8

Jim drückte auf den Hydraulikhebel unter dem Sitz des Traktors, die Ladefläche des Anhängers begann sich zu senken. Als die Kolben fast geschlossen waren, spritzte aus dem rechten ein dicker Strahl Öl. Er fluchte. Die Dichtung leckte schon seit einiger Zeit, doch jetzt war sie endgültig hinüber. Er mußte nach Gerlingford fahren und eine neue holen. Ob die Landmaschinenfirma eine auf Lager hatte? Diese Fahrt bedeutete, daß er Verschiedenes nicht erledigen konnte. Wenn er doch nur ordentliche Geräte hätte … Wenn er nur genügend Geld hätte, um mehr Kühe und einen Milchtank kaufen zu können, um ein paar Felder entwässern zu können … Er mußte sich immer mehr anstrengen, um trotz aller Schwierigkeiten weiterzumachen. Wie lange würde er noch durchhalten? Ein Glück, daß er Caroline hatte! Ohne sie hätte er längst aufgegeben. Sie beklagte sich nur selten; er wußte nicht, wie sie es fertigbrachte, sich so zu beherrschen.

Er stellte den Motor des Traktors ab, kletterte herunter und ging um die alte Scheune herum zum Haus.

Caroline war in der Küche und bemühte sich, den Petroleumherd in Gang zu bringen. »Dieses verdammte Scheißding …«, sagte sie.

Er lachte. »Nanu, wo bleibt denn deine gute Erziehung?«

»Du hast gut lachen – warte nur, wie du erst lachen wirst, wenn du dein Essen kriegst.«

»Liebling, ich werde geduldig warten und mich mit keinem Wort beschweren.«

»Das kenn ich! Eine Minute nach eins wirst du anfangen zu meckern und sagen, daß du bald zum Melken mußt und daß die Kühe ein paar Gramm weniger Milch geben werden, wenn du zu spät kommst …« Sie strich sich mit dem Handrücken eine Locke aus der Stirn. »Ach, Jim, können wir denn wirklich keinen Elektroherd kaufen?«

Er schüttelte den Kopf. »Carry, wir brauchen jeden einzelnen Penny, um einigermaßen über den Winter zu kommen. Ich habe noch keine Ahnung, wieviel Futter ich brauchen werde. Ich habe nach der ersten Heuernte das Zwanzigmorgenfeld gedüngt und auf eine zweite Ernte gehofft, aber das Gras wächst so schlecht, daß kaum Aussicht darauf besteht.«

»Dann hättest du nicht die Düngemaschine, sondern einen Herd für mich kaufen sollen.«

»Das ist typisch weibliche Logik.«

»Also schön.« Sie setzte sich an den Küchentisch und sah ihn besorgt an. »Jim, wir werden’s doch schaffen, oder?«

»Natürlich«, sagte er etwas lauter als nötig.

»Sei ganz ehrlich.«

Er zögerte. »Eine Weile werden wir es noch schwer haben, aber wir werden uns schon durchschlagen.«

»Wir brauchen dringend mehr Geld?«

»Ja.«

»Soll ich nicht zu meinem Vater gehen und ihn bitten, uns etwas zu leihen?«

»Kommt nicht in Frage.«

»Aber wenn ich ihm alles erkläre …«

»Carry, du weißt doch genausogut wie ich, daß das sinnlos ist. Als er uns die Farm kaufte, hat er gesagt: Punkt, damit ist Schluß. Er wird dir nicht einen Penny geben, weil er denkt, der Schwiegersohn schmeißt das Geld nur zum Fenster hinaus.«

»Das stimmt nicht – so denkt er nicht von dir.«

»Nein?«

Sie schwieg.

»Wir schaffen es bestimmt«, sagte er leise.

 

Bailey kniete auf dem Boden des Kombi und spähte durch eins der kleinen Rückfenster. »Drei Wagen hinter uns ist Red«, sagte er.

Elkin warf einen Blick auf die Uhr; dann schaute er auf das Dorf, durch das sie eben fuhren. »Gib mir den Quasselkasten.«

Bailey reichte Elkin das Funkgerät. Elkin hob den Plastikdeckel ab, schaltete das Gerät ein und nahm das Mikrophon in die Hand.

