Kurzbeschreibung
Hamburg 1852: Im Hafen begegnen sie sich das erste Mal: die junge abenteuerlustige Elisa, der nachdenkliche Cornelius und ihre Familien, die das Wagnis eines neuen Lebens in Chile eingehen wollen. Jeder erhofft sich etwas anderes von dem Land seiner Träume. Bereits auf dem Schiff, das sie in die ferne neue Heimat bringen soll, entbrennt Elisa in glühender Liebe zu dem oft so melancholischen Cornelius. Doch stets scheint dem Glück des jungen Paares etwas im Wege zu stehen: die unerbittliche Natur, die sie vor immer neue Herausforderungen stellt, aber auch Missgunst und Eifersucht …
Auszeichnung:
Das Buch wird am 23.11.2010 mit dem Internationalen Buchpreis CORINE in der Kategorie „Klassik Radio Publikumspreis“ ausgezeichnet.
Der Verlag über das Buch
Interview mit Carla Federico zu *Im Land der Feuerblume*
Liebe Carla Federico, Sie reisen gerne und Sie reisen viel und wenn es für die Leser gut läuft, ergibt sich aus einer Reise ein neues Buch. Wie war es bei der "Feuerblume"? War da zuerst die Buchidee da oder die Reise?
Die Reise stand ganz klar am Anfang – und sie war ursprünglich als reine Urlaubsreise gedacht und nicht, um Inspiration für einen Roman zu finden.
Die Geschichte von den Deutschen, die im 19. Jahrhundert vor allem ins mittelchilenische Seengebiet eingewandert sind, hat mich jedoch sehr fasziniert und blieb sozusagen in meinem Hinterkopf "hängen". Als ich Jahre später eine Fernsehdokumentation über dieses Thema sah, ist das Interesse daran sofort wieder erwacht, und die vielen Eindrücke meiner Reise haben sich wie auf Knopfdruck zu einem Roman verwoben, von dem ich sofort wusste: Jetzt muss ich ihn schreiben.
Sie erzählen unglaublich "echt" vom Leben auf dem Schiff während der Überfahrt, von der Ernährung dort, von den hygienischen Verhältnissen, den medizinischen Möglichkeiten etc. Und ebenso greifbar "nah" beschreiben Sie die Verhältnisse in Chile, das Wissen der Eingeborenen z.B. über Nahrungsmittel. Wie haben Sie für diesen Roman recherchiert?
Mir ist es wichtig, für die Recherchen nicht nur Sekundärliteratur zu lesen, sondern möglichst viele Originalquellen – in diesem Fall Briefe, Tagebucheinträge oder Lebensschilderungen von Auswanderern. Diese sind ungemein authentisch und verhelfen dazu, konkreten Gesichter und Geschichten hinter den abstrakten Fakten zu sehen. Auf diese Weise konnte ich das "Abenteuer Auswanderung" nicht nur verstandesmäßig nachvollziehen sondern wirklich auch nachfühlen.
Die Frauenfiguren prägen diesen Roman in besonderer Weise. Sie sind immer wieder nicht eindeutig als gute oder schlechte Figuren einzuordnen, sondern viele sind in sich zerrissene Figuren oder verhalten sich widersprüchlich. An welcher der Figuren hängt Ihr Herz besonders und mit welcher haben Sie am meisten gekämpft?
Eine meiner Lieblingsfiguren des Romans ist Juliana Eiderstett, genannt Jule – eine ungemein schroffe und selbstbewusste, freiheitsliebende und emanzipierte Frau. Mit ihr wollte ich meiner Urgroßmutter ein Denkmal setzen, die sich trotz ärmlicher Lebensbedingungen und vieler Widrigkeiten ein gewisses Maß an Selbstbestimmung und – verwirklichung erkämpft hat. Aufgrund der Schonungslosigkeit, mit der sie anderen Menschen ihre Fehler und Schwächen vorhält, ist Jule nicht immer sympathisch – aber dennoch ein starker Charakter. Und mit ihrer nüchternen, schnodderigen Art setzt sie einen oft wohltuenden, weil amüsanten Kontrapunkt zur Melodramatik und Tragik der Liebesgeschichte.
