I
a) Balkansiedlung; Bergwerkswagen
b) Kratersee; Rückenstütze; Nachschlüssel
c) Typ; Brotfabrikant
d) Gottesmutter; Ölmulti
e) radikale Studentenorganisation; afrikanischer Fluß; östli che Weisheit
f) Dichter; in der kalten Jahreszeit
g) Toilette; Berliner Sender; Abhörgeräte
II
a) Briefmarkenkatalog; Sektfläschchen
b) Erfrischungsraum; Beuys-Arbeitsmaterial
c) Schottisches Tal; Auto
d) H + 1; Fabelwesen
e) arabischer Namensteil; Raubfisch
f) bereits; Interrogativpronomen
g) Verhütungsmittel; Wald
III
a) Frei; Wirt
b) Waldtier; Freitags Gebieter
c) Schneidergeräte; Kosten
d) Gebiet; Bretter
e) Keimgut; Diamant
IV
a) Epos; Erdachsendrehpunkt; an; Wintersportgerät
b) Engelskompagnon; Horror
c) Bär; Vogel
d) Der Mann mit abgeschnittenem Ohr; Kosten
e) Elvis; rundes Musikinstrument
Beispiel: Währungseinheit; stechend = Mark; Spitz = Mark Spitz. Extradrinks für die Identifizierung der Gebiete I – IV.
Die Leute starrten die Tafel an, und sie schienen sie bereits einige Zeit anzustarren; keines der Rätsel war jedoch bisher gelöst. Ich erwies der Lady meine Ehrerbietung, sagte Mike guten Tag und nahm ein großes volles Glas an. Dann wandte ich mich in voller Absicht von der Lady ab und widmete der Tafel meine Aufmerksamkeit. (Warum versuchen Sie nicht Ihr Glück, bevor Sie weiterlesen?)
„Eines habe ich“, sagte ich sofort und erlaubte es Longdrink, mir zu der Tafel zu helfen. „Das allererste“, sagte ich und markierte es mit einem Stück Kreide. „Balkansiedlung; Bergwerkswagen. Das ist Sofia Loren, und das erste Gebiet ist Filmschauspielerinnen.“
Doc Webster verzog schmerzerfüllt sein Gesicht. „Na gut. Mike, gib Jake einen auf meine Rechnung.“ Nachdem wir erst einmal das Gebiet erkannt hatten, war der erste Teil nicht mehr allzu schwer. Ich riet b) Mar/lene/ Dietrich, Longdrink McGonniggle kam auf c) Kerl = Carol/ Bäcker = Baker. Tommy Jansen entschlüsselte d) und e) als Maria Schell und Asta Nielsen. Josie Bauer konnte f) als Shelley Winters und g) als Gloria Swanson für sich verbuchen. Voller Schadenfreude holten wir uns unsere Drinks.
Ich hatte den Verdacht, daß es sich bei dem zweiten Gebiet um Filmschauspieler handelte, hielt aber den Mund, da ich darauf hoffte, alle zu raten und einen großen Coup zu landen, bevor jemand anders darauf kam. Das erwies sich als schlechte Politik; a), b), d) und f) waren mir klar, aber während ich mir den Rest überlegte, meldete sich Shorty Steinmetz zu Wort: „Das Gebiet ist Filmschauspieler, und in der ersten Frage geht es um Michel Piccoli.“ Ich versuchte mich sofort einzumischen, aber Longdrink war schneller. „Ich habe b). Das ist W.C./ Filz = W.C. Fields. He, und f) ist schon/wen = John Wayne.“
„Und d)“, sagte ich ärgerlich, „ist Heinz Drache. Was sind aber die anderen?“ Wir starrten lange auf die Tafel.
