Ausflug nach Wellington
Freitag, der 1. Mai. Ich war erleichtert, dass wieder Wochenende war, in letzter Zeit zog sich der Unterricht derart quälend in die Länge, außer Chemie und Sport. Ich hätte es zwar nicht für möglich gehalten, aber die beiden Unterrichtsfächer wurden tatsächlich meine liebsten. Woran das lag? Hauptsächlich an Ayden. Es hatte geholfen, dass ich ihn am Montag eingeladen hatte, sogar sehr. Ich fühlte mich auf eine Weise mit ihm verbunden, wie ich es schon sehr lange nicht mehr verspürt hatte. War es Freundschaft? Gut möglich. Wie bereits von mir erwartet, wurde der verrückte Mörder von unserer Polizei ‚geschnappt’ – noch eine positive Bewertung für Chief Phynix. Meine Vermutung, dass er wohl der Vorzeigepolizist schlechthin war, hatte sich bestätigt, wenn man sich den Artikel in der Zeitung zu Gemüte führte, in der berichtet wurde, dass Kenneth den Mörder quasi im Alleingang in die Enge getrieben hatte. Doch das schien dem Verrückten zu viel gewesen zu sein und er nahm sich selbst das Leben. Er hatte sich wohl mit Benzin übergossen und daraufhin in die Luft gesprengt. Mir persönlich kam das ein bisschen übertrieben vor, schließlich hätte es doch auch eine Kugel in den Kopf getan, aber der Typ hatte eben einen dramatischen Abgang gewollt. Ein Trottel weniger auf der Erde.
Ich streckte meine leise knackenden Fingergelenke. Ein Test in Mathe, unangekündigt, was gab es Schöneres? Mir fiel zwar so einiges ein, aber dennoch ging ich frohen Mutes zu Physik. So weit ich meinem Gefühl Glauben schenken konnte, hatte ich alles richtig gemacht, und ich genoss schließlich immer noch den Vorteil, dass ich den Stoff bereits einmal hatte durcharbeiten müssen. Dieses Privileg würde ich zwar spätestens im dritten Semester verlieren, aber ich machte mir keine großen Gedanken darum. Ich war gut in meinen Fächern, mehr brauchte und wollte ich nicht, mal abgesehen davon, dass meine Freundschaft mit Ayden gut lief. Auch Physik ging vorüber, und schon war ich im Chemieraum. Ayden saß wie gewohnt auf seinem Platz und begrüßte mich mit einem strahlenden Lächeln und „Hi, Leyla“. Meine Laune besserte sich. Auch, wenn ich es nicht leiden konnte, dass Mr. Morell so viele Versuche durchführte.
Nicht, dass es nicht interessant war, aber das Protokollieren war doch höchst nervig und zeitaufwendig. „Morgen schon wieder Wochenende“, meinte Ayden dann auf unserem Weg zur Cafeteria.
„Ja …“, gab ich nachdenklich zurück. Ich wusste immer noch nicht, ob ich mich freuen sollte oder nicht. Klar, es war ein freudiges Ereignis, dass ich nicht zur Schule musste, aber je länger ich mit Ayden befreundet war, desto mehr schreckte ich vor der Einsamkeit meines Hauses zurück. Es war zu befremdlich, wo ich dieses Leben allein doch eigentlich gewollt hatte. „Komm schon, Leyla, du musst was essen“, tadelte mich der Schwarzhaarige, als ich mich wie üblich an den Tisch zu Vivian, Allan, John, Richard, Amber und Lorelei setzen wollte.
„Ich habe aber keinen Hunger“, sagte ich und verschränkte die Arme vor meiner Brust.
„Das ist mir herzlich egal, aber dein Kreislauf wird es dir danken, wenn du dich darüber hinwegsetzt und etwas zu dir nimmst“, gab Ayden streng zurück. Ich verdrehte die Augen.
„Schon gut, schon gut.“ Ich hob abwehrend die Hände und ließ mir das Tagesgericht geben. Als ich beim Tisch der Clique angekommen war, setzte ich mich wie gewöhnlich zu Vivian, die mir sofort vorschwärmte, dass Allan sie am Wochenende zum Strand ausführen wollte. Ich lächelte und freute mich ehrlich. Wenn ich hier jemanden noch zu einem Freund zählen konnte, dann sie, und dementsprechend ließ mich ihr Befinden, körperlich wie seelisch, nicht kalt. Ich nahm einige Happen, kaute, schluckte herunter, doch dann schob ich das Essen wieder von mir. Es war nicht unbedingt so, dass es schlecht schmeckte, das war es nicht, nur konnte ich mich einfach nicht mit der Küche anfreunden. Uns war gesagt worden, dass alles selbst gemacht war, und genau darin lag irgendwie das Problem. Wenn ich mein Essen selbst machte, war es in Ordnung, aber jemand mir, da wehrte sich etwas in mir.
