Hahnemanns Töchter
Langsam spazierten sie die Bernburger Straße entlang. Es war kühl und bereits dunkel, die Nacht war klar, und der Himmel hing voller Sterne. Mélanie legte den Kopf in den Nacken und betrachtete den Mond, der schon am Nachmittag aufgegangen war und nun hoch über ihnen als schmale Sichel auf dem Rücken lag. Er sah aus wie eine Schale, und plötzlich war ihr, als brauchte sie nur die Hand auszustrecken und hinaufzugreifen, und dann könnte sie alles, was sie sich wünschte, aus dieser Schale herausholen. Liebe und Glück, tausend Küsse, Gesundheit und ein langes Leben – was auch immer sie begehrte, es war schon in der Welt und lag für sie bereit.
Bevor sie auf die andere Seite wechselten, reichte Dr. Hahnemann ihr den Arm. Sie hängte sich bei ihm ein und ließ auch nicht los, als sie drüben angekommen waren. Zu gut fühlte es sich an, ihm so nahe zu sein, so beruhigend, so warm und geborgen.
Sie sprachen kein Wort, vielleicht, weil sie Angst hatten, die wunderbare Stimmung zu vertreiben, vielleicht, weil sie nichts zu sagen brauchten, um sich zu verstehen. Es lag ein seltsames Einverständnis zwischen ihnen, das Worte in solchen Momenten überflüssig sein ließ. Diese Erkenntnis erstaunte Mélanie und auch wieder nicht. Sie wußte, wenn es je einen Mann für sie geben würde, dann mußte sich das Zusammensein mit ihm genau so anfühlen.
Vor Haus Nr. 270 angekommen, legte Samuel kurz seine Hand auf ihre, dann öffnete er die Tür und ließ ihr den Vortritt.
Es war Luise, die ihnen im Flur entgegenkam. Samuel nahm seinem Gast die Mantille mit dem Pelzbesatz ab und legte sie über einen Stuhl. Darunter kam ein Kleid aus weinroter Seide mit geschnürter Taille und weitem Rock zum Vorschein. Der Besatz, der das schulterfreie Dekolleté umspielte und spitz gegen die Taille zulief, war aus weißem, in feine Biesen gelegtem Georgette. In die Mitte des Besatzes hatte Mélanie eine Brosche aus in Gold gefaßten Granaten gesteckt, die farblich genau mit dem Kleid harmonierte und wunderbar zu ihren blonden Haaren und blauen Augen paßte.
Fasziniert starrte Luise diese Frau aus Paris an. Sie schien hin und her gerissen zwischen einem leisen Entsetzen und Begeisterung. Ein Kleid, schulterfrei und mit geschnürter Taille! Niemals würde sich in Köthen eine Dame so kleiden! Doch wie elegant, wie schön diese Frau war! Dagegen mußte sie selbst sich in ihrem dunkelblauen Kleid, das unterm Busen gerafft war und dann in Falten bis zum Boden fiel, armselig und unscheinbar vorkommen.
»Das ist meine Tochter Luise«, stellte Dr. Hahnemann vor, »und das Marquise Marie Mélanie d'Hervilly Gohier, meine Patientin aus Paris.«
Die beiden Frauen begrüßten sich.
»Ich freue mich, daß ich heute Ihr Gast sein darf.«
»Die Freude ist ganz auf unserer Seite. Es kommt nicht oft vor, daß Vater …«, Luise warf ihm einen schnellen Seitenblick zu, »nun ja, daß er jemanden in unser Haus bittet.«
»Dann ist die Ehre ja ganz besonders groß!« Mélanie schenkte Dr. Hahnemann ein Lächeln.
»Ja, das kann man so sagen.« Der kratzige Unterton in Luises Stimme ließ Mélanie aufhorchen.
»Aber so kommen Sie doch herein!«
Samuel öffnete eine Tür. Der Raum, der sich vor ihnen auftat, war schlicht, aber gemütlich eingerichtet. Über dem Kamin hing ein Gemälde, das eine Frau um die sechzig zeigte, die über einem hochgeschlossenen Kleid mit ausladendem weißen Spitzenkragen eine rüschenbesetzte weiße Haube trug. Mit ernstem, fast fragendem Blick schien sie Mélanie zu betrachten.