Der Laster mit dem Anhänger war ein paar hundert Meter vor ihnen; er konnte ihn deutlich über den Fahrzeugen zwischen ihnen sehen. Die Straße machte eine Biegung nach links und führte an einer Kirche mit einem hohen, spitzen Turm vorbei. Der Laster nahm die Kurve in einem weiten Bogen, und ein Auto, das ihn leichtsinnigerweise hatte überholen wollen, mußte scharf bremsen. Von der Kirche waren es genau eineinhalb Kilometer bis zum Hornbeam Hill.

Elkin drückte auf den Schalter am Mikrophon. »Hallo AKN neun vier fünf, hallo AKN neun vier fünf, hier Polizeistreifenwagen van Baker eins zwei. Können Sie mich hören?«

Gespannt warteten sie.

»Hallo«, kam die Antwort. »Was gibt’s denn?«

Elkin umklammerte das Mikrophon etwas fester. »Wir sind etwa fünf Wagen hinter Ihnen, ein grüner Kombi mit weißer Aufschrift auf der Seite.«

Eine kurze Pause. Dann: »Ich kann euch sehen. Stimmt irgendwas nicht?«

»Wir haben Grund zu der Annahme, daß man Sie in Kürze überfallen wird.«

»Das ist doch Unsinn, Mann.«

»Nicht so leichtsinnig! Tun Sie bitte genau, was ich Ihnen sage, dann kann nichts passieren. Die Gangster fahren einen braunen Kombi, Kennzeichen UKP sechs acht drei. Wahrscheinlich werden sie’s auf dem Hornbeam Hill versuchen – kurz bevor Sie den Gipfel erreichen und sehr langsam fahren. Vermutlich wird der Kombi Sie überholen und versuchen, Sie zum Anhalten zu zwingen. Wenn er das tut, halten Sie so schnell wie möglich. Wir sind dann gleich da.«

»Hören Sie, können Sie nicht …«

»Wenn Sie genau tun, was ich gesagt habe, brauchen Sie nichts zu befürchten.«

»Aber wäre es nicht besser …«

»Wir sind bestens vorbereitet.«

Elkin wartete, doch es kam keine weitere Antwort. Wie würden der Fahrer und sein Kollege wohl auf seine Anweisungen reagieren? Ob sie sie für echt hielten? Ganz bestimmt. Kein Gangster, der einigermaßen bei Verstand war, würde sein Opfer vor einem geplanten Überfall warnen. Elkin baute darauf, daß die beiden Männer so denken würden. Nur eins konnte das Unternehmen scheitern lassen – wenn der Mann im Lastwagen sich mit seiner Zentrale in Verbindung setzte und diese die Polizei verständigte. Doch selbst dann würde die Polizei wahrscheinlich nicht genug Zeit haben, alles zu überprüfen und dahinter zu kommen, daß das Ganze ein Trick zur Vorbereitung des Überfalls war.

Die Straße begann anzusteigen.

Der Hornbeam Hill war lang und hatte in der Mitte eine Umleitung, bei der schwere Lastwagen fast auf Schrittgeschwindigkeit heruntergehen mußten. Die Straße war durch zwei weiße Linien geteilt; zwei Fahrbahnen führten den Berg hinauf und nur eine hinunter. Campbell bremste, um hinter dem Laster zu bleiben, eine Reihe von Wagen überholte sie.

Sie erreichten die Umleitung und fuhren weiter die ansteigende Straße hinauf. Elkin drehte sich um und starrte durch das Rückfenster. Der braune Kombi war jetzt vor der Umleitung. Hatte Pigeon zu lange gebummelt und konnte jetzt nicht mehr aufholen? Der braune Kombi kam langsam näher. Hinter ihm tauchte ein Ferrari auf und blinkte mit den Scheinwerfern, doch Pigeon fuhr nicht zur Seite, um ihn vorbeizulassen.

Der Lastwagen war dreihundert Meter vor dem Gipfel des Berges und hundert Meter vor dem Parkplatz, der eine schöne Aussicht auf die herrliche Landschaft gestattete. Da es regnete und ziemlich windig war, stand nur ein Wagen auf dem Platz. Das Wetter konnte nicht günstiger sein.

Der braune Kombi überholte sie. Der Fahrer des Ferrari hinter ihm hupte und blinkte mit den Scheinwerfern.

Genau wie geplant, setzte sich der braune Kombi vor der Einfahrt zum Parkplatz vor den Laster und bremste. Die Bremslichter von Laster und Anhänger flammten auf. Der Ferrari brauste vorbei, gefolgt von mehreren anderen Wagen.

Campbell überholte Anhänger und Laster und zwängte sich hinter den braunen Kombi. Pigeon raste mit aufbrüllendem Motor davon und verschwand hinter der Kuppe des Berges.

