14.
Der nächste Morgen brachte dunkle Wolken, wie ein graues Tuch bedeckten sie den Himmel. Es schien gar nicht richtig hell werden zu wollen. Aber trotzdem verhießen sie keinen Regen, das spürte Mary, denn schon jetzt war es unbarmherzig heiß und schwül, aus dem Boden stieg eine dumpfe Feuchtigkeit auf und machte ihre Kleidung klamm.
Mary drehte sich zum Feuer, das längst erloschen war. Die anderen schliefen noch oder taten zumindest so. Mit bleiernen Gliedmaßen setzte sie sich auf. Der lange Marsch gestern hatte sie fast alle Kräfte gekostet. Unglaublich, dass sie es bis hierher geschafft hatte. Aber was wird uns heute erwarten?
Ihre Augen wanderten rastlos über die kleine Lichtung, da bemerkte sie den leeren Schlafsack. Offenbar war schon jemand vor ihr aufgestanden und hatte seine Klamotten achtlos neben dem Schlafplatz liegen lassen.
Mary schaute sich um und stellte fest, dass Kathy fehlte. Ausgerechnet Kathy, der sowieso nicht über den Weg zu trauen war. Mary ahnte, dass das andere Mädchen sie bisher nur aus einem einzigen Grund in Ruhe gelassen hatte: Weil sie so schwach war. Weil sie keine Gefahr bedeutete und für Kathy ein zu vernachlässigendes Übel war. Und wahrscheinlich ging es den anderen genauso.
Sollen sie doch denken, was sie wollen.
Mary stand auf, streckte sich und spazierte dann zum Bach, um sich zu waschen.
Noch immer plagte sie die Frage nach der Vergangenheit. Woher komme ich? Aber da waren keine Antworten in ihr, nur beunruhigende Bilder. In diesen Bildern war sie noch klein, ein zierliches Mädchen, das in seinem Bett lag und sich fürchtete. Nein, nicht vor der Dunkelheit. Nicht vor den Monstern im Schrank.
Sie fürchtete sich davor, dass die Tür aufging und sein Schatten mit dem Lichtschein in ihr Zimmer fiel.
Aber wer war er? Sie hatte sich gerade auf einen der großen Steine am Wasser niedergelassen, als sie Kathy entdeckte. Zuerst bemerkte sie nur ihre Haare. Rot schimmerten sie im fahlen Licht. Seltsam verdreht lag sie da und doch sah es so aus, als würde sie nur schlafen. Mit einem Satz sprang Mary über das Bachbett und lief zu Kathy, die leblos wie eine Wachspuppe wirkte.
Als sie näher heran war, stellte sie fest, dass Kathy keineswegs schlief. Nein, ihre Augen waren weit geöffnet und ihre Lippen bewegten sich unablässig in einem tonlosen Flüstern.
»Kathy?« Mary zögerte, das andere Mädchen zu berühren. Doch dann nahm sie allen Mut zusammen und rüttelte sie an der Schulter. »Kathy, alles okay mit dir?«
Das rothaarige Mädchen schien von weit her zurückzukommen. Ihre grünen Augen bohrten sich in ihre – da bemerkte Mary das Messer, das Kathy in der einen Hand hielt. Erschrocken wich sie zurück. Wieso hat sie ein Messer? León hat doch das einzige, hatte er es ihr gegeben?
Kathy war ihrem Blick gefolgt und mit einem Satz auf den Beinen. Sie starrte sie feindselig an, der seltsam entrückte Gesichtsausdruck war sofort verschwunden.
Nein, sie hat von Anfang an eines gehabt, es aber vor uns versteckt.