Beim Läuten der Glocke erhob ich mich, stellte den Teller weg und ging zu den Umkleidekabinen. Bei den 13° C, die draußen waren, würde es sicher angenehm sein, sich zu bewegen. Mit Vivian zusammen ging ich zu Mr. Warner, der noch auf den Rest seines Kurses wartete, dann eröffnete er uns, dass wir heute das Sprinten durchnehmen würden. Ich lächelte.
Der Lehrer war wirklich einzigartig. So schnell, wie er von einem Thema zum nächsten sprang und gleichzeitig noch die Noten fertig machte, konnte man gar nicht gucken. Er steckte die Strecke für die Jungen zuerst ab, nahm eine Stoppuhr und ließ jeweils zwei gegeneinander antreten. Ob nun Zufall oder Schicksal, jedenfalls lief Ayden gegen Allan, der eine tiefe Abneigung gegen den Schwarzhaarigen zu hegen schien, seit ich mich mit dem Sohn des Chiefs angefreundet hatte. Ich konnte mir zwar schon denken, warum, aber ich verdrängte diesen Gedanken lieber. Ein Pfiff und schon waren die beiden unterwegs. Beide waren schnell, nur im Gegensatz zu dem jungen mit den hellbraunen Haaren schien Ayden die Anstrengung überhaupt nichts auszumachen. Weder sein Atem ging schneller, noch schwitzte er in irgendeiner Art und Weise, zumal er den Abstand zwischen sich und Allan immer mehr vergrößerte. Es schien Ayden vor allem unheimlichen Spaß zu machen, auf den anderen hinter der Ziellinie mit einem breiten Grinsen zu warten, in dem ich etwas Überlegenes erkennen konnte. Bildete ich es mir nur ein oder war da wieder dieses etwas, das ich nicht nachvollziehen konnte?
Dann kamen die Mädchen dran. Vivian fragte mich sofort, ob ich gegen sie laufen würde, was ich mit Freuden bejahte, wobei ich sie darauf aufmerksam machte, dass ich sehr schnell werden konnte, wenn ich wollte. Darauf zuckte sie nur mit den Schultern und stellte sich hinter die Startlinie. Mr. Warner hob die Hand und wir gingen beide in die typische Sprinterhocke. Seine Hand zeigte nun direkt zum wolkenlosen Himmel, und wir machten uns bereit. Dann der Pfiff. Wie ein Pfeil schoss ich nach vorne und rannte der Ziellinie entgegen. Ich mochte das Gefühl, wenn sich meine Muskeln zusammenzogen und sich daraufhin entspannten, nur um gleich darauf von vorne beginnen zu können. Ich versuchte, so gleichmäßig wie möglich zu atmen, denn darin lag das Geheimnis, wenn man es so nennen wollte, und passierte kurz darauf das Ziel. Ein wenig keuchend drehte ich mich um und sah Vivian kurz darauf neben mir innehalten, am Start machten sich die Nächsten bereit. „Wow, du bist echt schnell“, japste Vivian beeindruckt. „Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, mit dir Schritt zu halten, aber das war so gut wie unmöglich.“ Ich richtete mich wieder auf, mein Atem ging einigermaßen normal und es brannte nicht mehr so unangenehm in der Luftröhre, wenn ich einatmete. „Na ja, es geht. Ich würde gerne noch schneller, aber das machen meine Beine wohl nicht mit“, erwiderte ich und lächelte.
„Noch schneller? Dann brauchst du ja bald kein Auto mehr“, prustete die Blonde und lachte. Ich stimmte mit ein, das wäre vielleicht praktisch. Ich schüttelte nur lächelnd den Kopf, als Vivian sich sofort an die nächsten beiden wandte, die keuchend und völlig erschöpft ankamen, und zog mich in den Schatten der Bäume zurück. Mag sein, dass die Temperatur nicht so hoch war, aber in der Sonne war es aus Prinzip wärmer. „Noch eine Gemeinsamkeit“, tönte es direkt hinter mir, was mich zusammenzucken und herumfahren ließ. Natürlich hatte ich die Stimme schon erkannt und doch konnte ich mich einfach nicht daran gewöhnen, dass er teilweise aus dem Nichts aufzutauchen schien.
„Was meinst du?“, fragte ich Ayden mit einem vorwurfsvollen Blick, während ich eine Hand auf mein rasendes Herz legte. Der Schwarzhaarige lächelte nur, nahm meine andere Hand und betrachtete sie eingehend, als wäre sie ein Schmuckstück von unschätzbar hohem Wert. Ein Verhalten, mit dem ich so gar nichts anfangen konnte. „Wir mögen es beide zu laufen. Und das möglichst schnell“, löste er das Rätsel auf und ließ meine Hand fahren. „Wie geht es deinem Herzschlag?“
„Ist immer noch schneller, als direkt nach dem Sprint“, erwiderte ich trocken und vor Sarkasmus triefend. Es schüttelte ihn vor stummen Lachen. „Gibt es einen Grund dafür, dass du mich so aus dem Hinterhalt erschreckst?“, wollte ich vorwurfsvoll wissen – ein Versuch meinerseits, von meiner peinlichen Situation abzulenken.