„Ein Tip“, sagte Doc Webster schließlich. „Was g) anbetrifft, seid ihr vielleicht nicht alt genug.“
„Ich hab’s!“ rief Longdrink. „Willy Forst.“ Der Doc verzog sein Gesicht. Callahan war damit beschäftigt, Namen aufzuschreiben und Drinks zu verteilen, aber es schien noch nicht alles gelöst zu sein. „Die dritte Frage, die unter c), das ist doch sicher Glenn Ford.“
Darauf folgte eine Pause. „Arabischer Namensteil; Raubfisch“, fiel niemandem ein (wie steht es mit Ihnen?). Nach einiger Zeit richteten wir unsere Aufmerksamkeit auf die beiden anderen Gebiete, aber die Stille blieb ungebrochen. Der Doc machte ein siegessicheres Gesicht. „Keine Eile, meine Damen und Herren“, sagte er. „Es dauert noch einige Stunden, bis wir dichtmachen.“ Wir sahen ihn alle finster an und überlegten angestrengt.
Überraschenderweise erhob Pjotr seine Stimme. „Jetzt gibt es einen Rundschlag“, verkündete er. „Die Abteilung IV in ihrer Gesamtheit.“
Wir sahen ihn voller respektvollem Interesse an. Er hatte sich jetzt festgelegt; wenn er nur eine Frage nicht schaffte, mußte er dem Doc alle fünf Drinks bezahlen. Der Doc sah erschreckt, aber zuversichtlich aus – er schien zu glauben, daß er noch ein As im Ärmel hatte. „Also los, Pjotr.“
„Es geht um Horrorfilme.“ Der Doc zuckte zusammen. „Die erste Antwort heißt Roman/Pol/an/Ski.“ Beifall. „Dann weiter mit c). Das ist Bruno/Ganz in der Neufassung des Nosferatu-Films. Der Mann mit dem abgeschnittenen Ohr ist natürlich Vincent, und der zweite Teil ist Preis = Price. e) und b) sind trickreich.“ Er machte eine kurze Pause und nippte an einem der drei Drinks, die Mike vor ihn hingestellt hatte.
„Brillant, Pjotr“, sagte ich. „Ich habe noch immer keine Ahnung, was die letzten beiden sein könnten.“
„Mach weiter“, sagte Doc Webster grimmig.
„Der erste ist einer der ersten Vampir-Darsteller. Marx = Max; Horror = Schreck, das ergibt zusammen Max Schreck. Er hat in dem ersten Nosferatu, einem Stummfilm, den Vampir gespielt.“ Der Doc fluchte. „Die letzte Frage finde ich nicht ganz fair, weil es sich nicht um eine Person handelt. Elvis = The King; rundes Musikinstrument = Gong, zusammen King Kong.“
Wir brachten ihm eine tosende Ovation dar – der sich der Doc ebenfalls anschloß.
All das hatte praktisch seit dem Augenblick meiner Ankunft bewundernswert meine Aufmerksamkeit in Anspruch genommen. Bevor ich mich jedoch dem dritten Bereich zuwendete, ging ich zur Bar, um die von mir gewonnenen Gläser zu leeren – und mein Blick fiel auf die zerstörte Lady. Dort lag sie in tragischer Pracht und machte mir wortlose Vorwürfe darüber, daß ich so großen Spaß hatte, während sie zerbrochen dalag. Sofort verlor ich jegliches Interesse an dem Spiel und richtete meine Gedanken allein auf das dringende Problem, für mich Vergessen zu suchen und zu finden. Ich stürzte den Drink in meiner Hand mit einem Zug hinunter und griff nach dem nächsten, als ein ausgesprochen ältlicher Mann mit hoch in die Luft erhobenen Händen und einem unendlich müden Gesichtsausdruck in Callahans Kneipe hineinkam. Der schnelle Eddie Costigan, der mit der Spitze seines Kopfes knapp bis zur Höhe der Schulterblätter des ältlichen Mannes reichte, folgte ihm dichtauf. Die Unterhaltungen begannen zu ersterben.
Mir blieb gerade noch Zeit genug, mich daran zu erinnern, daß Eddie am vorausgegangenen Abend auf geheimnisvolle Art verschwunden war, bis die beiden näher kamen und ich erkannte, warum alle still wurden. Und warum der Alte die Hände in die Luft streckte. Ganz genau konnte ich es nicht sehen, aber was Eddie da in seiner rechten Hand trug und dem zweiten Mann gegen die Wirbelsäule drückte, sah ganz genau so aus wie eine Charter Arms 38. Die Pistole, aus der es Johnny Lennon und George Wallace erwischt hatte.