Eine andere Figur, die mich sehr bewegt hat, ist Greta Mielhahn. Sie ist ganz klar die Antagonistin und viele ihrer Taten sehr gemein – aber all das resultiert aus einer traurigen Geschichte. Nicht zuletzt sind es die Brutalität ihres Vaters, die Gleichgültigkeit ihrer Mutter und die Besitzgier ihres Bruders, die sie zu einem zerstörten, gebrochenen Menschen haben werden lassen. Ich hoffe, dass ich im Leser nicht nur gerechte Empörung wecke, weil Greta dem Liebesglück von Elisa und Cornelius immer wieder im Weg steht, sondern auch ein gewisses Maß an Mitleid, weil sie auch selber ein Opfer ist.
Beim gemütlichen Lesen auf dem Sofa fällt der Kontrast zum Leben der Menschen im Buch besonders hart aus. Was ist der Reiz für Sie beim Schreiben – die historische Distanz zu erspüren oder die Härte der Lebensumstände mit Realitäten wie Hunger, Kälte, bitterer Armut zu beschreiben?
Ich gebe zu: Ich mute meine Romanfigur ungleich mehr zu als ich selbst ertragen könnte. Ich bin ein sehr bequemer Mensch und würde mich in Extremsituationen wohl nicht als annähernd so stark und ausdauernd erweisen. Doch gerade diese Einsicht lässt mich ungeheuer dankbar für die Errungenschaften des modernen Lebens sein. Wenn ich die Alltagsbedingungen früherer Epochen schildere, will ich – bei mir selbst wie beim Leser – das Bewusstsein schärfen, in unserem Leben nichts als selbstverständlich hinzunehmen, sondern eine gewisse Demut aufzubringen.
Zugleich finde ich es sehr faszinierend, diesen archaisch anmutenden Überlebenskampf nachzufühlen und zu den existenziellen Lebensfragen vorzustoßen. In unserer Wohlstandsgesellschaft, in der uns das "tägliche Brot relativ" sorglos in den Schoß fällt, anstatt Korn für Korn erarbeitet werden zu müssen, liegen m.E. viele Ressouren und Stärken brach bzw. fehlen manchmal Herausforderungen. Wertigkeiten verschieben sich – und das nicht immer zum Guten. Wir sind letztlich alle ein wenig in Watte gepackt – was das Leben zwar angenehmer macht, zugleich aber oft auch oberflächlicher und nicht unbedingt erfüllender.
Wenn Sie auf Reisen sind, gerade im weit entfernten Ausland, was bedeutet Heimat für Sie und was nehmen Sie auf eine Reise mit? Oder anders ausgedrückt: wenn Sie selbst auswandern würden, welche drei Dinge wären für Sie unverzichtbar im Reisegepäck?
Wenn ich längere Zeit im Ausland bin, erwacht Heimweh in mir, und ich beginne mich nach vielem zum sehnen: Nach der vertrauten Landschaft, nach dem vertrauen Essen, ggf. den Jahreszeiten und natürlich nach den Menschen, mit denen mich eine gemeinsame Geschichte verbindet. Ich bin gerne unterwegs, aber ich brauche eine Basis, zu der ich immer wieder zurückkehren kann. Wichtig sind mir auf Reisen darum jene Dinge, die den Kontakt zu dieser Basiss aufrecht erhalten (und die mich leider auch als total technikabhängigen Menschen bloßstellen): Mein Handy, mein Laptop und mein Fotoapparat, um die Eindrücke festhalten und später teilen zu können.
Vielen herzlichen Dank und ich wünsche Ihnen und Ihrem Roman *Im Land der Feuerblume* viel Erfolg und lauter glückliche Leserinnen!