»Kathy, was –«
Das Messer bedrohlich vor sich herschwingend, bewegte sich Kathy langsam auf sie zu. »Mary, kleine Mary. Du denkst, dass du überleben wirst, wenn du dich nur klein genug machst. Aber jetzt haben wir ein kleines Geheimnis, du und ich. Hm?« Kathy lächelte sie herablassend an. »Wenn du den anderen irgendwas hiervon erzählst, wie du mich gefunden hast – oder von dem Messer«, Mary konnte nicht anders, sie fixierte die Klinge, die Kathy ihr nun direkt ins Gesicht hielt, »dann werde ich persönlich dafür sorgen, dass du das alles hier nicht überlebst.«
Mary nickte stumm, sie konnte ihre Augen nicht von dem Messer lösen, das Kathy aber unvermittelt einklappte und in einer Tasche ihres Hemdes verschwinden ließ. Und als Mary es endlich wieder wagte, vom Boden aufzublicken, war Kathy verschwunden.
Nachdem die Jugendlichen am frühen Morgen ihre Wasserflaschen aufgefüllt und sich am Bach notdürftig gewaschen hatten, verließen sie das Wäldchen und marschierten aufs Neue ins weite Land hinaus. Ein glühender Wind jagte über die Ebene. Da in der Morgendämmerung der Stern am Himmel gefunkelt hatte, wussten sie, in welcher Richtung ihr Ziel lag. Auf die weit entfernt liegenden Berge, die sich hinter den Wolken kaum noch abzeichneten, hielten sie nun zu.
Alle waren in düsteren Gedanken gefangen. Das Tageslicht war gedämpft und sie spürten, dass die Bedrohung durch das, was im Dunkeln auf sie lauerte, greifbarer geworden war. Die Schonzeit war vorbei. Ihre Haut kribbelte und die Haare im Nacken stellten sich auf, als sie das erste ferne und heisere Heulen vernahmen. Ihre Jäger waren wieder da.
Niemand in der Gruppe sprach ein Wort oder kommentierte das neuerliche unüberhörbare Kreischen. Sie gingen Jeb mit hängenden Köpfen in einer Reihe hinterher, ohne auch nur aufzuschauen. Kathy bildete den Schluss.
Jeb versuchte, ein hohes Tempo zu halten, ohne dass die Kette der Jugendlichen zerriss. Einige Male hatte er den Verdacht, Kathy würde sich von ihnen absondern, da sie immer wieder einige Schritte hinter ihnen stehen blieb und hektisch hinter sich den Horizont absuchte, wenn sie glaubte, dass es niemand bemerkte. Schon am Morgen vor ihrem Aufbruch hatte sie seltsam unruhig gewirkt, nicht so kontrolliert wie sonst. Eine grenzenlose Wut stieg in Jeb auf, wenn er an die vergangene Nacht dachte. Vor allem Wut auf sich selbst. Er hoffte insgeheim, Kathy würde sich in Zukunft endgültig von ihm fernhalten.
Als Jeb sich ein weiteres Mal umsah, seufzte er innerlich. Während alle anderen fit genug waren, war schon jetzt klar, dass Mary diese Gangart nicht lange durchhalten würde. Ihr Gesicht war gerötet und sie atmete schwer.
Was machen wir bloß mit ihr? Wir können sie nicht zurücklassen, aber sie wird dieses Tempo auch nicht mithalten können.
Sie hatten noch einen ganzen Tagesmarsch vor sich, und das in dieser unheimlichen Dämmerung. Und die Kraft der Sonne und die Hitze des Feuers würden sie heute vor den Jägern nicht schützen. Sie würden sehr vorsichtig sein müssen. Auch der Stern schien so weit entfernt wie nie zuvor. Inzwischen hatte sogar Jeb ein Teil seines Optimismus verlassen und nur zu gern hätte er die Führung der Gruppe an jemand anderen abgegeben, aber stattdessen sprach er ihnen immer wieder Mut zu. Doch keiner erwiderte sein Lächeln, nicht einmal Jenna hatte den Kopf angehoben, als er sich zu ihr umgewandt hatte.
In seinem Kopf erklangen leise, aber eindringliche Worte. Es war wie eine ferne Erinnerung an eine Stimme, die er kannte, aber nicht zuordnen konnte, wem sie gehörte. Es war eine Weisheit aus der Vergangenheit. Jeder Anführer ist allein, muss einsame Entscheidungen treffen. Gesprochen von der Stimme eines alten Mannes und er liebte ihren Klang. Ein Gefühl längst vergangener Geborgenheit überkam ihn. Und war im nächsten Augenblick verflogen, als Jenna hinter ihm einen lauten Schrei ausstieß.
