11
Nach drei Seiten breitete sich das Meer bis zum Horizont aus – eine wogende, blaugrüne Ebene, die mit Gischt überzogen war und in der Morgensonne glitzerte. Hinter Leia erhoben sich Felsspitzen und die imposanten Zinnen des Riffforts in die Höhe, des Sommerhauses der hapanischen Königsfamilie und ihrer Festung in Zeiten der Krise.
Wegen der kühlen ablandigen Brise hüllte sie sich fester in ihren dunkelblauen Mantel und drehte sich nochmals im Kreis, ließ ihren Blick über die schwarze Felsküste, das majestätische Fort und einen Droiden, der Brombeeren pflückte, schweifen. Olmahk war bei ihr, zusammen mit etwa zwanzig Besuchern, die in der Dämmerung mit einer Drachenyacht eingetroffen waren, um das Duell zwischen Isolder und Beed Thane zu verfolgen.
Der Archon von Vergill und seine Sekundanten hatten sich auf dem viereckigen Rasenstück versammelt, das als Austragungsort für das Duell dienen sollte. Da Thane der Beleidigte und öffentlich Entehrte war – Isolder hatte ihn ja geohrfeigt –, durfte er die Waffen wählen; alles von Vibromessern bis zu Jagdblastern war erlaubt. Den Ort hatte hingegen Isolder ausgesucht, der die vergangene Nacht im Rifffort verbracht hatte, zusammen mit Teneniel Djo, Tenel Ka, Ta’a Chume, Leia und einem kleinen Stab von Beratern und Gefolgsleuten.
Obwohl der verabredete Zeitpunkt nicht mehr fern war, ließen sich Isolder und seine Sekundantin, Captain i. R. Astarta, noch nicht blicken. Deutlich beunruhigt wegen dieses Verstoßes gegen die Etikette konnte Tenel Ka kaum einen Moment stillhalten.
Leia spürte die Erregung der jungen Jedi über die Entfernung hinweg. Hier bei der Festung hatten sie, Jacen, Jaina und Chewies Neffe Lowbacca den Fleisch fressenden Meerespflanzen getrotzt und das Komplott von Botschafterin Yfra aufgedeckt, die versucht hatte, mithilfe von Bartokk-Attentätern die Monarchie zu stürzen. An diesem Ort hatte Tenel Ka auch schließlich den Punkt erreicht, an dem sie die Verstümmelung akzeptierte, die Jacen ihr zugefügt hatte, und sich entschlossen, lieber mit ihrem Armstumpf als mit einer Prothese zu leben.
Während die Erinnerung an das, was Jacen ihr erzählt hatte, von den Sorgen um die Gegenwart verdrängt wurde, bemerkte Leia, wie Tenel Ka zu einem der von Hecken gesäumten Pfade aufsah, die hinauf zum Fort führten. Einen Augenblick später erschien Ta’a Chume. Ihr ergrauendes kastanienbraunes Haar wallte unter einem hohen kegelförmigen Hut hervor, an dem ein dreieckiges Stück weißen hauchdünnen Stoffes befestigt war, welches die untere Hälfte ihres Gesichtes bedeckte. Obwohl Tenel Ka sich sehr für den Erhalt der hapanischen Monarchie eingesetzt hatte, ließ sich die frühere Matriarchin nicht dazu herab, ihrer Enkelin die Entscheidung zu verzeihen, sich den Jedi anzuschließen, anstatt die nächste Königinmutter zu werden.
Ta’a Chume beobachtete, wie Tenel Ka auf Abstand zu ihr ging, dann drehte sie sich um, entdeckte Leia, raffte ihr langes Gewand und eilte auf sie zu.
»Haben Sie gut geschlafen, Botschafterin?«, erkundigte sie sich, während sie näher trat.