Elkin zog die Schirmmütze etwas tiefer in die Stirn und schlug den Kragen seines marineblauen Regenmantels hoch. Er packte mit der rechten Hand das Ammoniakspray und öffnete mit der linken die Tür. Als er sich schnell umblickte, sah er Bailey und Friendly die Hecktür öffnen und hinausspringen.

Er lief zur Linken des Lasters, denn der Beifahrer bediente das Funkgerät. Die Tür ging auf und ein Mann mittleren Alters rief aufgeregt: »Mann, denen habt ihr vielleicht Beine gemacht! Aber wollt ihr sie denn nicht …«

Elkin spritzte dem Mann das Ammoniak in die Augen. Er schrie laut auf und schlug die Hände vors Gesicht. Elkin knallte die Tür zu. Auf der andern Seite hatte Friendly dem Fahrer Ammoniak ins Gesicht gespritzt, war in die Kabine geklettert und hatte die beiden Männer mit einem Gummiknüppel bewußtlos geschlagen. Er zerrte den Fahrer hoch und legte ihn auf den andern Mann, so daß der Fahrersitz frei war. Dann sprang er herunter, und Bailey stieg in die Kabine. Der Motor lief noch. Er legte den ersten Gang ein, gab Gas und fuhr los.

Elkin setzte sich wieder auf den Vordersitz des Kombi, Friendly hinten auf den Boden. Kein Mensch schien den Überfall bemerkt zu haben. Die Insassen des auf dem Parkplatz stehenden Autos wandten ihnen den Rücken zu, und der Verkehr strömte weiter an ihnen vorbei.

Campbell folgte dem Lastwagen zur Kuppe des Berges und dann die Straße hinunter. Nach etwa fünfhundert Metern bog Bailey mit dem Laster und dem Anhänger in einen schmalen Seitenweg ein, der durch einen Wald zu einer Lichtung führte. Pigeon hatte den braunen Kombi auf der anderen Seite der Lichtung abgestellt und erwartete sie in dem Ford, den er am Morgen hierher gebracht hatte.

Sie zogen die zwei Männer aus der Kabine und legten sie auf den Boden. Der eine hatte an der Stirn eine stark blutende Wunde.

Pigeon hatte zwei große Plastikklebestreifen vorbereitet. Auf ihnen stand in großen Buchstaben: »H. Holbay. Getreide und Saatgut. Penterton 383.« Sie klebten sie an die Türen der Kabine.

Bailey ging zum Lastwagen zurück, die anderen stiegen in den Ford. Er wendete und fuhr zur Straße. Pigeon überholte ihn mit dem Ford und fuhr über die kurvenreichen Straßen zu dem Dorf Catchforth Cross und dann zu dem Weg, der zur Rowan Tree Farm führte. Er hielt knapp außer Sichtweite des Hauses, das an der Straße lag. Es dauerte nicht lange, bis der Lastwagen kam und auf den Weg einbog.

Nach etwa drei Minuten kam Bailey den Weg herauf und ging die Straße entlang zu dem Wagen. Er ließ sich in den Rücksitz fallen, und Pigeon fuhr los. Elkin schaute auf die Uhr. Seitdem sie über Funk mit dem Beifahrer des Lastwagens gesprochen hatten, waren nur einundzwanzig Minuten vergangen. Es hätte nicht besser klappen können.

Dem Burschen, dem die Farm gehörte, hatten sie zwei Tausender versprochen. Zwei Tausender, dachte Elkin, sind verdammt viel Geld bloß dafür, daß er sie einen Lastwagen in seine Scheune stellen läßt. Jetzt, da der Laster da war, würde er sich nicht trauen, Krach zu schlagen. Es würde genügen, wenn er ihm bloß einen Tausender gab.

 

Um fünf nach eins kam Jim aus Gerlingford zurück. Er ließ die Dichtung in dem kleinen, schäbigen Kombi liegen und ging mit einem Blumenstrauß in die Küche. »Für dich, Liebling«, sagte er zu Caroline.

Sie lächelte. »Hast du etwa ein schlechtes Gewissen?«

»Warum sollte ich?«

»Weil du zu spät zum Essen kommst. Ich wette, du warst noch im White Swan und hast ein Glas getrunken.«

»Du hast doch gesagt, das Essen wird erst später fertig, weil der Herd nicht funktioniert.«

Sie küßte ihn, nahm die Blumen und roch daran. »Herrlich, John. Also schön, dieses eine Mal verzeihe ich dir noch.«

»Vielen Dank!« sagte er und setzte sich an den Tisch.

