Das Gottfried-Institut

 
 

Es war diese verwunschene Zeit zwischen vier und fünf in der Frühe, als Noah und ich den Zug nach Maine bestiegen. Die Waggons waren klapprige alte Dinger, und als wir bis ans Ende durchgingen und uns einen Platz suchten, sahen wir kaum einen Menschen. Ich klemmte unsere Schaufeln unterm Fenster fest, Noahs neben meine. Anya hatte mitkommen wollen, aber ich hatte es nicht zugelassen. Jemand musste am St. Clément die Stellung halten, falls wir nicht zurückkehrten.

Mit einem Ächzen hievte sich der Zug voran, schleuderte uns Richtung Süden, auch wenn ich das nach dem Blick aus dem Fenster nie erraten hätte. Draußen war alles pechschwarz. Noah fiel praktisch augenblicklich in Tiefschlaf und sein Kopf landete schließlich auf meiner Schulter. Sanft bewegte ich mich unter der Last und versuchte erfolglos, ihn wach zu rütteln.

Diese ganze Suche hatte so einfach begonnen, nur mit Dante und mir, und jetzt saß ich hier im Zug, überquerte mitten in der Nacht die Grenze, mit zwei Schaufeln im Gepäck und Noah, dessen Kopf mich immer tiefer in den Sitz hineindrückte. Ich fühlte mich so weit von meinem Ausgangspunkt entfernt, dass es mir schien, als könnte ich niemals den Weg zurückfinden.

Ein Schaffner in schwarzer Uniform kam den Gang entlanggetrottet. »Billets«, sagte er.

Ich langte in die Tasche meines Pullis und reichte dem Schaffner unsere Fahrscheine. Zwei davon stempelte er ab, den dritten musterte er, bevor er ihn mir zurückreichte. »Ceci n’est pas un billet«, sagte er.

Ich nahm ihm das Kärtchen ab, knipste das kleine Licht über mir an und musste nach Luft ringen.

Es war ein abgegriffenes Foto von einem kleinen Haus mit Stuckfassade und einem wuchernden Garten, völlig überbelichtet durch die kalifornische Sonne. Die Tür kannte ich. Ich strich ihren Rahmen entlang. Ich kannte auch den Teppich dahinter, wie plüschig er sich zwischen den Zehen anfühlte. Und die Räume dahinter kannte ich auch: das Wohnzimmer, das Arbeitszimmer, die Treppe mit der knarrenden dritten Stufe. Durch das Fenster konnte ich einen Mann und eine Frau ausmachen, über die Küchenarbeitsplatte gebeugt. Es sah aus, als ob sie lachten. Meine Eltern. Meine Küche. Mein Leben.

Meine Finger krümmten sich um das Foto, als ich ihre verschwommenen Gesichter betrachtete. Ich hatte das Bild noch nie zuvor gesehen. Wie war es in meine Tasche geraten? Wo hatte ich gesteckt, als es aufgenommen wurde? Je länger ich daraufstarrte, desto aufgewühlter wurde ich. Meine Augen jagten im Waggon umher, von einem der wenigen Mitreisenden zum anderen. Sie hatten keine Ahnung, dachte ich. Keiner wusste etwas davon außer mir. Ich starrte auf das Foto, völlig überwältigt von Schuldgefühlen. Ich war die Einzige, die meine Eltern hätte warnen können. Wäre ich nur schneller gewesen. Ich hätte auch Annette LaBarge retten können. Ich hätte sie alle retten können.

Meine Augen wurden feucht. Ich blinzelte und eine Träne fiel in meinen Schoß.

Wieder blinzelte ich und meine Augen wurden schwer. Draußen schien sich der Himmel aufzuhellen.

Als ich ein drittes Mal blinzelte, trugen die Bäume Knospen, so wie im Frühling. Erschöpft fiel mein Kopf gegen den Ledersitz zurück und meine Welt versank.

Dann war es Morgen. Ich lief einen schlammigen Weg durch ein grünes Birkenwäldchen entlang. Bis auf die doppelte, angetrocknete Reifenspur vor mir gab es kein Anzeichen von Leben. Ich lief weiter, bis ich eine zwischen den Büschen verborgene Blockhütte erreichte. Davor stand ein Briefkasten mit der Nummer 66. Daneben ein Schild: WARNUNG VOR DEM HUND.