Jeb fuhr herum. Mit schmerzverzerrtem Gesicht lag das Mädchen am Boden und hielt sich den rechten Knöchel. Jeb warf kurzerhand seinen Rucksack ab und kniete neben ihr nieder. Sie lag seitlich auf dem Boden und wimmerte. Nach und nach trotteten die anderen heran und sammelten sich um Jeb und Jenna.
»Was ist passiert? Hast du dir wehgetan?«
Jenna presste fest die Lippen zusammen. »Ich bin über eine Unebenheit im Boden gestolpert und hab mir dabei irgendwie den Fuß verdreht.«
»Lass mich mal sehen.«
Jenna hielt ihr Bein mit beiden Händen an der Wade umfasst. Vorsichtig streckte sie Jeb den Fuß entgegen. Als er sanft danach fasste, brüllte sie auf.
»So schlimm?«, fragte er.
Jenna nickte stumm.
»Sie ist sicher in eines dieser verflixten Kaninchenlöcher getreten. Die kennt ja auch Mischa schon zu Genüge«, meldete sich León nun zu Wort. Mischa durchbohrte León mit Blicken, verkniff sich aber eine Antwort. »Wahrscheinlich hat sie sich den Fuß gebrochen.«
Alle zuckten zusammen. Sich den Fuß zu brechen, bedeutete, nicht mehr weiterlaufen zu können. Mehr noch, es bedeutete den sicheren Tod.
Jeb zwang sich zur Ruhe. Er war nicht bereit, sofort das Schlimmste anzunehmen. Mischa kniete sich nun neben Jeb und betrachtete Jennas Knöchel. »Also ich finde, der sieht nicht gebrochen aus. Man sieht keine Knochen unter der Haut vorragen und der Fuß hängt in einem natürlichen Winkel am Bein. Darf ich mal?« Jenna nickte.
»Ich muss dir jetzt vielleicht wehtun, aber ich will wissen, ob du den Fuß noch bewegen kannst.«
Jenna biss die Zähne zusammen und nickte noch einmal.
Vorsichtig umfasste Mischa ihren Fuß, bewegte ihn langsam von links nach rechts, von oben nach unten. Es gab keinen Widerstand, aber Jenna verzog bei jeder Bewegung das Gesicht und stöhnte. Schweißperlen bildeten sich auf ihrem Gesicht, die langsam über die Augen und die Nase hinabrannen.
»Ich denke, er ist nur verstaucht. Normalerweise ist das bis in ein paar Tagen verheilt, bis dahin musst du den Fuß schonen. Aber unter diesen Umständen? Eigentlich bräuchten wir etwas zum Kühlen, denn er wird mit Sicherheit anschwellen.«
»Woher weißt du das alles?«, fragte León.
»Keine Ahnung, ich weiß es einfach. Mary, gib mir bitte mal das Verbandszeug.«
Mary kramte in ihrem Rucksack, dann hielt sie eine dicke Binde in den Händen. »Lass mich das machen, ich kann das«, sagte sie.
Mischa sah sie fragend an, aber sie schien sich ihrer Sache sicher zu sein, also machte er ihr Platz. Jeb nahm seine Wasserflasche aus dem Rucksack und reichte sie Mary.
»Gib ihr eine der Tabletten und schütte das über den Verband. Es wird den Fuß kühlen und die Binde straffer machen, sodass die Schwellung sich nicht so stark ausbreiten kann.« Und nach einer Pause murmelte er: »Diese Erinnerungsschübe sind unheimlich, oder?«
Jenna hatte sich zurücksinken lassen und sah Mary dankbar an, die fachmännisch damit begann, den Verband anzulegen. Jeb und Mischa erhoben sich und gingen hinüber zu den anderen, die sich etwas abseits zusammengesetzt hatten. »Sie wird so nicht weitergehen können. Wir müssen zurück zum Bach oder zum Wald, um eine Trage für sie zu bauen«, verkündete Jeb.