»Das würde ich gern sagen, aber leider habe ich kein Auge zugetan.«
»Die Sache mit dem Duell«, meinte Ta’a Chume geringschätzig. »Machen Sie sich nicht zu viele Sorgen.«
Leia starrte ihr in die grünen Augen. »Sind Sie so zuversichtlich, was Ihren Sohn betrifft?«
»Sie etwa nicht?«
»Selbst die Besten werden manchmal übertroffen, Ta’a Chume.«
Die frühere Königinmutter musterte sie eingehend. »Da muss ich mich doch fragen, worauf Sie anspielen. Auf Ihren Vater möglicherweise, der von Ihrem Bruder übertroffen wurde, oder auf meinen Sohn, den dieser Schmuggler ausstach, der mit Ihrer Hilfe zum Helden wurde.«
Diesen Köder wollte Leia nicht schlucken. »Isolder hätte sich nicht provozieren lassen dürfen.«
»Nur, meine Teure, was blieb ihm anderes übrig, nachdem Thane Sie beleidigt hatte?«
»Er hätte mir die Antwort überlassen sollen.«
In den Augenwinkeln von Ta’a Chume bildeten sich Falten. »Meine liebe Leia, hier auf Hapes erwartet man von den Damen, dass sie sich nicht wie Krieger aufführen, sondern mit anderen Rollen vorlieb nehmen. So war es seit den Gründertagen des Konsortiums. Beschweren Sie sich bei den Lorell-Räubern, weil sie uns auf das Postament gehoben haben.«
»Ich bin keine hapanische Dame, Ta’a Chume. Und man hat mir schon üblere Dinge unterstellt, als eine Lügnerin zu sein.«
»Gewiss.«
Leia fuhr hoch, verlor jedoch nicht die Beherrschung. »Ich mache mir eigentlich weniger Sorgen um die Verteidigung meiner Ehre als vielmehr um die Einheit der Konsortium-Welten.«
Ta’a Chume gab einen verdrossenen Seufzer von sich. »Ohne Ehre gibt es keine Einheit, Leia. Und da wir gerade von Ehre und Unehre sprechen, wollte ich mich nach Ihrem bezaubernden Schurken von Ehemann erkundigen. Warum begleitet er Sie eigentlich nicht?«
Leia hielt Ta’a Chumes bohrendem Blick stand. »Han widmet sich auf seine ganz eigene Art dem Krieg.«
»Welch rätselhafte Antwort.« Ta’a Chume senkte die Stimme verschwörerisch. »Ich hoffe doch, es gibt keine Schwierigkeiten im trauten Heim.«
»Überall gibt es Schwierigkeiten. Deshalb bin ich hier.«
»In der Tat.« Ta’a Chume schwieg einen Augenblick, ehe sie hinzufügte: »Seit Ihrer Ankunft auf Hapes wollte ich Ihnen die ganze Zeit sagen, wie sehr ich mich in Ihnen getäuscht habe.«
Leia wartete.
»Anders als die Hexentochter von dieser Dathomiri« – sie schaute in Richtung von Tenel Ka – »haben Sie sich dagegen entschieden, eine Jedi zu werden.«
Nun musste sich Leia in Erinnerung rufen, dass sie sich mit einer Frau unterhielt, die nicht nur die Ermordung ihres ältesten Sohnes sowie Isolders erster Liebe angeordnet hatte, sondern deren Mutter die Jedi fast mit ebensolcher Inbrunst gehasst hatte wie Palpatine. Isolders Großmutter hatte die Auslöschung der Jedi gewünscht, wenn auch nur, um die Auferstehung dessen zu verhindern, was sie als eine Oligarchie von Zauberern und Auralesern betrachtet hatte.
»Tenel Ka hat eine weise Entscheidung getroffen«, sagte Leia schließlich, »und Ihr Sohn ebenfalls. Teneniel Djo passt vorzüglich zu Isolder.«
Ta’a Chume schüttelte den Kopf. »Nein, meine Liebe. Diese Heirat hat nur Schwierigkeiten gebracht. Gerüchten zufolge will Teneniel Djo nach Dathomir zurückkehren.«
»Tut mir Leid. Ich wusste nicht…«
»Sie dagegen hätten vorzüglich zu meinem Sohn gepasst. Er nimmt an diesem Duell teil, um mir zu demonstrieren, dass ein Mann durchaus die Initiative ergreifen kann, und um Ihnen zu beweisen, dass seine Zuneigung für Sie nicht weniger geworden ist. Aus diesem Grunde können Sie sich, ganz unabhängig vom Ausgang des Duells heute, darauf verlassen, meine volle Unterstützung zu haben, wenn es um ein Bündnis zwischen dem Konsortium und der Neuen Republik gegen die Yuuzhan Vong geht.«
Leia hatte sich noch immer nicht von dieser unerwarteten Enthüllung erholt, als Isolder, Teneniel Djo und Astarta eintrafen.
