24

 

Han gab sich alle Mühe, nicht zu ertrinken. Seine Lungen brannten, und er brach durch die tosende Oberfläche des schlammigen Wassers nach oben, spuckte und schlug wild mit den Armen, um nicht wieder unterzugehen. Der Wasserstand im Abflusskanal war rasch angestiegen.

Aus den granitfarbenen Wolken regnete es ohne Unterlass, die Tropfen schlugen Han ins Gesicht und behinderten seine Sicht. Er paddelte heftig mit der einen Hand, legte die andere wie einen Trichter an den Mund und rief nach Droma, bekam jedoch keine Antwort. Ein lautes Klatschen brachte ihn dazu, sich umzudrehen. Hinter ihm kam der Landgleiter, aus dem sie herausgeschleudert worden waren, näher und tanzte aufrecht auf den Wellen.

Die Enge des Grabens arbeitete gleichzeitig für und gegen ihn. Obwohl er befürchten musste, dass der Landgleiter ihn mit seiner eingedrückten Schnauze zermalmen würde, hielt er auf die glatte Mauer an der Ostseite des Kanals zu. Dort gelang es ihm, seine Geschwindigkeit ein wenig abzubremsen, wodurch der Landgleiter aufholte und auf ihn zu trieb. Dann hangelte sich Han auf die Haube, zog sich zur Fahrertür und wälzte sich ins Innere, wo Regen und Getreide sich zu einem zähen Brei vermengt hatten. Er richtete sich, von Kopf bis Fuß mit dem klebrigen Schleim überzogen, im Fahrersitz auf und betätigte mehrmals den Starter des Repulsortriebwerks, doch durch den Aufprall war das Zündsystem beschädigt worden. Also beugte er sich vor, packte den Rahmen der einziehbaren Windschutzscheibe und suchte das aufgewühlte Wasser nach Droma ab, dessen Schwanz er schließlich entdeckte, weil er wie ein Flaggenmast aufrecht aus dem Wasser ragte.

Ehe Han seinem Gefährten etwas zurufen konnte, wurde der Gleiter über ein Schleusentor geschoben und rutschte über mehrere Staustufen nach unten, weil sich der Kanal der an dieser Stelle terrassenförmigen Landschaft anpasste. Droma verschwand in den Strudeln, tauchte erneut auf und gleich wieder unter. Schließlich hörte er Hans Ruf über das Prasseln des Regens und den Donnerhall hinweg, hob einen Arm und winkte panisch.

Vorsichtig balancierte Han durch das schwankende Gefährt, streckte Droma beide Hände entgegen und packte ihn, als er mit dem Gleiter vorbeitrieb. Das Gewicht des durchnässten Ryn hätte Han beinahe aus dem Wagen gerissen, aber Droma unterstützte ihn, indem er den Schwanz um die Kopfstütze des Rücksitzes schlang und sich selbst an Bord zog.

»Bei der nächsten Kreuzung kannst du mich rauslassen«, sagte er, fiel auf den Sitz und keuchte.

»Wie weit ist es noch bis zum Fluss?«, schrie Han.

»Der ist nah«, meinte Droma und richtete sich auf. »Ich bin nur froh, aus dem Wasser heraus zu sein…«

Ein anhaltendes Grollen verschluckte den Rest. Han blickte zum Himmel, dann legte er die Hand über die Augen und spähte über die tänzelnde Schnauze des Gleiters hinweg. Der Regen und die hohen Getreidehalme an beiden Seiten erschwerten es, viel von der Landschaft zu erkennen, doch schienen vor ihnen die Felder urplötzlich aufzuhören.

»Was ist das für ein Lärm?«, fragte Droma. Han fuhr zu ihm herum. »Du hast gesagt, laut Karte mündet der Kanal direkt im Fluss.«

Droma nickte unsicher.