„Leyla, was kann ich dafür, dass du so unaufmerksam bist und mich einfach nicht siehst?“, tadelte mich Ayden mit gespielt beleidigtem Tonfall. Ich zuckte mit den Schultern. „Ich wollte dich eigentlich fragen, ob du am Samstag schon etwas vorhast“, ließ er die Katze unvermittelt aus dem Sack und beobachtete genauestens jede noch so kleine Reaktion von mir. Zunächst starrte ich ihn verwirrt und angenehm überrascht an, während ich merkte, dass mein Herz für einen Moment derart heftig geschlagen hatte, dass es hätte aus meiner Brust springen müssen.
Dann blinzelte ich und schluckte, um meine Fassung wiederzugewinnen, bis ich schließlich sagte: „Nichts.“
„Super. Wie wäre es dann, wenn ich dich nach Wellington begleiten würde?“, ereiferte sich Ayden sofort.
„Begleiten? Ich hatte nie vor …“, setzte ich an, wurde jedoch von dem Schwarzhaarigen mit einer genervten Handbewegung unterbrochen.
„Ich dachte du brauchst neue Bücher? Und vielleicht auch neue Klamotten? Wellington ist genau das Richtige für dich, Leyla. Eine große Stadt mit vielen Möglichkeiten. Ich muss sowieso dorthin, ebenfalls um ein paar Besorgungen zu machen. Also warum fliegen wir nicht zusammen?“
„Fliegen?“, hakte ich verwirrt nach. Es war wohl eindeutig ein Fehler, dass ich den Erdkundekurs nicht belegt hatte. Ayden verdrehte demonstrativ die Augen.
„Wellington liegt am südwestlichsten Zipfel der Nordinsel Neuseelands, da kann man nicht mit dem Auto hinfahren … obwohl es einen Versuch ja wert wäre“, grinste er.
„Nein, lass mal, ich wollte eigentlich nicht im Meer baden gehen“, gab ich mit einer hochgezogenen Augenbraue zurück. „Dann muss ich mir heute noch Flugtickets besorgen. Von wo …?“ Wieder unterbrach der Schwarzhaarige mich eifrig.
„Ich habe bereits die Karten. Wir fliegen vom Nelson Airport.“
„Wieso hast du schon meine Karte gekauft, obwohl du noch gar nicht wusstest, dass ich komme?“, fragte ich, bevor ich mich eines Besseren besinnen konnte.
„Weil ich gehofft hatte, dass du mitkommst. Außerdem wäre es ein Leichtes gewesen, Kira zu überreden mitzukommen, falls du absagst. Sie ist so ein typischer Modefreak, der stundenlang in Boutiquen rumlaufen kann, ohne des Shoppens überdrüssig zu werden“, antwortete Ayden mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck.
„Das kann ich mir irgendwie lebhaft vorstellen“, murmelte ich, in Gedanken ein Bild von seiner weißblonden Schwester, die immer aktuelle Mode trug, die sie wie ein Model aussehen ließ. Das nahm Ayden zum Anlass, laut und befreit zu lachen. Es war derart mitreißend, dass man nur schwer widerstehen konnte, es ihm nicht gleichzutun. „Also, darf ich dich morgen um 7 Uhr abholen?“, wollte der junge Mann mit einem Glitzern in den Augen wissen.
„Um 7 Uhr früh?“, hakte ich mit leichter Skepsis nach. Ich war eigentlich kein Frühaufsteher.
„Damit wir den Flug noch bekommen“, erwiderte Ayden sofort.
„Der um wie viel Uhr geht?“, bohrte ich weiter.
„Um 8:15 Uhr.“ Mein Mund klappte halb auf.
„Und dann soll ich erst um 7 Uhr fertig sein? Man braucht eine und eine halbe Stunde bis dorthin!“
„Nicht, wenn ich fahre, dann reduziert sich die Zeit auf eine Stunde.“ Ganz der Vater.
„Nun, wenn du das sagst“, gab ich seufzend klein bei.