Ich überlegte mir, wo ich hinspringen sollte, und setzte meinen unschuldigsten Gesichtsausdruck auf. „Hallo, Eddie.“
„Grüß dich, Jake“, sagte er kurz. Seine gesamte Aufmerksamkeit galt seinem Gefangenen.
„Ich sage es dir zum letztenmal, Edward …“, begann der alte Herr mit einem spanischen Akzent.
„Maul halten. Kein Mensch hat dich was gefragt. Stell dich dort drüben an die Bar und fang an, aber schnell.“
„Eddie“, fing Callahan sanft an.
„Maul halten, sage ich.“
Ich war schockiert. Eddie verehrt Callahan. Der kleine Pianist gestikulierte mit seiner Kanone, und der alte Spanier seufzte resigniert und kam auf mich zu.
Als er aber an mir vorbeikam, veränderte sich sein Gesichtsausdruck plötzlich. Wenn der alte Odysseus um eine letzte, mühselige Ecke gebogen wäre, um Penelope mit gespreizten Beinen und einem süßen Lächeln auf ihrem Gesicht auf einer Liege ausgestreckt vorzufinden, dann hätte sich sein Gesicht vielleicht auf eine ähnliche Art verändert. Der alte Herr starrte voller ungläubiger Freude an mir vorbei auf den Heiligen Gral, auf das Goldene Vlies, in das Gelobte Land, auf …
… auf die zerstörte Lady Macbeth.
„Santa Maria“, stöhnte er. „Madre de Dios.“
Jahre hoben sich von seinen Schultern, bittere Jahre, Jahre verschwanden von seinem Gesicht und glätteten es. Die Hände senkten sich langsam zu den Saiten herab, und ich sah diese Hände, sah sie zum erstenmal wirklich. Mit einemmal wußte ich, wer das war. Meine Augen weiteten sich.
„Montoya“, sagte ich. „Domingo Montoya.“
Er nickte geistesabwesend.
„Aber Sie sind tot.“
Er nickte wieder und trat vor. Seine Augen träumten, aber sein Schritt war fest. Eddie blieb an seinem Platz stehen. Montoya blieb vor der Lady stehen, und er verbeugte sich tatsächlich vor ihr. Und dann sah er sie an.
Zuerst ließ er seine Augen an ihr entlangwandern, so wie ein Mann eine Frau von den Zehenspitzen an aufnimmt. Ich beobachtete sein Gesicht. Er lächelte fast, als er den Steg erreichte. Fast runzelte er die Stirn, als er das Schalloch und die Narben darum erreichte, die verrieten, daß ich einmal töricht genug gewesen war, einen Tonabnehmer an sie zu schrauben. Als er zu dem Griffbrett und dem Bund anlangte, lächelte er wirklich, und er bewunderte die Kurven an ihrem Hals. Dann fiel sein Blick auf den entsetzlichen Bruch, und einen Augenblick lang schlössen sich seine Augen. Sein Gesicht verlor jeglichen Ausdruck; seine Augen öffneten sich wieder und musterten das Wrack mit leidenschaftsloser Gründlichkeit. Sie wanderten weiter und prüften den Kopf.
Dieser erste Blick dauerte vielleicht acht Sekunden. Er richtete sich auf, schloß seine Augen noch einmal und verankerte die Erinnerung deutlich in seinem Kopf. Dann wandte er sich mir zu. „Ich danke Ihnen, Sir“, sagte er sehr formal. „Das Geschick meint es gut mit Ihnen.“
Ich dachte darüber nach. „Ja, ich glaube, Sie haben recht.“
Er drehte sich wieder um und sah sie noch einmal an, und dieses Mal sah er wirklich hin. Aus verschiedenen Winkeln, aus der Nähe und aus der Ferne. Die Verbindung von Hals und Klangkörper. Die Verbindung von Hals und Wulst. „Licht“, sagte er und streckte seine Hand aus. Callahan gab ihm eine Taschenlampe, und Montoya überprüfte den Teil ihrer Verstrebungen, die er durch ihren offenen Mund sehen konnte. Ich hatte das merkwürdige Gefühl, er werde sie jetzt gleich auffordern, ihre Zunge herauszustrecken und „Ah“ zu sagen. Er warf die Taschenlampe nach hinten über seine Schulter – Eddie fing sie mit seiner freien Hand auf – und beugte sich herab, um an dem Hals entlangzusehen. „Handtuch“, sagte er und richtete sich auf. Callahan holte ein sauberes Handtuch hervor. Er wischte sich seine Hände sehr sorgfältig Finger um Finger ab und begann mit der Zärtlichkeit einer Mutter, die ihr Kind badet, die Lady hier und dort zu berühren.