»Nein«, sagte León bestimmt. »Das werden wir nicht tun. Wir gehen weiter.«
»Du willst sie zurücklassen?«, zischte Jeb.
»Ja. Und wenn du bei klarem Verstand wärst, wüsstest du auch, dass das die einzige Möglichkeit ist«, erwiderte León. Sein Gesicht war ausdruckslos. Er hatte für sich bereits die nötigen Konsequenzen aus dieser neuen Situation gezogen. »Wir können sie nicht mitnehmen, und wenn sie nicht selbst laufen kann, muss sie zurückbleiben.«
»León –« Jeb trat einen Schritt vor.
»Was willst du machen? Mir eine in die Fresse hauen?« León richtete sich auf. Trotzdem reichte er Jeb nur bis zur Nase. »Ich sage nur die Wahrheit.«
»Wir müssen zum Bach oder zum Wald zurückkehren und eine Trage bauen.«
»Und dann?«
»Dann tragen wir sie zu den Toren.«
»Ach ja, wie geht es dann dort weiter? Hast du dir das schon überlegt? Losen wir aus, wer durch die Tore gehen darf und wer hierbleibt? Soll jemand von uns, die wir Jenna bis zu den Portalen geschleppt haben, sich opfern, obwohl sie ohne unsere Hilfe niemals bis dahin gekommen wäre?«
»Dann verzichte ich auf meinen Platz. Wir nehmen Jenna mit, und wenn wir es zu den Toren schaffen, bleibe ich zurück.«
León verzog den Mund und sah ihn traurig an. »Jeb, das ist wirklich heldenhaft von dir, im Ernst, aber es funktioniert nicht. Erstens ist es mehr als wahrscheinlich, dass du dich im Angesicht deines eigenen Todes doch noch anders entscheidest, und…«
Jeb wollte etwas einwenden, aber León hob warnend die Hand und sprach weiter. »... zweitens, selbst wenn du wirklich zurückbleiben würdest, wer sagt dir, dass wir sie in der nächsten Welt mit uns herumschleppen würden?« León legte Jeb eine Hand auf die Schulter. »Es tut mir leid, ich bin kein Unmensch. Wenn dein Vorschlag sinnvoll wäre, würde ich dir helfen, Jenna zu tragen, aber sieh es doch ein: Ihr Leben zu retten, bedeutet den Tod für uns alle.«
Leóns Worte waren hart. Ehrlich und grausam, trotzdem war Jeb nicht bereit aufzugeben.
»Was ist mit euch?«, wandte er sich an Tian, Kathy und Mischa. »Helft ihr mir?«
Mischa schüttelte stumm den Kopf, dann wandte er sich ab und ging davon. Kathy folgte ihm, ohne zu zögern. Nur Tian blieb noch einen Augenblick sitzen, dann sagte er leise: »Tut mir leid.« Und ging ebenfalls.
»Wenn du willst, erkläre ich Jenna, wie es um sie steht«, sagte León ruhig. Er klopfte Jeb kurz und hart auf die Schulter. »Du bist ein Idiot, Jeb, wenn du versuchst, sie zu retten, aber tu, was du nicht lassen kannst!«
Und damit ging León zu Jenna hinüber, kniete sich neben sie und sprach mit ihr. Sie stieß einen verzweifelten Schluchzer aus. Dann erhob er sich geschmeidig und schritt zu Mischa, Tian und Kathy hinüber, die schon auf ihn warteten.
Jeb ließ sich neben Jenna zu Boden sinken.
»Ich werde hier bleiben und dir helfen«, meinte Mary plötzlich.
Jeb schaute sie erstaunt an. »Du?«
»Ja, ich. Wir bauen eine Trage.«
»Nein«, erwiderte Jeb. »Du hast nicht die Kraft, um das durchzustehen. Wir werden einen weiten Umweg gehen müssen. Und falls du auch irgendwann zusammenbrichst, kann ich dich nicht auch noch schleppen.«
»Ich schaffe das«, beharrte Mary. »Ich bin stärker, als ihr alle denkt.«
Jenna wischte die Tränen aus ihrem Gesicht und sah Mary an. »León hat recht. Ihr müsst mich zurücklassen, wenn ihr leben wollt. Ich werde es schon schaffen. Irgendwie.«
»Ich bleibe bei dir«, sagte Jeb entschlossen.