„Das tue ich“, erwiderte Ayden mit fester Stimme. Er schien offenbar bester Laune zu sein, er sprühte nahezu vor guter Laune und Glück, und ich konnte mir, entgegen dem Gefühl in meiner Brust, einfach nicht vorstellen, dass das mit meiner Zusage zusammenhängen sollte. Hinter mir ertönte ein Pfiff, offenbar war die Sportstunde schon vorüber. Wie die Zeit verging, wenn ich mit dem gut aussehenden jungen Mann zusammen war! Ayden lächelte auf einmal verschmitzt, ein Lächeln, das schnell zu einem Grinsen mutierte. Dann lief er an mir vorbei zum Lehrer, wobei er es sich nicht nehmen ließ, mich, als er dicht an mir vorbeilief, auf die Wange zu küssen. Die Berührung dauerte vielleicht einen Augenblick, doch ich spürte sie so intensiv, als hätte sie mehrere Minuten oder gar Stunden gedauert. Verdattert blieb ich stehen, wo ich war, bis ein weiterer, ungeduldigerer Pfiff zu hören war, und ich mich in Bewegung setzte. Ich war mir sicher, dass ich rot war, erst recht, als Ayden mich wieder mit diesen glücklichen, glitzernden Augen ansah. Mein Herz spielte indes in meiner Brust verrückt. Oh Gott, das würde was werden am Samstag …
Es war dunkel. Alles um mich herum war dunkel. Nein, eher schwarz. Alles war schwarz. Meine Augen wollten, doch konnten sie diese vollkommene Schwärze nicht durchdringen. Ich spürte meinen Körper, streckte meine Hand aus, doch konnte ich sie nicht sehen. War ich in schwarzem Nebel? Doch wo gab es schon schwarzen Nebel? Ich führte meine Hand immer näher zu meinem Gesicht, doch ich sah sie nicht, nicht mal, als ich spürte, dass meine Finger meinen Nasenrücken berührten. Ich spürte, dass ich auf festem Boden stand. Mein Instinkt sagte mir: Lauf weg! Doch wohin? Wenn ich um einen Millimeter rückte, könnte da vielleicht ein Abgrund lauern, in den ich fallen würde. Ich konnte nichts sehen – nichts sehen … Dumpfe Stimmen kamen aus der Ferne. „Hallo! Ist da jemand?“, wollte ich rufen, doch kein Laut verließ meine Lippen. Die Stimmen wurden lauter, dann wieder leiser, als würde jemand an der Lautstärke eines Radios drehen. Ich versuchte wieder, in der vollkommenen Schwärze zu sehen, doch vergebens. Die Stimmen wurden lauter und klarer, ich konnte sie differenzieren: ein Mann und eine Frau. Sie diskutierten, also konnten es nicht meine Eltern sein, die hatten sich immer gestritten und zwar sehr heftig. Aber wer sonst sollte es sein? Wer machte sich die Mühe, überhaupt in meiner Nähe zu sein?
Ein Lichtpunkt formte sich direkt vor mir und mir wurde klar, dass die Stimmen von dort zu kommen schienen. Ich bewegte mich, ging auf das Licht zu, wollte unbedingt wissen, wer da redete – und schlug dabei meinen Instinkt, stehen zu bleiben in den Wind. Dafür musste ich bezahlen. Schon der erste Schritt genügte. Statt festen Boden zu spüren, war da nichts als Leere. Ich verlor das Gleichgewicht, stürzte, fiel und fiel in bodenlose Tiefe, das Licht entfernte sich, die Stimmen wurden leiser und doch konnte ich eines genau heraushören: Leyla …
Ich fuhr erschrocken auf. Alles in mir schien immer noch in dieser eigentümlichen Sphäre des Albtraumes gefangen zu sein. Selbst mein Atem, der schwer vom versuchten Schreien ging, verriet, dass mich der Traum mitgenommen hatte. Ich stand auf und streckte mich, wobei ich ein leichtes Zittern nicht verhindern konnte und ging dann sofort in meinen Kleiderschrank – mein Blick war auf die Anzeige meines Weckers gefallen, die 6:45 Uhr verkündete. Ich suchte meine Sachen zusammen, zog mich im Schrank noch um und lief dann zum Bad. Dort putzte ich mir rasch die Zähne und kämmte meine langen, goldblonden Haare, die ich heute ausnahmsweise einmal offen tragen wollte. Wenn ich schon mit so einem gut aussehenden Typen unterwegs war, musste ich wenigstens ansatzweise so gut aussehen wie er. Das brauchte ich, um mich vor mir selbst rechtfertigen zu können.
Ich betrachtete mein Spiegelbild. Ich hatte eine schwarze Jeans angezogen, da mir das Wetter dieser Tage nicht geheuer war, und ein langärmliges, dunkelblaues Shirt, dessen Ärmel zum Handgelenk hin immer weiter wurden und somit einen eleganten Schlag bildeten. Bis zur Taille lag es hauteng an, dann wurde es weit, als wäre es eine Art Minirock. Vorn auf der Brust verflochten sich kunstvolle Ornamente ineinander, einige weiß, andere schwarz und wieder andere silbern. Nachdem ich mir einen Hauch von blauem Lidschatten aufgetragen hatte, fand ich, dass ich akzeptabel aussah, und trug nur noch ein wenig Lipgloss auf, um das Bild abzurunden. Da ich mir am Abend zuvor die Haare gewaschen und daraufhin offen gelassen hatte, wellten sie sich und fielen in weichen Kaskaden über meine Schulter. Alles in allem sah ich so schlecht nicht aus – nicht, dass ich das irgendwie und irgendwann bezweifelt hätte, doch wenn man mit Ayden, Cináed und vor allem Kira mithalten wollte, musste man schon ein wenig auffahren. Ich huschte wieder ins Schlafzimmer, wobei ich bemerkte, dass ich geschlagene drei Minuten hatte, bis Ayden mich abholen würde, schnappte mir meine weiße Lederhandtasche, packte mein Portemonnaie, mein Handy und eine Packung Taschentücher ein und eilte zum Flur, wobei ich die Hausschlüssel an mich nahm, ebenso meine Jeansjacke. Gleich darauf klopfte es. Ich öffnete beinahe schon beseelt die Tür und wurde von Aydens grinsendem Gesicht empfangen, der nur zu seinem Mercedes nickte. Ich schloss schnell die Tür hinter mir ab und setzte mich auf den Beifahrersitz, wobei ich darauf achtete, nicht auf die Geschwindigkeitsanzeige zu schauen.