Ich kauerte mich hinter die Büsche und wartete, bis ein Auto den Weg hochfuhr, den ich gekommen war. Von unten im Gebüsch konnte ich nur vier Füße aus dem Wagen steigen sehen, aber ich wusste schon, wem sie gehörten. Zwei Brüdern des Liberum. »Wie hast du diese Frau gefunden?«, fragte einer auf Latein. Seine Stimme klang glatt und unbefangen, wie die eines Teenagers.

»Ich bin ihr durch Europa gefolgt«, erwiderte der zweite Bruder mit leiser Baritonstimme. »Ich glaube, sie hat irgendetwas entdeckt, das uns zu den Schwestern führen könnte.«

»Sie finden nie etwas«, sagte der andere und trat gegen einen Stein. Er schlug nur Zentimeter vor meinem Gesicht auf. Und ohne ein weiteres Wort öffnete er den Briefkasten und legte einen Zettel hinein. Sie sahen sich in alle Richtungen um, stiegen wieder ins Auto und fuhren davon.

Zunächst rührte ich mich nicht. Ich starrte auf die Fenster der Blockhütte, um sicherzustellen, dass sich drinnen nichts rührte. Als ich meinte, dass die Luft rein sei, öffnete ich das Briefkastentürchen. Es quietschte haarsträubend. Mein Blick flog zur Blockhütte, aus der jetzt das Getrappel kleiner Füße herausdrang. Im Nu hatte ich mir den Zettel geschnappt und war im Wald verschwunden, als bereits ein Schwarm untoter Kinder durch die Tür herausbrach.

Und plötzlich saß ich im Zug und reiste gen Süden. In meinem Schoß lag die Fotografie eines kleinen, stuckverzierten Häuschens mit Garten. Durch das Fenster konnte man sehr undeutlich zwei Leute erkennen. Ich drehte das Foto um. Lydia Winters stand auf der Rückseite. Sonst nichts.

»Costa Rosa, Kalifornien«, verkündete ein Mann über die Lautsprechanlage.

Ich stieg aus, rief vor dem Bahnhof ein Taxi und gab dem Fahrer die Adresse. Er fuhr mich durch baumgesäumte Alleen und bunte Wohngegenden mit kleinen, würfeligen Häusern, bis er vor einem Haus mit Stuckfassade anhielt. Ich zog das Bild hervor, um zu vergleichen. Es war das richtige.

Ich bezahlte den Fahrer und stieg aus. Im Vorgarten lief die Sprinkleranlage, die im Halbkreis vor- und zurücksprang. Ich zögerte kurz und hüpfte dann hindurch, bevor meine Füße nass wurden.

Aber bevor ich das Haus erreichte, ging die Fliegenschutztür auf. Erschrocken sprang ich zurück und verbarg mich hinter einer Bougainvillea, als ein Mädchen aus der Tür trat. Sie war jung, sechzehn vielleicht, und sah mutig und unbeschwert aus. Ihr langes, karamellfarbenes Haar war zerzaust und ungekämmt. Auf ihrer Nase saßen Sommersprossen. Jetzt reckte sie das Kinn in die Luft, als würde sie etwas riechen, und drehte sich dann zu mir. Ihre Augen nahmen einen fast weggetretenen Ausdruck an, als sie mein Blätterversteck fixierte. Sie trug eine abgeschnittene Jeans und ein weites T-Shirt. Mit bloßen Füßen ging sie auf mich zu.

»Renée? Ist da wer?«, rief ihre Mutter von drinnen. Aus dem geöffneten Fenster drang Musik nach draußen.

Sie warf einen letzten Blick auf die Bougainvillea und drehte sich weg. »Nein, niemand«, sagte das Mädchen mit tieferer Stimme, als ich erwartet hatte. Klar und spröde. »Ich treff mich jetzt mit Annie. Zum Abendessen bin ich zurück.« Und damit schlüpfte sie in ein Paar Turnschuhe aus dem Flur und schnappte sich ein Fahrrad, das seitlich am Haus lehnte. Ich beobachtete, wie sie draufsprang und die Straße hinunterfuhr.

Kaum war sie verschwunden, schlich ich hinter dem Busch hervor und eilte ums Haus herum zum Hintereingang. Lydia Winters stand in der Küche. Der Wasserhahn lief.

Vorsichtig schlich ich mich an. Schließlich waren sie Wächter. Ich wollte sie nicht verschrecken.

»Robert, spürst du das?«, fragte Lydia.