»Denk genau nach: War es eine topographische Karte?«

Der Ryn zupfte grübelnd an seinem Schnurrbart. »Jetzt wo du es sagst, ja.«

»Und an der Stelle, wo der Kanal in den Fluss mündet, gab es jede Menge paralleler Linien?«

Nun riss Droma die Augen auf.

»Halt dich fest!«, schrie Han, während der Landgleiter sich schon nach vorn neigte.

Der Wasserfall war nicht tiefer als fünfzehn Meter, doch die starke Strömung katapultierte den Gleiter in die Luft, als er über die Kante ging. Für einen kurzen Moment sah es so aus, als würde das Fahrzeug mit der Schnauze voran in den angeschwollenen Fluss eintauchen, doch dann neigte sich die Spitze immer weiter, der Gleiter kippte, und der gesamte Inhalt samt Ladung landete im Wasser.

Han spannte seinen Körper an, fiel mit den Füßen voran nach unten und ließ sich ins Wasser gleiten. Über sich hörte er den Knall, mit dem der Landgleiter auf die Oberfläche des Flusses krachte. Er fürchtete schon, geradewegs unter dem umgekippten Fahrzeug aufzutauchen, doch glücklicherweise kamen er und Droma rechts und links davon nach oben.

Han zeigte zum Südufer, das nicht nur näher, sondern zudem nicht so steil war.

»Schaffst du das?«

»Ich bin kein besonders guter Schwimmer!«, erwiderte Droma und klang dabei entsprechend verzweifelt.

Han zog sich zu ihm hinüber und schlang den linken Arm um Dromas Hüfte. »Strampel einfach nur. Das Steuern übernehme ich.«

Droma nickte. »Solange du uns an diesen Steinen da vorbeibringst.«

Han drehte sich um und sah, dass sie sich rasch auf eine Stromschnelle zubewegten, die wegen der herausragenden Felsen besonders gefährlich war. Er ließ Droma los, drehte sich auf den Rücken und paddelte heftig, damit sein Kopf über Wasser blieb. Da die Strömung sie gepackt hatte, konnten sie nichts anderes tun, als sich ihr zu überlassen und das Beste zu hoffen.

An der ersten Stromschnelle wurden sie über einen vom Wasser glatt geschliffenen Felsbrocken geschoben und landeten in einem Kessel, von dem aus es bald erneut abwärts ging. Han entging einem schäumenden Strudel, wand sich zwischen mehreren hohen Felsen hindurch und fiel dann mehrere Meter tief in ein aufgewühltes Becken. Zu Hans Linker rammte der Landgleiter einen Felsblock, überschlug sich und blieb aufgespießt auf der Spitze eines anderen Felsens liegen. Droma entging dem gleichen Felsen nur knapp und fiel zu Han in das Becken.

So plötzlich, wie sie begonnen hatten, waren die Stromschnellen wieder vorbei, doch die Strömung blieb kräftig und verhinderte, dass die Schwimmer das Ufer erreichten. Während er sich treiben ließ, reckte Han den Kopf, um zu schauen, was vor ihnen lag. Er sah mehr Schaum, diesmal jedoch ohne Felsspitzen. Stattdessen zog sich diese Turbulenz wie eine gerade Linie über den Fluss, als würde sich dort knapp unter der Oberfläche ein Hindernis befinden. Han presste mit den Lidern das Wasser aus den Augen und erkannte vor ihnen ein feinmaschiges Netz, das über den Fluss gespannt war.

Dieses unverwüstliche Netz gab zwar etwas nach, als sie sich darin verfingen, hielt aber. Han versuchte, sich entlang des Netzes zum Ufer zu hangeln, als er hinter sich flussaufwärts ein neues Geräusch hörte und sich umblickte. In etwa einem Meter Höhe schwebte von Repulsorliftenergie angetrieben ein Gegenstand auf sie zu, den man leicht hätte für eine fliegende Mülltonne halten können, wenn man von den Armen absah, die in gepolsterten Zangen endeten. Vorn auf der Mülltonne blinkten Lichter, außerdem gab sie Töne von sich, als wäre sie aufgeregt, weil sie etwas gefunden hatte.