Den Großteil der Fahrt verbrachten wir schweigend, was daran lag, dass ich mich weigerte, ihn vom Fahren abzulenken, wenn er schon wie ein Henker fuhr. Ich hatte nichts gegen hohe Geschwindigkeiten, aber dazu musste es schon ein wirklich sehr gut ausgebauter High Way sein … Wir schafften es tatsächlich rechtzeitig zum Nelson Airport, was mich ein wenig schaudern ließ bei dem Gedanken, dass Kenneth seiner Zeit genauso schnell gefahren sein musste, während ich nichts ahnend geschlafen hatte.
Wenig später saßen wir im Flugzeug. Meiner Ausrede des Schweigens auf brutale Art und Weise beraubt, musste ich auf seine Art der Konversation eingehen: Mir Fragen stellen und eine Antwort in jeglicher Art und Weise zu erzwingen – wobei er das ‚Zwingen’ äußerst geschickt anging. Ich war einerseits dankbar und andererseits misstrauisch, dass er die Situation, in der ich unmöglich davonlaufen konnte, nicht ausnutzte, um mich wieder zu löchern, weshalb ich so geworden bin, wie ich jetzt war. Doch entweder lag es einfach an den Menschen um uns herum, dass er mir diese Entblößung gnädigerweise ersparte, oder er hatte es schlichtweg vergessen, was genauso gut möglich war in Anbetracht seines Enthusiasmus.
Am Wellington International Airport erwartete mich dann eine weitere Überraschung: eine schneeweiße Limousine, die nur darauf wartete, dass wir einstiegen, wie mir Ayden stolz erklärte. Allmählich machte ich mir wirklich über das Gehalt seines Vaters und die Arbeit seiner Mutter Gedanken und nahm mir vor, ihn bei Gelegenheit danach zu fragen. Da ich wie festgefroren auf dem Bürgersteig war, schob mich der Schwarzhaarige energisch ins Wageninnere, das eine Wohnung hätte sein können, und drückte mich auf die sofaähnliche Rückbank. Er bot mir allen Ernstes sogar was zu trinken an, doch er ließ das Thema fallen, als er meinen Gesichtsausdruck sah. „Du bist wirklich eigenartig“, murmelte Ayden in Gedanken versunken.
„Ach, das höre ich ausgerechnet von dir?!“, fauchte ich zurück, ich kam mit der ganzen Situation immer noch nicht so ganz zurecht. „Jetzt hast du mich schwer beleidigt.“ Ein Lächeln huschte über sein schönes Gesicht, dann schüttelte er den Kopf. „Ich meine damit, dass wirklich jede andere Luftsprünge machen oder sich zumindest freuen würde, wenn ich mit so etwas auffahren würde und zwar nur für sie. Doch dich lässt das alles kalt, es scheint dir sogar zu missfallen“, erklärte er ernst und zog dabei ein Gesicht, das einem Schmollen recht ähnlich sah, dafür jedoch zu ernsthaft wirkte.
„Ich dachte, du hättest bereits gemerkt, dass man mich nicht mit den gewöhnlichen Mädchen auf eine Stufe stellen kann, ohne entweder sie oder mich zu beleidigen“, gab ich etwas diplomatischer zurück. Statt einer Antwort starrte mich Ayden nur mit seinen blauen Augen an, die ein wenig dunkler als gewöhnlich zu sein schienen. Konnte sein, dass es an der Beleuchtung lag und doch war es mir schon einmal aufgefallen, dass seine Augen ein klein wenig dunkler wurden. Aber womit hing das zusammen?
Die Häuser, die links an den leicht verdunkelten Scheiben vorüberzogen, wurden immer höher, wohingegen rechts das Meer zaghaft im Licht der gerade aufgegangenen Sonne glitzerte. Irgendwann kamen wir von der Straße, die direkt am Meer entlangführte, sodass man das Treiben im Hafen beobachten konnte, ab und tauchten ein in das Zentrum der Stadt Wellington. Dominiert von verglasten Hochhäusern bot es wirklich einen beeindruckenden Anblick, wenngleich nicht einmal halb so beeindruckend wie New York. Und doch, da ich mich an Takaka gewöhnt hatte, war es etwas Besonderes.
