Kapitel 15
Sobald sie aufwachte, packte sie das helle Entsetzen, und sie hätte die Flucht ergriffen, wenn sie nicht jemand festgehalten hätte.
»Ganz ruhig, Emily«, flüsterte eine vertraute Stimme, und wie immer, wenn Michael sie berührte, überkam sie ein unerklärlicher innerer Frieden.
»Was ist passiert?«, fragte sie, als die grauenvollen Bilder der Katastrophe sie bestürmten, und klammerte sich Hilfe suchend an Michael.
Sie lag halb auf seinem Schoß, er hielt sie in den Armen und drückte ihren Kopf an seine Brust. Sie hörte seinen beschleunigten Herzschlag.
»Emily«, raunte er, »ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht. Ich hatte furchtbare Angst.« Seine Stimme war so leise, dass sie die Worte mehr erahnte als hörte. »Man hat mich wissen lassen, dass du in Gefahr bist, und ich fürchtete schon, dass ich nicht rechtzeitig bei dir sein könnte.« Er zog sie noch fester an sich, bis ihre Lippen seinen Hals berührten. »Ich dachte, dass sie dich töten würde. Es wäre grauenvoll für mich, wenn ich deinen leblosen Körper in den Armen halten müsste«, flüsterte er, dann drehte er sie so, dass er ihr ins Gesicht sehen konnte.
Er brauchte ihr nicht zu sagen, wo sie waren - sie wusste es. Sie saßen auf der kleinen, von Bäumen umstandenen Lichtung, die von Waldelfen abgeschirmt und bewacht wurde - auf dem Fleckchen Erde, das nur fruchtbare Frauen betreten durften.
»Aber du warst derjenige, der in Gefahr schwebte«, sagte sie und sah zu ihm auf.
»Nein, ich war keinen Augenblick in Gefahr. Jetzt weiß ich, dass mir kein Leid geschehen kann, bis es Zeit für mich wird zu gehen. Und ich kann nicht gehen, bevor ich dich in Sicherheit weiß.«
Während sie in seinen Armen lag und seine Energie sie durchströmte, fiel ihr nach und nach wieder ein, was sie beobachtet hatte. »Du wurdest getötet, nicht wahr. Diese Explosion hat dich zerfetzt.«
»Dieser Körper war tot, ja. Aber eine solche Kleinigkeit kann einem Geist nichts anhaben.«
Als ihr bewusst wurde, was das zu bedeuten hatte, richtete sie sich auf und sah ihn an. »Du bist wirklich ein ...« Es war ihr offenbar unmöglich, das Wort auszusprechen.
»Ein Engel. Ja, Emily, das bin ich. Ich habe dich nie belogen. Ich wurde hierher geschickt, um dich zu beschützen und herauszufinden, was dich bedroht. Ich habe dir immer die Wahrheit gesagt.«
Sie starrte ihn an. »Du wurdest erschossen, aber du lebst. Dann wurdest du bei einer Explosion in tausend Stücke zerrissen, aber du hast auch das überlebt.«
»Ja«, bestätigte er gelassen. »Dieser Körper ist nur geliehen, und er ist unverletzlich, solange ich ihn brauche.«
»Du bist nicht real-, sagte sie und spürte, wie Panik in ihr aufstieg. »Du bist kein menschliches Wesen. Du bist ein ... ein Ungeheuer. Eine Kreatur wie ein Werwolf oder etwas ähnlich Schreckliches. Du bist...«
Michael brachte sie mit einem Kuss zum Schweigen. Er küsste sie mit der ganzen Leidenschaft, die sich seit Tagen, seit Jahren in ihm angestaut hatte.
Und Emily schlang die Arme um seinen Hals, öffnete den Mund und gab sich ihm ganz hin.
»Ich bin nur zu real«, flüsterte er dicht an ihren Lippen. »Ich bin realer als irgendjemand, den du jemals gekannt hast, und ich liebe dich seit Jahrhunderten, Emily. Seit vielen hundert Jahren beobachte ich, wie du deine Güte, deine Liebe und deine Wärme an Männer verschwendest, die es nicht einmal wert wären, einen Blick auf dich zu werfen. Aber ich habe dich jede Minute geliebt. Ich wollte wissen, wie es sich anfühlt, dich in den Armen zu halten und deinen Hals zu liebkosen«, sagte er und strich mit den Lippen sanft über ihren Hals, »deine Augenlider zu küssen« - er hauchte Küsse auf ihre geschlossenen Augen -, »dein Haar, deine Wangen, deine Nase ... O Emily, ich liebe dich.« Er drückte sie so fest an sich, dass sie kaum noch Luft bekam. »Ich will dich so sehr. Ich möchte dich ständig in meiner Nähe haben. Ich war dein ...«
Sie wollte nichts mehr hören. Wenn er jetzt noch höflich fragte, ob er mit ihr schlafen dürfte, würde sie womöglich wieder zu Verstand kommen und Nein sagen. Sie wollte jetzt nicht vernünftig sein, sie wollte geküsst und gestreichelt werden und die Nähe dieses Mannes spüren.
Sie drückte ihren Mund auf seinen, teilte die Lippen und empfing seine forschende Zunge. Nach diesem Kuss waren keine Worte mehr nötig, denn seine Hände schienen genau zu wissen, was sie tun mussten und wie sie es tun mussten. Er ließ sie unter ihren weiten Pullover gleiten, tastete nach ihrem BH und öffnete ihn mit geschickten Fingern.
