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Das Tempo der martialischen Marschmusik, mit dem der Oberste Kommandant Nas Choka an Bord des Kriegsschiffes Yammka willkommen geheißen wurde, gaben Krieger mit Trommeln vor, doch die Melodie wurde von einer Menagerie aus genmanipulierten Insekten und Vögeln erzeugt, die auf ihren Plätzen in Käfigen oder auf Stangen summten, trompeteten und pfiffen.
Riesige transparente Flächen lockerten die obsidianschwarze Monotonie der Steuerbordwand auf und boten freien Blick auf die vor dem Hintergrund der Sterne ankernde Flotte und auf die Hutt-Welt Runaway Prince, die gerade zur Zucht von Yorikkorallen, Villip-Sträuchern und anderen kriegsnotwendigen Organismen umgestaltet wurde. Zu den Schiffen, die aussahen wie Asteroiden, Seeungeheuer oder facettierte Cabochons, hatte sich eine noch massivere und düsterere Spezies gesellt: eine abgeflachte Steinkugel, die schwarz glänzte, aus deren dichtem Zentrum sich ein halbes Dutzend Arme spiralförmig ausbreiteten wie das finstere Ebenbild der Galaxis, die die Yuuzhan Vong zu erobern entschlossen waren.
Der Oberste Kommandant Choka schwebte mit seinen Kommandanten und Subaltern-Offizieren auf Dovin-Basal-Kissen in einiger Höhe über das Deck. Ihnen flogen vier kleinere Kissen voraus, deren unterwürfige Lenker von Flatterern abgeschirmt wurden – lebenden Kreaturen, die viereckigen gemusterten Tüchern ähnelten. Rechts und links von der eintreffenden Gruppe standen fünftausend Krieger mit Amphistäben und Coufees bewaffnet.
Zusammengedrängt auf engstem Raum an der Steuerbordseite kauerten zweihundert Gefangene von Gyndine, die bereits für das Opfer gereinigt waren. Knöcherne Wucherungen an Kehlkopf und Mündern hinderten sie daran, ihre Angst laut herauszuschreien.
Hinter Choka marschierten die Soldaten seines eigenen Kommandos, deren präzise Stiefeltritte einen knöcheltiefen Teppich von braunen Blumen zermalmten, deren Aroma – verteilt durch das rhythmische Schlagen von Flügeln – die Insekten zu ihrem Lied angeregt hatte. Das an- und abschwellende Zirpen erzeugte Harmonien einer geisterhaften Tonleiter. Im einen Augenblick war der Marsch hitzig und inspirierend, im nächsten wurde er zum getragenen Klagelied.
Gegenüber der Ankunftsbucht und am anderen Ende des widerlich parfümierten Paradegangs wartete Kommandant Malik Carr mit seinen wichtigsten Offizieren, einer Gruppe von Priestern und, ein wenig abseits, dem Exekutor Nom Anor, alle in der vollen Pracht ihrer Tätowierungen und Modifikationen.
Während sich der Zug der Elitesoldaten dem Podest näherte, verstummten Trommeln und Insektenstimmen, und Malik Carr trat an den Rand der erhöhten Plattform.
»Willkommen, Oberster Kommandant Choka«, krähte er mit seiner verstärkten Stimme, die von der gewölbten Decke und den trommelfellartigen Schotten widerhallte. »Die Yammka und alle, die sich hier versammelt haben, unterstehen Ihrem Befehl.«
Ein grimmiges Grollen erfüllte den Frachtraum. Gleichzeitig schlugen zehntausend Fäuste als Salut an die jeweils gegenüberliegende Schulter.
Der Oberste Kommandant Choka, der militärische Kommandant des jüngst eingetroffenen spiralarmigen Weltenschiffs, begab sich von dem Dovin-Basal-Kissen zu einem erhöhten Platz in der Mitte des Podestes. Während die vier voranfliegenden Schwebekissen sich nun hinter ihm aufreihten, stellten sich Priester, Gestalter und andere auf dem Boden zu beiden Seiten auf. Erst nachdem sie sich gesetzt hatten, folgte Malik Carr mit seinem Kontingent. Auf dem Deck geboten die Krieger ihren Amphistäben, sich um die bloßen rechten Arme zu rollen, gingen zeremoniell auf ein Knie nieder und neigten ehrerbietig die Köpfe.
Das Trommeln und Zirpen wurde fortgesetzt und wirkte gleichermaßen auf den Körper wie auf das Ohr ein. Nach fünf lauten Fanfarenstößen setzte ein Teil der Insekten aus; doch sofort fielen andere Insekten ein, wie als Echo. Dann, als Choka einen schlangenförmigen Stab hob, kehrte in dem Schiffsraum eine unnatürliche Ruhe ein.