»Das ist unsere Mutter.«
Überrascht fuhr Mélanie herum. Hinter ihr stand, wie aus dem Boden gezaubert, die Frau, die sie am Morgen zu Dr. Hahnemann gebracht hatte. Ihr Gesicht war etwas schmaler als das Luises, ansonsten sah sie ihrer Schwester sehr ähnlich. Welche von beiden die jüngere war, konnte Mélanie nicht sagen. Sie mußten fast gleich alt sein, vielleicht dreißig Jahre.
»Charlotte kennen Sie ja schon«, sagte Dr. Hahnemann. »Meine beiden Töchter leben hier mit mir und versorgen mich aufs beste. Manchmal sind sie etwas streng … aber das bin ich vielleicht auch.« Er lachte und legte Charlotte den Arm um die Schulter. Dann wandte er sich wieder an Mélanie.
»Möchten Sie einen Aperitif? Vielleicht ein Gläschen Holunderwein?«
»Ja, gerne.«
Samuel Hahnemann bot Mélanie einen Platz am Kamin an. Charlotte brachte ein bereitstehendes Tablett mit vier Gläsern und einer Karaffe. Während sie es auf einem kleinen Beistelltisch absetzte, betrachtete sie Mélanies Kleid, das farblich so gut zum Holunderwein paßte, als wäre beides aufeinander abgestimmt worden. Ein Anflug von Neid war in ihren Augen zu erkennen. Seit vier Jahren hatte sie dieses Haus nur noch selten verlassen, zumeist, um Besorgungen für den Haushalt oder für ihren Vater zu machen, um auf den Friedhof zu gehen oder eine ihrer Schwestern zu besuchen. Aber keine Einladung mehr ins Schloß, kein Konzert mehr, auch kein Besuch bei der Schneiderin. Wozu auch? Zu welcher Gelegenheit hätte sie ein neues, modisches Kleid wie das der Marquise tragen sollen?
Samuel reichte Mélanie ein Glas und prostete ihr zu. »Auf Sie, mein liebes Kind, und auf einen schönen Abend.« Seine Augen leuchteten, als er seine junge Patientin über die Gebühr lange ansah und ihr dabei ein Lächeln schenkte, das seine beiden Töchter als unschicklich bezeichnet hätten, wäre er nicht ihr Vater und ein alter Mann gewesen.
Charlotte ging in die Küche. Luise setzte sich in den Sessel, in dem früher immer ihre Mutter gesessen hatte, und bat ihren Gast, von Paris zu erzählen. »Wie ich hörte, sind Sie Dichterin und Malerin und …«, sie zögerte, »und Sie leben allein? Gibt es viele Frauen in Paris, die allein leben und ihren Lebensunterhalt selbst verdienen?«
»Nein, es sind einige, aber nicht viele. Und es ist auch in Paris unüblich, daß eine Frau einen eigenen Haushalt führt. Sofern sie nicht verheiratet ist, wohnt sie bei einem Mitglied der Familie. Ich habe mich zu einem Leben in Eigenverantwortlichkeit entschlossen, weil ich nicht bereit war, mich in das Gefängnis einer Ehe zu begeben. Ich konnte das tun, weil ich einen Vater habe, der liberal denkt. Niemals würde er mich zu einem Leben zwingen, das ich nicht führen möchte.«
»Und Sie stellen Ihre Gemälde tatsächlich aus?«
»Ich …« Mélanie brach ab, denn Charlotte kam mit einer Terrine herein und bat zum Essen.
Bevor Mélanie sich setzte, lobte sie die liebevoll gedeckte Tafel. Die Mitte zierte ein Blumenarrangement aus blauen Hortensien und langen Efeuranken, dazwischen Schleifen und Kerzen in kleinen Silberleuchtern.