»Typisch für ihn«, sagte Ta’a Chume. »Er erscheint stets im allerletzten Augenblick.«
Nach dem Prinzen kamen seine Gefolgsleute und Duellbeobachter, unter ihnen auch C-3PO, der sich sofort zu Leia gesellte.
»Mistress Leia«, begann der Droide aufgeregt, »ich hatte gehofft, Sie würden es sich ersparen, Prinz Isolder dabei zuzusehen, wie er an einem solch antiquierten und unsinnigen Schauspiel teilnimmt, das man nur als Politik der Hackordnung bezeichnen kann.«
Leia blickte ihn stirnrunzelnd an und dachte an Corran Horns Duell mit dem Kommandanten Shedao Shai von den Yuuzhan Vong auf Ithor. »Als die Beleidigte konnte ich kaum durch Abwesenheit glänzen, C-3PO.«
»Aber, Mistress«, ließ C-3PO nicht locker, »haben Sie eine Ahnung, was Prinz Isolder und Archon Thane jetzt tun werden?«
Sie warf einen Blick auf den Rasen, wo Thanes Sekundanten mit Astarta die Regeln besprachen, während der Archon und der Prinz bereits die mit Sensoren und Elektroden ausgestattete Kopfbedeckung, die Energiehandschuhe, Stiefel und Körperpanzer anlegten, die ein fester Bestandteil der Duellausrüstung waren.
»Ich habe eine Ahnung«, antwortete Leia.
Der Droide legte den Kopf schief und flatterte mit den steifen Armen. »Dann sollten Sie erst recht darauf verzichten, dabei zuzuschauen. Diese Form des Kampfes Mann gegen Mann hat ihre Ursprünge in einer Kriegskunst, die von den Lorell-Räubern entwickelt wurde, als deren vorrangige Beschäftigung noch in der Jagd auf und dem Handel mit Frauen bestand. Während dieses Ritual vielleicht nicht so tödlich oder so mystisch verklärt ist wie Teräs Käsi – die ›Stahlhand‹-Technik, die von den Jüngern Palawas im Pacanth-Sternhaufen im Äußeren Rand gelehrt wurde – ist nichtsdestoweniger…«
Leia brachte ihn abrupt zum Schweigen. »Isolder hat zwei Jahre als Freibeuter gelebt«, sagte sie leise. »In der Zeit hatte er bestimmt die eine oder andere Finte gelernt.«
»Aber, Mistress…«, erwiderte C-3PO frustriert.
Erneut gebot sie ihm mit einer Geste Stillschweigen, weil sie hören wollte, was Isolder gerade auf dem Rasen zu Thane sagte.
»Sollten Sie diesen Kampf gewinnen, haben Sie nicht nur Ihre Ehre wieder hergestellt, sondern auch das Recht erworben, mit einem Sieg über den Prinzen von Hapes zu prahlen. Sollte ich gewinnen, bringt mir das nicht mehr ein als das Recht, von Ihnen zu verlangen, meine Tochter und die Botschafterin Organa Solo um Verzeihung zu bitten.«
Thane grinste ihn höhnisch an. »Wenn Sie die Angelegenheit für sich versüßen möchten, sagen Sie es nur, Prinz Isolder.«
Isolder schob die rechte Hand in den Energiehandschuh und überprüfte die Beweglichkeit seiner Finger. »Für den Fall meines Sieges wünsche ich mir von Ihnen das Versprechen, dass Vergill für die Unterstützung der Neuen Republik eintritt.«
Die Duellbeobachter schnappten nach Luft. »Solche Vereinbarungen sind nicht gestattet!«, rief jemand.
»Keiner von Ihnen hat das Recht dazu!«, fügte ein anderer hinzu.
Thane dachte darüber nach, während weitere Protestrufe folgten. »Sie haben mein Wort«, sagte der Archon schließlich. »Vorausgesetzt, Hapes wird seine Unterstützung versagen, wenn Sie verlieren.«
»Sie bringen Unehre über all unsere Häuser!«, rief einer der Duellbeobachter.