»Ich bringe Grüße vom Kriegsmeister Tsavong Lah«, verkündete er. »Er lobt euch für die Arbeit, die ihr geleistet habt, um den Weg zu bereiten, und er freut sich auf die Zeit, wenn er sich im Kampfe zu euch gesellen kann.«
Chokas bescheidene Statur minderte seine Macht nicht. Mit schmaler Hüfte, aber starken, muskulösen Beinen saß er steif auf dem geschnitzten Stuhl aus polierten Korallen wie eine Statue, während schwarz gefiederte Flugtiere die Luft um ihn herum mit ihren großen Flügeln bewegten, um ihm Kühlung zu verschaffen. Gesichtstätowierungen, die abgeflachte Nase und die nach unten geschwungenen Augen – über großen, bläulichen Tränensäcken – verliehen ihm ein majestätisches Aussehen. Das schlichte Gewand setzte sich vom blutroten Kommandantenmantel ab, der ihm von den Schultern fiel, und protzige Ringe schmückten seine Finger, Handgelenke und Oberarme. Das vollkommen schwarze Haar war streng aus der fliehenden Stirn nach hinten gekämmt und reichte fast bis zur Taille.
»Ich möchte euch ebenfalls zu eurer erfolgreichen Ernte gratulieren«, fuhr er nach einer kurzen Pause fort. »Ihr habt eure Pflicht erfüllt. Eure Gefangenen von Obroa-skai, Ord Mantell und Gyndine werden eure Verdienste mit Blut weihen. Aber bevor wir das Opfer begehen und von Kommandant Malik Carr mehr über den Stand der Invasion erfahren, wollen wir den Moment nutzen und einige von euch für ihre herausragenden Taten ehren.«
Der Hohepriester, der Choka begleitete, erhob sich und ergriff das Wort.
»Wir danken den Göttern, weil sie uns in dieses gelobte Reich geführt haben. Möge es durch das Blut, welches ihr vergossen habt, gereinigt und geläutert werden, damit der Höchste Oberherr Shimrra kommen kann. Wir ehren die Götter mit dem nährenden Saft, der in uns fließt, damit sie gedeihen und uns gewähren, dass wir ihre Schöpfung fortführen können. In allem, was wir tun, eifern wir ihnen nach und huldigen ihnen.«
Der Priester wandte sich den Kissen zu, die hinter Choka schwebten, und machte eine Handbewegung. Die Flatterer hoben ab und enthüllten vier Meter hohe religiöse Statuen. Die erste stellte Yun-Yuuzhan dar, den Kosmischen Herrn, und ihm fehlten jene Körperteile, aus denen er die niederen Götter und die Yuuzhan Vong erschaffen hatte. Die zweite und dritte Statue repräsentierten Yun-Yammka, den Mörder, und Yun-Harla, die Verhüllte Göttin. Die vierte und unverkennbar groteskeste bildete Yun-Shuno nach, die vieläugige Schutzgottheit der »Beschämten« – jener, deren Körper lebende Implantate abgestoßen hatte, entweder wegen einer Schlamperei vonseiten der Präparatoren oder wegen übertriebenen Ehrgeizes des Kandidaten.
Chokas untergeordnete Kommandanten erhoben sich nun.
»Subaltern-Offizier Doshao«, begann der Priester, »für seine Heldentaten auf der Welt namens Dantooine. Subaltern-Offizier Sata’ak, für seine Heldentaten auf der Welt namens Ithor. Subaltern-Offizier Harmae für seine Heldentaten auf der Welt namens Obroa-skai. Und Subaltern-Offizier Tugorn sowohl dafür, dass er uns die Welt namens Belkadan bestellt hat, als auch für seine Heldentaten auf der Welt Gyndine.« Er hielt kurz inne und fügte dann hinzu. »Tretet vor und lasst euch erhöhen!«
Während die vier Offiziere von niederem Dienstgrad auf das Podest stiegen, kam aus Nischen im Thron ein Quartett von Implantierern. Als die Kandidaten sich in einer Reihe vor dem Höchsten Kommandanten aufgestellt hatten, nahmen die Implantierer hinter ihnen ihre Position ein.
Die Implantierer waren eine Variante jener Wesen, die Gefangene mit verkrüppelnden Wucherungen versahen, klein, grau und sechsbeinig. Wie ihre Verwandten waren sie mit traubenförmigen optischen Organen und vier Anhängseln ausgestattet, mit denen sie höchst effizient durch Fleisch schneiden oder Korallen in offene Wunden einarbeiten konnten. Aber während der Verkalker dabei Stücke von sich selbst verarbeitete, brachte der Implantierer alle notwendigen Verstärkungen für die rituelle Erhöhung mit. Jeder der vier, die jetzt langsam die nackten Rücken der Offiziere hinaufkletterten, hatte zwei Finger lange Hörner aus Korallen, deren scharfe Spitzen eine leichte Hakenform aufwiesen.