»Übrigens, Jim, das Futter ist gekommen.«

»Was für ein Futter?«

»Na das, das du bestellt hast.«

»Ich hab kein Futter bestellt.«

»Eni riesiger Lastwagen mit einem Anhänger ist gekommen, um irgendwas abzuliefern.«

»Von welcher Firma denn? Von Pilchards?«

»Ich glaube nicht. Ich konnte es nicht genau sehen, aber ich glaube, er war hellbraun, und an der Kabine war eine schwarze Aufschrift auf weißem Grund. Sind Pilchards Lastwagen nicht grün?«

»Ja, ich glaube. Wann essen wir denn?«

»Das Essen ist schon seit zehn Minuten fertig.«

»Während du’s bringst, schau ich schnell mal nach, was mit dem Lastwagen ist.«

Er ging hinaus, und als er nach einer Weile zurückkam, sagte er stirnrunzelnd: »Der Lastwagen und der Anhänger, die du gesehen hast, stehen in der alten Scheune, Carry.«

»Was? Du meinst, sie haben die einfach dort abgestellt?«

»Ja.«

»Ist denn irgend etwas kaputt?«

»Dann wäre der Fahrer doch sicher hereingekommen und hätte dir Bescheid gesagt. Es sind zwei Container darauf, sehr sorgfältig plombiert – also muß der Inhalt ziemlich wertvoll sein.«

Sie nahm einen Lappen, öffnete den Herd und zog eine Schüssel heraus, in der das Fleisch lag. »Warum haben sie ihn bloß hier abgestellt?« Sie legte ein Holzbrett auf den Tisch und stellte die Schüssel darauf.

»Ich kann mir nur einen Grund denken. Der Laster ist gestohlen worden, und die Diebe haben ihn aus Versehen hierhergebracht und nicht dorthin, wo sie ihn hinbringen sollten.«

Sie lachte. »Stell dir ihre Gesichter vor, wenn sie dahinterkommen. Was wirst du tun?«

»Natürlich die Polizei anrufen.«

»Zuerst wird aber gegessen. Ich hab mich stundenlang mit dem Essen abgemüht. Kommt gar nicht in Frage, daß du’s jetzt kalt werden läßt.«

Er setzte sich.

 

Inspektor Atkins nahm seinen schäbigen alten Hut ab und schlug ihn kräftig gegen seinen Regenmantel, um das Regenwasser abzuschütteln. Er starrte den Lastwagen und den Anhänger an. In den vielen Jahren seiner Tätigkeit bei der Polizei hatte er gelernt, sich durch nichts überraschen zu lassen. Dies jedoch erstaunte ihn. »Sie sagen, Ihre Frau hat den Laster am Haus vorbeifahren sehen?«

»Ja«, erwiderte Jim. »Vom Küchenfenster aus kann man ein Stück des Weges sehen, der zu den Wirtschaftsgebäuden führt. Sie dachte, er bringt Futter.«

Atkins sah sich in der Scheune um. Sie war sehr groß, hatte mächtige Stützbalken und hölzerne Dachschiefer; einige Balken waren angefault, und viele Schiefer fehlten. Das Dach hing in der Mitte tief durch, und die Tore schlossen nicht richtig. Wirklich ein merkwürdiges Versteck für eine Ladung Zigaretten, deren Diebstahl vor einigen Stunden gemeldet worden war.

»Sie müssen den Laster irrtümlich hierhergebracht haben«, sagte Jim.

»Möglich«, erwiderte Atkins, doch in Wirklichkeit hielt er es für unmöglich. Die Ganoven, die dieses Ding gedreht hatten, mußten sehr gerissene Burschen sein, und so jemand brachte die Beute nicht in eine fremde Scheune und ließ sie dort stehen. Doch was konnte der wahre Grund sein?

Sergeant Witley, sein Assistent, kam hinter dem Lastwagen hervor. »Am besten, ich rufe im Präsidium an, Sir, und fordere ein paar Leute vom Erkennungsdienst an.«

»Okay.«

Witley ging hinaus zum Wagen des Inspektors, um sich über Funk mit dem Präsidium des Distrikts in Verbindung zu setzen.

Jim blickte auf seine Uhr. »Höchste Zeit, daß ich mich wieder an die Arbeit mache. Ich muß einen Zaun ausbessern.«

»Gut, Mr. Parker. Und vielen Dank fürs Bescheidsagen.«

»Ja, was dachten Sie denn – daß ich nichts sagen und die Zigaretten einfach behalten würde?«

Jim wandte sich ab und ging hinaus.