Auf der Vorderseite war zudem das Firmenzeichen von Salliche Ag angebracht.

Die drei Meter hohe Tonne verlangsamte das Tempo und schwebte direkt über dem Netz. Han und Droma verrenkten sich, um den Armen des Dings auszuweichen, doch das hatte kaum Mühe, mit den gepolsterten Zangen ihre Hüften zu umschließen und sie aus dem Netz zu zupfen. Daraufhin hob es sie aus dem Fluss und zog die Arme ein. Eine Luke auf der Oberseite der Maschine öffnete sich zischend und enthüllte darunter einen dunklen Raum, der sie erwartete.

Sie landeten auf einem gepolsterten Boden. Die Luke schloss sich, bevor sie hinaufspringen konnten, und die Mülltonne bewegte sich in südliche Richtung vom Fluss fort. Im bernsteinfarbenen Leuchten von Anzeigen fuhr Han mit den Händen über die Wände und hielt bei einer Reihe Sprühdüsen inne. Dann fluchte er plötzlich, weil er begriffen hatte, was sie da eigentlich eingesammelt hatte.

»Das ist ein Scout-Sammler!«

»Was für ein Sammler?«, fragte Droma, den seine Unwissenheit ärgerte.

»Ein Sammler für biologische Proben. Wir werden schockgefroren!«

Sie erhoben sich, sprangen auf und ab und schlugen mit den Händen vergeblich gegen die Tür. Schließlich gab Droma heftig keuchend auf und setzte sich auf den Boden. Kurz darauf gesellte sich Han zu ihm.

»Die Hand des Schicksals«, sagte Droma wütend. »Aber du schuldest mir noch ein Leben.«

Han drehte sich zu ihm um. »Wovon redest du?«

»Ich habe dich auf der Queen of Empire gerettet, als Reck dich in den Schacht springen ließ, und dann habe ich dich aus der Rettungskapsel des Falken befreit, als Elan dich umbringen wollte.«

»Ja, und wer hat dich gerade aus dem Entwässerungsgraben gefischt.«

»Das ist die eine Rettung, die ich zähle«, meinte Droma.

»Außerdem habe ich dich heil aus der Distriktzentrale geholt.«

»Das war eine Befreiung, keine Lebensrettung. Wir wissen nicht, ob mein Leben in Gefahr war, daher können wir es eben nur als Befreiung aus der Gefangenschaft werten.«

Han lachte. »Also schön, du hast noch ein Leben bei mir gut.«

»Dann zahl endlich – und bring uns hier raus.«

Han klopfte Droma auf die Schulter und wurde ernst. »Hör mal, nur für den Fall, dass wir hier nicht mehr rauskommen, es war schön, mit dir zu fliegen.«

»Ich weiß«, antwortete Droma trocken.

Die Repulsorlifte des Scout-Sammlers schalteten sich ab, und Han erhob sich. »Wir landen. Wenn sie die Luke öffnen, ehe wir tiefgefroren sind, stürzen wir uns auf sie, einverstanden?«

Droma streckte ihm die Hand entgegen, und Han schüttelte sie.

Der Sammler kam zum Stillstand. Von draußen war Lärm zu hören, dann ging die Luke langsam auf. Han und Droma machten sich bereit.

»Gott sei Dank leben Sie noch«, sagte die Stimme eines Droiden.

In dem grellen Licht, das nun von oben hereinschien und an das sich seine Augen erst gewöhnen mussten, konnte Han zunächst nichts erkennen. »Baffle?«

Eine Leiter wurde ins Innere heruntergelassen, und die beiden kletterten hinaus. Der Sammler hatte sie in einen großen Raum gebracht. Die rumpelnden Geräusche über ihnen verrieten Han, dass sie unter der Erde waren. Dutzende von Droiden begrüßten sie, jeder auf eigene Weise.

»Das müssen die Freunde sein, die du erwähnt hast«, vermutete Droma und schüttelte sich das Wasser aus dem Pelz.