»Was soll ich spüren?«, rief ein Mann aus irgendeiner Ecke des Hauses.

Eine Biene summte um meinen Kopf, als Lydia den Hahn abdrehte. Ich scheuchte sie fort und da glitt die Hintertür auf. Lydia trat hinaus, eine Gartenschaufel in der Hand, und bevor sie schreien konnte, hatte ich ihr schon die Hand über den Mund gelegt und sie an die Hauswand gezogen.

Unter meinem Griff schlug sie aus und versuchte, mich mit der Schaufel zu treffen, aber ich war stärker als sie. Langsam drehte ich ihr das Handgelenk um, bis die Schippe ins Gras fiel. Sie wand sich und brüllte etwas, doch meine Hand dämpfte es ab.

»Schreien Sie nicht so«, sagte ich. »Ich tue Ihnen nichts.«

Das schien sie erst richtig anzustacheln, denn sie peitschte wie wild um sich. »Hören Sie auf damit«, sagte ich. »Sonst breche ich Ihnen noch versehentlich das Handgelenk.«

Da schoss Angst durch ihre Augen, die schnell in Wut umschlug.

»Das Liberum ist Ihnen auf der Spur«, wisperte ich. Die Erwähnung der Bruderschaft reichte, um sie erstarren zu lassen. »Ich bin ihnen gefolgt. Ich habe einen Zettel mit Ihrem Namen und einem Foto von diesem Haus abgefangen. Die wissen, dass Sie in Europa irgendetwas gefunden haben. Sie müssen es verstecken.«

Jetzt war sie stocksteif geworden. Vorsichtig nahm ich die Hand von ihrem Mund.

»Lydia?«, rief ihr Mann.

»Sie sind hinter Ihnen her«, sagte ich ihr ins Ohr, bevor ich sie gehen ließ. »Wappnen Sie sich.«

 

Als ich erwachte, war Noah gerade dabei, mich kräftig zu rütteln. »Renée«, drängte er. »Renée.« Mit einem Schlag öffnete ich die Augen.

»Du hast im Schlaf geredet«, sagte er. »Irgendwas darüber, dass sie hinter jemandem her sind. Und dass man sich wappnen soll.« Seine Hand hielt meine fest, doch ich zog sie zurück und Noah wischte mir über die Wange. »Du hast geweint.«

»Hab ich das?«, fragte ich, aber ich war noch meilenweit entfernt, fast auf einem anderen Stern. Zusammengeknüllt in meiner Faust lag das Foto meines Zuhauses. Ich hielt es fester, versuchte, den Klang ihrer Stimme, das Gefühl meiner Mutter unter meinen Händen zu bewahren. Unter Dantes Händen.

»Er hat sie gewarnt«, flüsterte ich und mir versagte die Stimme, als ich begriff, was Dante getan hatte. Er war ein Untoter, sie waren ein Wächterpaar; sie hätten ihn ohne Weiteres begraben können und trotzdem hatte er sein Leben für sie riskiert. »Die ganze Zeit hat er nur versucht, sie zu warnen.«

»Wer?«

Ich blickte an meinem Pulli hinunter, genau demselben, den ich in der Nacht getragen hatte, als Dante im Haus meines Großvaters aufgetaucht war. Er musste mir das Foto in die Tasche geschmuggelt haben, als er mir die Hand auf die Hüfte gelegt und mich auf die Wange geküsst hatte. Ich langte mir über die Schulter, berührte das Pflaster, das mein Rückenmal bedeckte, und fühlte mich auf einmal einsamer als je zuvor. »Jemand aus meinem Traum.«

Als Noah sich zum Fenster wandte, öffnete ich die Faust und drehte das Foto um. Auf der Rückseite stand ein Name. Lydia Winters. Darunter befand sich eine gekritzelte Botschaft in einer anderen Handschrift. Einer, die ich wiedererkannte, die mich in die Vergangenheit zurückschleuderte. So weit, dass ich mich an den Geruch des Regens auf den schlammigen Pfaden erinnern konnte, als wir über den Gottfried-Campus gerannt waren. Und an den zarten Klang des Wassers, das aus seinen Haaren getropft war, als er meine Kreide über die Tafel geführt hatte. An das Prickeln meiner Haut, als er mir den Hals, das Schlüsselbein, die Schulter geküsst hatte:

Es war alles nur für dich.