Zum ersten Mal war ein Lächeln auf Charlottes Gesicht zu sehen. »Vielen Dank, Marquise – als Vorspeise gibt es heiße Bouillon mit Pastetchen. Ich hoffe, das mögen Sie.« Sie schöpfte etwas von der Suppe in die Tassen.
»Ich bin ganz sicher!« Mélanie seufzte. »Wenn Sie wüßten, was ich während der Reise alles vorgesetzt bekam! Die deutschen Poststationen haben einen schlechten Ruf, nicht nur, was ihre Küche betrifft. Aber daß Essen so abscheulich schmecken kann, hätte ich vorher nicht einmal zu denken gewagt.« Sie kostete und nickte anerkennend. »Mein Kompliment, Mademoiselle Hahnemann!«
»Aber sind Sie denn nicht per Extrapost gereist? Soviel ich weiß, läßt sich da auch ein gutes Essen vorbestellen.«
»Ach, die Extrapost! Zuerst konnte ich keine bekommen, später, als wir nach Hessen und in die Gegend des Thüringer Waldes kamen, hat man mir dringend davon abgeraten. Allein, nur in Begleitung eines Kutschers, das sei äußerst gefährlich, denn in den letzten Jahren sei die Räuberei wieder aufgeblüht. Tatsächlich sind wir einmal fast überfallen worden. Nur weil zufällig einige Reiter dazukamen, die bewaffnet waren, konnte der Überfall vereitelt werden.«
»Das klingt ja entsetzlich!«
»Es war auch entsetzlich.« Daß sie in Erfurt von einem ehemaligen Mitreisenden tatsächlich überfallen wurde, verschwieg Mélanie. Sie hätte Hahnemanns Töchter mit dieser unglückseligen Geschichte nur schockiert.
»Sie wollten noch von Ihren Ausstellungen erzählen«, erinnerte Luise.
Mélanie sah sie eine Weile nachdenklich an. Dann fragte sie: »Kennen Sie den Schelmenroman Guzman von Alfarache ?«
Luise nickte. »Von Mateo Alemán, einem Spanier. Er ist aus dem 16. Jahrhundert. Wir lesen viel. Musik und Literatur kommen in diesem Hause gleich nach der Homöopathie.«
Mélanie nickte und lächelte zu Samuel hinüber. »Ich habe sieben Bilder zu Motiven aus diesem Roman gemalt und damit einigen Erfolg gehabt. 1822 und 1824 hingen einige meiner Bilder im Louvre, und 1824 gewann ich zu meiner großen Freude sogar eine Goldmedaille. Ich stellte auch im Salon aus und bekam dort Medaillen, die mir König Charles persönlich überreichte.«
Luise und Charlotte sahen sie mit großen Augen an. Dank ihres Vaters hatten sie einige Künstler und hochgestellte Persönlichkeiten kennengelernt – aber eine Frau wie Mélanie war ihnen nie begegnet.
»Ich gebe auch Malunterricht und führe ein Atelier in der Rue Saint-Germain. In dieser Gegend von Paris leben viele Künstler und Dichter.«
Man hatte die Suppe fertig gegessen, und Charlotte entschuldigte sich, um den zweiten Gang zu holen. Luise half ihrer Schwester beim Abräumen.
Als die beiden in der Küche waren, drückte Dr. Hahnemann Mélanies Hand. Ihre langen, schlanken Finger schlossen sich um seine und hielten sie fest, dazu lächelten sie und blickten einander tief in die Augen.
»Ich hoffe, Sie nehmen meinen Töchtern ihre vielen Fragen nicht übel?«
»Aber nein! Ich möchte nur nicht den Eindruck erwecken, daß ich mich selbst für zu wichtig erachte.«
Dr. Hahnemann wollte etwas einwenden, doch da kamen seine Töchter zurück. Er ließ Mélanies Hand schnell los und griff nach seinem Glas, um einen Schluck Wasser zu trinken.
Luise und Charlotte hatten die Vertraulichkeit jedoch bemerkt und tauschten irritierte Blicke. Sie stellten die Platte mit Hirschbraten und je eine Schüssel mit dampfenden Kartoffeln und rotem Kohl auf den Tisch und setzten sich. Während Charlotte vorlegte und roten Wein einschenkte, herrschte ein hartnäckiges Schweigen.