»Jeb, nein. Wenn wir an den Toren sind, was dann? Willst du dich auch dort opfern? Wenn einer das hier überleben sollte, dann du.«
»Wenn wir dort sind, wird mir schon was einfallen«, beharrte Jeb. »Aber du, Mary, musst mit den anderen gehen. Bitte. Tu es um deinetwillen, geh.«
»Aber ich kann doch nicht…«
»Doch, du kannst«, sagte Jenna. »Wenn ich nicht gestürzt wäre, dann wärst vermutlich du es gewesen, die nie bei den Toren angekommen wäre, und das weißt du. Sieh es als deine Chance, dein Leben zu retten.« Jenna griff nach Marys Hand und hielt sie fest zwischen ihren beiden eigenen. »Mary, bitte geh.«
Das dunkelhaarige Mädchen erhob sich unsicher. Lange sah sie auf Jenna hinab, dann ging sie zu Leóns Gruppe hinüber. Die Jugendlichen schulterten gerade ihre Rucksäcke und machten sich zum Aufbruch bereit.
Jeb stand ebenfalls auf. Er gab León ein Zeichen, dass er allein mit ihm reden wollte, bevor sich die Gruppe davonmachte.
»León?«
»Was?«
»Ich bitte dich um das Messer. Ich will nicht wehrlos sein, und wenn es so weit ist…«
Der tätowierte Junge verzog keine Miene. »Nein, Jeb.«
»Ich kenne dich mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass du egoistisch bist, aber herzlos bist du nicht. Gib mir das Messer.«
»Denk über mich, was du willst, aber ich werde dir das Messer nicht geben. Ich…« Er blickte zu den anderen. »Wir brauchen es genauso wie ihr, wenn wir überleben wollen.«
Jeb wusste, dass León recht hatte.
»Du kannst den hier haben.« León drückte ihm überraschend seinen Speer in die Hand, an dem er so viele Stunden geschnitzt hatte. »Dann bist du wenigstens nicht komplett wehrlos, wenn sie kommen. Außerdem ist es ein guter Wanderstab. Du wirst ihn brauchen.«
Sprachlos blickte Jeb auf den Speer. »Danke, León«, brachte er dann heraus.
»Schon in Ordnung, compadre. Für das, was du tust, hast du meinen Respekt.« Er zögerte. »Zu einer anderen Zeit, in einem anderen Leben, hätten wir vielleicht Freunde sein können… oder so was in der Art.«
Jeb schluckte hart. »Eine Bitte habe ich noch.«
León forderte ihn mit einem Nicken zum Weiterreden auf. »Versprich mir, dass du Mary zu den Toren bringst. Das hier soll nicht umsonst gewesen sein.«
León sah Jeb offen an. »Ich kann dir nur versprechen, es zu versuchen. Ich werde ihr helfen, wo es geht, aber nur, solange sie selbst laufen kann und ich in der Gruppe bleibe. Wenn ich beschließe, mich von den anderen zu trennen, werde ich sie zurücklassen. Bis dahin hast du mein Wort.«
Mehr konnte Jeb nicht verlangen.
Ein schauerliches Gebrüll bereitete ihrem Abschied ein schnelles Ende. Die aufbrechende Gruppe war unwillkürlich zusammengerückt und Jenna drückte sich auf den Boden. Mary hielt sich die Ohren zu, aber es half nicht gegen das durchdringende Kreischen, das rasch über die Steppe näher zu kommen schien und die ganze Luft damit ausfüllte. Es klang wie eine Horde Raubtiere, die eine frische Spur aufgenommen hatte.
»Ihr müsst los.«
León reichte ihm die Hand. »Viel Glück.«
»Dir und den anderen auch.«
Der tätowierte Junge wandte sich ab und ging zum Rest der Gruppe. Ohne zu zögern, marschierten die fünf los. Kurz darauf hatte das hohe Gras ihre Gestalten verschluckt.