 

Der Himmel hing stumpf und grau über uns, als der Zug in Maine einfuhr. Durch feinen Nieselregen gingen wir zum Parkplatz, wo die schwarzen Taxis in einer Reihe warteten. Der Fahrer des ersten kurbelte sein Fenster runter.

»Attica Falls«, sagte ich und kletterte auf den Rücksitz. Die Sitze waren besonders billig gepolstert und die getönten Scheiben gaben der Schneelandschaft draußen einen Sepiastich, als reisten wir durch eine alte Fotografie. Was ich ja in gewisser Weise auch tat.

Attica Falls sah noch genauso aus wie letztes Jahr: eine Straße voller Schlaglöcher, gesäumt von heruntergekommenen Häusern und kleinen Geschäften, die vor fünfzig Jahren mal hübsch gewesen sein mochten, jetzt aber einfach nur deprimierend wirkten. Der Schnee auf der Straße war schmutzig und die Geschäfte hatten alle zu, bis auf Beatrices und den Andenkenladen. Wir kamen an der Pension vorbei, in der Dante früher gewohnt hatte, und ich schloss meine Augen, um ihn irgendwie zu spüren. Doch ich fühlte nichts.

Als ich die Augen wieder aufmachte, waren wir schon fast an Attica Falls vorbei. Ich sah noch einen alten Mann, der einen kleinen Sack voll Eis von der Tankstelle zu seinem Lastwagen trug. Er beobachtete, wie wir abbogen und das Fahrwasser auf seine Windschutzscheibe spritzte. Dann ging es bergauf, dem Haupteingang des Gottfried-Instituts entgegen.

Plötzlich überwältigte mich das leere Gefühl der Untoten. Eine Plastiktüte tanzte auf dem Weg vor uns herum und flatterte dann himmelwärts. Auf meine Anweisung hin lenkte der Fahrer weiter bergauf und setzte uns dann neben einem verschneiten Acker am Stadtrand ab.

Ich schulterte meine Schaufel und führte Noah ans Ende des Feldes zum Brunnen, der gut versteckt hinter den Holzapfelbäumen lag. An denselben Ort, zu dem mich Dante letzten Winter geführt hatte.

»Was ist das?«, fragte Noah, während ich den Schnee von der Abdeckung fegte. Als ich sie hinunterwuchtete, gab es ein ächzendes Geräusch und ein Strom warmer Luft floss heraus.

»Maine hat auch ein Tunnelsystem«, sagte ich und ließ mich in die Erde hinab.

Ich führte Noah durch den Tunnel. Meine Muskeln erinnerten sich so genau an jede Biegung, als wäre ich gerade erst neben Dante aufgewacht und würde nun zum Mädchenwohnheim eilen, um vor dem Unterricht noch rasch zu duschen. Unter einem rostzerfressenen Lüftungsgitter in der Kapelle tauchten wir schließlich auf. Alles war ruhig und wie in einem Kaleidoskop drang das Licht durch die rosafarbenen Fenster.

»Keiner kann uns sehen«, versicherte ich, als wir durchs Chorgestühl schlichen. Dann stemmten wir uns mit aller Macht gegen die Kapellentür, bis sie sich trotz des Gegenwinds öffnete.

Kalter, nebliger Sprühregen hing in der Luft. Ein paar Schritte von uns entfernt spaltete ein Mann im Overall einen Baumstumpf in Stücke und warf sie in eine Art Eisenofen. Noah und ich erstarrten. Waren wir aufgeflogen? Aber der Mann tippte sich nur grüßend an die Kappe. Er musste uns für Schüler gehalten haben. Wir winkten ihm unverbindlich zu und machten uns davon, immer im Schatten der Gebäude. Aber als ich mich auf dem Schulgelände umsah, das mir doch so vertraut sein sollte, wurde mein Schritt langsamer.

Alles war völlig gleich und doch ganz anders, wie ein Stück Obst, das von innen verfault. Der Park war mit Eis und Schneematsch bedeckt. Wo in der Mitte die große Eiche gethront hatte, stand jetzt das erbärmliche Skelett eines Baums. Sämtliche Äste auf ihrer rechten Seite waren ihr amputiert worden. Tatsächlich hatte man die meisten der Bäume, die unsere Pfade gesäumt hatten, gefällt. Übrig blieben nur verstümmelte Stümpfe, die aus dem Schnee herausragten wie Grabsteine.

