskulösen Schwanz geschoben, der Hutt selbst, der breit grinste und sich in dem riesigen dämmrigen Raum sofort heimisch fühlte.
»Ich sehe, Sie mögen das Düstere genauso gern wie wir Hutts«, sagte Randa zu Chine-kal, nachdem man sich vorgestellt hatte.
Der Kommandant lächelte freundlich. »Wir bevorzugen das Dunkel, wenn es unserem Zweck dient.«
Randa führte die Zweideutigkeit der Bemerkung auf die Unerfahrenheit des Übersetzers der Yuuzhan Vong zurück. »Sie müssen einmal nach Nal Hutta kommen, Kommandant, und den Palast meiner Eltern besuchen. Bestimmt würde er Ihnen gefallen.«
Chine-kal lächelte weiter diplomatisch. »Wir haben schon viel darüber gehört, junger Hutt. Kommandant Malik Carr war sehr beeindruckt.«
»Und Borga ebenfalls von ihm«, erwiderte Randa und verneigte sich höfisch. »Gern möchte ich so viel wie möglich über Ihre Operationen erfahren, damit wir Hutts Ihre Wünsche schnellstmöglich erfüllen können.« Seine vortretenden schwarzen Augen verschwanden kurz hinter den Membranen, die sie feucht hielten. »Bei so vielen Welten, die inzwischen Ihrer überlegenen Macht unterstehen, ist es sicherlich eine ermüdende Aufgabe, die Massen von Gefangenen hin und her zu befördern.«
»Diese Aufgabe lenkte uns von unseren eigentlichen Zielen ab«, räumte Chine-kal ein. »Aus diesem Grund möchten wir Sie auch sehr gern in alles einführen.«
»Je eher wir anfangen, desto besser«, meinte Randa. »Aber vielleicht könnten Sie mir zunächst meine Unterkunft zeigen, damit ich mich nach der Reise ein wenig erfrischen kann.«
»Wir haben einen Raum für Sie vorbereitet, Randa Besadii Diori«, antwortete der Priester. »Auf dem Weg dorthin wollten wir Ihnen den angesehensten Passagier des Schiffes vorstellen.«
Randa presste die Hände aneinander, eine Geste des Respekts. »Das wäre mir eine Ehre.«
Chine-kal rief seinen Wachen einen brüsken Befehl zu, die daraufhin die Fäuste an die jeweils andere Schulter schlugen, sich als Eskorte formierten, wobei einige durch ein Irisblenden-Portal im Schott des Frachtraums vorausgingen, während sich andere Randa und seinem Gefolge anschlossen.
Sie drangen tiefer in das Schiff ein, gingen von einem Modul zum nächsten, wurden gelegentlich von Decks, die sich unter ihnen hochdrückten wie eine Zunge, die an den Gaumen gehoben wird, zum nächsten Stockwerk transportiert. Die Beleuchtung war überall unterschiedlich, doch die Bioluminiszenz der Wände lieferte selten mehr als ein schwaches Glühen. Intensiver jedoch wurde ein eigenartiger Geruch in der Luft, der zwar nicht unangenehm war, jedoch die Sekretion der Schleimhäute anregte. Von Natur aus schmierig, fand Randa die Umgebung höchst angenehm.
Chine-kal ließ die Prozession im Bauch des Schiffes anhalten und lenkte Randas Aufmerksamkeit auf eine Öffnung im membranartigen Schott, durch die man in den angrenzenden Frachtraum treten konnte. Unten in einem kreisrunden Behälter, der mit einer klebrigen Flüssigkeit gefüllt war, schwamm eine mit Tentakeln behaftete Lebensform, die nur von den Yuuzhan Vong erschaffen worden sein konnte. Mit dieser Kreatur teilten mehrere Dutzend Gefangene den Tank, die knie- bis schultertief in der Flüssigkeit standen und dieses Wesen offensichtlich versorgten. Einige der Gefangenen wurden auch von den Tentakeln gestreichelt. Ein Mann war sogar vollkommen von zwei der schlanken Anhängsel umschlungen.
Randa musste unwillkürlich an bestimmte Mitglieder des Desilijic-Clans denken, die es liebten, Tänzerinnen oder Diener an sich zu ketten. Erneut wurde sein Blick von dem umschlungenen Menschen angezogen. Plötzlich bemerkte er die anderen Gefangenen in der Umgebung des Menschen und aufgeregt wandte er sich an seinen Twi’lek-Majordomus.
»Sind das Ryn?«, fragte er und zeigte mit einem seiner Stummelarme auf sie.
Der Twi’lek betrachtete sie und nickte. »Ich glaube, das sind Ryn, Exzellenz.«
Chine-kal folgte dem Wortwechsel und bat um Übersetzung. »Ist Ihnen jemand aufgefallen, junger Hutt?«
»In der Tat, Kommandant«, erwiderte Randa. »Sie haben das Glück gehabt, Angehörige einer sehr seltenen Spezies zu erwischen.«
»Wen meinen Sie damit?«
»Sehen Sie den Menschen, an dem das Wesen so interessiert ist?«
Chine-kal schaute hinunter zum Yammosk und seinen gefangenen Wärtern. »Keyn heißt er.«
»Die Zweifüßler mit der spitzen Nase neben ihm«, fuhr Randa fort. »Und dort, bei dem anderen Tentakel. Es sind Ryn – eine unterhaltsame Spezies, die von den Hutts hoch geschätzt, von anderen hingegen oft verachtet wird.«
»Geschätzt wofür?«
»Nun, berühmt sind sie für ihre Tänze und ihren Gesang, aber ihre eigentlichen Talente liegen in der Prophezeiung.«
Chine-kal wartete die Übersetzung ab, dann wandte er sich an Moorsh. »Wussten Sie das?«
»Nein, Kommandant«, antwortete der Priester.
Chine-kal blickte Randa an. »Sie können weissagen, meinen Sie?«
»Sie sind eher scharfsinnig.«
»Durch welche Technik?«
»Mithilfe verschiedener Mittel. Ich habe gehört, sie können die Zukunft aus den Händen lesen, aus Beulen am Kopf, aus der Farbe der Augen. Manchmal benutzen sie ein Kartenspiel, von dem sie behaupten, es erfunden zu haben.«
»Sie haben es gehört«, gab Chine-kal zurück. »Demnach haben Sie keine eigenen Erfahrungen mit ihnen?«
»Leider nein.« Randa lächelte. »Aber vielleicht könnten Sie diese Ryn zeitweise von ihren Pflichten entbinden. Denn Ihre Schöpfung scheint ja wenig Interesse an ihnen zu hegen.«
»Ich muss gestehen, neugierig auf sie zu sein«, erwiderte Moorsh auf Chine-kals Blick hin.
Der Kommandant nickte und wandte sich einer der Wachen zu. »Die sechs Ryn sollen in die Kabine des jungen Hutts gebracht werden.«