„Warum haben meine Eltern mir nicht hier ein Haus gekauft?“, seufzte ich wehmütig.
„Was ist so toll an einer riesigen Stadt? Zu viele Menschen, zu viele Geräusche …“, nahm Ayden den Faden sofort auf.
„Man findet aber immer alles, was man sucht, und das teilweise mehrfach. Außerdem hat man hier noch so eine Art Privatsphäre. Mal angenommen, ich fresse etwas in Takaka aus, dann weiß es die ganze Stadt, wenn nicht gar das Umland. Hier würde sich das auf einen Stadtteil begrenzen, damit wäre es getan“, hielt ich sofort dagegen.
„Bleiben aber noch die anderen Störfaktoren“, beharrte der Schwarzhaarige mit einem Stirnrunzeln und einem Blick nach draußen.
„Man kann ja in einen Vorort ziehen“, sagte ich und verdrehte demonstrativ die Augen.
„Dann hat man aber einen langen Anfahrtsweg, und wenn ich mir den Verkehr hier so ansehe, dann wäre man fast schon schneller zu Fuß“, schnappte Ayden, aus irgendeinem Grund ausgesprochen missgelaunt.
„Das mag sein“, lenkte ich ein, da auch mir das Schneckentempo auffiel, mit dem wir durch die Straßen schlichen. Der andere schwieg. „Was ist mit dir?“, wollte ich nach einer Weile wissen, in der er immer noch nicht mit der Sprache rausgerückt hatte.
„Ach nichts. Ist dir aufgefallen, dass wir uns nicht begegnet wären, wenn du nach Wellington gezogen wärst?“, bemerkte Ayden nur kühl. Es machte klick in meinem Gehirn.
„Doch, natürlich“, erwiderte ich sofort, was zur Folge hatte, dass er mich mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck ansah. „Einer der Gründe, weshalb ich die Wahl meiner Eltern auch nicht bereue … denke ich …“, fuhr ich immer leiser werdender fort.
„Denkst du?“, wisperte Ayden auf einmal gefährlich nah. Ich hob den Blick, den ich während meines Geständnisses gesenkt hatte, und traf sofort auf den seiner blauen Augen. Er hatte sich wohl binnen Millisekunden dicht zu mir gesetzt, was in Anbetracht der Größe der Limousine eine ziemliche Leistung war. Ich schluckte hart. „Ja, denke ich.“
„Warum so unsicher?“
„Ich weiß immer noch nicht, ob du das Beste oder Schlechteste bist, was mir passiert ist.“ Mist. Sein Blick und seine gesamte Ausstrahlung schafften es irgendwie immer wieder, dass ich mehr sagte, als ich eigentlich wollte.
„Ich höre“, forderte er mich sanft auf, meine jeweiligen Standpunkte zu erläutern. Ich wusste, dass es zu spät war, einen Rückzieher zu machen und einfach stur zu schweigen, da er daraus die falschen Schlüsse ziehen könnte, und verdammte erneut seine Art, an Informationen zu gelangen.
„Das Schlechteste, weil du alle meine Vorsätze irgendwie immer über den Haufen wirfst“, knirschte ich mit den Zähnen, wobei Ayden leise lachte, ich wusste nur nicht, ob über meine Art es zu sagen oder den Inhalt der Worte. „Und das Beste … nun …“ Ich brach ab.
„Ja?“, bedrängten mich seine Worte, doch auch sein Körper. Ich war schon in die äußerste Ecke des Sitzes zurückgewichen, sodass ich die Tür im Rücken hatte, doch er war mir weiter gefolgt und stützte sich zu allem Überfluss jetzt auch noch an besagter Tür mit der rechten Hand ab. Ich schluckte schwer, mein Herz machte schlicht, was es wollte und meine Gefühle machten es ihm gleich. Aydens Augen wurden schmal, jedoch nicht aus Wut, sondern aus einem anderen Grund. Mir war egal, welcher es war, jedenfalls sah er jetzt sogar noch besser aus als sonst, so nahe, so drängend … „Weil … du …“ Ich brach wieder ab, jedoch nicht, weil ich nicht reden wollte, sondern weil er sich immer tiefer zu mir hinabbeugte. Gerade, als ich das Für und Wider eines Widerstandes abwägen wollte, hielt der Wagen und die Fahrertür schlug zu. Ayden machte ein säuerliches Gesicht, zog sich dann jedoch zurück, wobei er es nicht versäumte, mich mitzuziehen, da gleich darauf die Tür in meinem Rücken aufgemacht wurde und ich sonst das Straßenpflaster geküsst hätte. Der Schwarzhaarige schob mich dann bestimmt hinaus in das Sonnenlicht, nahm meine Hand, legte sie in seinen Ellenbogen, sodass es aussah, als hätte ich mich bei ihm eingehackt, und lief zielstrebig von der Limousine weg, die auf uns warten würde, wie uns der Chauffeur versicherte.