»Was ist hier passiert?«, fragte ich und beäugte einen Baumstumpf neben unseren Füßen, an dem ein Schildchen befestigt war. INSEKTENVERNICHTUNGSMITTEL stand darauf.

»Egal jetzt«, sagte Noah. »Komm, weiter.«

Erstaunlich, wie schnell manche Dinge zu einem zurückkehren. Als ich über den verschneiten Park zum See rannte und die Sonne glasig rot über die Bäume schien, war es für mich fast eine Zeitreise in den letzten Winter. Vor der versehrten Eiche hielt ich an, sog die eisige Luft ein und stellte mir vor, dass ich nach einem Treffen mit Dante auf dem Rückweg zum Wohnheim war. Welche Version der Vergangenheit war das? Hatte ich damals schon gewusst, dass Dante ein Untoter war? Und ich ein Wächter? Dass ich seine Seele hatte?

Die Dämmerung senkte sich über die Bäume, während Noah und ich auf den See zueilten. Er war völlig zugefroren und auf der unebenen Oberfläche schlitterten und rutschten meine Füße unter mir weg. Ich starrte auf die Maserung des Eises zu meinen Füßen, das aussah wie ein blau-weiß gestreiftes Bonbon, aber das Wasser darunter war nicht zu erkennen. Wonach suchte ich hier? Mir blieb nur die Hoffnung, dass ich es schon fühlen würde.

Fast hatte ich es zur Bärenstatue auf der anderen Seeseite geschafft, da hörte ich ein leises Krachen. Es war kaum der Rede wert; es hätte auch das Knarren eines Astes sein können oder ein Fenster, das irgendwo in der Ferne geschlossen wurde. Also stapfte ich weiter voran, trieb schnelle, kleine Atemwölkchen vor mir her, bis es plötzlich unter mir zu beben begann. Und bevor ich einen weiteren Schritt, bevor ich überhaupt noch einen Atemzug machen konnte, brach das Eis.

Schon sackte mir der Boden unter den Füßen weg, doch da packte mich Noah an der Hüfte und riss mich ans Ufer, wo ich neben ihm direkt auf dem Übergang von Schnee zu Eis landete. Ich ließ mich rücklings in den Schnee sinken, starrte in den grauen Himmel und wollte mich gerade bedanken, als ich es fühlte. Ein so leises Ziehen, dass es auch gar nichts hätte sein können. Nur war da etwas. Ich hatte es schon einmal gespürt, bei meinem Einstufungstest.

Noah grub die Hacken in den Schnee und stand auf, aber ich bewegte mich nicht. Ich schloss die Augen und ließ mich vom Luftfaden umwickeln, der mich hinabführte, hinab in die Tiefen des Sees.

Plötzlich wusste ich, was zu tun war. Ich warf meine Tasche ab, setzte mich auf, öffnete meinen Mantel und zog ihn aus.

»Was tust du da?«, fragte Noah, während ich auf das Loch im Eis zuschritt.

»Da unten ist es. Ich kann es fühlen«, sagte ich und wickelte meinen Schal ab. »Etwas über drei Meter tief und dann ein bisschen nach links.«

»Du kannst da nicht rein«, sagte Noah. »Viel zu kalt. Da stirbst du.«

»Wie sollen wir sonst rankommen?« Ich wandte mich von ihm ab und stieg vom Ufer aufs Eis. Das Loch war gerade einen Meter entfernt. »Außerdem«, sagte ich und versuchte, das Zittern in meiner Stimme unter Kontrolle zu bekommen, »hier ist’s noch flach. So schlimm wird’s nicht sein.« Die Winterluft verwandelte meine Worte in Nebel.

»Renée, lass mich vorgehen«, sagte Noah hinter mir. Und bevor ich ihn abhalten konnte, hatte er seinen Mantel und das Jackett abgeworfen und zog an mir vorbei aufs Eis.

»Warte!«, rief ich und wollte ihn aufhalten, doch er hatte schon den Rand des Lochs erreicht. Mit einem letzten Blick, den er mir über die Schulter zuwarf, sprang er hinein. Keuchend durchschlug er die Wasseroberfläche und seine Arme peitschten noch einmal gegen das Eis, als er ins darunterliegende Wasser abtauchte.

»Noah?«, rief ich und suchte nach irgendeinem Lebenszeichen. »Noah?«, brüllte ich noch einmal, beugte mich über das Loch und steckte den Arm hinein. Ein schmerzhafter Kälteschock jagte durch meine Finger und betäubte sie. Ich rang nach Luft und zog sie zurück.