Isolder nickte. »Mein Wort darauf.«
Leias Herz begann zu rasen.
Ta’a Chume neben ihr sagte: »Darauf hat Thane es die ganze Zeit angelegt. An dem, was Hapes macht, orientiert sich die Hälfte des Konsortiums.« Sie blickte Leia an. »Sehen Sie, welche Verantwortung mein Sohn für Sie auf sich nimmt?«
Auf dem Kampfplatz hielt der oberste Schiedsrichter ein rotes Tuch über den Kopf und ließ es zu Boden fallen. Es hatte kaum den längsten Grashalm berührt, da begann der Kampf.
Der hapanischen Tradition nach ging einem Ehrenduell wenig Tamtam und noch weniger Vorspiel voraus. Leia begriff nun, dass es weitaus wichtiger war, ob jeder der Zuschauer seine Wette gemacht hatte. Soviel sie den Unterhaltungen in ihrer Umgebung und natürlich Ta’a Chumes Erklärungen entnahm, galt Thane als Favorit.
Trotz seiner Aufregung, oder vielleicht gerade deswegen, hörte C-3PO nicht auf, Kommentare zu liefern, nachdem der Kampf begonnen hatte. Olmahk hingegen verfolgte das Schauspiel gebannt, saß am Rand des gepflegten Rasens in der Hocke und beobachtete aus den hervortretenden Augen Isolder und Thane, die sich umkreisten und den anderen mit testenden Tritten und Hieben ausloteten.
Wie Isolder war Thane groß und muskulös, hatte jedoch dicke Beine und breite Schultern, und deshalb wirkte der Prinz im Vergleich drahtiger. Aus den Bewegungen des Archon sprachen sowohl große Kraft als auch Geschicklichkeit, und er hatte nicht die Absicht, gleich zu Anfang zu verraten, wie gut er war. Er ging mit Doppel- und Dreierkombinationen von Tritten auf Isolder los, alle mit dem gleichen Bein, ohne den Fuß zwischendurch wieder abzusetzen.
Und seine Hände waren ebenfalls schnell.
Isolder wehrte die Hiebe geschickt ab, unternahm jedoch keine Gegenangriffe, da er offensichtlich noch nicht entschieden hatte, mit welcher Taktik er vorgehen sollte. Dennoch hatte Leia den Eindruck, beide kämpften lieber mit den Füßen, wobei Thanes Stil eher traditionelle Techniken aufgriff, während Isolder sehr direkt angriff.
Alle Anwesenden kannten die Regeln eines Ehrenduells, außer ihr und Olmahk, aber Leia verstand, dass Körperpanzer und Kopfgeschirr einen doppelten Zweck erfüllten. Zum einen dämpften sie die knochenbrechende Härte der Hiebe sowie die Elektroschocks der Handschuhe und Stiefel, zum anderen zeigten die Sensoren an, wann einer der Gegner einen Treffer gelandet hatte, der mit Punkten bewertet wurde.
»Was für ein entsetzlicher Anblick«, meinte C-3PO besorgt. »Und ich fürchte, es wird noch schlimmer werden, Mistress. Die meisten Duellanten erklären sich zum Verzicht darauf bereit, absichtlich ernsthafte Verletzungen herbeizuführen, doch der Prinz und der Archon haben diese Vereinbarung nicht getroffen!«
Leia versuchte, ihn zu ignorieren. Zur gleichen Zeit unterdrückte sie ihre Gedanken – Nein, nicht, Isolder! –, denn sie fürchtete, er könne sie durch die Macht hören und werde dadurch abgelenkt. Corran Horn hatte auf Ithor bewundernswerten Edelmut bewiesen, und doch hatte er den Planeten nicht retten können.
Mehrere Minuten lang ging der Kampf hin und her, ohne dass einer der beiden punkten konnte, obwohl die harten Hiebe, die sie aufeinander niederhageln ließen, wie gedämpfte Explosionen antiker Feuerwaffen klangen. Getroffene Hautstellen röteten sich und schwollen an. Ein Schlag von Isolder schleuderte Thane quer über den Rasen; ein frontaler Tritt vom Archon hob den Prinzen komplett von den Beinen. Dann punkteten beide in kurzer Folge nacheinander, als Isolder seine Deckung öffnete und einen Schlag an den Kopf erhielt, während er selbst einen mächtigen Hieb auf Thanes Rippen landete.