„Jake“, sagte Longdrink mit unterdrückter Stimme. „Was ist hier eigentlich los, zum Teufel? Wer ist der Typ?“
Von Montoya kam kein Anzeichen, daß er das gehört hatte; er war beschäftigt.
„Erinnert ihr euch noch, was ich euch gestern abend erzählt habe? Daß es in diesem Land vielleicht noch vier Gitarrenbauer der Meisterklasse gibt?“
„Klar. Und der Typ da ist ein Meister?“
„Nein“, rief ich empört.
„Also, was denn?“
„Es gibt noch eine Stufe höher als Meister. Zauberer. In der gesamten Geschichte der Welt gibt es davon vielleicht ein Dutzend. Domingo Montoya ist der einzige von ihnen, der unter den Lebenden weilt.“ Ich nahm einen hastigen Schluck irischen Whiskey. „Das heißt, um genau zu sein – er ist vor fünf Jahren gestorben.“
„Was du nicht sagst.“
Der schnelle Eddie stopfte sich die Pistole in seinen Hosenbund und setzte sich auf seinen Klavierschemel. „Er ist nicht gestorben“, sagte er und bestellte bei Callahan einen Rum. „Er ist in den Untergrund gegangen.“
Ich nickte. „Ich glaube, ich verstehe.“
Longdrink schüttelte den Kopf. „Ich nicht.“
„Okay, Drink, überlege einmal einen Augenblick. Versetz dich in seine Lage. Du bist Domingo Montoya, der letzte lebende Gitarren-Zauberer. Und alles, was sie dir an Arbeit bringen, ist Scheißdreck. Auf dem gesamten Planeten gibt es vielleicht fünfzig oder hundert Gitarren, die deiner Aufmerksamkeit wert sind. Die meisten davon hast du selbst gebaut, und sie werden von sorgfältigen und reichen Besitzern gut versorgt. Und in der Zwischenzeit kommen immer wieder die Deppen mit ihrem zerbrochenen Spielzeug, mit ihrem von Maschinen geprägten Dreck, zur Tür herein und bitten Paul Dirac, ihre Physikhausaufgaben für sie zu erledigen. Alberne Adlige, die eine Gitarre wollen, die auf dem Hals den Namen ihrer Geliebten in Juwelen trägt; idiotische Rockstars, die eine Gitarre wollen, die wie ein Dosenöffner aussieht; dumme reiche Kinder, die von dem Mann, den jeder als den letzten lebenden Zauberer kennt, ein Griffbrett in Leuchtfarben an ihre dummen Martins und ihre dummen Goyas angebaut bekommen wollen. Niemand will heute mehr den Preis für gutes, echtes Material bezahlen, niemand will so lange warten, wie echte Qualität das erfordert, jeder will sein gottverdammtes Spielzeug vergoldet haben, und trotzdem kannst du sie auch mit einer Keule nicht von dir fernhalten, weil du Domingo Montoya bist. Du verdreifachst deinen Lohn, und dann verdreifachst du ihn noch einmal, und das Resultat multiplizierst du mit sich selbst, und sie kommen weiter mit ihrem dummen, zerbrochenen Mist – oder, noch schlimmer, sie kaufen eines deiner handgebauten Meisterwerke und benutzen es unehrenhaft, erweisen ihm nicht die gebührende Ehre, behandeln es wie irgendein Alltagsgerät.“ Ich sah Montoya an. „Kein Wunder, daß er sich zurückgezogen hat.“
Montoya sah auf. „Ich habe mich nicht zurückgezogen. Wenn Gott es gut mit mir meint, wird das nie geschehen. Ich verkaufe aber meine Fertigkeit und ihre Ergebnisse nicht mehr,