»Wie zum Teufel habt ihr uns gefunden?«, fragte Han.

»Wir haben uns ständig über alle Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten«, erklärte Baffle. »Sicherheitsscanner, die Gespräche zwischen Wachleuten, Satellitenbilder in Echtzeit, sogar das Bewässerungs- und Schleusenkontrollsystem. Nachdem wir sicher waren, dass Sie im Fluss gelandet waren, haben wir das Netz gespannt und den Scout-Sammler geschickt – den hatten wir schon seit einiger Zeit bereitgehalten.«

»Wo sind wir?«, fragte Droma.

»Unter dem Raumhafen.« Baffle zeigte auf einen Tunnel in der Nähe. »Dort gelangt man direkt zu der Bucht, in der Ihr Frachter angedockt hat.«

Han sah Droma an und grinste breit.

»Wir danken Ihnen für das, was Sie für uns getan haben«, sagte Baffle und sprach damit für alle Droiden.

Han tat das mit einem Nicken ab und kniff plötzlich die Augen zusammen. »Hört mal zu, wenn ihr uns überwacht habt, dann hat das Salliche ebenfalls. Wahrscheinlich haben die Satcam-Aufzeichnungen von dem, was im Fluss passiert ist. Ihr solltet hier also lieber verschwinden – und zwar schnell.«

»Ob wir eingefangen werden, spielt keine Rolle. Wir haben unser Ziel erreicht. Inzwischen haben wir damit begonnen, die fernsteuerbaren Schalter aus den befreiten Droiden zu entfernen, und unsere Protestdemonstration tritt aus dem Stadium der Planung in das der Durchführung.«

»Protestdemonstration?«, fragte Droma.

»Ich erkläre es dir später.« Han wandte sich an Baffle. »Nach dem, wie ihr uns bisher geholfen habt, mag ich gar nicht fragen – aber habt ihr zufällig irgendwelche Daten über die Trevee gefunden?«

»Ja. Unsere ursprüngliche Vermutung, das Schiff sei randwärts in Richtung Abregado-rae aufgebrochen, war richtig. Der Flug ging jedoch nicht nach Thyferra oder Yag’dhul, sondern an den Ort meiner Aktivierung: Fondor.«

Der Name ließ alle Alarmglocken in Han schrillen. Fondor war ein Industrieplanet im System gleichen Namens und berühmt für seine riesigen orbitalen Konstruktionsanlagen. Während der Rebellion hatten Fondors Werften mehrere Sternzerstörer der Super-Klasse ausgeliefert.

»Auf Fondor finden wir deine Clan-Leute«, sagte Han zu Droma.

Der Ryn wirkte verwirrt. »Also sind sie offensichtlich nicht mehr in Lager 17.«

Han schüttelte den Kopf. »Wir sind hier zu spät eingetroffen. Sie haben ein Geschäft mit den Schmugglern von Tholatin gemacht. Die Trevee ist ihr Schiff.«

Droma starrte ihn verängstigt und ungläubig an.

»Darf ich Ihnen einen Vorschlag machen, Sir«, sagte Baffle. »Sie könnten sich drei Hyperraum-Sprünge ersparen, wenn Sie sich für die selten benutzte Gandeal-Fondor-Hyperroute entscheiden. Diese wurde ursprünglich vom Imperium markiert, um Schiffe schneller zwischen Fondor und Coruscant zu befördern, und wir können Ihnen bestimmt die notwendigen Koordinaten beschaffen.«

Han lächelte breit. »Du bist ein echter Kumpel, Baffle. Hoffentlich könnt ihr euer Anliegen der Öffentlichkeit nahe bringen.«

»Oh, gewiss, Sir. Wenn das HoloNetz unseren Protest überträgt, werden sich in der gesamten Galaxis Droiden für ihre Rechte erheben.«

»Dann müssen sie sich bei dir bedanken.«

»Ich bin lediglich ein Teil des Ganzen«, erwiderte Baffle ungerührt. »Es ist meine Pflicht, für meine Kameraden zu tun, was immer ich kann.«

Han und Droma sahen sich kurz an. »Das Gleiche gilt übrigens auch für uns.«

 

Wurth Skidder war mit einem Klacks organischen Klebers fixiert und verfolgte Chine-kal daher nur mit Blicken, während der Kommandant zum zweiten Mal um ihn herumschritt. Im Kreis um die beiden stand ein Dutzend Wachen mit Amphistäben und anderen Waffen.