Jetzt war er schon fast eine volle Minute da drinnen. Gerade wollte ich ihm nachspringen, als er durch die dunkle Wasserfläche brach. Er packte die Eiskante, doch sie barst unter seinem Griff. Erleichtert, dass ich ihm nicht ins Wasser gefolgt war, schnappte ich mir seine Arme und zog.

»Hilf mir«, sagte ich, aber sein Körper wurde schon steif. Sein Hemd erstarrte um ihn herum. »Bitte, Noah. Du musst mir helfen.«

Irgendwo unter seinen Kleidern fühlte ich ein Muskelzucken. Dann hörte ich, wie seine Beine ins Wasser traten und gegen das Eis drückten. Mit all meiner Kraft zerrte ich ihn hinaus in den Schnee.

Dort drehte ich ihn um und rieb sein Gesicht, um es zu wärmen, als ich bemerkte, was er sich an die Brust gedrückt hielt. Eine kleine Eisentruhe mit Schließen an den Seiten und dem eingravierten, verwitterten Kanarienvogelwappen auf dem Deckel.

»Du hast es gefunden«, sagte ich und wickelte sein Sakko und den Mantel fest um ihn herum. Sein Haar war steif gefroren. »Du hast es tatsächlich gefunden.«

Noah schenkte mir ein fahles Lächeln, während sein Gesicht jede Farbe verlor und seine Lippen blau wurden. Ohne nachzudenken beugte ich mich vor und küsste ihn.

Als ich mich zurückzog, lächelte er mich traurig an. »Das gefällt mir.«

Ich lachte und verdrehte die Augen. »Okay«, sagte ich und fasste ihn bei der Hand. »Kannst du gehen, meinst du?«

Er tat etwas, das man als Nicken deuten konnte, und legte seinen Arm um meinen Hals.

»Wohin?«, fragte er, als ich in die Knie ging. Ich vergewisserte mich, dass die Luft rein war, und führte ihn dann durch den Park.

»Hinein, damit wir dich warm kriegen.«

Das nächste Gebäude war das Haus Horaz, das jetzt leer sein musste, denn der Unterricht war längst aus. Auf gut Glück steuerte ich darauf zu, Noah auf mich gestützt. Wir waren fast beim Eingang, da erstarrte ich. Die Tür schwang auf und heraus stürmte mein Großvater, seinen Spaten wie einen Spazierstock in den Boden rammend. Der feuchte Nebel klebte ihm das spärliche weiße Haar fest an den Kopf. Geistesgegenwärtig zerrte ich Noah hinter einem Schneehaufen zu Boden. Wir warteten, und nachdem die Doppeltür von Haus Horaz hinter meinem Großvater zugefallen und er außer Sichtweite war, half ich Noah auf und zog ihn hinein.

Der Eingangsbereich war dunkel, die Fenster von dicken blauen Vorhängen abgeschirmt. Unter ihnen gluckerten die Heizkörper und unsere Schuhe versanken im roten Flauschteppich. Ich setzte Noah ab und hielt seine Hand an mein Kreuz, damit sie auftaute. Noah schloss die Augen und seine Muskeln entspannten sich. Von der Galerie ein Stockwerk höher schlug die Standuhr siebenmal. Ihr lang gezogener, träger Klang erinnerte mich an das Haus meines Großvaters in Massachusetts.

Stöhnend richtete Noah sich auf.

»Nein«, sagte ich. »Ruh dich aus.«

Aber er schüttelte den Kopf und hielt mir die Truhe vom Seeboden unter die Nase. »Mach sie auf.«

Ich zögerte.

»Los, komm«, drängte er und drückte sie mir in die Hände. Erstaunlich schwer war sie, aus dunklem, aufwendig gepunztem Metall. Auf dem Deckel war das Kanarienwappen eingraviert. Ich fuhr die Flügel des Vögelchens nach, die immer noch mit Schlamm gefüllt waren. Ich rüttelte die Spangen von Schmutz und Rost frei, ließ sie aufschnappen und öffnete die Truhe.