Die Zuschauer feuerten die zwei Recken enthusiastisch an, glücklicherweise fehlte es ihnen jedoch an der Blutrünstigkeit, auf die man an professionellen Kampfstätten so oft traf. Leise murmelten Teneniel Djo, Tenel Ka und einige der Berater beruhigende Sprüche.
Leia beruhigte sich, indem sie sich einredete, was sie jetzt sah, unterscheide sich gar nicht so sehr von den vielen Übungskämpfen mit Lichtschwertern, die sie beobachtet oder an denen sie sogar selbst teilgenommen hatte.
Isolder und Thane gingen abermals aufeinander los, und diesmal griff Isolder zuerst an, mit einer Links-rechts-Kombination der Fäuste. Thane duckte sich und erwartete offenbar einen Tritt von rechts, um zu spät zu begreifen, dass er auf eine Finte hereingefallen war. Isolder zog das Bein blitzschnell zurück und trat dem Gegner erneut in die Rippen. Thane verzog das Gesicht vor Schmerz und wich zurück, dennoch gelang ihm noch ein Tritt, der Isolder unvorbereitet erwischte.
Der oberste Schiedsrichter verkündete für beide einen Punkt. Da es nun zwei zu zwei stand und beide heftig keuchten, gab er bekannt, dass die Entscheidung nun durch Suddendeath fallen würde.
»Suddendeath?«, stöhnte C-3P0 alarmiert. »Suddendeath?«
Offensichtlich hatte Thane begriffen, wie Isolder seine Finte aufgebaut hatte. Wie zu Beginn bewegte er sich eher zurückhaltend, weniger aus Respekt vor Isolders Kühnheit, sondern um nicht auf dessen geschickte Täuschungen hereinzufallen.
Isolder blieb ebenfalls auf Abstand, weil er Thane dazu verleiten wollte, die Initiative zu ergreifen. Der Archon täuschte einen Hieb an, wirbelte herum und donnerte den rechten Fuß gegen Isolders Oberschenkel. Isolder drehte sich, um nicht die volle Wucht des Tritts abzubekommen, doch dann entfuhr ihm ein erschrockener Schrei, und ein jeder begriff, dass er beinahe außer Gefecht gesetzt worden wäre.
Das verletzte Bein brach unter ihm weg, er ging auf ein Knie und zielte mit durchgedrücktem Arm auf Thanes Leib. Der Archon sah den Hieb voraus, blieb knapp außer Reichweite stehen, dann zog er einen Fuß herum und ließ ihn in einer Kreisbewegung heruntersausen, um Isolders Unterarm zu zerschmettern und somit den Weg für einen frontalen Angriff frei zu machen. Doch Isolder zog den Arm zurück und rollte sich über die Schulter aus dem Weg. Er schoss in die Hocke hoch und warf sich auf Thane.
Der wich zurück, ließ die Arme kreisen, um Schläge und Tritte abzuwehren, dann trat er zur Seite, ließ eine Hand vorwärts schnellen und zielte mit dem Fuß auf Isolders Gesicht.
Isolder duckte sich, packte Thanes Unterschenkel mit der Zange, die er mit den gekreuzten Unterarmen bildete, und drückte sich mit den Schenkeln hoch, um den Gegner nach oben zu reißen. Thanes Standbein verlor auf dem Gras den Halt, und der Archon ging der Länge nach zu Boden.
Der Prinz verlor keine Zeit, drehte sich und trat nach hinten. Aber Thane kreiselte auf den Schultern und hätte beinahe Isolder von den Füßen gefegt. Beide sprangen auf, wechselten einen Hagel von Tritten und Schlägen. Durch die salzige Luft hallten dumpfe Knalle, während die zwei einander gegenseitig die Luft aus den Lungen trieben.
Thane traf Isolder mit dem rechten Fuß am linken Unterarm knapp über der Kante des Handschuhs, und Leia war sicher, sie habe das Krachen eines brechenden Knochens gehört. Auf einmal dämmerte ihr, dass Suddendeath vielleicht wörtlich zu nehmen war: plötzlicher Tod.