Eine merkwürdige Reaktion, überlegte Atkins. Er hatte sich lediglich bedankt, doch Parker hatte so getan, als ob … Er zündete sich eine Zigarette an. Diese Farm machte einen ziemlich verkommenen Eindruck. Mr. und Mrs. Parker wirkten wie bessere Leute, die Geld hatten, und wenn solche Leute sich eine Farm kauften, dann normalerweise eine, die in tadellosem Zustand war … Er zuckte die Achseln.

Er war nicht unzufrieden. Es war ihm gelungen, die gestohlenen Zigaretten nur zwei Stunden nach der Verlustmeldung zu finden, und das war eine Leistung, die sich sehen lassen konnte – auch wenn er nichts weiter getan hatte, als einen Telefonanruf entgegenzunehmen. Wenn ein Inspektor ehrgeizig war und auf den demnächst freiwerdenden Posten des Chefinspektors spekulierte, dann konnte so ein Erfolg von ausschlaggebender Bedeutung sein.

 

Elkin schenkte sich einen neuen Drink ein. Er hatte allen Anlaß zum Feiern. Ein hervorragender Plan hatte hervorragend geklappt. Er hatte fünfzigtausend Pfund eingesackt und allen bewiesen, daß er clever war, ein wirklich großes Ding zu drehen. Jetzt würden die Jungens nicht mehr zögern – scharenweise würden sie angeströmt kommen, und innerhalb eines Jahres würde er das Gebiet fest in der Hand haben. Alles, was er sich wünschte, war in greifbare Nähe gerückt: ein großes Haus, ein großer Wagen und Weiber, soviel er wollte.

Verächtlich sah er die andern drei an, die am Tisch saßen und sich vollaufen ließen. Campbell prahlte mit seinen Erfolgen bei Frauen, und Pigeon nannte ihn einen Lügner: Pigeon wurde aggressiv und gemein, wenn er trank. Friendly lümmelte in seinem Sessel und starrte mit offenem Mund auf die Wand. Sie hatten bei der Sache ihren Teil getan, doch jetzt konnte er sie nicht mehr brauchen. Nur Bailey, der allein auf eine Sauftour gegangen war, konnte ihm noch nützlich sein, doch Bailey war zugleich auch gefährlich. Dieser widerliche Zwerg war verdammt clever. Er würde tausend Pfund gegen einen Penny wetten, daß Bailey eines Tages versuchen würde, ihn auszubooten.

Aus dem Radio drang laute Schlagermusik. Die Musik hörte auf, und ein Sprecher begann mit knödliger Stimme die Nachrichten zu verlesen. »Maul halten!« schrie Elkin Campbell und Pigeon an. Bestimmt brachten sie in den Nachrichten eine Meldung über den Überfall.

Er trank seinen Whisky aus und schenkte sich nach. Der Sprecher brachte Nachrichten aus den hintersten Winkeln der Welt: aus Indien, Kambodscha, Vietnam … Wer interessierte sich eigentlich dafür, was in diesen Ländern passierte?

»Eine große Ladung Zigaretten«, sagte der Sprecher, »wurde kurz vor Mittag während des Transportes von Gerlingford nach Keriston, wo sie nach dem Kontinent verschifft werden sollte, gestohlen. Der Fahrer und sein Begleiter wurden verletzt und mußten in ein Krankenhaus gebracht werden. Ein Farmer entdeckte inzwischen den Lastwagen und den Anhänger, auf denen sich die Container mit den Zigaretten noch befanden, in seiner Scheune. Die Polizei kann sich nicht erklären, auf welche Weise die Zigaretten in die Scheune kamen. Möglicherweise hielten die Diebe die Farm irrtümlich für den Platz, wohin die Zigaretten gebracht und umgeladen werden sollten. Die Polizei bittet …«

Einen Moment lang begriff Elkin nicht, was die Meldung bedeutete. Dann stieg eine ungeheure Wut in ihm hoch. Fünfzigtausend Pfund waren im Eimer. Und was war mit seinem Ruf? Im ganzen Land würde man sich über ihn kaputtlachen. Nosh Townley würde vor Lachen platzen. »Der verdammte Hund hat uns beschissen!« schrie er mit schriller Stimme.

Friendly starrte weiter auf die Wand, doch jetzt lächelte er.