Als er über ihre Brust strich und mit den Daumen ihre Brustspitzen berührte, blieb ihr das Herz beinahe stehen. Seine Hände schlossen sich um ihre Brüste und liebkosten sie, wie Emily es noch nie zuvor erlebt hatte.
Emilys Erfahrungen in der Liebe waren begrenzt. In Wahrheit hatte sie nie mit einem anderen geschlafen als mit Donald, und alles, was sie über Sex wusste, hatte sie von ihm gelernt. Ihrer Ansicht nach hatte sie immer ein wunderbares Sexleben gehabt, aber Michael belehrte sie eines Besseren.
Er nahm sich Zeit, sehr viel Zeit. Er zog sie vorsichtig aus und behandelte sie, als wäre sie ein Wunder. Wenn er sie ansah, kam sie sich wie eine Schönheit vor, wie eine Frau, die einzigartig auf dieser Welt war.
»Ich habe auf Erden und im Himmel nie etwas Schöneres als dich gesehen, Emily«, sagte er, als sie nackt in seinen Armen lag. »Es gibt keinen Engel, der sich mit deiner Schönheit messen kann.«
Er küsste und streichelte sie, bis sie die Arme nach ihm ausstreckte und keinen anderen Wunsch mehr hatte, als mit ihm eins zu werden.
Er nahm sie mit einer Zärtlichkeit, die sie niemals für möglich gehalten hätte. Sie fühlte seine Liebe und spürte, wie seine Seele die ihre berührte, während er sie liebkoste und umarmte.
Zeit, dachte sie, als er sie liebte. Michael gab ihr das Gefühl, dass die Ewigkeit ihnen, ihren Berührungen und ihrer Liebe gehörte. Und er machte diese Nacht zu einem magischen Ereignis, als wäre er im Besitz jahrhundertealten Wissens - und das war er auch.
Sie liebten sich auf jede nur erdenkliche Weise, und jede war sinnlich und voller Zärtlichkeit. In Michaels Armen fühlte sie sich wie die begehrenswerteste Frau der Welt, und sein einziges Ziel war es, ihr Freude zu bereiten.
»Ich liebe dich, Emily«, murmelte er immer und immer wieder, während er sie auf eine Weise liebkoste, von der sie nie zu träumen gewagt hatte. »Ich habe dich seit Jahren beobachtet«, bekannte er, »und ich hoffe, dass ich weiß, was du magst.« Emily schloss die Augen und stellte sich Liebende in seidenen Hemden und in einem Bett voller Federn vor.
Michael erriet ihre Gedanken und lachte. »Ich kann dir Federn schenken«, sagte er, und im nächsten Augenblick glaubte Emily, dass riesige Flügel sie einhüllten und beschützten. Sie wurde von einem Engel geliebt!
Emily vergrub kichernd ihr Gesicht in den Federn und biss zart in eine.
»Au«, rief Michael leise, und sie biss noch einmal zu, und sie beide rollten über das duftende Gras. »Was ist mit ihnen?«, fragte sie und deutete mit dem Kinn auf das Blätterdach über ihnen. Michael wusste, dass sie nicht die Bäume meinte, sondern die Waldelfen sehen wollte. Lächelnd drehte er sich auf den Rücken und zog sie auf sich. Ihre Beine berührten die weißen, unter ihm ausgebreiteten Flügel.
Plötzlich verwandelten sich die Bäume und Sträucher um sie herum in ein Reich von Zauberwesen. Für den Bruchteil einer Sekunde sah sie einen großen, schönen Mann, der durch die Luft schwebte und sie anlächelte. Er war umringt von mindestens einem Dutzend zauberhafter junger Frauen - alle waren zart und in wehende Seidenstoffe gehüllt. Sie lachten schelmisch.
»Guter Gott«, flüsterte Emily ehrfürchtig, als die Vision so rasch verschwand, wie sie aufgeblitzt war. »Das siehst du die ganze Zeit?«
»Hmm«, machte er. Offensichtlich interessierte er sich kein bisschen für die Waldelfen, die um sie herumtanzten. »Emily, hast du jemals Liebe in einem Baum gemacht?«
»Lass mich nachdenken.« Sie tat so, als würde sie angestrengt überlegen. »Da war dieses eine Mal auf den Eisenbahnschienen, aber in einem Baum? Nein, ich glaube nicht. Aber vielleicht sollte ich mein Tagebuch noch mal lesen, um ganz sicherzugehen.«
»Ha!« Michael hob sie hoch, und sie ... nein, sie flogen nicht, sie schwebten.
»Flügel?«, fragte sie und sah auf den Boden hinunter.
»Man kann von diesen Dingern genauso gut Gebrauch machen. Im Grunde sind sie nichts als eine Last. Sie sind schwer, und sie jucken.«
Emily klammerte sich an Michael, während sie immer höher schwebten. »Aber sie sind himmlisch schön.« Sie küsste ihn sanft auf den Mund.
»Dann sind sie aller Mühe wert«, sagte er lächelnd. »Ich würde alles auf mich nehmen, nur um dieses Lächeln zu sehen.«
»Dir scheint jedes meiner Lächeln zu gehören.«
»Ich will es bis in die Ewigkeit sehen, mehr nicht.«
»Wie lange ist die Ewigkeit?« »Bis ich aufhöre, dich zu lieben, und das wird niemals der Fall sein.»
Emily neigte den Kopf nach hinten, damit er ihren Hals liebkosen konnte. »Ich liebe es so sehr, wenn du das tust.«
»Und wie ist das? Und das?»
Emily hatte keine Kraft mehr zu antworten - zumindest nicht mit Worten.