312 Lambton Quay war fortan die Adresse meiner Träume, mal neben meiner eigenen und der unbekannten Aydens. Whitcoulls, so hieß der Buchladen, in den mich der gut aussehende Mann entführt hatte und vor dem wir jetzt standen. Die weiße Fassade wirkte alt oder eher traditioneller, im Vergleich zu den verglasten Fronten, die das Haus einkeilten. Drei Etagen voller Bücher erwarteten mich im Inneren, wie mir Ayden strahlend ob meines faszinierten Gesichtsausdrucks mitteilte. „Dir ist klar, dass ich hier so schnell nicht weggehen werde?“, meinte ich ironisch und ließ meinen Blick wieder über das Gebäude schweifen.
„Damit hatte ich gerechnet, ja“, erwiderte Ayden nur und grinste schelmisch. Es schien ihn diebisch zu freuen, dass er mir so eine Freude bereitet hatte. Nun, das hatte er wirklich, es war schon eine Weile her, dass ich in so einem wundervollen Buchladen war. Dementsprechend hatte er sich ein Dankeschön verdient. Bevor mein Kopf dagegen protestieren konnte, warf ich mich dem Schwarzhaarigen kurzerhand um den Hals, drückte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange und wisperte „Danke!“ in sein Ohr. Dann, genauso plötzlich, wie ich ihn überfallen hatte, ließ ich von ihm ab und ging schnellen Schrittes in die Bücherei, damit er meine roten Wangen nicht sehen konnte. Was zur logischen Folge hatte, dass ich leider seine Reaktion nicht mitbekam.
Wie ich es bereits prophezeit hatte, verließ ich das Buchgeschäft nicht. Da Ayden jedoch noch andere Besorgungen zu tätigen hatte, verabredeten wir uns um 17 Uhr beim McDonalds, der sich weiter nördlich befand. Unser Flug zurück nach Nelson ging erst um 18 Uhr, hieß also, dass ich ungefähr um 20 Uhr wieder in meinem Haus sein würde. Ich zuckte nur mit den Schultern bei dem Gedanken. Es wartete schließlich niemand auf mich und diese Gewissheit der Freiheit beflügelte mich. Ich stöberte hier und da, wobei ich sorgsam darauf achtete, ab und an auf meine Armbanduhr zu sehen und beobachtete halb schon mit Schrecken, wie der Bücherstapel der potenziellen Einkäufe schwindelerregend schnell wuchs. Kurz vor fünf hievte ich meinen beachtlichen Buchstapel zur Kasse, wo ich ohne Bedenken mit der Karte bezahlte – es gab keinen Zweifel, dass ich genug Geld für zehn solcher Einkäufe auf dem Konto hatte, schließlich waren schon einige Tage ins Land gezogen, in denen mir meine Eltern immer das Geld überwiesen hatten.
Die Stofftaschen spannten gefährlich, rissen jedoch nicht, als ich zum McDonalds lief. Eigentümlicherweise war es schon recht dunkel, was an den dicken Wolken am Himmel lag, und meine Stirn legte sich in Falten. Nicht nur, weil die Straße ziemlich verlassen wirkte, sondern auch, weil ich mir Gedanken darüber machte, ob unser Flug starten würde. Ich hörte Schritte hinter mir und wurde nervös, beruhigte mich jedoch gleichzeitig damit, dass, wenn wirklich jemand so blöd sein sollte, mich zu überfallen, er eine prall gefüllte Tasche mit dicken Wälzern gegen den Kopf kriegen würde, was ihn definitiv außer Gefecht setzen würde. Trotzdem, sicherheitshalber lief ich schneller. Ich hatte keine Ahnung, wie weit es noch zu dem Fast-Food-Restaurant war, doch ich bildete mir ein, vor mir die Leuchttafel zu sehen.
Mit einem Mal war Ayden – knurrend?! – an meiner Seite, schlang einen Arm um meine Taille und zerrte mich schnell zu dem Schild, drängte mich die Treppe hinauf und in das Lokal, wobei jeder seiner Muskeln angespannt war und er einen mörderischen Gesichtsausdruck hatte. Er stieß mich hinein und wirbelte auf dem Absatz herum, ebenso wie ich, sodass er zwei bulligen Typen gegenüberstand, die mich unverhohlen anzüglich anlächelten. Dann fiel ihr Blick auf Ayden – eigenartig, dass sie ihn vorher hatten ignorieren können – und sie wurden leichenblass, was komisch hätte aussehen können, wenn sie mich nicht gerade eben noch verfolgt hätten. Sie stolperten rückwärts und suchten das Weite, während Ayden Anstalten machte, ihnen zu folgen. „Lass sie!“, schaltete ich mich sofort ein. Ayden mochte zwar stark sein, aber gegen zwei Typen, die wie Bodybuilder aussahen, würde er wohl nicht ankommen. „Und warum sollte ich das tun?“, grollte der Schwarzhaarige mit Blick nach draußen, er schien immer noch auf dem Sprung zu sein. Da ich mir nicht anders zu helfen wusste, packte ich ihn am Arm und zog ihn demonstrativ zu mir. „Sie verdienen den Tod und ich werde ihn ihnen geben, gnädig, wie ich bin.“
„Nein, das tust du nicht“, sagte ich verärgert, woraufhin Ayden mich irritiert ansah. „Dir ist schon bewusst, dass sie dir gefolgt sind und dich …?“
„Ja – ich meine – ich hatte es befürchtet“, unterbrach ich ihn. „Aber du sollst nicht meinetwegen zum Verbrecher werden.“
„Was, wenn ich das in gewisser Weise schon bin?“ Da war schon wieder dieses frustrierende Etwas, über das er sprach. Grrr.