Samuel hob das Glas. »Auf Ihr Wohl, liebes Kind. Dieser Wein ist ein Geschenk. Ein Freund brachte ihn aus Frankreich mit. Ich hoffe, er schmeckt Ihnen.«
Mélanie kostete. »Er ist ganz vorzüglich.« Sie lachte. »Um ehrlich zu sein, der saure weiße Wein aus Franken, den man hier meist vorgesetzt bekommt, ist nicht so sehr mein Fall.«
»Im allgemeinen müssen auch wir uns mit saurem Wein aus Franken begnügen.« Charlotte legte die Gabel hin und tupfte sich den Mund mit der Serviette ab. Ihre Stimme wirkte verärgert. »Rotwein aus Frankreich gibt es, wenn überhaupt, nur an Festtagen.«
»Außerdem trinkt Vater ohnehin viel lieber Weizenbier als Wein«, bemerkte Luise im selben schneidenden Ton. »Schmeckt Ihnen der Hirschbraten?«
Mélanie nickte. »Ja, er ist ganz ausgezeichnet!«
Nach dem Hauptgang gab es noch Zitronencreme, Kuchen, mit Zwetschgen belegt, und als Dessert Butter und feinen Käse. Dabei unterhielt man sich über Musik, Kunst, Politik und die Homöopathie. Vor allem an dem Dirigenten Philippe Musard waren Hahnemanns Töchter interessiert. Er war der Erfinder der Quadrille – eines Tanzes, der in letzter Zeit in ganz Europa in Mode gekommen war. Aber auch Walzer komponierte Musard mit großem Erfolg.
Als Mélanie erwähnte, daß sie einige seiner Konzerte besucht und ihn sogar persönlich kennengelernt hatte, taute das Eis zwischen ihr und Hahnemanns Töchtern wieder auf, und sie wurde bekniet, von ihm zu erzählen.
»Nun, er ist zweifellos ein begnadeter Musiker und ein Meister der leichten Muse. Auf jedem Ball spielt man seine Tanzmusik, in allen Gassen hört man seine Volksweisen oder Opernarien. Vor allem ist er aber für sein aufbrausendes Temperament bekannt. Immer wieder kommt es vor, daß er, wenn er mit einem Stück nicht zufrieden ist oder sich durch Unruhe im Saal gestört fühlt, wütend seinen Taktstock herumschleudert.«
»Unmöglich!« Luise schüttelte den Kopf.
»Doch, ganz sicher. Ich habe es selbst erlebt.«
»Und – können Sie die Quadrille tanzen?«
»Aber ja! Soll ich es Ihnen zeigen?«
»Freilich!« Luise sprang auf, ihre Wangen waren plötzlich rot vor Erregung. »Vater soll spielen, und Sie zeigen meiner Schwester und mir die Schritte!«
»Ich weiß nicht, das kann ich doch nicht!« wehrte Charlotte ab.
»Darum sollst du es ja lernen!« Luise zog ihre Schwester vom Stuhl und sah den Gast aus Frankreich erwartungsvoll an.
Mélanie hob ihren Rock so weit, daß man ihre Füße sehen konnte, und führte ein paar der Schritte vor. Hahnemanns Töchter versuchten sie nachzutanzen. Bald waren sie ganz versunken, lachten und vergaßen die Welt um sich her.
Samuel sah den drei jungen Damen zu und rauchte dabei seine Pfeife. Ein glückliches Lächeln lag auf seinem Gesicht. Wer hätte gedacht, daß in diesem Hause je wieder getanzt würde!
Später setzte er sich ans Klavier, und als Mélanie ihm ein Zeichen gab, spielte er ein paar Takte, bis sie ihn innehalten ließ und die Bemühungen ihrer beiden Schülerinnen korrigierte. »Noch einmal von vorne!« Sie nickte Samuel zu, der setzte ein – und bald konnten Hahnemanns Töchter mit Mélanies Schützenhilfe den Tanz.