Das Innere war völlig trocken. Im Innendeckel war ein ausgestopfter Kanarienvogel festgesteckt. Mit seinen hellgelben, ausgebreiteten Flügeln sah er aus, als schwebe er im Himmel. Erst da begriff ich, worauf sich das Rätsel bezogen hatte. Dem Besten unsrer Art. Nur der beste Wächter konnte einen Kanarienvogel erspüren, besonders wenn er sich unter Wasser befand.

Unter dem Kanarienvogel befand sich ein kleineres Metallkästchen, in das ein merkwürdiger Umriss eingraviert war. Fast sah er aus wie der Umriss eines Kanarienvogels im Flug. Quer darüber waren Dutzende von Linien, Punkten und Dreiecken gezeichnet, die sich zu einer Art wirbelnder Landschaft zusammensetzten. In die Mitte war ein Satz eingeritzt: Pour lamour vrai.

»Der wahren Liebe«, flüsterte ich. Endlich begriff ich, weshalb Ophelia sich entschlossen hatte, den Pakt mit ihren Schwestern zu brechen. Sie hatte das Geheimnis nicht mit ihnen sterben lassen können. Sie hatte geliebt, genau wie ich. Wie Dante war sie nicht bereit für den Tod gewesen. Ich fasste das Kistchen und versuchte, den Deckel anzuheben, aber es gelang mir nicht.

»Es klemmt«, sagte ich und drehte es um, um nach der Fuge zu suchen. Doch bevor ich mehr tun konnte, wehte die Eingangstür von Haus Horaz auf und schlug laut gegen die Wand. Eiskalt zog es ins Foyer hinein.

»Was war das?«, fragte Noah, aber ich wusste es bereits. Ich konnte es fühlen.

Ich legte das Kistchen zurück in die Truhe, ließ die Spangen zuschnappen und steckte sie in meine Tasche. »Bleib, wo du bist«, sagte ich und rannte hinaus zur Eingangstreppe.

Um das verlassene Schulgelände senkte sich die Nacht herab wie ein Vorhang. Hörte ich da Schnee unter Füßen knirschen, ganz weit entfernt? Doch schon verstummte es. Ich fuhr mit der Hand übers Geländer und wartete, die Ohren gespitzt. Meine Augen schossen nach links, wo sich etwas zu regen schien, und dann nach rechts. Der Wind wirbelte an mir vorüber und plötzlich schien irgendetwas am Horizont zu flattern. Und da veränderte sich der Luftdruck, legte sich um mich wie ein Schraubstock.

Ich spürte sie, bevor ich sie sah; ihr Name pfiff durchs Geäst: die Untoten. Ich hörte das Trippeln im Schnee, leise, wie Mottenflügel.

Ich ging rückwärts die Stufen hinauf und zurück ins Haus Horaz, wo ich Noah am Arm packte. »Sie sind da«, sagte ich. »Sie kommen, um uns zu holen.«

Aber als wir vor die Tür traten, wusste ich, dass es zu spät war. Sie rannten schon auf uns zu; ihre kleinen Körper rasten im willkürlichen Zickzackkurs durch den Park. Sie stolperten, sie rappelten sich wieder auf und jagten einander nach, sie gewannen Tempo wie bei der Entstehung einer Lawine, die einen Berg hinabpoltert. Die Lehrer mussten es auch gespürt haben, denn nun kamen sie allmählich aus den Gebäuden herausgetrottet, teils noch im Anzug, manche schon im Pyjama. Fassungslosigkeit entstellte ihre Gesichter, als sie sehen mussten, wie die Untoten den Campus überrollten.

Ich griff nach Noahs Hand, um ihn in den Keller zu ziehen, doch er war schon nach draußen gerannt und stürmte schaufelschwingend auf das Liberum zu. »Noah, warte!«, kreischte ich, obwohl ich genau wusste, dass er mich nicht mehr hören würde. »Die Tunnel!«

Die untoten Jungen kreisten ihn ein und ihre winzigen weißen Händchen grapschten nach seinem Gesicht. Ich schnappte mir Tasche und Schaufel und stürzte ihm nach. Als ich ihn endlich eingeholt hatte, hatte Noah sie schon auf den See geführt und hielt sie sich mit der Schaufel vom Leib, während er auf dem Eis herumschlitterte. Als ich seinen Namen rief, warf er ein Kind von seinem Rücken ab und drehte sich mir zu.

Da geschah es.

Er blinzelte, sein Blick traf meinen, und dann glitt ihm die Schaufel aus den Händen und stieß in das Eis zu seinen Füßen. Eine schartige Spalte tat sich splitternd auf, und bevor seine Lippen meinen Namen formen konnten, versank er.