„Das glaube ich dir nicht, und nichts kann so schlimm sein wie ein Mord“, beharrte ich und zog ihn zu einem Platz, damit er von der Tür wegkam. „Möchtest du was?“
„Nein.“ Ayden sah verstimmt aus und ich beschloss, ihn für die Dauer des Bestellens allein zu lassen. Sollte er sich rausschleichen wollen, würde ich ihn sehen. Kurz darauf kam ich mit einem McChicken-Menü zurück und legte das Tablett zwischen uns. „Damit das mal klar ist, du isst auch was.“
„Warum?“, wollte Ayden mit dem Anflug eines Grinsens ob meines befehlsheischenden Tons wissen.
„Damit du dich abreagierst und auf etwas anderes konzentrierst“, gab ich kräftig zurück und aß zögernd eine Pommes.
„Damit ich mich auf etwas anderes konzentriere, muss ich nichts essen“, grinste Ayden nun wieder vollauf er selbst. „Deine Anwesenheit reicht vollkommen aus.“ Ich blinzelte ungläubig, dann wandte ich mich meinem McChicken zu. Wieso musste er mich auch immer in Verlegenheit bringen? Er seufzte und sah verärgert zur Tür, gerade so, als dachte er, wir würden von den Typen beobachtet oder so etwas in der Art. Und ich dachte immer, ich hätte paranoische Züge …
„Ach übrigens …“, sprach ich ihn nach einer Weile an. Er sah mich nur auffordernd an. „Danke.“ Er wusste sofort, was ich meinte.
„Dachtest du etwa, ich würde dich diesen Typen überlassen? Selbst wenn du es gewollt hättest, wäre ich dazwischen gegangen und hätte dich da rausgeholt“, erwiderte Ayden nur ernst.
„Als ob ich so etwas wollen würde … ich bin meines Wissens noch nicht zum Masochisten mutiert“, grummelte ich und biss wieder von meinem Burger ab.
„Deines Wissens“, grinste der andere nur, was mich dazu veranlasste, ihn wütend anzustarren, woraufhin er abwehrend die Hände hob. „Okay, okay, du bist kein Masochist.“ Ich legte den kläglichen Rest des McChicken zur Seite und musterte ihn wütend.
„Das hört sich so an, als ob du davon ausgehst, dass ich einer wäre“, sagte ich grollend. Ayden zuckte nur mit den Schultern. „Also wirklich, was soll ich denn sonst von jemandem halten, der sich wie ein Außenseiter benimmt? Menschen brauchen andere um sich, das ist ein Gesetz, das du willentlich brichst. Kann sein …“, hob er die Stimme, als er sah, wie ich ihn unterbrechen wollte, „ … dass du das aus einem guten Grund machst, aber trotzdem ist das bestimmt nicht das perfekte Rezept, um die Wunden deiner Seele heilen zu lassen.“
„Das bestimme ich immer noch selber“, grummelte ich. ‚Wunden meiner Seele’ hatte er gesagt. Treffender konnte man es nicht beschreiben und ich entsann mich, dass ich das ihm gegenüber schon einmal so ähnlich formuliert hatte. Hatte er sich das etwa gemerkt?
„Vielleicht“, lenkte Ayden mit einem grandios verführerischen Lächeln ein, „vielleicht aber auch nicht.“ Ich verzog nur das Gesicht und starrte aus dem nahe gelegenen Fenster in die Nacht hinein. Ein kurzer Blick auf die Uhr, den Ayden fast zeitgleich tätigte, und wir wussten beide, dass wir uns langsam, aber sicher auf den Weg machen mussten, um unseren Flieger noch zu bekommen. Ich räumte das Tablett weg und bemerkte gleichzeitig, dass der Schwarzhaarige doch nichts gegessen hatte. Das würde noch ein Nachspiel haben. Ich griff mechanisch zu meinen prall gefüllten Taschen, nur um zu bemerken, dass sie fort waren.
„Komm schon!“, rief mir Ayden über die Schulter hinweg zu und ging bereits die Treppen runter, meine Taschen in einer Hand haltend. Hm, vielleicht war er doch stärker, als ich dachte …