»Es überrascht mich doch, dass Ihre Kräfte nicht ausreichen, um sich von unserem Blorash-Gelee zu befreien«, wunderte sich Chine-kal und betrachtete Skidders bewegungsunfähige Füße. »Vielleicht sind Sie doch nicht so mächtig, wie wir dachten.«

In plötzlich aufflammendem Zorn bediente sich Skidder der Macht und erzeugte ein Vakuum um den Kopf des Yuuzhan Vong.

Chine-kal schnappte nach Luft und umklammerte seine Kehle. »Sehr gut«, krächzte er, nachdem die Macht-Blase sich aufgelöst hatte. »Sehr gut.« Er atmete tief durch. »Zeigen Sie mir noch etwas.«

Wie Skidders giftiger Blick bewies, dachte er zumindest darüber nach, doch kurz darauf setzte er ein verächtliches Lächeln auf.

»Sie stoßen mich nicht von den Füßen?«, fragte Chine-kal. »Lassen mich nicht ungewollt Worte sagen? Fesseln mich nicht an den Deckboden wie ich Sie?«

Skidder schwieg.

»Können Sie sich selbst so leicht schweben lassen wie Gegenstände?« Da Skidder sich nicht zu einer Antwort verleiten ließ, stieß Chine-kal einen Seufzer aus. »Ihr Widerstand gegen den Kampf ist enttäuschend und unverständlich. Sie – der Jedi – sind eine Bedrohung für uns, und wir würden Sie gern auslöschen. Und dennoch, obwohl wir eindeutig eine Bedrohung für Sie darstellen, tun Sie kaum mehr als herumzuschleichen und einige Informationen herauszufinden, doch an der eigentlichen Auseinandersetzung nehmen Sie nicht wie ein Krieger teil. Betrachten Sie sich vielleicht weniger als Soldaten sondern vielmehr als Wächter?«

Chine-kal machte eine abschätzige Geste, mit der er kundtat, dass er nur so daherredete. »Da Sie und unser Yammosk bereits eine Beziehung haben, muss ich mir eine andere Methode überlegen, Sie zu brechen. Aber am Ende werden Sie zweifelsohne gebrochen sein.« Er schwieg kurz und fügte schließlich hinzu: »Ich möchte Ihnen etwas zeigen.« .

Der Kommandant trat an das membranartige Schott, das gleichzeitig die Außenwand des Sternenschiffes bildete, und gab einen Befehl, durch den ein Teil davon transparent wurde. In der Dunkelheit hing ein runder Planet mit blauen Meeren und grünen und braunen Landmassen. Näher beim Schiff befand sich ein Mond von beträchtlicher Größe, was man an der überkuppelten Stadt auf der beleuchteten Hemisphäre erkennen konnte.

»Erkennen Sie diese Welt?«, fragte Chine-kal. »Der Planet ist Kalarba, der Mond Hosk. Die überkuppelte Stadt heißt Hosk-Station und ist offensichtlich ein technisches Wunder voller Droiden und anderer Maschinenverirrungen.« Er wandte sich an Skidder. »Für uns sind die Jedi nicht besser als die Maschinen, mit denen die diversen Spezies dieser Galaxis sich anfreunden wie mit Lebewesen. Die Jedi sind eine ebensolche Entweihung der Natur wie die Hosk-Station eine Schändung dieses Mondes. Aus diesem Grunde werde ich die Zerstörung des Mondes befehlen. Betrachten Sie die Vernichtung als Andeutung der Schrecken, die Sie während des Brechens erwarten.«

Chine-kal wandte sich an einen jungen Offizier. Aber ehe er ein weiteres Wort sagen konnte, wurde der Rumpf wieder opak, und das Schiff wurde so heftig erschüttert, dass alle zu Boden gingen, nur der festgeklebte Jedi nicht. Ein Subaltern-Offizier taumelte in den Raum, während Chine-kal und seine Wachen versuchten, wieder auf die Beine zu kommen.