Die Implantierer begannen nicht mit ihrer Arbeit, ehe sie sich im Nacken der Offiziere festgekrallt hatten, an einer Stelle, von der aus sie beide Schultern erreichen konnten. Mit dem schärfsten ihrer Anhängsel schnitten sie tief in die obersten Schultermuskeln bis auf die Knochen durch, die einen Teil des Kugelgelenks bildeten. Als die Kerben fertig waren und die Akolythen das fließende Blut in Schüsseln gesammelt hatten, schoben die Implantierer die hakenförmigen Hörner in die Wunden und brachten eine harzige Absonderung ein, die sie produzierten, um die Hörner an die Schulterknochen zu schweißen und die Wunden zu schließen. Zur gleichen Zeit kroch eine schneckenähnliche Ngdin auf gewundenem Pfad zwischen den Füßen der Kandidaten umher und saugte auf, was die Akolythen an Blut nicht aufgefangen hatten.
Obwohl der Schweiß in Strömen floss und die Beine zitterten, gab keiner der jungen Offiziere einen Schmerzenslaut von sich oder verzog auch nur die Miene. Mit ihrer Selbstbeherrschung zufrieden gab Choka vier seiner Adjutanten ein Zeichen, die nach vorn eilten und sauber gefaltete verschiedenfarbige Kommandantenmäntel brachten.
Inzwischen hatten die Akolythen die mit Blut gefüllten Schüsseln dem Priester übergeben, und während er deren Inhalt über die Statuen tröpfeln ließ, entfalteten Chokas Adjutanten die Mäntel und hängten sie an die gerade erst implantierten Hörnerhaken.
Die Trommler gaben einen kurzen Wirbel zum Besten und verstummten wieder.
»Sie sind nun erhöht und neu erschaffen«, verkündete Choka.
»Und da Sie jetzt den Kommandantenmantel tragen, wird man Ihnen Ihre eigenen Schiffe geben, Ihre eigenen Sektoren und Sie damit beauftragen, die Bevölkerung, die Sie in Ihren Gebieten vorfinden, zu beaufsichtigen und umzuschulen.«
»Zum Ruhme der Götter!«, riefen Krieger und Offiziere wie aus einer Kehle.
Choka beobachtete, wie die beförderten Krieger das Podest verließen, dann wandte er sich Malik Carr zu. »Eine Angelegenheit hätten wir noch zu erledigen, Kommandant, bevor wir fortfahren.« Er blickte an Malik Carr vorbei zu Nom Anor. »Treten Sie vor, Exekutor.«
Nom Anor, der pompöser als alle anderen Anwesenden gekleidet war, erhob sich und ging langsam über die Plattform. Vor Nas Choka neigte er den Kopf zu einem Nicken. Als Angehöriger der Verwalterkaste – wenn auch im niedrigsten Rang – war er nicht verpflichtet zu salutieren.
»Da Sie und ich nicht dem gleichen Orden angehören, bin ich nicht bevollmächtigt, Sie zu erhöhen. Aber nehmen Sie bitte dies zur Kenntnis, Exekutor: Wäre mir die Befugnis gegeben, würde ich Sie degradieren und nicht befördern.«
Deutlich verblüfft erwiderte Nom Anor nichts, obwohl sein Mund mehrmals in rascher Folge zuckte.
»Ihre Handlungen, Exekutor, wurden aufmerksam beobachtet und viel diskutiert, und an Shimrras Hof trifft man häufig die Meinung an, dass Sie den Kurs verlassen haben, den man Ihnen angewiesen hat. Zunächst haben Sie sich mit den Praetorite Vong verbündet, die offensichtlich glaubten, sie könnten eine Invasion dieser Größe anführen, ohne tragische Verluste zu erleiden.«
»Ich bin kein Bündnis mit ihnen eingegangen«, erwiderte Nom Anor. »Meine Anweisung bestand darin, die Neue Republik auf jede mögliche Weise zu destabilisieren. Genau das habe ich bei den Imperialen Muftis getan, und auch im osarianischen System, und seitdem – unter verschiedenen Masken – in einem halben Dutzend anderer Systeme.«
Choka starrte ihn mit stechendem Blick an. »Wer hat den Praetorite Vong geholfen, sich einen Yammosk zu verschaffen – und einen mangelhaften noch dazu?«
Nom Anor schluckte heftig. »Vielleicht habe ich etwas erwähnt…«
»Sie haben sie gefördert.«
»Vielleicht, wenn man die Sache aus einem bestimmten Blickwinkel betrachtet.«