Überrascht, weil keiner der beiden gepunktet hatte, wurden die Zuschauer lauter, feuerten die Kämpfenden eindringlicher an. Leia hörte Captain Astartas Stimme aus dem Tumult heraus, wie sie Isolder zurief, er sollte seine Konzentration wiederherstellen. Nur Leia und Ta’a Chume standen schweigend und offensichtlich voller Sorge da.
Mit einem kräftigen Hüpfer wich Isolder zurück, um seinen verletzten Arm aus dem Spiel zu bringen, und ging zum Gegenangriff über. Thanes riesige Faust traf ihn an der Schläfe, doch der Archon musste dafür einen Tritt gegen das Knie einstecken.
Offensichtlich war Thane daran gewöhnt, gegen gleichgroße Gegner anzutreten, und Isolder nutzte diesen Umstand aus. Immer wieder wehrte er Thanes Fuß mit dem Oberarm oder der Schulter ab, oder es gelang ihm, den Kopf zu ducken und so dem Schlag auszuweichen. Allmählich wirkte Isolder müder und müder. Da er nicht mehr viel aufbieten konnte, was er nicht schon versucht hatte, brachte er nochmals eine Links-rechts-Kombination, auf die ein abschließender Schwingertritt folgen mochte.
Leia stockte der Atem. Der Prinz setzte alles auf eine Karte. Thane musste entscheiden, ob Isolder erneut eine Finte ausprobierte oder den Tritt diesmal ausführen würde. Es lief alles darauf hinaus, ob Thane glaubte, dass Isolder ein solcher Narr war, alles zu wagen – seinen Ruf, Thanes Versprechen, Seite an Seite mit Hapes gegen die Yuuzhan Vong zu marschieren, vielleicht sogar den Respekt vor der königlichen Familie und vor Leia –, und zwar indem er den gleichen Trick versuchte, der schon in der ersten Runde nicht gelungen war.
Thane bereitete sich auf eine Finte und einen Gegenschlag vor. Isolder ließ ihn glauben, er habe sich richtig entschieden – indem er kurz innehielt, wodurch seine Kombination wie eine Täuschung erschien –, um dann den beabsichtigten Schwinger auszuführen.
Die Wucht des Aufpralls machte klar, dass Isolder mit diesem Tritt den Kampf hatte beenden wollen. Trotzdem übte er mehr Zurückhaltung, als Thane vermutlich hätte walten lassen. Der Schlag des Stiefels an den Kopfschutz hallte von den schwarzen Felsen wider, die die Küste zierten, und der oberste Schiedsrichter hatte bereits die Hand gehoben, um den Siegerpunkt anzuzeigen, ehe Thane noch auf dem Boden gelandet war.
Wetteinsätze wechselten den Besitzer, während die beiden Gegner sich voreinander verbeugten. Angesichts der Höhe der Wetten waren manche der Duellbeobachter außer sich vor Wut, und rings um den Rasen kam es zu Streitigkeiten.
Der erfolgsverwöhnte Isolder verzichtete darauf, seinen Sieg großartig zur Schau zu stellen. Selbst die üblichen Umarmungen von Gemahlin und Tochter entlockten ihm kaum ein Lächeln. Archon Thane gratulierte zähneknirschend, aber Leia bemerkte sehr wohl, dass zwischen dem Hause Thane und dem Hause Isolder kein dauerhafter Friede herrschen würde.
Im Augenblick war das allerdings nebensächlich. Thanes Niederlage bedeutete eine Stimme mehr für die Neue Republik.
Der Archon und seine Sekundanten stürmten davon, doch ehe sie den Rand des Rasens erreichten, änderte Thane die Richtung und trat auf Leia zu.
Sie richtete sich auf.
»Botschafterin, ich werde mich förmlich entschuldigen, wenn die Repräsentanten des Konsortiums über mögliche Hilfe für die Neue Republik abstimmen«, begann er. »Sie können sich darauf verlassen, dass ich mein Versprechen halte und zu Prinz Isolder stehe.« Obwohl er nicht wollte, zog er eine finstere Miene. »Im Moment möchte ich Sie nur beglückwünschen, weil es Ihnen gelungen ist, das Konsortium einen Schritt näher an das heranzuführen, was sich mit Sicherheit als Katastrophe erweisen wird.«