»Kommandant, wir werden angegriffen!«

Chine-kal erbleichte. »Angegriffen? Bei unserer Ankunft in diesem System gab es keine Anzeichen von Kriegsschiffen der Neuen Republik.«

»Bei den Aggressoren handelt es sich lediglich um Sternjäger, Kommandant. Sie haben uns hinter dem zweiten Mond von Kalarba aufgelauert.«

»Warum schlagen unsere Geleitschiffe sie dann nicht zurück?«

»Da bereits acht Korallenskipper zerstört wurden, ist es einigen Sternjägern gelungen, das Schiff zu erreichen.«

»Wo ist das Schiff, das der Oberste Kommandant Choka uns geschickt hat?«

»Noch nicht eingetroffen.«

Eine weitere Explosion erschütterte das Schiff. Der Subaltern-Offizier stützte Chine-kal, der beinahe erneut zu Boden gegangen wäre.

»Die Piloten zielen auf unsere Dovin-Basal-Lenker, Kommandant.«

»Auf unsere Lenker?«

»Sie beabsichtigen, uns lahm zu legen.«

Chine-kal fuhr zu Skidder herum, der in tiefes Nachdenken versunken war. »Die sind Ihretwegen hier. Nur, woher wussten sie von Ihnen? Oder sind es etwa Jedi?« Er starrte Skidder an, dann schüttelte er den Kopf. »Nein, nicht einmal Sie haben die Macht, quer durch den Raum Ihre Verbündeten zu rufen.« Er sah seinen Subaltern-Offizier an. »Trotzdem ist dieser Angriff aus dem Hinterhalt kein Zufall.«

»Kommandant«, meldete der junge Offizier. »Während der Kommunikation befand sich der Villip des Obersten Kommandanten Choka auf Nal Hutta.«

Es dauerte einen Augenblick, bis Chine-kal darüber nachgedacht hatte, dann begriff er und zog eine finstere Miene. »Die Hutts haben unsere Position verraten.« Er warf sich in die Brust und zog seinen Mantel zurecht. »Bereiten Sie das Schiff auf Lichtgeschwindigkeit vor. Wir stoßen zu der Flotte im Zielsystem.«

Der Subaltern-Offizier schlug die Hände an die Schultern, blieb jedoch stehen. »Kommandant, ist es wirklich ratsam, uns vor Eintreffen der Flotte dort zu zeigen?«

Chine-kal bedachte ihn mit einem finsteren Blick. »Möchten Sie riskieren, dass der Yammosk verletzt wird, nur weil eine Gruppe selbst ernannter Helden Retter spielen will?«

Der Subaltern-Offizier salutierte ein zweites Mal. »Nein, Kommandant.«

»Dann tun Sie, was ich sage. Und noch etwas: Kümmern Sie sich darum, dass Randa und seine Leibwächter in ihren Unterkünften bleiben. Wir beschäftigen uns mit ihnen, wenn wir uns im Schutz der Flotte befinden.«

 

Nahe an Hosk trieb Kyp Durron seinen X-Flügler weiter voran, obwohl er wusste, dass er das beschleunigende Traubenschiff der Yuuzhan Vong nicht einholen konnte.

»Die bereiten sich zum Sprung vor«, berichtete Ganner über das Netz.