»Reden Sie sich nicht heraus, Exekutor. Ihnen ist es zwar gelungen, sich von Präfekt Da’Gara und den anderen zu distanzieren und damit zu vermeiden, dass Sie den Preis zahlen, mit dem Sie eigentlich für Ihre Fehlkalkulation büßen müssten, aber dass Sie den Plan eingefädelt haben, der schließlich mit dem Tod der Priesterin Elan endete, der Tochter des Hohen Priesters Jakan – der, das möchte ich hinzufügen, höchst unzufrieden mit Ihnen ist –, werden Sie ja wohl nicht leugnen.«
»Für den Tod von Elan oder ihres Maskottchen Vergere gibt es bislang keine unwiderlegbaren Beweise. Und selbst wenn, kann man mir die Verantwortung für ihr Schicksal nicht zuschieben.«
»Sie übernehmen nicht die Verantwortung dafür, Agenten eingestellt zu haben, die ohne Befehle ihrer Vorgesetzten handeln?«
Nom Anor legte mehr Nachdruck in seine Stimme. »Meine Agenten haben sich bemüht, mir – uns – einen Gefallen zu tun, indem sie Elan zurückholten. Ich habe nichts von ihren Absichten geahnt, bevor es zu spät war.«
»Stimmt es, dass Elan den Auftrag hatte, eine Anzahl Jeedai-Ritter zu töten?«
»Das stimmt.«
In Chokas Stimme erklang nun Neugier. »Warum sind Sie so von den Jeedai fasziniert, Exekutor? Ich zum Beispiel halte sie keineswegs für eine ernsthafte Bedrohung unserer Eroberung.«
»Nicht die Jedi selbst stellen die Bedrohung dar, sondern vielmehr die Macht – die mystische Kraft, die sie verkörpern.«
»Die Macht ist nicht mehr als eine Idee«, entgegnete Choka laut, »und eine Idee löscht man am besten aus, indem man sie durch eine andere ersetzt, durch eben eine solche, wie wir sie mitbringen.«
Nom Anor riskierte ein gönnerhaftes Schnauben. »Wenn Sie das sagen, Oberster Kommandant.«
Choka blickte ihn finster an. »Nun erfahre ich von Kommandant Malik Carr, dass Sie eine wichtige Rolle dabei gespielt haben, den Gehorsam dieser Kreaturen zu gewinnen, die in diesem Raum leben – dieser Hutts.«
Nom Anor kniff sein eigenes Auge zusammen. »Die Hutts sind von entscheidender Bedeutung für einen Plan, den Kommandant Malik Carr und ich entwickelt haben, um der Neuen Republik eine bedeutende Niederlage zuzufügen. Im Prinzip« – er neigte den Kopf zur Seite – »sind Sie genau in einem verheißungsvollen Augenblick eingetroffen, weil ein Teil dieses Planes kurz vor der Durchführung steht. Wenn Sie uns die Ehre erweisen würden, uns in die Schlacht zu begleiten, könnten Sie mit eigenen Augen beobachten, welche Strategie wir verfolgen, um die Kernwelten vor der Ankunft des Kriegsmeisters Tsavong Lah zu erobern.«
Choka nahm sich einen Moment Zeit, um die Konsequenzen einer solchen Aktion abzuwägen, dann grunzte er bejahend. »Ich werde mitkommen. Doch möchte ich Sie warnen, Exekutor, vor den Gefahren des Ehrgeizes. Offensichtlich sind Sie auf Erhöhung aus, aber auf dem Weg zum Rang des Konsuls, geschweige denn zum Präfekten, gibt es keine Abkürzungen.« Er deutete über seine Schulter. »Suchen Sie Rat bei Yun-Shuno, Exekutor. Erhöhung wird nur jenen gewährt, die ihre Pflichten im Dienste an den Göttern erfüllen. Sie scheinen mir zu Ihrem eigenen Besten zu handeln, als hätten Sie ein persönliches Interesse an den Ergebnissen.« Er beugte sich leicht vor. »Oder ist es diese Galaxis, Exekutor, und der heidnische Glaube ihrer Bevölkerung, die einen solch zersetzenden Einfluss auf Sie haben?«
Nom Anor hielt seinem Blick stand und wünschte nur, er hätte das Gift spritzende Plaeryin Bol in seine leeren Augenhöhlen gesetzt. »Mir ist einzig an dem gelegen, was diese Galaxis den Yuuzhan Vong einbringen kann.« Er warf Malik Carr einen Blick zu. »Mit allem Respekt, Kommandant, unsere Arbeit wartet.« Malik Carr nickte Choka zu. »Er spricht die Wahrheit.« Der Oberste Kommandant verschränkte die Arme. »Dann wollen wir die Opferungen begehen und sehen, was Kommandant Malik Carr und Exekutor Nom Anor sich für uns ausgedacht haben.« Er zeigte auf die Gefangenen. »Bringt sie nach vorn. Indem wir sie opfern, unterstützen wir den Exekutor vielleicht dabei, jenen Sieg zu erringen, den er so dringend braucht.«