Der See verschluckte ihn und das Wasser spritzte auf, als er den Eisrand zu packen versuchte. Doch der bröckelte ihm unter den Fingern weg und er sank nur noch tiefer ein.

Ich rang nach Luft, während die Untoten dem Schmatzen des Wassers folgten, das Noah nach unten zog, und auf nackten Füßen rutschten sie über den gefrorenen See, von allen Seiten auf das Eisloch zu. Gerade wollte ich mich auf sie stürzen, da stemmte sich unten eine Handfläche gegen das Eis, nur wenige Schritte vom Loch entfernt. Vor Schreck sprang ich rückwärts. Noah. Ich kroch darauf zu und begann, auf das Eis einzuschlagen, es aufzubrechen, aber selbst unter meiner scharfen Schaufel wollte es nicht bersten.

»Noah?«, kreischte ich und hämmerte auf das Eis ein. »Noah?«

Keuchend machte ich weiter, rammte das Schaufelblatt mit der Ferse ins Eis, aber es war sinnlos. Ohnmächtig musste ich ansehen, wie direkt unter mir Noahs Hand vom Eis glitt, sich immer weiter von mir entfernte und in den Tiefen versank.

Ich machte keine Anstalten zu kämpfen, als sie auf mich zukamen. Durch die Dunkelheit hörte ich das Schnattern der Kinderstimmen. Zwei Händchen legten sich über meine Augen. Zwei weitere verschlossen mir die Ohren und eines den Mund. Immer mehr schlangen sich um meine Arme und Beine, bis ich im Schnee zusammenbrach. Ich schaffte es gerade noch, mir das Pflaster vom Rücken zu reißen und das Mal zwischen meinen Schultern zu berühren. »Dante«, flüsterte ich und der Schmerz strahlte mir durch sämtliche Nervenbahnen. »Verzeih.« Seine Stimme antwortete mir. Ich komme zu dir.

Der Mond war eine kleine, weiße Sichel am Nachthimmel, als sie mich in den Toten Wald schleiften. Die faulenden Baumstümpfe ragten wie Zahnstocher aus dem Schnee. Ich konnte das Gewicht des Todes unter uns fühlen, die leere Luft, bar jeden Lebens.

Eine lange, hagere Gestalt kam durch den Schnee auf mich zu. Das Gesicht unter der Kapuze war nicht mehr als eine fahle Sichel. Ein Bruder. Er kauerte sich neben mich, zog mich am Arm empor und senkte sein Gesicht auf meines. Gleich würde er sie haben: meine Seele, meine Geheimnisse. Ich schloss die Augen. Ich roch seinen bitteren Atem. Ich presste die Lippen aufeinander und dachte an Dante. Stellte mir vor, die Gestalt über mir wäre er.

Da passierte etwas Seltsames. Ich empfand weder Angst noch Wut, nicht einmal Schwäche. Außer dem Frost spürte ich fast gar nichts. Auf einmal brauste mir eine prickelnde Kälte entgegen und ich erschauerte.

Dante. Seine Haut war so bleich wie die toten Bäume um uns herum.

Er tauchte zwischen dem Untoten und mir hindurch, seine Lippen streiften meine und dann schleuderte er den Untoten auf den Waldboden und setzte ihn mit einem schnellen Tritt gegen den Kopf außer Gefecht. Im Nu hatte Dante mich vom Boden hochgerissen und in seine Arme geschlossen. Unsere Körper fanden, unsere Gliedmaßen verwoben sich, bis ich seine von meinen nicht mehr unterscheiden konnte. In mir begann es zu tauen, Wärme kroch durch meine Handflächen und kletterte hinauf, immer höher, durch die Hände, die Arme, die Kehle, die Lippen, bis ich weinen konnte. Die Truhe aus dem See tanzte in meiner Tasche auf und ab, während er rannte. Meine Finger spannten sich um seine Schultern und ich schloss die Augen. Roch die Süße der Nadelbäume in der Luft, hörte die Symphonie der knarrenden Bäume im Wind, das Krähengeschrei aus den Ästen und das Knirschen unter Dantes Füßen. Sein Herz schlug ein unregelmäßiges Stakkato, als wir in den Wäldern verschwanden und nichts von uns zurückblieb als ein wirbelnder Windstoß aus Schnee.

Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman
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