»Mein Droide erzählt mir das Gleiche«, antwortete Kyp. Er wandte sich über das Netz an die anderen des Dutzends. »Hört mal zu. Stellt eure Navcomputer so ein, dass sie die Richtung aufzeichnen, in der das Schiff verschwindet, und den möglichen Kurs berechnen. Deak, versuch, ob du ihnen eine Hyperraumboje anhängen kannst, bevor sie weg sind.«

»Schon geschehen, Kyp.«

Einen Augenblick später verschwand das feindliche Schiff. Kyp schaute auf den Monitorbildschirm des Cockpits, während die Astromech-Einheit versuchte, das Ziel der Yuuzhan Vong zu berechnen. Kurz darauf erschien eine Liste von Sternsystemen auf dem Bildschirm, von denen das Wahrscheinlichste blinkte.

»Ich habe eine recht eindeutige Analyse«, meldete Ganner.

»Ich auch«, antworteten Deak und einige der anderen.

»Raus damit«, sagte Kyp.

»Fondor«, sagten fünf Stimmen gleichzeitig.

 

Im Hutt-Raum standen Nas Choka, Malik Carr und Nom Anor auf der Brücke des Helix-Schlachtschiffes und beobachteten die Villips, die von der Flottenmobilisierung Bericht erstatteten. Ein Subaltern-Offizier störte sie bei ihrer Beschäftigung. »Oberster Kommandant«, begann er und salutierte, »wir haben eine Nachricht vom Kommandanten des Schiffes, das den gefangenen Jedi abholen sollte. Korallenskipperpiloten haben von Kalarba gemeldet, dass die Creche von einer Staffel Sternjäger der Neuen Republik angegriffen wurde. Aufgrund der Bedrohung hat Kommandant Chine-kal die Position gewechselt.« Nas Choka starrte ihn verständnislos an. »Wohin?«

»Zum Ziel, Oberster Kommandant. Nach Fondor.« Bestürzt fuhr Nas Choka zu Malik Carr herum. »Wann erreicht unsere Vorausabteilung Fondor?«

»Bald«, antwortete der Kommandant und ließ es dabei bewenden.

»Bis zu unserem Eintreffen ist der Yammosk nicht ausreichend geschützt«, stellte Nas Choka fest. »Wo steht die Flotte der Neuen Republik?«

»Massiert bei den Welten Commenor, Kuat und Bothawui.«

»Und die Hyperraumrouten zwischen Bothawui und Fondor?«

»Sind gespickt mit Hindernissen.«

Nas Choka wandte sich mit schwachem Lächeln an Nom Anor. »Anscheinend glauben sie, ganz wie Sie es geplant haben, dass wir Corellia angreifen wollen.«

Nom Anor neigte den Kopf und nickte.

»Dann sollte es keine Rolle spielen, wenn wir den Angriff vorverlegen.« Nas Choka drehte sich zu seinem Subaltern-Offizier um. »Unterrichten Sie alle Kommandanten, dass wir nach Fondor aufbrechen, sobald der letzte Korallenskipper angedockt hat.«

 

Im Passagierraum der Trevee tanzte Gaph und sang dazu:

 

Das Leben ist eine Reise ohne Ende,

Für die Ryn noch mehr als für andere.

Ein unbekanntes Heim haben wir verlassen,

Und wandern von Stern zu Stern auf fortwährender Suche.

Die Sterne verabscheuen wir für ihre Taten:

Sie stürzten uns ins Unglück,

Sie sind die Grab Wächter unseres Schicksals.

Dennoch schultern wir unser Gepäck voller Freude;

Gesang und Tanz begleiten uns überallhin.

Denn Abregado-rae erwartet uns;

Für eine Weile unser Heim,

Bis uns das Leben wieder zur Wanderschaft zwingt.

 

Melisma und die anderen Ryn tollten mit ihm herum oder begleiteten sein improvisiertes Lied auf Musikinstrumenten. Manche summten und tuteten durch die perforierten Schnäbel, andere spielten Trommel, Fingerzimbeln und Flöten, die aus Schrott von Maschinen oder stibitzten Teilen gefertigt waren, aus allem eben, mit dem sich irgendwie Töne erzeugen ließen.