»Und rechts, einen Schritt zurück, dabei den Arm nach oben … ja, so!«
Luise stolperte über den eigenen Fuß, Charlotte lachte ihre Schwester aus und stolperte prompt selbst, was die beiden zu neuen Lachsalven animierte.
Die feindselige Stimmung, die zu Beginn des Abends geherrscht hatte, war wie weggewischt. Hahnemanns Blick blieb auf dem Gemälde seiner Frau hängen. Es schien, als würde sie dem fröhlichen Treiben vom Kamin her zusehen. Der alte Mann seufzte. »Vier Jahre Trauer«, sagte er leise zu sich, »sind ja auch genug. Es ist gut, wenn wieder etwas Freude in dieses Haus einzieht!«
Als es elf Uhr schlug, erschrak Charlotte. »So spät schon! Madame wird müde sein. Wir müssen eine Kutsche kommen lassen.«
»Müde bin ich tatsächlich, aber eine Kutsche für die paar Schritte? Ein bißchen frische Luft wird mir guttun …«
Samuel stand auf. »Ich werde Sie nach Hause begleiten.«
Luise sah ihren Vater überrascht an. »Du hast Haus und Garten seit mehr als einem Jahr nicht mehr verlassen. Und nun gleich zweimal an einem Abend? Soll ich nicht doch nach einer Kutsche rufen?«
»Laß den armen Kutscher schlafen. Bis er angespannt hätte, bin ich längst wieder zurück.« Er holte Mélanies Mantille und legte sie ihr über die Schulter.
Mélanie lächelte die beiden Frauen dankbar an. »Ich hatte einen wundervollen Abend, den schönsten seit langer Zeit. Ich danke Ihnen.«
»Wir danken für den Tanz.« Auch Luise versuchte zu lächeln. Es schien ihr plötzlich wieder schwerzufallen.
Auf einmal ging Mélanie einen Schritt auf Luise zu, nahm sie die Arme und küßte sie rechts und links auf die Wangen. Auch von Charlotte verabschiedete sie sich so.
»Und bitte, sagen Sie Mélanie zu mir.«
Sie drehte sich um und ging zur Tür, wo sie wartete, bis Samuel ihr öffnete.
Hahnemanns Töchter sahen ihr verdutzt nach. Ein seltsames Benehmen hatte diese Pariserin. Sie wußten nicht, was sie davon halten sollten.
Der Weg zum Gasthaus war viel zu kurz, wie Mélanie fand. Bald standen sie und Hahnemann vor dem Haus und sahen sich in die Augen.
»Ich danke Ihnen, Marquise. Seit vier Jahren liegt die Trauer wie ein großer dunkler Schatten über uns. Meine Frau war eine ehrbare, treue und über alle Maßen liebenswerte Person. Meine Kinder und ich haben sie sehr verehrt, doch wie soll man weiterleben ohne ein Lachen? Ohne ein wenig Licht kann nichts blühen.« Er griff ihre beiden Hände und drückte sie.
»Dabei bin ich es doch, die Ihnen danken muß. Ich weiß gar nicht, wann ich mich zuletzt so geborgen fühlte wie heute abend. So voller Zuversicht. Es war mir auf einmal ganz warm ums Herz.«
Immer noch hielten sie sich an den Händen.
»Danke«, sagte Mélanie.
»Danke«, sagte Samuel und küßte sie rechts und links auf die Wange. Sie roch wie der Frühling, nach Lavendel und Narzissen, und eine Stimme flüsterte ihm zu: Halte sie fest! Aber dann ließ er sie doch los und öffnete die Haustür für sie.
Mélanie ging hinein.
Plötzlich war er wieder ganz förmlich. »Bitte kommen Sie morgen gegen zehn Uhr zu mir, um mir zu berichten, ob die Arznei, die ich Ihnen heute vormittag gab, schon eine Wirkung zeigt.«
An der Treppe drehte sie sich um. »Ja«, versprach sie mit einem Lächeln, »ich werde dasein.«