Dass Gaph mit seiner fröhlichen Melodie jedoch nur seine tiefe Melancholie überspielte, entging den meisten Flüchtlingen, die nicht zu den Ryn gehörten und die im Takt der Musik klatschten und nach besonders graziösen Sprüngen und schnellen Pirouetten applaudierten.

Gaph sang gerade die erste Zeile der zweiten Strophe, da wurde die Trevee heftig erschüttert.

»Wir verlassen den Hyperraum«, sagte einer der Flüchtlinge, als die Musiker verstummt waren.

Melisma, Gaph und ein paar andere Ryn eilten aufgeregt zu einer Beobachtungskuppel, um einen ersten Blick auf Abregado-rae zu erhaschen. Doch statt der hellgrünen Kugel, die sie erwartet hatten, sahen sie eine bräunliche Welt, die teilweise von Wolken verhüllt war, welche aus Industrieabgasen bestanden; hunderte riesiger Orbitalkonstruktionsplattformen schwebten darüber.

»Das ist nicht Abregado-rae«, sagte jemand hinter Melisma.

»Wo sind wir denn dann?«, fragte sie.

»Fondor«, antwortete ein Mensch, der sich seine Überraschung nicht anmerken lassen wollte.

Unter den verblüfften Flüchtlingen machte sich Gemurmel breit. Dann gingen zischend plötzlich alle Luken auf, und ein Trupp schwer bewaffneter Mitglieder der Mannschaft trat ein. Mit bösen Ahnungen und schlimmen Befürchtungen zogen sich die Flüchtlinge vor ihnen zurück und bildeten einen Kreis in der Mitte des Frachtraums.

»Kleine Änderung im Plan, Leute«, verkündete der offensichtliche Anführer, nachdem Stille eingekehrt war – derjenige, den Melisma und die anderen Ryn immer ›der Große‹ nannten. »Sieht so aus, als müssten wir euch hier absetzen.«

»Aber Sie haben uns versprochen, uns nach Abregado-rae zu bringen«, widersprach jemand.

Der Große grinste. »Sagen wir einfach, wir sind ein wenig übers Ziel hinausgeschossen.«

Leidenschaftliche Diskussionen wurden laut. In mancher Hinsicht mochte man Fondor Abregado-rae vorziehen, doch die Blastergewehre und der Ton des Großen ließen diese unvorhergesehene Entwicklung nicht in besonders gutem Licht erscheinen.

»Hat Fondor zugestimmt, uns aufzunehmen?«, erkundigte sich jemand.

»Darüber braucht ihr euch keine Sorgen zu machen.«

»Dann werden wir auf Fondor von Bord gehen?«

Der Große starrte den Bimm an, der die Frage gestellt hatte. »Wer hat etwas von Fondor gesagt?« Er trat in die Beobachtungskuppel und zeigte auf eine sichelförmige Werftplattform. »Dort werdet ihr abgesetzt. Die Plattform ist im Augenblick außer Betrieb, doch immerhin bekommt ihr Luft zum Atmen und künstliche Schwerkraft.«

»Haben Sie die Absicht, die Behörden zu informieren?«, wollte jemand anderer wissen.

Der Große verlangte mit einem Wink Ruhe. »Wir sind keine Barbaren. Ihr bekommt genug Trockennahrung für die nächsten zwei Tage.«

»Zwei Tage?«, schrie einer der Flüchtlinge. »Es dauert möglicherweise Monate, bis man uns findet!«

»Das bezweifle ich doch sehr stark«, meinte der Große. »Im Tapani-Sektor wird es bald sehr voll werden. Da wird euch schon jemand bemerken.«

»Könnten Sie uns nicht wenigstens nach Fondor bringen?«, bat eine Frau.

Der Große schüttelte unbeirrbar den Kopf. »Wir können es uns nicht leisten, noch hier zu sein, wenn das Feuerwerk beginnt.«